Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Rot wie Blut wirkte die Farbe, die auf den Hörnern des Widders aufgebracht war, dessen gewundenes Horn sich unruhig hin und her bewegte, das Tier kämpfte gegen den Mann an, der es fest hielt und war wohl nicht betäubt, wie manche Priester es sonst mit ihren Opfertieren pflegten, damit sie den Moment der Opferung nicht ruinierten. Womöglich galten jedoch bei einer Opferung andere Regeln? Die Augen des Corneliers ruhten einige Herzschläge auf Avitus, dann nickte er mit großem Ernst und Zufriedenheit. Während ein anderer Soldat, der die Maske eines Rabens trug, dessen Federn blau schwarz im Licht einer Öllampe glänzte, die Hörner des Widders fest umpackte und ein Anderer – ebenfalls ein Rabe - die Hinterbeine ergriff. Der Cornelier drehte sich zu dem Altar herum und ergriff eine silberne Schale und einen geschwungenen Dolch, der der parthischen Machart nicht unähnlich war, was man in diesen Landen oft sah. Beide Gegenstände reichte er an Avitus weiter.


    „Der Dolch für den Schnitt. Die Schale für das erste Blut.“
    , fügte Cornelius Satensus erklärend an.


    Dann wandte sich Satensus von Avitus ab und trat vor den Widder und vor den Altar. Mit einer Hand streifte er sich die Maske über, die das menschliche Gesicht darstellte – das eines Jünglings – und mit der phrygischen Mütze. Stille kehrte ein, nur unterbrochen von dem Blöcken des Widders, der sich weiter wehrte, dann jedoch aufgab und mit seinen dunklen Augen nach einer Gelegenheit zu suchen schien, aus zu büxen. Die Stimme von Satensus erhob sich in der Höhle und hallte von den Wänden wieder, geübt und wohlklingend war die Resonanz seiner Stimme. Sanft erhob sich der Klang der Flöte, die eine einfache, aber eindringliche Melodie von sich gab, aber unsichtbar für die Augen blieb.


    „Der Ursprung des Ursprungs, Urgrund des ersten Urgrundes, der Du den Ursprung unseres Ursprungs bist, den Hauch in den Erstling geatmet hast, das Feuer in das Urwasser gebracht, den vollkommenen Leib aus dem Erdstoff geformt, gebildet von einem erhabenen Arm und einer unvergleichlichen Rechten, in die lichtlose und die lichtdurchstrahlte Welt hinein. Dein heiliges Feuer erstrahlt jeden Morgen und beglückt uns. Dein lebenserzeugender Äther umfängt uns, deine unsterblichen Augen erblicken wir, in Deinem unsterblichen Feuer, oh Mithras, der Du geboren wurdest aus einem menschlichen Leib und aufgestiegen bist in die Unsterblichkeit. Dich vertrauen wir uns an, Lichtbringer, Heilsbringer, denn wir sind Deine Söhne, oh Mithras!“


    Einige Stimmen murmelten wieder beifällig und raunten ehrfürchtig den Namen oder: Dein Sohn bin ich! Satensus pausierte nur einige wenige Herzschläge, ließ die Ruhe wirken. Die Flöte jubilierte in einem fröhlichen Trillern, senkte dann jedoch wieder die Tonhöhe und kehrte zu der simplen Melodei zurück.


    „Möge das Blut fließen für Dich, oh Mithras, wie einst der Stier sein edles Blut gegeben hat, um Dir Unsterblichkeit zu verleihen und uns das Licht an den Himmel zu tragen, damit Dein feuriger Kranze uns Leben spendet. Wir danken Dir, oh Mithras, für das göttliche Geschenk und wir vertrauen uns Dir erneut an.“


    Satensus wandte sich langsam um, seine Augen hinter der Maske richteten sich auf das Opfertier.


    „Möge sein Blut fließen zu Ehren des Mithras! Mögen wir, oh Brüder, die Ankunft eines Gottes damit krönen.“


    Kein Agone, kein Age, aber ein Zeichen von dem Cornelier mit einem marginalen Neigen seines Kopfes in Richtung von Avitus. Doch das war gewiß kein Opfer nach römischen Riten. Der andere Rabensoldat ergriff fest die Widderhörner, damit sich das Tier nicht in letzter Sekunde aus dem Staub machte oder eine Opferung vereitelte und alle Blicke richteten sich auf Avitus, der den tödlichen Schnitt ansetzen sollte. Eine Trommel schlug im Hintergrund, langsam und im Takt mit der Flöte, die dem Opfer entgegen zu fiebern schien.

    „Genau...Tarroco...“


    Unverbeßerlich war Marcus in dieser Hinsicht, aber er konnte sich weder Namen, Geographie noch Geschichte sonderlich gut merken, eine unglückselige Kombination. Aber selbst wenn Marcus dadurch in so manch ein Fettnäpfchen trat, es hatte wenig an seiner Lebenszufriedenheit in all den letzten Jahrzehnten gemindert. Marcus lauschte Imperiosus und genoß dabei den Nachhall vom Opiumrauch an seinem Gaumen, einen würzig, süßlichen Geschmack, der mit einer Komponente gemischt war, den manche Menschen wohl durchaus als unangenehm empfanden, Marcus mochte ihn jedoch. Selbst die bitteren Stoffe in dem Rauch erfreuten seine Sinne. Er betrachtete den Rauch, der nach oben schwebte, als ob er Hermes rufen wollte, um ihnen die Träume zu offenbaren, die in dem gekochten, gepressten und getrockneten Saft der Mohnblume lag. Es war schon viele Jahre her, daß Marcus das zum reinen Vergnügen getan hatte, stets angestachelt von der Gesellschaft – die seine Mutter als den Abschaum der Welt gerne bezeichnet hatte! -, der er damals in Baiae angehangen hatte. Marcus lächelte selig als er an all die schönen Jahre – jedoch auch die unnützen Jahre – zurück dachte.


    „Didier?“


    Marcus kannte keinen Didier. Aber der Name klang melodiös in seinen Ohren. Di-Di-Di-Dier. Marcus lächelte breit, ihm gefiel der Klang, seine Lippen formten den Namen andächtig. Ja, auch bei Marcus machte sich der Rauch schon bemerkbar, der den Rausch in sein Blut störmen ließ, seine Sinne erreichte und anfing seinen – zugegeben nicht immer sehr flinken – Geist zu umnebeln. Mit einem trottelig, gutmütigen Lächeln ließ sich Marcus auf das Fell sinken, als ob er auf einer Kline lag und stützte sich mit dem Ellbogen ab. Schon kam die Pfeife wieder zu ihm zurück, Marcus ließ den Rauch in seinen Mund gleiten, atmete ihn tief ein und ließ langsam den Rauch aus seinem Mund entweichen. Hielt den Atem an, ließ erneut ein wenig von dem grauen Nebel entsteigen und versuchte sich an Rauchringen – ohne Erfolg. Die graue Wolke schwebte vor seinem Gesicht. Tiere wölbten sich aus den Formen heraus. Ein Lamm, das keck über die Wiese sprang und sich an seinen ersten Lebenswochen erfreute. Ein Stier, der seine Hörner durch die graue Wand stieß. Marcus seufzte leise und reichte die Pfeife weiter. Mit einer Hand wedelte Marcus all die Rauchtiere hin fort und wendete seinen Blick Imperiosus zu, ebenso wanderte die Pfeife weiter.


    „Eine großartige Idee ist das. Machen wir Torraco unsicher oder Carthago...doch nicht etwa DAS Carthago, oder?“
    Marcus kratzte sich am Kinn, verwirrt. Er war doch schon mal in Carthago gewesen und das lag doch gewiß nicht in Hispania.
    „Nein, ein anderes Carthago...aber egal...ja, die tabernae von dort müßen wir unbedingt unsicher machen...und zudem die besten lupanare der Stadt...“
    Marcus stockte. Wie waren denn die Hispanerinnen? Marcus hatte keine Ahnung. Doch, dann fiel es ihm wieder ein. Die schöne Lucilla kam aus Hispania.
    „Ich glaube, die Frauen von Hispania sind auch nicht zu verachten. Hübsch, rassig, dunkelhaarig, hm?“
    Erneute Runde von Opium, es stieg Marcus immer mehr in den Kopf. Lächelnd legte er sich auf den Rücken und betrachtete die bunten Flecken am Zeltdach.

