Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Rumpelstumpf


    „Liebste Epicharis, mir geht es gut, wie geht es Dir?“


    Sogleich schüttelte Marcus den Kopf. Nein, das war doch wirklich banal. Wirsch hob er die Hand, um seinem scriba, Adjutanten und Mädchen für alles Einhalt zu gebieten, ehe dieser den doch mehr als uneloquenten und völlig sinnlosen Satz auf die tabula kritzeln konnte. Daß Briefe schreiben so schwer sein konnte, selbst wenn man keine einzige Zeile niederschreiben mußte? Versonnen rieb sich Marcus die Schläfen und spähte über das blaue Wasser hinweg. Was sollte er schon schreiben, wenn nichts passierte? Kein Wunder, daß sein Kopf so leer war wie der Horizont. Inbrünstig betete er zu Mars und allen guten Göttern um eine kleine Abwechslung. Was auch prompt geschah. Ein Soldat kam nach vorne gelaufen, um mit einem Messer ein Stück Tuch zu organisieren. Schnell salutierte er als er Marcus gewahr wurde.


    „Was ist denn da drüben los?“
    -„Rumpelstumpf, centurio. So was wie griechisches Ringen um einen Holzstab.“
    „Häh?“
    - „Der praefectus macht auch mit!“
    „Ah, so...na, wem's Spass macht!“
    - „Und es gibt einen Schinken zu gewinnen!“
    „Oh, na dann...“


    Marcus erhob sich. Bei so einem lockenden Preis würde er sich nicht zwei Mal bitten laßen. Immer nur Fisch konnte er nicht ausstehen und das Federvieh, was er sich mitgebracht hatte, war längst verzehrt. Marcus gürtete sich seine rote tunica fester um seinen nicht unbeträchtlichen Bauansatz und marschierte zu der versammelten Mannschaft. Bandagen wurden ausgeteilt, doch Marcus sah nicht ganz den Sinn dahinter und stellte sich prompt zu denen, die keine hatten. Grinsend bemerkte er, daß er sich somit wohl seinen praefectus zum Feind gemacht hatte. Die Regeln- von Plautius viel zu kompliziert erklärt- ließ sich Marcus noch mal schnell von seinem signifer erläutern, nickte verstehend. Pack das Holz und trag es in das Heimatland! Na, das würde doch nicht zu schwer werden. Mit heimlicher Vorfreude seinen Vorgesetzten mal aus dem Felde schlagen zu können- Marcus hatte das fest vor- starrte er sein Gegenüber an und dachte schon nach, wie er das am Besten machen konnte. Und das viele Nachdenken, ja, das wurde ihm tatsächlich zum Verhängnis. Denn im nächsten Augenblick merkte Marcus nur noch einen unsäglichen Schmerz. Ein „Uff!“, kam von seinen Lippen und er sank halb auf das Deck und konnte eine unsanfte Landung nur mit der Hand abschwächen. Grausilberblaugoldenrote Sterne tanzten vor seinen Augen. Lautes Gebrüll brach aus, doch Marcus hörte von all dem nichts mehr. Trampeln, Donnern, Stöhnen und Ächtzen! All das rauschte an Marcus vorbei. Der Stab hatte schon einige Male den Besitzer gewechselt ehe sich Marcus wieder in der Lage fühlte überhaupt eine Bewegung zu vollführen. Langsam erhob er sich, unaufhaltsam zogen düstere Gedankenwolken um seinen Kopf auf- sicherlich nur sichtbar für Zauberer, Priester und Jahrmarktweiber. Gerade sprang der Stumpf in die Höhe, landetet direkt in den Armen von seinem Vorgesetzten- namentlich auch als Matinius Plautius bekannt. Marcus nahm- immer noch geschwächt- Anlauf und stürzte sich auf den praefectus, um ihn den Stab zu entreißen und mit der Schulter wuchtig gegen seinen Oberkörper zu 'tackeln'- wenn man den Begriff für Rumpelstumpf anwenden darf. Womöglich legte Marcus noch mehr Ingrimm darein, aber wenn es gegen seinen besten Freund ging, da kam in Marcus keine Gnade mehr auf.


    Der Stumpf flog in die Höhe und landete....

    Zitat

    Original von Camillus Matinius Plautius


    et

    Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio


    Unwillkürlich spähte Marcus hinab in die dunkelblaue See bei der Erwähnung von Haien. Wenn Marcus vor Tieren Respekt hatte, dann die großen Raubtiere, ob zu Land oder Wasser. Und die Haie waren mit Sicherheit die Löwen des Meeres. Marcus schluckte, denn als er jung war, hatte er gesehen, wie einer seiner Sklaven, mit denen er zu spielen pflegte, von einem Hai zerrissen wurde. Es war nicht der Tod des Jungen, der Marcus erschüttert hatte-schließlich liebte er Gladiatorenspiele und die Bestrafungen von Sklaven-, mehr, daß der Angriff direkt in seiner Nähe erfolgte und es durchaus ihn hätte treffen können. Im Versuch Gleichmut zu beweisen zuckte Marcus mit den Schultern.


