Düstere Ereignisse zeigten nicht immer ihren Schatten im Vornherein, kein Omen zeigte sich in den Tagen, der Wein war nicht sauer, die Vögel flogen ganz normal und auch an jenem Tag schien alles wie in den letzten Wochen zu sein. Außer, daß einer der besten Männer, die Marcus in seiner Truppe wußte, nun einem neuen Aufgabenfeld zustreben würde, in einer anderen Einheit. Marcus nahm noch einen tiefen Schluck von dem Wein und dachte über ihre Zukunft nach. Was würde sie wohl bringen? Marcus hatte keine Ahnung, denn bis jetzt war sein Erwartungshorizont nicht weiter gegangen als: Feldzug überstehen, Krieg führen, irgendwann nach Hause kommen und heiraten. Und was dann? Marcus wußte es noch nicht, doch in letzter Zeit hatte er sich immer mehr Gedanken gemacht, was er eigentlich von seinem Leben erwartete. Womöglich stellte er deshalb Priscus, dem Fels in der Legion, einer der Männer, die wohl ihr ganzes Leben lang der Legion und insbesondere der Prima gewidmet hatte, diese Frage. Marcus nickte als er die Antwort von Priscus vernahm und wunderte sich gar nicht. Er hatte damit gerechnet. Die Prima als Familie, die Legion als einziges Zuhause für einen Soldaten. Ansatzweise ging es Marcus auch so, aber dann waren da noch die Flavier, zudem natürlich Epicharis, die immer mehr an Wichtigkeit in seinem Leben gewonnen hatte, was Marcus vor einigen Jahren niemals gedacht hätte. Daß eine Frau das bei ihm vermochte – die nicht seine Mutter war! Marcus nickte nochmals mit einem grüblerischen Gesichtsausdruck.
„Ja, wohin der Kaiser die Prima auch schicken mag. Wer weiß, vielleicht folgen wir noch den Spuren Alexanders bis nach...?“
Wohin war Alexander noch gezogen? Marcus wußte es nicht mehr. Africa war es nicht! Irgend so ein ominöses östliches Land. Nur, daß fast keiner der Soldaten in die Heimat kam, daran entsann sich Marcus noch.
„Wollen wir es lieber nicht hoffen. Außer daß wir genauso siegreich sind!“
Herrje, Marcus!, dachte er sich. Am Ende war Alexander gar nicht siegreich gewesen, denn Geschichte war kein wirkliches Steckenpferd von Marcus. Er warf vieles gerne durcheinander, verwechselte ganze Epochen, siedelte Königreiche in völlig fremden Ländern an und hatte keine Ahnung, wann der große Alexander überhaupt gelebt hat. Womöglich vor gar nicht allzu langer Zeit. Marcus sah einen Moment in seinen Wein, ehe er anfügte:
„Sparsus wird optio hier. Er ist ein tüchtiger Bursche. Wenn auch unerfahren, aber er wird es noch lernen und dann womöglich zu einem anderen centurio kommen...mal sehen...“
Marcus sah auf und in das Gesicht seines optios, der es wohl nicht mehr lange war.
„Hast Du es schon gehört? Wir haben einen neuen primus pilus und einen neuen praefectus.“