    Der Wind spielte in der crista von Marcus Helm, das Roßhaar bewegte sich verhalten, folgte der Bewegung von Marcus Kopf als er sich umsah und seine Soldaten anschaute, die ihm in den letzten Wochen und Monaten durch so viele Widrigkeiten gefolgt waren, immer in der Gewißheit, den Krieg für das Imperium und den Kaiser zu führen, für Größeres, etwas, was von Mars seine Zustimmung fand. War dem doch nicht so? Hatten sie sich alle geirrt, die Auguren, die Priester, die Berater des Kaisers? War das wirklich ein Zeichen, wie manche der Soldaten riefen? Doch der erneute Stoß von seinem signifer, der ihn aus den Grübeleien riß, brachte Marcus zurück auf den Platz, wo sich so viele verschiedene Stimmen erhoben, die einen, die nach Rache riefen, die Anderen, die schon den nächsten – vermeindlichen! - Imperator hoch leben ließen. Marcus Augenbrauen zogen sich zusammen als er das hörte – freilich nicht wegen dem neuen Imperator, Marcus hatte nur eine verschwommene Assoziation mit jenem Manne! - aber weil der Kaiser noch nicht wenige Stunden tot sein konnte. Marcus empfand es als nicht nur pietätlos, sondern beinahe frevelhaft, den nächsten Kaiser hoch zu jubeln, wenn noch nicht mal die Trauerzeit um den alten Kaiser vorbei war. Darum klang womöglich Marcus Stimme grimmiger als er es beabsichtigte, als er nach hinten rief.


    „Ruhe, milites. Der Legat ist noch nicht fertig!“


    Zumindest glaubte das Marcus; und dem war dann auch so. Natürlich ging es weder darum, den Kaiser zu rächen, den Kaiser zu betrauern oder etwas über seine Bestattung, sondern um Politik. Wer wurde der nächste Kaiser, wer erhielt von nun an das Szepter über die Macht? Marcus war wenig überrascht als er das vernahm, jedoch etwas irritiert, daß schon gleich ein Schwur geleistet wurde. Aber das war wohl auch Teil des politischen Ränkespiels, daß die Legaten sich erdacht hatten. Marcus Nasenflügel blähten sich auf, gerade erst hatte er von dem Tod ihres Kaisers erfahren und hatte noch nicht mal Zeit, die üblichen Trauermaßnahmen zu ergreifen und nun sollte er bereits dem Nächsten den Treueeid schwören? Marcus Mund öffnete sich und ehe er wußte, was das Ende seiner Gedanken waren, formte sich bereits der Eid aus seinem Mund, seine Stimme vermischte sich mit dem Meer an Stimmen, die zu einem Wirbel von Worten, einem Chor verschwammen.


    „Es schwören aber die Soldaten, daß sie alles entschloßen ausführen werden, was der Imperator Caesar Augustus...“
    Marcus zögerte, der Kaiser war gerade erst tot, er konnte nicht auf jemand anderen schwören ehe nicht die übliche Anzahl von Tagen verstrichen waren.
    „...befehlen wird, daß sie niemals den Dienst verlaßen werden und den Tod für den römischen Staat nicht scheuen würden.“


    Damit konnte Marcus leben, sollte in neun Tagen immer noch jener Mann, der hier hoch gelobt wurde, Kaiser werden, dann war der Mann Kaiser und Marcus würde ihm treu folgen, wie auch seinem Adoptivvater, aber vor dem Ende der Trauerzeit war der alte Kaiser noch der Kaiser für Marcus. Damit war Marcus Ehrgefühl zufrieden, wenngleich es ihm genauso, wie viele seiner Soldaten nach Rache dürstete.

    Die Tage könnten besser für Marcus sein, selbst wenn es nun hieß, daß sie nach Hause ziehen würden, zurück in die Heimat, und somit dieses götterverfluchte Land hinter sich zu bringen, das ihnen zwar große Siege beschert hatte, aber letztendlich einen bitteren und tragischen Verlust eingebracht. Marcus Gesichtszüge waren wenig gemildert von dem warmen Schein der Sonne, noch sonderlich beeindruckt von dem Gemurre, was einige Soldaten von sich gaben. Ja, Marcus hätte auch gerne seiner Wut freien Lauf gelaßen und sich an den Parthern gerächt, aber an den Parthern, die den Pfeil geschoßen hatten, an denen, die diesen Feinden zuflucht gewährten und sie hinter den Mauern verschanzt hatten, doch die Stunde war vorbei. Entschloßen die notwendigen Vorräte zu bekommen marschierte Marcus auf das Dorf, auf das Gestrüpp und die Steinhaufen zu, die die kleine Siedlung umgaben. Der Wagen polterte, die Schritte wirbelten Sand auf, Marcus mußte einige Male husten, dann schon ließ er den Wall hinter sich, einen Blick auf die Soldaten hinter sich werfen. Eine kleiner Trupp guter Männer, die er heraus gesucht hatte, zumindest schätzte Marcus sie so ein.


    Marcus ließ seine Augen über das Dorf schweifen, Katen mehr, die sich zu einer Siedlung zusammen gerottet hatten, zwei große Scheunen, ein Haus ohne Fenster mit Strohdach, nicht sonderlich viel versprechend, aber ein lautes Meckern von weiter hinten, und ähnliche Tiergeräusche, ließen Marcus aufhorchen. Vielleicht war hier doch mehr zu finden als räudige Köter und alte Männer und arme Bauern, die ihnen gerade, in einer Fünfergruppe, entgegen kamen. Ein älterer Mann in einer groben Wollhose und Kittel ging einige Schritte voraus, man sah ihm einen etwas unbehaglichen Blick an, mit der er die Soldaten der Prima musterte. Marcus sah ihn einen Moment grimmig an und versuchte ein Lächeln zustande zu bringen, es wurde jedoch nur eine Grimasse daraus. Marcus richtete sich auf und hielt seine Hand an dem Griff seines gladius.


    „Könnt ihr mich verstehen?“


    , fragte Marcus auf Latein. Und erntete verständnislose Mienen bei den Bauern. Schon suchte Marcus nach dem griechischen Vokabular dieser Frage...und suchte...suchte noch länger, scheiterte jedoch. Sein Griechisch war einfach zu lausig dafür. Und er wollte weder nach Lupanaren, lupae, Rennbahnen oder Gladiatorenkämpfe fragen, ebenso suchte er keine taberna. Und da erschöpfte sich Marcus Konversation auf Griechisch bereits. Marcus wandte sich um und fixierte die jungen Soldaten hinter sich, Serapio und Percennius Verus.


    „Spricht einer von euch Griechisch? Wenn ja, dann sagt ihnen, daß wir ihre Vorräte haben wollen, dann geschieht ihnen auch nichts.“

    [Blockierte Grafik: http://img409.imageshack.us/img409/473/arikzv1.jpg| Arik Khingyr


    Bellend war das Lachen von Arik. Mit einem Fußtritt beförderte er den Mann vor sich auf den Boden, dessen Tunika vor Dreck erstarrt schien, kaum noch die rote Farbe hatte von vor einigen Wochen. Kinn und Wangen des Geschundenen waren mit einem verwahrlosten Bart überwuchert, eine schlecht verheilte Wunde zierte das Gesicht jenes Erbarmungswürdigen, der auch sonst einen herunter gekommenen und ausgemergelten Eindruck machte. Nur die Augen, die glühten voller Haß als Arik ihn mit einem Fußtritt vor dem Haufen von Holz auf den Boden beförderte. Grau wie Stahl bohrten sich die Augen in Arik, der ungerührt ein Messer, einen Gnadengeber-Dolch, aus seinem Gürtel zog. Die Sonne spiegelte sich auf dem Metall wieder, feiner Aderungen zeigten sich in der Legierung des Dolches, und noch mehr Scharten, die von Kämpfen und Morden zeugten, aber auch, daß sich Arik durchaus zu wehren wußte. Schließlich war er kein Bauernlump, nein, ein sogdischer Haudegen und Säbelheld. Es war wieder warm an jenem Tag und Arik ungeduldig weiter zu kommen, weg von dem unsäglichen Krieg mit den Römern, die ihm wenig Stechereien und mehr Ärger eingebracht hatte. Ärger, den sich Arik überall und schnell einzog, und er mußte einige Male schon vor Häschern des Gesetzes – welcher König oder Herrscher sie auch immer erlaßen hatte! - fliehen. Nicht immer zum Vergnügen seines Bruders.