    „Mag sein, aber für Haifischfleisch hatte ich noch nie etwas übrig. Und zieh erst mal einen drei Meter langen Hai an Bord des Schiffes.“


    Marcus grinste breit und sah sich suchend auf dem Deck um. Gerade wollte er schon Plautius zur Antwort geben, daß alles in Bester Ordnung sei, die Soldaten alles gut zu überstehen schienen als ihm tatsächlich das auffiel, was ihn in den letzten Tagen in den Fingern und am Nacken gejuckt hatte. Er hatte das Gefühl, es fehlten ein paar Leute in seiner centuria und statt dessen waren einige fremde Gesichter an Bord. Und dieses ominöse Getuschel hinter seinem Rücken hatte ihn auch stets ein wenig mißtrauisch gemacht. Womöglich war schon ein Soldat über Bord gefallen und ertrunken. Marcus griff sich an den Nacken, rieb ihn verlegen und winkte dann einen Soldaten heran, dem er schnell einige Worte zu raunte und der sich auf machte, um die Männer durch zu zählen. An Plautius gewandt:


    „Aber natürlich, praefectus, alles in bester Ordnung. Die Männer sind auch jetzt schon ganz begierig anzukommen.“


    Marcus nickte Plautius noch mal zu, fragte sich nur einen Herzschlag lang, ob dieser die Einladung des Kapitäns wahr genommen hatte. Doch schon war der junge Decimus wieder auf dem Deck, im Schlepptau zwei schwere Schilde und zwei Schwerter. Marcus griff nach dem Schwert, was ihm Serapio an reichte und das Schild. Letzteres stellt er vor sich ab und gürtete das Schwert um. Mit nach oben gewölbter Augenbraue betrachtete er ein rosarotes Band, was um den Griff gebunden war und fragte sich einen Herzschlag lang, wem denn das Schwert wohl gehörte.


    „Wir haben keine Übungsschwerter, sondern leider nur die scharfen Waffen. Das wird das Üben für Dich auch ein wenig schwieriger machen, denn Du wirst auf keinen Fall wild mit dem Schwert herumfuchteln...“


    Denn Marcus- und natürlich auch der probatus- brauchten beide noch alle Glieder und Augen, um im Krieg zu bestehen.


    „Sondern vorsichtig dem folgen, was ich Dir zeigen werde. Wir sind nicht hier, um wie die Gladiatoren wild aufeinander zu schlagen, so kämpfen römische Legionäre nun mal nicht.“


    Marcus hob das Schild und trat auf die Mitte des Decks und deutete neben sich.


    „Zieh das Schwert und stell Dich so auf, daß Du bereit für einen Kampf bist!“

    Es war ein stetes Singen, Reigen, Knarren, Ächzen, ein munteres Pfeifen in den Segeln und das melodische Rauschen des Meeres was sich zu einer Musik der besonderen Art vereinte. All jene kleinen Geräusche nahm Marcus wahr und dann war es doch wiederum nur die Musik des Schiffes, die stets in seinen Ohren klang. Schon während der ersten Herzschläge, die der probatus mit Klettern verbrachte, wandte sich Marcus ab und ging einige Schritte an die Rehling. Stumm und andächtig betrachtete Marcus all die vielen Segel und sah eine lange Zeit zu dem Schiff des Kaisers hinüber- zumindest das, was Marcus als jenes eruieren konnte. Neben dem Knarren der Schiffsplanken vernahm Marcus dann noch die Schritte des Kapitäns, der hin und her eilte und einige Befehle über seinen Navigator weiter leiten ließ. Marcus spähte zum Mast nach oben und konnte gerade noch die Füße des Decimers erkennen, die im Vogelnest verschwanden. Ohne hin zu sehen wich Marcus einem der Matrosen aus, der schnell über das Schiff lief um einer der Schoten zu lösen. Wozu das diente: Marcus konnte es nicht im Mindesten einordnen, sah auch zu der Segelfläche und konnte keinen Unterschied erkennen.


    „Ganz schön mutig von dem Jungen.“


    Marcus sah an seine Seite und zu dem Kapitän der triere, der einige Herzschläge lang neben ihm stehen blieb und das Absteigen des probatus betrachtete. Marcus sah hinauf und auch zu dem Mast und zuckte dabei mit der Schulter.


    Na, so hoch ist das auch wieder nicht.“
    „Du solltest selber mal da hoch klettern. Von unten sieht es immer recht einfach aus.“
    „Hm?!“


    Doch der Kapitän hatte in dem Moment wichtigeres zu tun als noch länger dem Abstieg des Decimers beizuwohnen. Einer der Schiffe auf der Steuerbordseite driftete immer mehr vom Kurs ab und so marschierte der Kapitän leise fluchend zurück zum Steuer. In einer Formation zu segeln erforderte die ständige Wachsamkeit der Mannschaft. Wie schnell konnte doch ein Unglück passieren. Abermals sah Marcus weg von dem Mast und dem Segel und erblickte augenblicklich den praefectus. Ein Grinsen schlich sich auf Marcus gesund-rot gefärbtem Gesicht, an seinem Nacken hatte Marcus zwar einen leichten Sonnenbrand, aber sah doch munter und wie das sprießende Leben aus, besonders wenn man es mit der Gesichtsfarbe seines Vorgesetzten verglich. Marcus salutierte andeutungsweise.


    „Salve, praefectus. Aus dem Reich von Pluto wieder auferstanden? Na, ganz gesund siehst Du immer noch nicht aus, praefectus. Übrigens, der Kapitän hat uns vorhin zum Abendessen in seiner Kajüte eingeladen oder dort, wo die Offiziere Essen. Je nachdem, denn er meinte, wir könnten noch ein oder zwei Soldaten mitbringen.“


    Suchend sah sich Marcus auf dem Deck um. Auf dem Kriegsschiff, was nicht viel Platz und schon gar keinen Komfort für die Soldaten bot, war doch alles sehr beengt und man schien immer wieder den selben Soldaten in die Arme zu laufen. Irgendetwas war Marcus in den letzten Tagen aufgefallen oder besser gesagt: nicht aufgefallen. Aber noch war er mehr ein Jucken an seinem Nacken, etwas, was ihn manchmal aufhorchen ließ und dann wieder vergaß. Wie jetzt auch als der probatus wieder vor ihn trat. Marcus betrachtete den jungen Mann Gedanken verloren und sah ihn dabei nicht wirklich. Eine Grundausbildung auf dem Schiff und mit nur einem probatus war natürlich mehr als schwierig und Marcus ein gänzlich anderes Programm gewöhnt. Marschieren lassen ging wohl schlecht, denn all zu weit würde er nicht kommen. Über das Schiff rennen laßen? Da würden die Matrosen zu Recht ärgerlich werden. pilum werfen lassen. Ein Blick auf das blaue Wasser genügte, um Marcus davon zu überzeugen, daß diese pila verloren wären. Formationen und Reiten waren genauso schlecht möglich. Schwimmen? Ja, das würde gehen. Marcus Mundwinkel hob sich marginal als er auf die blaue Weite sah. Liegestütze? Das würde wohl öfters kommen. Er seufzte leise.