    „Habe ich Dir gesagt, daß Du eine Pause machen kannst, Du Esel?“
    „Verfluchter...“
    Heiser raunte der Mann das Wort, wurde jedoch gleich von der tiefen Stimme des Arik unterbrochen.
    „Zum Donnerwetter! Habe ich Dir das Sprechen erlaubt?“


    Der Mann verstummte. Gleichwohl er nicht verstand, was Arik von sich gab. Nicht einen Herzschlag ließ der Mann Arik aus den Augen, als er sich erhob und einen der Holzscheite ergriff, den die Bauern in sorgfältiger Arbeit aus einem der Bäume am Dorfrand geschlagen hatten. Bodenlose Feindschaft sprach aus der Haltung des Namenlosen. Seine Augen flackerten zu einer Axt, die im Holzblock steckte, ein grobes und unscharfes Ding, aber robust und gut genug, damit Schädel einzuschlagen. Arik wischte sich über die Stirn und zog seine Tuchmütze zurecht.


    „Vergiß' es, Römer! Bist' eh tot, ehe Du das Beil nur erreichst!“
    Genervt rollte Arik mit den Augen.
    „Tot...aus...Ende...Tartaros...verstanden?“
    , brachte er mühsam auf Griechisch hervor.


    Stumm schwelgte es zwischen den beiden Männern. Ein unausgesprochener Kampf, einer, der einen mit Messern und Eisen einleitete und der zum Tod von einem der Beiden führen konnte. Schritte durchbrachen das Ringen mit den Augen.


    „Savaran Arik!“
    Den Rest, ein widerwärtiges Kauderwelsch in Ariks Ohren, verstand er nicht, aber die Anrede genügte ihm, um Zorn in sich zu verspüren und den Römer für einen Augenblick lang zu vergeßen.
    „Savaran Salar für Dich. Noch bin ich kein einfacher Reiter, bei meiner Treu! Außerdem ist das wohl keine angemeßene Anrede für einen Edelmann, Bauer!“


    Freilich war Arik kein Edelmann von Geburt, aber mächtig stolz auf sich und sein Handwerk, das ihm - seiner Meinung nach - solch eine Bezeichnung bescherte. Verblüfft blinzelte der Bauer, ein älterer Mann mit brauner Pergamenthaut, buschigen weißen Haaren und einer von der Arbeit gekrümmten Statur, die ihm etwas unterwürfiges verlieh. Gleichwohl war Aarman einer der Ältesten des Dorfes und mit gewitzter Bauernschläue ausgestattet. Dennoch war der Krieg auch etwas, was ihn in mancher Hinsicht überforderte, auch die Antwort von Arik, die in seinen Ohren ebenso unverständlich war. Der junge Rikul kam in dem Augenblick angerannt, geschickt von seinem Bruder.


    „Savaran Salar, es sind Männer unterwegs...Staubwolke, Eisen....Euer Bruder, Euer Gnaden, sagt, wie sollen kämpfen....“


    Rikul zuckte mit der Schulter. Aus den Augenwinkeln bemerkte Arik, daß der Römer zusammen zuckte als er die Antwort von Rikul vernahm. Mißtrauisch musterte er den Römer, der wohl das sogdische Wort für Römer verstanden hatte. Arik nutzte es oft genug, um ihn zu drangsalieren, ein ausgesprochenes Vergnügen, was sich Arik leistete. Alle anderen Sklaven hatte Arik zu Geld gemacht, aber den Römer, den hatte er behalten, da er ihm eine breite Narbe an der Schulter verdankte, die immer noch schmerzte. Ein Grinsen huschte über die breiten Gesichtszüge von Arik.


    „Bei meiner Ehre, endlich.“


    Arik hatte sich gelangweilt und fliehen lag ihm nicht. Er wollte lieber kämpfen und es war ihm egal, gegen wen. Ob Männer des Shah oder Römer oder sonstiges Halunkenpack, er würde gegen alle seinen Säbel schwingen.


    „Sag dem Alten da, er soll die Ankommenden...ach, was soll's..sag ihm nichts...soll er selber sehen, wo er lang kommt..“


    Arik wandte sich um und gab dem Römer einen Stoß, damit dieser voran lief. Mit breitbeinigen Schritten marschierte Arik zu der Scheune zurück, stieß das Tor auf und trat hinein. Der Geruch nach Schmutz, dreckigen Kleidern, einer verfaulenden Wunde und Schweiß stieg Arik in die Nase, es roch nach Krieg, es war vertraut und heimatlich. Es war Arik anzusehen, er freute sich auf den bevorstehenden Kampf. Grinsend nickte er seinem Bruder zu und trat zu seinem Roß, um ihm den Sattel auf den Rücken zu werfen. Waffen wurden gezogen, Rüstungen angelegt, sie würden ausziehen zu einem weiteren Stechen.

    Schwer und gewichtig lag der Halsreif in Marcus Hand, einige Herzschläge betrachtete er ihn, dann ließ er die Hand sinken und hob seine Augen wieder an, um die weitere Zeremonie zu betrachten. Es erfreute Marcus dennoch, daß auch Männer der ersten Kohorte bedacht wurden, die genauso tapfer und pflichtbewußt ihren Beitrag geleistet hatte und von der jeder Soldat genauso in die Stadt geschlichen wäre. Den Kampf am Tor hatten jene Männer entschieden, die Vorhut hatte die Steine ins Rollen gebracht, aber ohne die Erste wären sie am Tor unterlegen und keiner von ihnen würde heute hier stehen und sich Lobesreden anhören. Dennoch machte Marcus den Stoikern alle Ehre und stand recht ungerührt neben den anderen Männern, verfolgte lediglich mit seinen Augen die weiteren Auszeichnungen. Aus der Starre löste er sich dann doch und er bekundete, wie so viele andere Männer der ersten Kohorte, Beifall für die Auszeichnung.


    Als die Reihe schließlich an Cyprianus ging, der sie in der Nacht sicher in die Stadt geführt hatte, durch die Straßen und bis zum Tor, den Marcus als einen äußerst fähigen Anführer erlebte und dem er jederzeit und wohl überall hin bedenken los wieder folgen würde, nickte Marcus beifällig. Der Kaiser hatte wohl selber die Auszeichnung an den Terentier verliehen und Marcus fand, daß der Tribun es sich mehr als verdient hatte. Erneut schlugen Fäuste gegen Schilde, Hände klatschten gegeneinander und Bekundungen des Beifalls wurden laut. Selbst wenn die Meinung über ritterliche Tribune nicht die Beste war, der Terentier hatte sich gewiß einen Namen unter den Soldaten der Prima gemacht – und das im positiven Sinne.

    Verblüfft blinzelte Marcus einige Male als er das Lachen von Imperiosus vernahm, wurde dann jedoch gleich darauf auch angesteckt. Marcus war kein Geselle der Trübsamkeit und keiner, der sich der Fröhlichkeit erwehren konnte. Sein kollerndes Lachen erfüllte das Zelt, seine Augen zogen sich zu funkelnden Schlitzen zusammen und seine Haut nahm eine gesunde Röte an, die sich mit der Bräune mischte, die er im Felde und auf dem Exerzierplatz erworben hatte. Gelöst war sein Gemüt auch vom guten Weine, den er durchaus schon reichlich an jenem Abend zu sich genommen hatte. Nein, wütend konnte er auf seine Sohn gewiß nicht mehr sein. Zudem entsann es ihn an seine eigenen Schandtaten als Junge, der eifersüchtig darüber wachte, daß die Männer seiner Mutter nicht zu nahe kamen – manchmal mit, des öfteren ohne Erfolg. Marcus winkte glucksend ab als sich Imperiosus entschuldigte.


    „Du hast ja völlig Recht, Artorius. Wütend...oh ja, ich habe gekocht vor Zorn, aber gewitzt ist mein Junge durchaus.“


    Flink hatten die Füße des Sklaven ihn durch das Lager getragen, aber er hatte es auch nicht weit gehabt, denn das Lager von der fünften Zenturie lag in der Nähe der Zweiten. So schlug der Sklave bereits wieder den Zelteingang zur Seite, schlüpfte hinein und trat an Marcus heran, der – ohne die Aufmerksamkeit von Imperiosus abzuwenden – den Sklaven deutete, die Sachen neben ihn zu legen. Eine Holzkiste war es, die der Sklave neben Marcus abstellte.


    Hispania! Aquilius kam von dort und das war bisher einer der wenigen Umstände, die Marcus an Guten dieser Provinz abgewinnen konnte. Schließlich kamen alle verkorksten, peinlichen und verräterischen Flavier aus Hispania, die hispanische Linie war bei den Flaviern überaus verachtet, gemieden und geächtet. Aber jetzt war auch noch sein Neffe Prokonsul von Hispania, der Wein seines Vetters stammte von dort. Womöglich war es mal an der Zeit seine Aversion gegen diese Provinz zu überdenken. Außerdem war er sich sicher, daß sein Neffe schon was aus dem Land machen würde. Hatte nicht zudem mal Epicharis dort einige Zeit gelebt? Schon erhielt die Provinz eine enorme Aufwertung in Marcus Gedanken. So lächelte Marcus schief.


    „Das klingt nach einer guten Zeit. Selbst wenn es tragisch endete, eine Zeit des Glücks ist immer noch ein großes Geschenk der Götter.“
    , meinte Marcus, der immer noch nicht die rechten Worte wußte. Und nun das Thema in eine andere Richtung schwenkte.
    „Womöglich komme ich auch eines Tages mal dazu, die Provinz zu besuchen. Mein Vetter stammt von dort und mein Neffe...“
    Marcus zögerte, genaueres wollte er nun doch lieber nicht sagen, schließlich könnte man das so interpretieren, daß Marcus von dem Windschatten seines Neffens profitieren wollte.
    „...lebt auch zur Zeit dort. In Tarracono - heißt die Stadt so? - hat meine Familie auch ein Anwesen.“


    Nun war es doch mal an der Zeit sich dem Kasten zu widmen. Marcus öffnete ihn und holte eine Opiumpfeife hervor – aus Elfenbein geschnitzt, mit einem Mundstück aus Zedernholz und einer Spitze - erneut aus Elfenbein gefertigt. Am hinteren Drittel war ein Metallaufsatz, in dem man das Opium abbrennen konnte. Grübelnd sah Marcus auf die Accessoires und war sich nicht mehr ganz sicher, wie was wohin kam. Er hob seine Hand und kratzt sich am Nacken, denn auch in Ägypten hatte das immer ein Sklave getan und niemals Marcus. Hortensius seufzte auf.


    „Gib' schon her, Flavius!“
    Was Marcus nur zu gerne tat. Eindeutig versierter vermochte der ältere centurio die Pfeife zu füllen, er drückte die schwarze Mohnmasse zurecht und in den 'Pfeifenkopf', dann zündete er die Pfeife schließlich an.
    „Unerwartete Talente, Hortensius. Sollten wir da etwas wissen?“
    , feixte Laberius. Hortensius bedachte ihn mit einem müden Blick und legte die Pfeife an, zog daran und seufzte genüßlich. Der Rauch entwaberte seinem Mund und schlich aus seinen Nasenlöchern heraus. Sodann gab er die Pfeife an Marcus weiter, der auch den Rauch aus der Pfeife in seinen Mund und Lungen mit einem tiefen Zug einatmete und sie feierlich Imperiosus überreichte.

    Selbst wenn die Nacht noch jung war – der Mond dennoch ein Stück über das Firmament gewandert – so mußte sich schon der eine oder andere centurio verabschieden, tat das noch mit einen freundlichen Nicken zu Imperiosus, manch einer gab noch einige Abschiedsworte und Glückwünsche für die neue Einheit von sich ehe er das Zelt verließ. Doch einige der Männer blieben noch im Zelte, Hortensius, Bruseus und Laberius, ebenso jener centurio, der stumm dem Fest beigewohnt hat und langsam, aber sicher einen Becher nach dem Anderen geleert hatte, dennoch ansprechbar wirkte, seine düstere Miene weiter behielt und still am Rande des Zeltes saß.


    Das Rätsel des Namens löste sich, auch Marcus verstand nun, was es damit auf sich hatte. Also ein leiblicher Sohn, aber durch die Wirren der Gesetze, durch die absonderlichen Bestimmungen, die für Marcus – der die Juresprudenz nicht im Mindesten verstand – nicht sonderlich einsichtig waren. Aber Sohn war Sohn für Marcus und immer ein Geschenk der Götter. Die Worte von Imperiosus zeugten jedoch von einer großen Betrübnis und Trauer, scheinbar war es eine Liason aus Liebe gewesen. Marcus nickte verstehend und durchaus mit Mitgefühl. Er hatte zwar noch nie eine Frau derart innig geliebt, daß es über mehr als ein Jahr hinaus ging, Schwärmerei kam oft bei Marcus vor, aber beständige Liebe...? Abgesehen von der, die er für seine Mutter hegte und deren wegen er jeden und alles verdammte, der ein schlechtes Licht auf seine Mutter warf.


    „Das tut mir sehr Leid!“
    , erwiderte Marcus.
    „Einen geliebten Menschen zu verlieren ist kaum zu ertragen...“
    Für Marcus war es das auch nicht. Darum verleugnete er immer noch die Nachricht um seine Tochter.
    „Oh, ich glaube, mein Sohn wird wohl nicht ganz so erfreut sein!“
    Marcus lächelte jedoch bei den Worten.
    „Er verdient nämlich noch eine Tracht Prügel für seine letzte Schandtat!“
    Inzwischen konnte Marcus sogar schon über jenen Abend und die Begebenheit lachen. Selbst wenn er in dem Moment sehr wütend gewesen war auf seinen Sohn, aber im Krieg relativierte sich sehr viel.
    „Er hat auf meiner Verlobungsfeier meiner Verlobten tatsächlich eine tote Ratte als Geschenk gemacht...Kinder...Himmel und alle guten Götter!“


    Marcus grinste jedoch. Das mit der Opiumpfeife erfreute Marcus sehr. Männer, die das Leben zu genießen wußten - und Imperiosus konnte das eindeutig! - waren Marcus sehr sympathisch. Doch ungehört blieben die Worte nicht. Hortensius horchte auf und unterbrach eine salbungsvolle Rede, die er über einer seiner früheren Kriegserlebnisse abhielt.


    „Opium? Ägyptisches? Hispanisches? Ich sehe schon, ihr wolltet uns das vorenthalten, sehe ich das Recht?“
    „Nein! Überhaupt nicht.“
    Marcus lachte, ganz so unrecht hatte Hortensius nicht. Aber ein Blick genügte für Marcus, daß sie eine Runde waren, die klein genug war, um das Opium zu genießen.
    „Ich teile natürlich brüderlich mit euch allen. Möge ein Sklave -wie würde mein Vetter sagen?- uns das feine Kraut kredenzienten!“
    Bruseus verzog das Gesicht.
    „Wenn schon kredenzen, Marcus. Aber für mich besser nicht. Ich bin dann für Tage nicht mehr in der Lage, das Kommando zu führen.“


    Marcus zuckte mit der Schulter. Ob kredenzen oder kredenzienten, Hauptsache da Kraut kam her. Marcus winkte einen Sklaven heran und schickte ihn zu seinem Zelt, damit er das Geschenk herbei holte. Derweil wandte sich Marcus wieder an Imperiosus.