    „Na dann, probatus, auf unter Deck und hole mal zwei Schilde und zwei gladii nach oben. Age!“


    Zu dumm, daß die Holzgladii nicht mit an Bord waren. Immerhin waren sie auf den Weg in den Krieg und nicht zu Übungsspielen.

    Eine Mittelmeer-Möwe segelte bedächtig über der Tänzerin, der triere, auf der die zweite centuria der ersten cohors auf Befehl des praefectus der Legion verschifft worden war. Die Möwe ließ sich auf einem Seil nieder und streckte den tief schwarzen Kopf nach unten, knabberte mit dem blutroten Schnabel an einem Tau und plusterte die Federn auf. Marcus beobachtete das Tier einen Herzschlag lang ehe er sich dem probatus zu wandte. Seine Augenbraue wölbte sich in die Höhe und er musterte ihn prüfend. Was war denn das für ein Salutieren gewesen? Glaubte der Decimer etwa, sie wären auf einem munteren Segelausflug, wo ein bisschen Ertüchtigung nur die Laune heben sollte? Marcus presste die Lippen aufeinander und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Aber eigentlich verlieh die Seeluft und das stete Heben und Senken des Schiffes, die Freude an der Reise Marcus Laune derart, daß er Serapio nicht zurecht wies, wie er es wohl an einem anderen Tag und auf dem campus in Mantua womöglich getan hatte. In dem Augenblick bemerkte Marcus die vielen Menschen, die an der Küstenlinie standen und wie kleine Ameisen von den Schiffen aus wirkten. Marcus Mundwinkel hoben sich und er widerstand der Versuchung zu winken, schließlich würden die Dorfbewohner das auch nicht wahrnehmen können.


    „Wie schon angekündigt, wird Deine Grundausbildung ganz anders als bei den übrigen Soldaten stattfinden. Wir fangen nämlich schon auf dem Schiff an. Die nächsten beiden Wochen wirst Du jeden Tag trainieren. Und diese Zeit wird auch über Deine Zukunft entscheiden.“


    Marcus wünschte sich in dem Augenblick seine vitis heran, die er stets auf dem campus trug, der jetzt jedoch in einer den wenigen Kabinen lag, die neben der für den praefectus und für den trierarchus- der eine Kajüte hatte- vorhanden war. Mit seiner heißgeliebten vitis hätte Marcus noch mehr das Gefühl für die Grundausbildung gehabt. So verschränkte er die Arme hinter dem Rücken und richtete sich noch auf, sah den probatus streng an.


    „Die legio prima zieht an der Seite des Kaisers in den Krieg. Und die erste Legion des Imperium ist diejenige, die das Leben des Kaisers schützen muss und den Sieg für Rom erkämpfen soll. Somit brauchen wir gut ausgebildete, starke und mutige Männer in unseren Reihen. Faule Äpfel können wir nicht gebrauchen. Darum kannst Du Dich gleich von der Vorstellung verabschieden, hier einen Urlaub auf dem Schiff zu haben. Du wirst Tag für Tag üben und üben, schwitzen, Dich quälen und schuften. Am Ende der Reise werde ich dann entscheiden, ob Du überhaupt genug Potential hast, ein Soldat zu werden oder ob ich Dich nicht besser mit den Schiffen der classis wieder nach Italia schicke.“


    Einige Herzschläge lang ließ Marcus die Worte bei dem probatus wirken, dann deutete er auf die Lateinertakelung und dem Rahsegel.


    „Dann einmal bis zum Ausguck und wieder runter! Aber flott! Age!“


    Marcus trat zur Seite und ließ kurz den Blick schweifen, um zu sehen, wer von seinen Soldaten oder der praefectus selber auf dem Deck verweilte.

    Zwei junge Schäfer standen auf hohen, grün bewachsenen und steil abfallenden Klippen des italischen Festlandes. Viele kleine weiße, blökende Wölkchen umgaben die beiden Männer, die ihre Augen auf das Meer gerichtet hatten und in einem niederen Dialekt des Latein sich ausgelaßen und lachend über das letzte Dorffest und einer der jungen Mädchen unterhielten. Plötzlich verstummten Beide und sahen mit großen Augen auf das blaue Meer. Denn über die Wogen des Meeres tauchte ein Kriegsschiff auf, dann noch eines und immer mehr, bis sie sich einem riesigem Geschwader von weißen Vögeln gleichend in voller Pracht zeigten. Die leuchtend weißen Segel waren gebläht und das Schiff des Kaisers stach besonders prachtvoll in der Mitte hervor. Beide Männer starrten lange Zeit auf die Flotte, dann drehte sich einer der Beiden um und rannte zu dem Nahe liegendem Dorf. Schon wenige Minuten später tummelte sich das ganze Dorf an den Klippen und starrten zu der classis und der darauf verladenen Legion.


    Eine Gischtwoge spritzte hoch an der Nase- dem Rammsporn- der triere Saltatrix und über die Rehling der Kriegsschiffes, benäßte das vordere Segel am Bug und die zwei Männer, die vorne standen und nur einen Schritt zurück machten, aber dann wieder an den Rand des Decks traten. Leise unterhielten sich die Beiden, der eine war centurio Marcus Flavius Aristides, der seine Rüstung unter Deck gelassen hatte und nun in seiner kräftig roten centuriotunica mit vor der Brust verschränkten Armen stand und interessiert den Ausführungen des trierarchus Fabricius- ein Mann in den besten Jahren mit einer Brandnarbe an der Wange und aufstrebendem Ehrgeiz- lauschte. Nach einem längeren Vortrag von Fabricius- den Marcus seltsamerweise mit höchster Aufmerksamkeit und Interesse verfolgt hatte- schwiegen beide Männer. Ein Matrose näherte sich dem Kapitän.


    Trierarchus, der gubernator schickt mich. Der maestro hat bei gedreht.“


    Der trierarchus sah einen Herzschlag zu den Segeln hinauf, dann zu der Wasserlinie und nickte knapp, wandte sich an Marcus.


    „Wenn Du mich entschuldigst, centurio?“


    Marcus neigte andeutungsweise den Kopf als sich der Kapitän von der Aussicht des Buges löste und mit schnellen Schritten nach hinten zu seinem Navigator ging. Marcus hob den Kopf und sah hinauf zu dem Vogelnest, dann zu den vielen, vielen anderen Schiffen, die in der Formation - das Flaggschiff des Kaisers im Herzen - durch das mare adriaticum pflügten und immer wieder über Rufe oder sonstige maritime Signale sich aufeinander abstimmten. Nach einigen Herzschlägen, in denen er die Pracht der Flotte bestaunte, beobachtete Marcus die Küstenlinie im Osten, die sich undeutlich abzeichnete und die ersten Ausläufer der hellenischen Welt darstellte. Das Wetter, die Sonne und der Wellengang ließ es Marcus prächtig gehen. Seine Wangen waren gesund gerötet und seine Augen funkelten glücklich, denn er liebte das Meer und Schifffahrten insbesondere- warum, nun, das ist ein längeres Kapitel in Andeutung unten erläutert. Marcus genoß die Tage auf dem Schiff und hatte sogar eine völlig andere Anwandlung- ein großer Wissensdrang nach dem, was die Soldaten der classis in ihrem täglichen Dienst vollführten und so hatte er schon einige Stunden in Unterhaltungen mit dem Kapitän des Schiffes verbracht. Marcus fuhr sich durch seine kurzen schwarzen Haare und betrachtete die Takelage des Haupt- und alleinigen großen Segels. Eine Idee stieg in ihm auf und ein Grinsen trat auf sein Gesicht. Die Wogen und den Meergang ausgleichend marschierte Marcus zum Mast und sah sich suchend um. Seine Augen fixierten einen seiner Soldaten.


    probatus Decimus! Antreten!“


    Die Brise um die Nase spürend, gut gelaunt und in freudiger Erwartung der nächsten beiden Wochen sah sich Marcus auf dem Deck um, nickte mal dem ein oder anderen Soldaten zu und wartete bis der probatus vor ihm erschien.


    [Nun, für die Erläuterung mal so gesagt: Zu einer anderen Zeit und an einem anderen Ort hätte Marcus womöglich sein Talent für die Schifffahrt entdeckt, hätte sich einer Flotte anderer Nationalität angeschloßen und würde nun eine blaue Uniform tragen und sein Leben der Schifffahrt- beginnend auf einem Schiff nach dem griechischen Wort für Weisheit benannt- verschreiben, mit Dreimastern, und ominös fremden Waffen. Doch hier und viele Jahrhunderte zuvor hatte es ihn statt zur Flotte zur Infanterie geschlagen und in der fernen Zukunft würde man ihn- in der roten Uniform- mit Sicherheit einen Hummer schimpfen. Doch das Schicksal meinte es heute anders, morgen würde es wohl ganz anders sein.]




    Sim-Off:

    Ich wal mal freier in der Beschreibung, da noch nichts vorgegeben war.

    Das war einfach eine zu harte Prüfung für Marcus und er bestand sie nicht. Seine Mundwinkel zuckten und schließlich gluckste es aus ihm hervor, das Lachen. Aber nur bis es in ein heftiges Husten überging und er nickte und gleichzeitig mit dem Kopf schüttelte. Ob Socken beim Waschen kleiner wurden, ja, da war Marcus auch überfragt. Doch mit der angemessenen Würdigung bedachte Marcus noch mal das Werk der plaut'schen Ehefrau und nahm anschließend die Befehle entgegen, die wohl doch keine Befehle waren und dann wieder doch.


    „Ach, ich finde das Schaukeln eigentlich nicht schlimm. Leidest Du gar an der Seekrankheit, praefectus? Ich sage Dir, es gibt kein besseres Mittel gegen dieses Leiden als auf einem Stück Ingwer herum zu kauen. Das habe ich noch von einem alten Fischer aus Baiae, der hat schrecklich darunter gelitten, selbst in den kleinen Booten der Fischer...“


    , begann Marcus zu schwätzen, während er einige Schritte mit Plautius hinaus trat und sich unter Deck kurz von ihm verabschiedete, um sich noch mal persönlich um die Männer zu kümmern. Daß sie ordentlich unter kamen, sich nicht zankten, sich nicht mit den Matrosen prügelten, die ersten kranken Seelen mit seinem Wundermittel ausgestattet wurden und sie dann anschließend auch an Deck konnten, um noch einmal zu winken. Auch Marcus tat das und trat an den Bug des Schiffes. Während er sich seine von Bartstoppeln rauhe Wange kratzte suchte er mit den Blicken nach einem bekannten Gesicht, lehnte sich dann gegen die Rehling und wartete bis sie ausliefen in die Fremde und den Krieg.