    „Es ist auch lange her, daß ich so was geraucht habe...in Ägypten war das, glaube ich. Mal davon abgesehen, daß ich vor ein paar Wochen von einem medicus ein Kraut gegen die Schmerzen bekommen habe...wegen den Verletzungen.“
    Marcus ließ sich noch etwas Wein eingießen.
    „Kommst Du aus Hispania? Wie ist es dort so?“

    Angenehme kühle Morgenluft sog Marcus in seine Lungen ein, die mit jedem Zug ihn mehr belebte und erfrischte, die Nacht vertrieb und seinen Geist klärte, selbst von jenen wirren Träumen, die er schon all die Wochen hatte und die nur wichen, wenn er das Kraut der medici zu sich nahm, was ihm jedoch schon vor einer Weile ausgegangen war. Ein blick genügte, daß sich inzwischen die Legion versammelt hatte, centuria für centuria und Reiterei. Lange warten mußten sie immerhin auch nicht, Marcus richtete sich auf als der Legat aus dem Zelt trat und wartete ruhig ab, denn nun würde sich der Grund des Appells offenbaren, der – wie Marcus vermutete – auch nur mit dem Angriff auf die Stadt im Zusammenhang stehen konnte, womöglich war auch wieder ein Opfer geplant, um die Götter gewogen zu machen. Doch es sollte ganz anders kommen. Schon die ersten Worte von Vitamalacus ließen ein kaltes Schaudern über Marcus Rücken rieseln, eine böse Ahnung kam auf, die dann auch noch bestätigt wurde. In den ersten Herzschlägen, nachdem Marcus die Worte vernommen hatte, kam der Inhalt nicht bei ihm an. So unfaßbar erschien es Marcus. Starr sah Marcus nach vorne, vergaß das Atmen. Der Kaiser...? Der Imperator ist tot...? Der Imperator ist tot! Es erschütterte Marcus wie mit einem göttlichen Fausthieb.


    „Bei den Göttern!“
    , hauchte Marcus. Wie konnten die Götter es zulassen, jetzt, wo sie den Kaiser am Meisten brauchten? Wie konnten sie nur einen so großen Mann von dem Antlitz der Welt nehmen, wo das Imperium doch ohne sein schlagendes Herz vergehen könnte?
    „Tot?“


    Marcus merkte nicht, wie die Stille immer mehr um sich griff und die Männer schockierte und erschrockene Blicke austauschten. Wenn ihr Feldherr mitten im Krieg starb, dann war das bestimmt ein Zeichen und einer der Soldaten brachte das auch zum Ausdruck. Marcus hörte es nicht, sondern sah starr auf die Zelte hinter dem Legaten. Die Stille wurde langsam durchbrochen als ein Murmeln auf brandete.


    „Ein Zeichen ist das!“
    „Verfluchte Parther!“
    , hörte Marcus direkt hinter sich.
    „Wir sind verloren!“
    , raunte ein junger Mann in seiner Nähe.
    „Die Parther sind schuld!“
    Einige Männer nickten und viele Blicke richteten sich auf die Stadt.
    „Rache für den Kaiser!“
    , ertönte es dann laut.
    „Bluten sollen sie dafür! Die Stadt soll brennen!“
    , war von einer anderen Einheit zu hören. Der signifer in Marcus Nähe, der durchaus auch erschrocken war, aber die Nachricht sehr viel gelaßener aufnahm – es war nicht der erste Tod eines Kaisers, den er in der Legion erlebte, wenn auch nicht so hautnah! - stieß Marcus an, dezent.
    centurio...“
    Marcus schreckte aus seinen Gedanken hervor, die sich um die Unmöglichkeit des Todes eines Gottes drehten und er wandte sich zu seinen Männern um, sie zu Ruhe und Ordnung zu bringen, halbherzig, denn die Männer sprachen auch das aus, was Marcus dachte.

    Ehrlich gesagt finde ich diese "Erklärung" nicht akzeptabel. Schon zu der damaligen Zeit gab es die Möglichkeit des Exils, schon zu der damaligen Zeit war Tod=Tod. Ein fingiertes Sterben wäre auch mit dem "In Exil"- Status möglich gewesen, die betroffenen IDs hätten das im Spiel ja richtig werten können.


    Abgesehen davon galt und gilt hier noch nie die Regel, es war damals so, deswegen gilt es für diese ID auch heute noch so. Viele Regeländerungen haben Einschnitte bei den Charakteren bedeutet und es wurde immer an den Regeländerungen fest gehalten. Abgesehen davon, daß die Regel des Elysio doch schon damals galt. -.^


    Ich habe so oft hier miterlebt, daß auf Spielregeln gepocht wurde, selbst wenn die Idee hinter einem Konzept einleuchtend war (Beispiel: Sklave, der früher Bürger war und durch widrige Umstände zum Sklaven wurde) und dennoch abgeschmettert wurde. Begründung: Regeln des IR. Keine Präzedenzfälle.


    Mit dieser Angelegenheit sind die Regeln ad absurdum geführt worden und somit das Argument, das der Starter dieses Threads ganz am Anfang gestellt hat, völlig einleuchtend. Präzedenzfall ist somit geschaffen worden. Die eisernste Regel ist gebrochen worden.



    @Catus: Nichts für ungut. Ist nicht gegen Deine ID oder Dein Charakter.

    Oberflächlich schien ein Tohuwabohu in dem Lager der Prima auszubrechen, an jenem Morgen, als die Sonnenstrahlen über den Horizont leckten und den Himmel in blau bis roten Pastelltönen färbte. Doch nur ein Mensch, der das Leben in der Legion nicht kannte, würde es als ein Durcheinander bezeichnen. Offiziere sammelten die Männer, Signale wurden geblasen und zwischen all dem marschierte auch Marcus seiner Einheit, der Zweiten der Ersten der Ersten, voran, entlang der Lagergaße und direkt auf die Mitte des Lagers zu, wo der Appell statt finden sollte, dessen Grund sie alle noch nicht kannten. Aber Marcus machte sich nicht die Mühe, lange darüber zu grübeln, es würde schon ein sinniger Anlaß dafür bestehen, es hatte sicherlich mit der Belagerung zu tun.


    In zwei Reihen marschierte die centuria auf, schwenkte vor dem praetorium etwas nach rechts und reihte sich neben der Dritten der Ersten der Ersten vor den imposanteren Zelten des Lagers ein. Der signifer – Cafo – war besonders gut unter den Männern zu erkennen, trug er doch das signum stolz und aufrecht - immerhin war er auch erst seit kurzem signifer. Der cornicen stand direkt neben Marcus und ließ das Horn auf seiner Schulter ruhen, auf dem sich der Glanz der Sonne wieder spiegelte. Marcus überprüfte noch mal den Sitz seines Helmes und verschränkte die Arme vor der Brust, denn noch hieß es abwarten, bis alle Soldaten versammelt waren. Marcus sah einen Herzschlag lang hinter sich, ob die Männer sich auch ordentlich aufgestellt hatten.

    - Der Hauptteil -


    Kniehoch stand das Gras, golden wogte es im Sonnenlicht, ließ den Wind durch die Ähren spielen und raschelte leise bei jedem Schritt den Marcus durch das Gras tat; die Halme unter seinen Soldatenstiefeln zerbrachen und knickten, das Schuhwerk zertrampelte die Gräser mit den Nägeln an seinen Sohlen, ohne daß der Träger einen Blick auf die goldenen Schafte warf, die in einem harmonischen Reigen sich einem Wellenmeer gleichend vor ihnen ausbreitete, in zahlreichen braunen Tönen sich in der jahrezeitlichen Färbung zeigend. Marcus beschirmte seine Augen, die von der Sonne geblendet wurden und spähte nach vorne, wo er noch eine Staubwolke ausmachen konnte; dort, wo die drei Reiter verschwunden waren, die ihnen voraus ritten, um nach der Ortschaft Ausschau zu halten, die es in dieser Gegend angeblich geben sollte. Die Zweige von hohen Tamarisken reihten sich in den Tanz der Gräser mit ein, schaukelten heftig nach links und rechts. Stieg hinter den Gipfeln einiger Zypressen und den hohen Tamarisken nicht Rauch in den Himmel? Das würde auf ein Dorf oder eine Siedlung schließen laßen. Ein zufriedener Ausdruck huschte über Marcus Gesicht, denn ungerne wollte er ohne Ergebnisse und insbesondere ohne die durchaus dringend benötigten Vorräte zur Legion zurück stoßen, schließlich waren er und der kleine Trupp an Männern, diverse Männer aus verschiedenen centuriae*, aus geschickt worden, um die maue Lage etwas aufzubessern und das kam Marcus natürlich gerade recht, denn ein anständiges Mahl hatte er schon seit langer Zeit nicht mehr gehabt.