    Sim-Off:

    Ebenso

    Das sanfte Schaukeln des Kriegschiffes, was selbst am Hafen stetig zu spüren war, beruhigte Marcus sofort als er an Bord des Schiffes gekommen war und auch jetzt, wo er vor der Tür von Plautius stand und auf ein Zeichen dessen Anwesenheit wartete. Aus unerfindlichen Grund vermochten Schiffe an Marcus Seele zu rühren, doch bislang hatte er das kaum wahrgenommen, geschweige denn ergründet. Die Tür erzitterte indes heftig unter seinem Klopfen und gleich darauf vernahm Marcus die Stimme des praefectus. Dem folgte Marcus und trat in die Kabine hinein. Sein Blick schweifte über etwas, was der praefectus wohl mitbekommen hatte, denn er hatte dies bis dato noch nicht bei ihm gesehen. Waren das Socken? Und was für Socken! Marcus unterdrückte ein Grinsen und schlug mit der Faust über den Flecken an der Brust, wo sein Herz darunter schlug.


    praefectus, ich melde, daß die zweite centurio der ersten cohors wie befohlen an Bord eingetroffen ist und sich unter Deck befindet. Irgendwelche Befehle, praefectus?“


    Marcus wippte etwas auf dem Ballen auf und ab, um die Schiffsbewegung zu kompensieren, stand dann jedoch gleich wieder ruhig und sah fragend zu Plautius.

    Wie es doch Marcus Herz erwärmte, daß seine Lieblingsbase so sehr ihn bedachte, daß sie eigens ihre Leibdienerin nach Ravenna schickte. Dieses liebe kleine Mädchen! Marcus lächelte freudvoll und marschierte beschwingt weiter am Rande des Hafens und auf die Ablegestellen zu, vorbei an vielen Soldaten und Menschen, die sich von diesen verabschiedeten. Als Salambo von einem Geschenk sprach blieb Marcus stehen und sah auf das Bündel aus feinem Stoff, was Salambo in ihren dunklen Händen hielt. Die Haut der Sklavin zeichnete sich deutlich von dem reinen, weißen Stoff ab und das erste Mal betrachtete Marcus die Sklavin länger als einen flüchtigen Augenblick, verzog seine Lippen zu einem unbedeutend, aber doch vorhandenen anzüglichen Lächeln. Daß die Sklavin ganz nach Marcus Geschmack war, wußte nicht nur er, sondern Salambo auch allzu deutlich von den Besuchen in Baiae oder Ravenna, die er früher getätigt hatte. Vorsichtig nahm er das Geschenk entgegen und schlug das Tuch zur Seite, betrachtete die rote und glatte Seide- welche mit der Ziegenwolle gemischt war- und mußte ein amüsiertes Grinsen unterdrücken. Leontia mußte aberwitzige Vorstellungen haben, wie sich Soldaten kleideten und was praktisch auf einem Feldzug war. Wahrscheinlich war sie mehr darum besorgt, daß Marcus nicht adrett genug in Parthia gekleidet war. Marcus leckte sich schnell über die Lippe, während seine Schultern einen Herzschlag zuckten- besonders als er die Mütze sah. Aber doch gleich darauf wärmte es Marcus Herz abermals, denn daß sie sich auch noch so viel Mühe mit dem Geschenk gemacht hatte, war wirklich rührend. Es freute Marcus, daß seine Verlobte und seine Base derartigen Aufwand für ihn betrieben und dachte mit Wehmut an seine eigenen beiden Kinder, die so fern waren. Zudem konnte man nie wissen, wann man nicht eine Mütze gebrauchen konnte.


    „Richte bitte Deiner Herrin aus, daß ich ihr sehr dankbar bin und sicherlich die Gaben sehr gut zu nutzen weiß auf dem langen Feldzug. Außerdem sind sie wunderschön. Und sage ihr bitte auch, daß ich auch keinen Zweifel an unserem Sieg hege. Sie soll auch bitte gut auf sich acht geben. Oder Salambo, achte lieber Du auf Leontia. Sie ist so sehr der Welt entrückt, daß ihr die Gefahr ins Gesicht lachen kann und sie merkt es nicht.“


    Marcus lächelte und dachte, daß Leontia und Gracchus aus dem selben Holz geschnitzt waren in dieser Hinsicht. Sie war eine liebliche, aber doch genauso entrückte Nachtigal und Gracchus eben ein seltsamer Kauz. Schon war Marcus dabei noch einige Schritte weiter zu gehen. Einige Hallen kamen in Sicht und sie somit außer Sicht als er die Worte von Salambo vernahm. Marcus blieb stehen und wandte sich der Sklavin zu. An dieser Stelle soll gesagt sein: Nein, er hatte seine Verlobte in keiner Weise vergeßen, noch hegte er eine weniger innige Zuneigung zu jener jungen Frau, aber wie es nun mal Marcus Art war, machte er sich meist nicht große Gedanken um sein Tun oder gar Moral und Gewißen. Zudem war Salambo nur eine Sklavin. Das frivole Lächeln stahl sich abermals auf sein Gesicht und er trat an Salambo heran.


    „Aber sicher darfst Du das, meine kleine Wildkatze!“


    Marcus schlang einen Arm um ihre Taille, zog sie heran und presste seine Lippen leidenschaftlich auf ihren Mund, küßte sie begehrlich und rauh. Seine Hand glitt ganz und gar unanständig, sogar sehr anzüglich, an ihrem Rücken hinab und über ihr wohl geformtes Gesäß, dann ließ er sie wieder los, gab ihr noch einen Klaps auf den Hintern.


    „Auf bald, Salambo!“


    Verschmitzt zwinkerte Marcus ihr noch mal zu und wandte sich um, um noch den letzten Weg zu den Soldaten zurück zu legen, mit dem Bündel und der palla in den Armen und den Beutel am Gürtel. Ein wenig Frohgemuter, nachdem er so herzlich und bewegend von zwei schönen Frauen verabschiedet worden war. Jetzt hieß es nach Parthia und in die Fremde ziehen. Denn die Schiffe würden bald ablegen.

    Marcus ließ es sich nicht anmerken, aber mit vier Worten hatte sich der Decimer schon in ein rechtes Licht gerückt. Sie ist meine Tante! Scheinbar unbeteiligt neigte Marcus marginal sein Haupt, denn er wollte Serapio nicht merken laßen, warum er diesen nach seiner Tante befragt hatte. Womöglich konnte er den Decimer noch ein wenig über Lucilla aushorchen. Sinnend dachte er an das Gespräch mit Decima Lucilla. Sie schien eine Aversion gegen Soldaten zu haben oder war es ihre Verwandten bei den Soldaten? Marcus entsann sich nicht mehr so genau, denn irgendwann hatte er auf jenem Fest auch eindeutig zu viel getrunken gehabt, was wohl an der starken Mischung des Abends gelegen haben könnte. Oder weil es der erste Abend in Italia war, den er in seinem Urlaub verbracht hatte. Auf Marcus Lippen kam ein schwaches Lächeln als er jenen Abend zurück dachte, riß sich jedoch gleich zusammen. Das Heben seiner Mundwinkel verschwand so schnell wie sie gekommen waren. Skeptisch musterte Marcus Serapio als er den Eifer förmlich aus seinen Augen lodern sah. Marcus Augenbraue wölbte sich nach oben, dieses Mal mit einem mäßig resignierten Blick dazu gemengt. Aber verwundert war er nicht, alle probati waren ganz eifrig das Kämpfen zu lernen bis sie den ersten Vormittag mit Schild und Schwert in der Hand verbracht hatten und noch Tage lang mit den Schmerzen in den Armen zu kämpfen hatten.


    „Nun, dadurch daß Du erst so spät zu uns gestoßen bist, wirst Du es noch ein wenig schwieriger haben als Deine Mitsoldaten. Aber so eifrig wie Du erscheinst, wirst Du das sicherlich mit Links packen.“


    Es war ein lahmer Versuch von Marcus, denn allzu überzeugt war Marcus davon nicht. Der junge Mann kam ihm doch reichlich schmächtig vor, als ob er gleich vom Fleisch fallen würde. Na, womöglich müßte der Decimer noch etwas gemästet werden, bis er überhaupt eine Grundausbildung überstehen könnte. Die Flöte, in zweierlei Variante, spielte der Decimer also? Wohlgefällig nickte Marcus, denn Menschen, die ein Instrument zu spielen vermochten, waren ihm durchaus sympathischer.


    „Nun, dann werde ich mal sehen, ob Du sie tatsächlich zu spielen vermagst. Aber nicht jetzt. Wir fangen auf dem Schiff mit Deiner Ausbildung an, probatus. Halte Dich bereit und auch für den Aufbruch morgen früh. Wegtreten!“


    Noch ehe Serapio auf das letzte Wort etwas erwidern konnte, geschweige denn weggehen konnte, wandte sich Marcus schon um und marschierte zu einigen Soldaten, mit denen er noch einige organisatorische Dinge zu besprechen hatte. Schließlich würde es bald los gehen und noch Hunderte Dinge- im Grunde war es dann doch nur die Einteilung der Verlademannschaften- mußten noch erledigt werden.

    Völlig verschlafen und verkatert hatte Marcus den Morgen begrüßt. Noch nicht mal eine Rasur hatte er von der Zeit mehr geschafft- so zierten schwarze Schatten seine Wangen-, nur das schnelle Anziehen der roten tunica und seiner Rüstung. Mit dem Helm unter dem Arm trat er hinter der Abschirmung hervor, die ihn von der restlichen Lagerhalle trennte. Zufrieden sah er, daß die Männer bereits auf den Beinen waren und bereit, endlich an Bord des Schiffes zu gehen. Und sie waren nicht nur auf den Beinen, sondern schon längst aufgestellt vor der Unterkunft. Im Halbdunkel der Halle gähnte Marcus noch verschlafen, rieb sich schnell über das Gesicht und spritzte sich noch etwas Wasser in den Nacken. Dann richtete er sich auf und marschierte festen Schrittes vor die Unterkunft und seine centuria. Prüfenden Blickes ging er an den Männern vorbei und war mehr als zufrieden, froh darüber, daß die Männer in so einem guten Zustand waren, obwohl so manch einer bestimmt noch den Abend davor- wie Marcus- genutzt hatte, um sich von der Heimat zu verabschieden. Aber er war auch froh, daß er einen optio hatte auf den Marcus sich verlaßen konnte. Diesem nickte er zu, als er an ihm vorbei trat. Neben dem signifer und dem Hornbläser blieb Marcus stehen, wandte sich den Männern zu.


    „Männer, bereit zum Aufbruch?“


    Das war nur eine rhetorische Frage, denn die Männer sahen wirklich mehr als bereit aus.


    „Dann werden wir gleich das Schiff betreten. Ich erwarte von euch, daß ihr keine Streitereien mit der classis beginnt, sondern euch wie Gäste auf ihrem Territorium verhaltet. Ansonsten hilft Ingwer gut gegen die Seekrankheit. Wer es braucht, soll sich bei mir melden. Milites! Sarcinas sumite! In duos ordines!“


    Marcus wartete bis sie bereit waren, betrachtete ihre Aufstellung und nickte dem signifer zu, der das Zeichen hoch hob bei Marcus Worten:


    Pergite!“


    Der signifer marschierte los, direkt neben Marcus, der der centuria voran lief und auf die Schiffe zu. Welches Schiff sie bereisen sollte hatte Marcus schon am Abend zuvor eruiert. Irgendeine Tänzerin oder so, aber er hatte sich das Schiff gut eingeprägt. {Es dauerte dann doch noch ein Weile bis der Weg zum Schiff frei war und sie endlich- nachdem Marcus auch kurzzeitig weg war- mit der Verschiffung beginnen konnten. So hatten die Soldaten sich noch kurz am Rande der Kais ausruhen können. Doch dann war es soweit.} Ohne zu zögern trat Marcus auf die Planke, die zum Deck hinauf führte, balancierte hinüber und betrat das Schiff. Neben dem Mast blieb Marcus stehen und er wartete, bis alle Mann auf dem Deck war.


    optio, sorge dafür, daß die Männer unter Deck gehen und von einem Matrosen die Plätze erhalten, wo sie nächtigen können. Ich werde dem praefectus melden, daß wir an Bord sind. Age!“


    Marcus wandte sich um und marschierte unter Deck, wo er sich von einem der Matrosen das Quartier des praefectus zeigen ließ. Kräftig und mit der Faust klopfte Marcus gegen die Tür.