    Marcus schritt weiter aus in dem hohen Gras, folgte der Spur, die die Hufen der Pferde im Erdreich hinter laßen hatten. Ein Rascheln ließ Marcus aufhorchen, etwas bewegte sich im Gras. Braunes Fell huschte durch die Halme und richtete sich auf als es den Männern gewahr wurde. Ein Tier, so groß wie ein Kaninchen, recht fett für ein solches Getier – ein Klippschliefer – erspähte mit den dunklen Knopfaugen die Männer, doch ehe Marcus auch nur einen Schritt machen konnte, um die fette Beute für den Kochtopf zu ergattern oder die Männer dazu anzuhalten, das Tier zu jagen, verschwand es bereits unter den Wurzeln einer Zypresse in der Nähe. Marcus zuckte mit der Schulter und lief weiter den Spuren der Reiter hinter her. Zwischen dem Gras zirpten so manche Zikaden, die verstummten als die Männer an ihnen vorbei kamen.


    Der Schatten der Zypressen spendete Marcus einige Schritte lang Schatten vor der gleißenden Sonne, die zwar nicht erbarmungslos, aber doch ganz schön warm für marschierende Männer herunter strahlte. Zwei Wägen folgten ihnen, denn schließlich mußten sie die Vorräte auch irgendwo verstauen können, ansonsten trug Marcus nur seine rote centuriotunica am Leibe, die Rüstung, samt subarmalium – weswegen Marcus ganz schön ins Schwitzen kam beim Marschieren! - Waffen, Schild und poscaschlauch an seiner Seite. Grade bogen sie auf einen Weg, einen Pfad mehr, der kaum von der übrigen Landschaft unterschieden werden konnte, als sich vor Marcus Augen eine Siedlung auftat, die Häuser noch in weiterer Ferne erblickend blieb Marcus stehen und hob die Hand, damit es ihm die Soldaten gleich taten. Marcus drehte sich um, um einige Worte an die Männer zu richten, während er darauf wartete, daß die Reiter zurück kamen.


    „Wir sind zwar im Krieg, aber wenn sich Menschen dort nicht gegen uns wehren, dann haben wir auch keinen Grund, ihnen etwas zu Leide zu tun, verstanden? Ich will also kein Morden und Brandschatzen dort sehen - wenn die Bauern...oder Unfreien, wie auch immer, dort die Vorräte raus rücken! Wenn sie sich wehren...dann wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben...“
    , fügte Marcus mit einem Schulterzucken an und wandte sich um, um in Richtung des Dorfes zu spähen.




    *Der Spielmöglichkeit wegen!

    Spät war die Stunde in der Nacht, die Sonne hatte sich schon vor langer Zeit hinter den Horizont begeben, schon lange war es ruhiger im Feldlager geworden, in dem sich so viele Männer versammelt hatten, unter dem Kommando des Kaisers, um den Parthern zu zeigen, daß das römische Imperium immer noch auf der Höhe seiner Macht war und sogar noch danach strebte, die Finger weiter in die Welt zu strecken und unter die Oberhoheit des Imperiums zu bringen. An jenem Abend hatte sich ein Teil des Rückrats dieser Legion in dem Zelt versammelt, wenn es doch immer noch nur eine kleine Auswahl aller centuriones der Prima war – zudem hatte sich ein centurio der Zwölften zu den Männern hier gesellt – aber die centuriones machten trotzdem genug Lärm wie die gesamte Zenturioschaft dieser Legion. Lachen drang aus dem Zelt heraus, mal einer der Männer, der etwas lauter eine Anekdote von sich gab, dann ein sich gegenseitiges Zuprosten. Aus den umliegenden Zelten streckte sich ab und an mal ein Kopf hervor, um in Richtung des Zeltes zu spähen, auch einer der Wachen, die in der Lagergaße entlang ging, blieb stehen, musterte das Zelt von Außen. Aber die Männer in dem Kreis, die Imperiosus in ihre Runde aufnahmen, blieben dennoch noch ungestört. Mittlerweile waren die Platten und tönernen Teller abgegrast, hier und da lagen noch vereinzelt mal ein Fleischstück, etwas Brot oder Oliven, die man noch vor den vielen hungrigen Mäulern hatte retten können und die aus privaten Beständen der Offiziere stammten. Dafür kreiste um so mehr von dem Wein, den man aus der Gegend erworben hatte, ein schwerer süßlicher Wein mit intensivem Arom, den sich Marcus durchaus munden ließ.Hast Du eigentlich Familie...? Das hatte Marcus gewiß, aber der Nebensatz: die auf Dich wartet schränkte das Ganze natürlich wieder etwas ein. Marcus nickte zustimmend, schließlich hatte sonst kein Flavier das Verlangen, sich der Legion anzuschließen, die ihn in die Fremde führte wie Marcus.


    „Ja, in Rom sind einige meiner Vettern und Verwandte, davon – glaub ich – vermißt mich der ein oder andere ab und an mal, wenn er nicht von Götterdienst oder Politik aufgehalten wird. Ansonsten habe ich noch einen Sohn, in der ersten Dekade seines Lebens, und eine...“
    Marcus zögerte einen Herzschlag lang, aber er wollte keinen Zweifel – bei sich selber! - zulaßen.
    „...eine junge Tochter. Sie ist gerade fünfzehn Jahre alt geworden. Mein ganzer Sonnenschein!“
    Marcus lächelte versonnen. Natürlich bedeutete ihm sein Sohn auch alles, aber seine Tochter war bisher immer die Verhätschelte gewesen, der Marcus gar nichts abschlagen konnte.
    „Außerdem wartet noch meine Verlobte auf mich, Claudia Epicharis!“
    Mit einem Lächeln auf dem Gesicht zuckte Marcus mit der Schulter.
    „Vor ein paar Jahren wäre ich wohl noch vor einer Ehe davon gelaufen...aber mittlerweile...außerdem ist Epicharis eine wirklich reizende und liebenswürdige junge Frau. Ich hab ziemliches Glück mit ihr...glaube ich...wobei...ich sag Dir, Artorius, eine Frau lernt man erst wirklich kennen, wenn man mit ihr verheiratet ist...ich meine auch all die Schattenseiten und nicht nur das wonnevolle Gemüt.“
    Marcus spähte zu den anderen centuriones und beugte sich dann verschwörerisch zu Imperiosus vor.
    „Meine Verlobte, sie hat mir ein ganz göttliches Geschenk gemacht. Eine...“
    Marcus Grinsen wurde etwas breiter.
    „Opiumpfeife! Und bestes ägyptisches Opium...ich glaube jedenfalls, daß es Ägyptisches ist, es schmeckt jedenfalls danach...ich könnte sie noch hervor holen, wenn es ein wenig leerer geworden ist hier...“
    Marcus hob bedeutungsvoll und auch ein wenig fragend den Blick. Aber wenn man Wein mochte, dann konnte man doch ein wenig der heiteren Lustbarkeit durch Opium nicht ausschlagen. Hedonist der Marcus nun mal war, konnte er sich anderes nicht vorstellen.

    Abergläubisch, das war Marcus durchaus, er glaubte an Wahrsagungen von selbst den Jahrmarktorakeln, die ihre Visionen aus dem Blute von Ziegen zogen, die leise vor sich her brabbelten – was Marcus dann besonders beeindruckte – und mit Talismanen klimperte, ja, Marcus würde selbst auf die dreistesten Betrüger herein fallen, wenn es dann jedoch die Erleuchtung und die Vision eines Mannes war, der im Dienste der Götter stand, dann nahm Marcus das natürlich besonders ernst, darum nickte er mit einem ernsten Ausdruck auf dem Gesicht als er die Worte von Imperiosus vernahm. Wenn man schon so einen leuchtenden Pfad in die Zukunft gezeigt bekommt, dann mußte man diesen auch begehen. Marcus hätte sich gewiß in seiner Vergangenheit ähnliche Impulse und Wegweisungen gewünscht, aber letztendlich hatte er dafür seine Mutter, die immer am Besten wußte, was gut für Marcus war und sich letztendlich nicht geirrt hatte, selbst wenn der Weg, den Marcus in der Legion gewählt hatte, nicht mehr der Zeit entsprach, so hatte es ihn aus seinem unnützen Leben, den Jahren der Faulheit und Völlerei heraus gerißen, hatte ihm feste Strukturen und Pflichten gegeben und Marcus in eine gänzlich andere Richtung im Leben gebracht. Mütter und Götter, sie waren wohl beide für Männer ein Segen...oder eine Plage, je nachdem.