    [SIZE=7]Edit: Das zwischen {} ist noch eingefügt, damit es zeitlich mit den anderen Threads gut passt.[/SIZE]

    Mit der Antwort 'Näher, aber nicht sehr nahe' konnte Marcus wenig bis rein gar nichts anfangen. Verwundert sah er den probatus vor sich an und schien den Sinn dieser Worte ergründen zu wollen. Nur ein: „Aha!“, meinte Marcus dann dazu und dachte nach. Eine Grundausbildung hatte der junge Mann nicht, ebenso wohl kaum große Kriegsfähigkeiten. Eine steile Falte erschien zwischen Marcus Augenbrauen und sein Blick richtete sich in die Ferne und auf einen Punkt über dem Meer, was seine Schönheit zwischen zwei großen Langerhallen offenbarte. Ob er Pricus den jungen Mann anvertrauen sollte? Marcus konnte sich niemand besseren als den optio dafür vorstellen- außer seinen eigenen Ausbilder von der IX., Artorius Avitus. „Hm!“, kam von Marcus und er atmete tief ein bis ihm eine weitere Frage in den Sinn kam.


    „Nicht sehr nahe? Aha, und was soll das heißen? Und wie steht es mit der Dame Decima Lucilla. Bist Du gar mit ihr verwandt? Kennt sie Dich?“


    Marcus bemühte sich sehr, bei der Nennung jener Frau neutral zu klingen, wenn auch schon ihr Name ihn immer noch in eine gewiße Verwirrung stürzte. Aber wenn der Mann für Lucilla von Bedeutung war, womöglich ein naher Verwandter war, dann würde Marcus mit Sicherheit mehr dafür sorgen, daß jener probatus auch heil wieder nach Hause kam. Natürlich wollte Marcus das für jeden seiner Soldaten, aber hier würde er noch mehr Augenmerk drauf legen. Ein älterer Soldat, der über seinen Arm ein Wolfsfell gelegt hatte, kam heran und salutierte.


    Centurio? Die Befehle für die Verladung sind eingetroffen und optio Tallius Priscus hat sich dessen bereits angenommen.“
    „Sehr gut, sind genug Männer abgestellt?“
    „Jawohl, centurio.“
    „Haben die Männer schon gegessen?“
    „Ebenso, centurio!“


    Marcus nickte zufrieden und deutete dem Soldaten, daß er wegtreten konnte. Er widmete sich dann wieder dem probatus. Später würde Marcus sicherlich noch einen Blick auf die andern Männer werfen, ob sie gut einquartiert worden waren und ob Probleme bestanden oder nicht, aber für den Moment konnte er durchaus sich noch einige Minuten mit dem Neuen beschäftigen.


    „Na, dann wird Deine Grundausbildung Stück für Stück während der Reise stattfinden. Schließlich, egal wie Du dann später eingesetzt wirst, mußt Du während des Krieges auch Kämpfen können. Immerhin bist Du Soldat geworden."


    Marcus warf einen kurzen Blick auf die tabula und sah fragend zu Serapio.


    "Stimmt das, was auf der Tafel hier steht? Irgendetwas von einem Musikinstrument, ich kann jedoch nicht entziffern, was der optio damit gemeint hat.“

    Das Stimmengewirr, das Plätschern des Meeres und die Laute der vielen Menschen um sie beide herum schien für Marcus für die wenigen Herzschläge zu einem undefinierbaren weißen Rauschen- was keine Substanz hatte- zu vewischen. Auf seinem Nacken spürte er die warmen Sonnenstrahlen, die ihn sanft zu liebkosen schienen. Womöglich hatte es Marcus doch sehr viel einfacher als Epicharis. Denn er wußte stets, was in der Fremde passierte und mußte sich nicht sorgen, nur mit dem Heimweh kämpfen. Und da er auch öfters weit auf Reisen war, schien auch dieses nicht schwer zu wiegen. Nur, daß er fern der Familie war, würde den Krieg erschweren. Der Moment, in dem seine Verlobte noch in seinen Armen lag, war schnell vorbei, viel zu schnell. Marcus ließ seine Hände wieder hinab sinken und als er zum ersten Mal einen Blick von seiner Verlobten nahm, es war noch nicht mal ein ganzer Herzschlag, nahm er eine weitere bekannte Gestalt wahr- Salambo. Verwundert wölbte sich Marcus Augenbraue in die Höhe. War Leontia gar selber gekommen, sich auch von ihm zu verabschieden? Oder gar ihr Vater? Den hatte Marcus eigentlich selber noch aufsuchen wollen, immerhin lagen sein latifundium nicht allzu weit weg. Doch womöglich würde Marcus es erst am Abend oder gar nicht mehr schaffen. Doch jegliche Grübeleien darüber wurden unterbunden als er die Worte von Epicharis vernahm. Marcus legte sanft seinen Zeigefinger und Epicharis Kinn und strich ihr sachte an der Haut entlang.