    „Wenn es ein Zeichen der Götter war, verwundert es mich nicht. Schließlich bist Du nun ein gemachter Mann in der Legion, als centurio!“


    Marcus hob noch mal den Becher, was wohl die anderen centuriones um ihn herum auch als Zeichen nahmen. Erneut wurde angestoßen, erneut auf die Prima getrunken, auf den Kaiser, das römische Volk, den Sieg und den neuen centurio in ihren Reihen. Es wurde weiter gespeist, während Marcus ein erneutes Grinsen nicht unterdrückte konnte.


    „Wahrlich, wahrlich, die Frauen! Fluch und Segen zugleich. Aber es gibt keinen Tag, an dem ich nicht den Göttern dafür danken würde! Insbesondere dem Titanen, der die Menschen geschaffen hat!“


    Ein Schluck Wein darauf genommen, Marcus dachte einige Herzschläge lang über die Frauen nach, die ihm doch viel bedeuteten und die darauf warteten, daß er aus dem Krieg zurück kehrte. Er lächelte verhalten bei dem Gedanken, riß sich jedoch gleich davon los. Wem nützte es, wenn er jetzt auch noch melancholisch wurde?


    „In die Legion und gleich in den Krieg? Das scheint wohl auch ein Wink der Götter gewesen zu sein, hm?“


    Marcus griff nach dem letzten Bißen auf der Platte neben sich und wußte nicht so recht, ob man das als gut oder schlecht sehen sollte. Aber im Krieg konnte sich wengisten ein Mann besser profilieren als während der Zeit in einem Lager, mitten in Italia.

    Fortuna war ein launisches Wesen, mal zeigte sie die goldene Seite der Glücksmünze, dann jedoch verdeckte sie diese und drehte das Schicksalsrad in eine gänzlich andere Richtung, wer wußte schon, was die Zukunft brachte. Marcus tat es gewiß nicht, denn die kommenden Tage sollten eine unglückselige Wendung im Feldzug nehmen, doch an jenem Tage war die Sonne noch heiter – wenn man davon sprechen konnte während eines Krieges! Ein Lächeln huschte über Marcus Gesicht, die Legion war groß, aber dann hatte man doch wieder das Gefühl, man lebte in einem kleinen Dorf, man begegnete sich auf den Latrinen, auf dem Wallgang, auf dem Exerzierplatz oder vor der principia.


    „Das wird es sicherlich nicht sein, optio. Und sollte mal etwas sein, optio, kannst Du jederzeit zu mir kommen. Sowohl hier als auch in Italia.“


    Irgendwo hinter Marcus meinte er das Klappern von Töpfen zu vernehmen, ob es die Soldaten waren oder einer der Sklaven, vermochte Marcus nicht zu sagen, aber der Tag neigte sich langsam, aber sicher, dem Abend entgegen und es galt bald die Männer zusammen zu rufen und sie von den Änderungen in der Einheit zu informieren. Und nur wenige Stunden würde sie von den üblichen Pflichten trennen, von den Wachgängen, von dem Abbau des Lagers und einer weiteren Marschetappe in Richtung Dura, dem nächsten Ziel, dem nächsten ungewissen Kampf oder Belagerung entgegen auf der Straße der Zukunft, die für sie alle im Dunkeln lag, egal ob Kaiser oder einfach miles. Marcus, der in jenem Moment nicht solchen Gedanken nach hing, gab mit einem Nicken zusätzlich zu seinen Worten ein positives Zeichen.


    „Erlaubnis erteilt, optio. Viel Erfolg in der neuen Einheit und meine besten Empfehlungen an Deinen neuen centurio, optio!“

    - Prolog -


    Warm glänzte das braunrote Fell der Ziege, die langsam an einem Weg entlang trottete, den man noch nicht mal mit Recht so nennen konnte. Mehr eine Ahnung von einem Pfad war dieser. Die großen Steine zur Seite gerollt, damit auch mal ein Wagen – gezogen von einem Ochsen oder Mauleseln – hier entlang poltern konnte. Als ob die Ziege alle Zeit der Welt hatte – wer wollte sie auch stören? - graste sie die dornigen Büsche hier ab, denn hier wurde sie nicht von den Hacken vertrieben, die die Männer nur wenige Schritte von ihr entfernt durch die Luft schwangen, um den Boden auf die kommende Saat vorzubereiten. Hoch und runter sauste die Hacke, wirbelte einmal über breite Schultern hinweg und bohrte sich tief in den erdigen Grund, der von einigen Steinen durchzogen war. Immer mal wieder bückte sich der Mann, der die Hacke schwang, zog einen besonders großen Stein hervor und warf ihn auf einen Haufen hinter sich, zupfte ab und an etwas von der dornigen Masse aus dem Boden, die sich in der Zeit, in der das Land brach lag und sich von der letzten Ernte noch erholte, über den Boden ausgebreitet hatte. Die Sonne schien in das Gesicht des Mannes, auf seinen Rücken und seine Schultern hinab, mit einem Seufzen auf den Lippen richtete er sich auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn.


    Seine Augen streiften über den Bach hinweg, der an dem Feld sich vorbei schlängelte und sich in dem kleinen Fluß am Rande seines Dorfes mit all dem Wasser vereinte, das aus dem Osten kam, irgendwo entsprungen aus Felsen, wo sich das Wasser mit Macht einen Weg aus den Tiefen bis an die Oberfläche der Welt gebahnt hatte und nun auch diesen Menschen von dem guten Naß gab, was ihre Felder fruchtbar machte und ihnen das Leben ermöglichte, selbst wenn ihr Dorf nicht direkt am Euphrat lag oder in den besonders fruchtbaren Tälern von Parthia. Ein Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht als der Parther zu den Häusern sah, die von einem natürlich entstandenen Wall, von Steinen und dornigen Hecken umgeben war, was die Tiere oftmals davon abhielt sich ihre Ziegen zu erjagen oder die Schafe zu erbeuten, aber nicht immer. Der Mann, Kamran war sein Name, hatte schon Nächte erlebt, wo die gestreiften Hyänen oder die Wölfe der Gegend besonders dreist waren und ein Mal meinte er sogar, daß eine seiner Ziegen von einem Bären gerißen wurde, der nahe an das Dorf - des Winters wegen - gekommen war. Gut ein Dutzend Häuser und Katen standen in dem Dorf und von den Truppen des Shah waren die Männer hier auch verschont worden, die in andere Dörfer gekommen waren und die Söhne aus den Armen ihrer Mütter gerißen haben, die Väter den Kindern genommen haben und die Brüder den Schwestern, damit sie in dem Krieg gegen die Römer kämpften.


    Kamran trat zu einem Eimer, in dem eine Schöpfkelle aus Holz schwamm und nahm einen tiefen Schluck. Der Wind strich über den Boden hinweg, ließ etwas von der Erde auffliegen und spielte damit, so daß sich die Krumen in einem Wirbel in die Luft hoben und dann achtlos auf die Erde fallen gelaßen wurden. Der Luftstrom bauschte die Hose von Kamran auf, aus Schafswolle gesponnen, gewebt und genäht, zerrte an dem wollweißen Kittel, den er darüber trug und spielte mit seinen schulterlangen Haaren, die er sich zwar zurück gebunden hatte, aber von denen sich bei der Arbeit einige Strähnen gelöst hatten. Gerade wollte sich Kamran umwenden, um weiter sein Stück Erde zu bearbeiten, wie die anderen Männer des Dorfes, die sich an diesem Tage dort versammelt hatten, als ein Ruf die Luft durch schnitt:


    „Seht! Da kommt wer!“
    , rief ein Junge, der auf der Schwelle stand, zum Manne zu werden. Kamran wandte seinen Kopf um und in die Richtung, die der Junge – Farshid – deutete. Staub war zu sehen, noch ein gutes Stück vom Dorf entfernt. Kamran kniff die Augen zusammen, dann wandte er sich zu Farshid, packte ihn am Arm.
    „Lauf, sag' Aarman Bescheid!“
    Kamram gab dem Jungen einen leichten Stoß, damit dieser los lief. Farshid rannte eilig in Richtung des Dorfes. Ein älterer Mann trat an die Seite von Kamran und versuchte ebenfalls zu erkennen, was auf sie zu kam.
    „Die Männer des Shah? Kommen sie nun doch?“
    Kamran zuckte ratlos mit der Schulter.
    „Egal, wir gehen besser auch zurück. Und egal, ob Shah, Räuber oder Römer...wir laßen uns gewiß nicht als Opfer oder Schlachtvieh benutzen!“
    Der Ältere nickte zustimmend. Die Männer mit den Hacken drehten sich um und ließen das Feld brach zurück, während sie zum Dorf zurück gingen. Nur der Eimer mit Wasser blieb am Rande des Weges stehen. Die Kelle schwappte hin und her, als der Wind an ihrem Henkel spielte.




    SimOff: Jeder ist dazu eingeladen, nein, sogar darum gebeten, selber an Beschreibungen und Personen mitzuwirken, ebenso an Handlung und ähnlichem, wenn er gerne mag.

    Nur eine Armeslänge von Marcus entfernt diskutierten zwei der centuriones eifrig über das Für und Wider verschiedener Belagerungsarten, die lange Belagerung oder das entschloßene Kämpfen mit Türmen, Geschützen und Sturmleitern. Marcus lauschte einen Herzschlag lang, aber widmete sich dann doch gleich wieder der Unterhaltung mit Imperiosus. Verstehend nickte Marcus, als er den Namen von dem jungen Mann und Sproß des Artoriers vernahm. Didianus, also adoptiert, so glaubte zumindest Marcus als er den Namen in seinem Ohren klingen hörte, aber ein wenig jung kam ihm der artorische centurio durchaus vor, als daß dieser schon einen siebzehn Jahre alten Sohn haben könnte. Natürlich kam Marcus nicht in den Sinn, daß seine Tochter ähnlichen Alters war und er sich selber nicht sonderlich alt empfand - wenn auch deutlich verändert durch die Zeit des Feldzuges und beim Militär in den letzten Jahren. Erneut gab Marcus mit einem Kopfnicken zu verstehen, daß ihm Imperiosus Worte einleuchteten, bezüglich Talent und Befähigungen.


    „Na, nicht jeder Vogel fällt nicht weit vom Baum!“
    Natürlich meinte Marcus, daß der Apfel nicht weit vom Stamm fiel, aber er hatte es noch nie sonderlich mit Sprichwörtern.
    „Mein Sohn kommt, den Göttern sei Dank, auch nicht nach mir!“
    Marcus grinste gutmütig.
    „Er hat mehr von dem Geist seiner Onkel, besonders von seinem Onkel Gracchus. Ich bin mir sicher, mein Sohn wird auch kein Soldat. Womöglich auch ein Mann der Götter!“


    Daß Serenus Pläne weit darüber hinaus gingen, das ahnte Marcus freilich nicht, in dieser Hinsicht kannte er seinen Jungen schlecht. Und selbst wenn er das schon vernommen hatte, hielt er das immer für ein Kinderspiel von Serenus. Aber daß er Priester werden wollte - oder sollte? - meinte Marcus zu wissen. Betriebe...für derartige Geschäfte hatte Marcus nicht im Mindesten einen Sinn, noch das Gespür für Handel. Er konnte noch nicht mal mit seinem Geld gut umgehen, neigte dazu, alles für unnötige Anschaffungen aus dem Fenster zu werfen, wenn er nicht seinen Sklaven hätte oder früher seine Mutter, die sich um solche Dinge gekümmert hatte. Somit hatte Marcus keine Ahnung, was man bei Betrieben und dem Handel achten mußte. Er nickte nur marginal und genoß von dem zarten Fleisch. Als es zu den Töchtern ging, war das wieder ein vertrauteres Terrain.


    „Oh ja, das sind sie. Ungemein kompliziert. Aber sind das nicht alle Frauen?“
    Marcus gluckse und lachte leise, verschluckte sich dabei und hustete drei Mal. Ihm schoß das Blut ins Gesicht und er klopfte sich gegen das Brustbein.
    „Herrje!!...Puh...Ich werde Frauen wohl nie verstehen, Artorius! Aber doch können wir nicht von ihnen laßen, selbst mit all ihren Anforderungen und Ansprüchen, die sie an uns stellen, hm?“

    Purpurrot verfärbt war das Metall der Rüstungen – von den Männern, die Solchige zu dieser Stunde trugen – die Farben des Sonnenuntergangs spiegelten sich auch auf Marcus Helm wieder, den er unter seinem linken Arm fest hielt, gab der Rüstungen einen blutigen Glanz. Um Marcus Mundwinkel zuckte es, als er die Worte von Priscus vernahm, Priscus hatte durchaus Recht, außerdem wer wußte schon, was die Zukunft brachte und wie die Karten in der Legio nicht schon neu verteilt wurden, abermals Versetzungen anstanden und die Zenturien neu aufgefüllt oder umverteilt wurden!? Marcus Augen wanderten die Reihen jener Männer ab, die seinem Kommando anvertraut waren, die Soldaten, die er mittlerweile recht gut kannte und zu denen ihn dann doch eine große Kluft trennte, die Rang und Befehlsgewalt hervor brachten. Schließlich konnte er sich nicht derart ungezwungen unter den Männern bewegen, wie sie selber; kein contubernium, zu dem Marcus angehört, keine sieben Mitsoldaten, mit denen er Ration und Schlafstätte teilte. Dennoch fühlte sich Marcus mit jenen Männern verbunden, mit denen er schon so zahlreiche Kämpfe ausgestanden hatte und die bewiesen hatten, daß sie sich tapfer und mutig schlugen. Einige Herzschläge lang ließ Marcus die Frage in der Luft schweben, aber als er über die Gesichter hin weg sah, schien es Marcus, daß wohl keine Fragen offen waren und die Männer lieber den versprochenen Wein oder den restlichen Vorräten frönen wollten, die Marcus noch bis zum Abend sein Eigen genannt hatte. Darum wollte Marcus die Männer natürlich nicht länger warten laßen und meinte vernehmlich:


    „Gut, wenn dann alles klar ist...dann könnt ihr weg treten. Genießt den Abend, Männer. Wer weiß, wann wir wieder eine solche Gelegenheit erhalten.“


    Marcus betrachtete noch einmal die Soldaten, nickte Priscus freundlich zu und wandte sich um, mit einigen Schritten wieder auf sein Zelt zuhaltend und darin verschwindend; während Naevius eine linnene Plane zur Seite schlug und die kleinen Fäßer mit Wein und den Säcken mit den Vorräten an die ersten Männer zu verteilen.

    Zustimmend nickte Marcus, ja, für ihn war die Legion auch mittlerweile eine Heimat geworden, das Leben als Soldat eine zweite Haut, was er vor einigen Jahren wohl nicht gedacht hätte, aber mit Pflichten, mit Verantwortung und insbesondere seiner Zeit, wo er sich für so viele Menschleben verpflichtet fühlte, die unter seinem Kommando standen, in dieser Zeit hat das Leben als Soldat eine ganz andere Dimension für Marcus gewonnen.


    „Da hast Du recht, optio, die Legion muß dort hin wo sie gebraucht wird, ob Mantua, Parthia oder Germania...“


    Was wohl die Zukunft der Prima war? Mantua? Oder womöglich würden sie erst mal eine Weile in Parthia stationiert sein, Marcus vermochte es an jenem Tag nicht zu erkennen, natürlich auch nicht die dramatischen Ereignisse, die noch kommen sollten und den Tod des Kaisers zur Folge – oder den Anfang? - haben sollte.


    „Auf die legio, unsere Heimat!“


    Marcus hob den Becher ein Stück und nahm noch einen Schluck zu sich. Der Wind spielte am Zelteingang, ließ mal etwas von der Sonne herein, die sich immer mehr dem Horizont entgegen neigte. Marcus sah auf den Grund seines Bechers, in dem noch ein kleiner Schluck war, zusätzlich zu dem Weinsatz, der mit aus der Karaffe geschwemmt worden war. Noch einen Becher, das wußte Marcus, und er würde durchaus heiterer werden, was natürlich mitten am Tag ungebührlich war, somit stellte Marcus den Becher auf die Kiste zurück.


    „Gibt es vielleicht noch etwas, was ich für Dich tun kann, optio? Oder Fragen?“