    „Na, na, Du mußt Dich wirklich nicht sorgen, Epicharis. Ein Flavier läßt sich nicht so schnell vom Felde fegen. Schon gar nicht im Osten und erst recht nicht von den Parthern.“


    Die unerschütterliche Zuversicht in die eigene Unsterblichkeit, dem Glück durch seine Familie, und daß Gefahr stets andere betraf, teilte Marcus mit so manch einem Tollkühnen und somit waren seine Worte zuversichtlich und ohne Zaudern gesprochen. Es? Verwundert sah Marcus auf den Beutel hinab und sah fragend auf diesen und dann zu Epicharis. Doch seine Frage wurde nur mit einer rätselhaften Andeutung beantwortet. Marcus nickte und ließ sich den Beutel an den Militärgürtel hängen. Marcus interessierte es durchaus brennend, was denn darin war, aber er war nicht von Natur aus einer, der einem Rätsel auf die Spur ging und somit konnte er durchaus damit leben, noch einige weitere Stunden zu warten bis zum Öffnen jener Gabe. So nickte Marcus ein zweites Mal kurz hinter einander.


    „Natürlich verspreche ich Dir das. Ich danke Dir, Epicharis.“


    Naevius, heftig atmend und durch die Menge trabend, näherte sich sowohl Epicharis als auch Marcus. Schnaufend blieb der hagere Mann stehen, salutierte lasch, salutierte dann noch mal als er Marcus Blick auffing und verbeugte sich ungelenk vor Epicharis.


    „Meine Dame, verzeih! Centurio, Chaos...Tohuwabohu ist ausgebrochen. Die Zweite streitet sich mit der Dritten wegen dem Schiff. Und dann sind wohl einige Dinge von der Verladung durcheinander gekommen, die die Zweite betrifft.“


    Marcus seufzte leise. Im Grunde wußte er, daß sein optio das gut gehändelt hätte, aber der war mit Verladung von schweren Geräten noch beschäftigt mit dem Teil der Männer, die dafür abgestellt worden waren. Marcus nickte und meine knapp.


    „Ich komme gleich.“


    Erst als Naevius, der Mann, der auch die Briefe für Marcus verfaßte, wieder davon geeilt war, wandte sich Marcus erneut seiner Verlobten zu. Der Augenblick der Verabschiedung nahte. Marcus hob die Hände und legte sie behutsam auf die Wangen der jungen Claudia.


    „Mögen die Götter über Dich wachen, liebe Epicharis. Wir sehen uns bald!“


    Abermals ohne auf die Menschen zu achten, beugte sich Marcus vor und gab Epicharis noch einen Kuss auf die Lippen, löste sich nur langsam von ihr und strich ihr noch mal über die sanft geschwungenen Wangen. Um es nicht noch schwieriger zu machen, wandte sich Marcus, nachdem er sie noch einige Herzschläge sie betrachtet hatte, ab um zwischen den Menschen wieder zu den Soldaten zurück zu kehren. Mit einer Geste deutete er Salambo ihm zu folgen und war sich sicher, die aufmerksame Sklavin würde das sicherlich schon merken. Erst als er zwischen die Menschen getaucht war, vorbei an den großen Kisten kam, sah er kurz zu der Kakao-farbenen Salambo.


    „Salambo! Ist Leontia auch hier oder ist ihr gar etwas passiert?“

    So, so, die Dido. Nun, wenn meine Mutter es schon zu den saturnalia so gewolllt hat*, dann muß ich wohl auch mein Einverständnis geben.


    [SIZE=5]Edit: [/SIZE]Emanzipierung? Jaja, bei allen guten Göttern, ich glaub, da weiß mein Sohnemann schon, was ihm blüht.


    [SIZE=7]*Der ich doch niemals widersprechen würde.[/SIZE]

    Der allgemeinen Heiterkeit konnte sich Marcus auch nur mit einem dunklen Lachen anschließen, als die Wassertropfen nur so spritzten bei der übereifrigen Begrüßung. Erstmal brachte Marcus nur ein amüsiertes: „So, so!“ hervor. Mit einer knappen Geste forderte er den Decimer auf, ihm zu folgen und löste sich von der Gruppe von Soldaten. Seine Schritte führten ihn weg von dem Kai und der Wasserfläche, wieder mehr in Richtung der Lagerhallen, in denen sie Quartier bezogen hatten. Mit einer Hand befestigte Marcus wieder die Riemen seiner Rüstung und ächzte leise als er die letzten beiden Riemen zuschnürte, was einige Herzschläge länger dauert als noch vor einigen Monaten. Denn Marcus war schlichtweg zu dick geworden, seitdem er centurio war und hatte gehörig wieder um die Leibesmitte zugenommen. Immerhin verbarg die Rüstung seine – wenn man es freundlich nennen wollte- stattlichen Pölsterchen durchaus. Marcus spähte über die Soldatenköpfe hinweg, die sich vor der Halle tummelten und schien in dem Moment wenig auf den neuen probatus zu achten.


    „Naevius, herkommen!“


    Ein dürrer Bursche- hochgewachsen, schlaksig und auf den zweiten Blick erst als doch älterer Mann erkennbar durch einige graue Haare in dem sehr kurzen Haarschnitt- kam durch die Menge heran getrabt. Naevius war seit einigen Monaten der Schreiber und Adjutant von Marcus, das Mädchen für alles sozusagen.


    „Ja, centurio?“
    „Geh in die Stadt und fülle meine privaten Vorräte auf. Es muss mindestens für die Schiffsreise halten. Und vergiß' nicht das Süßholz. Ah, und auch nicht Deine Schreibsachen. Und versuch ein paar lebende Tiere zu organisieren, so Flatterdinger, für die ersten Tage. Und auch an den Falerner denken...aber Du weißt ja...“
    „Jawohl, centurio. Alles in meinem Kopf!“
    „Na, dann wollen wir mal hoffen, daß Du nichts vergißt.“


    Naevius nickte und trabte davon, an den vielen Soldaten und den flanierenden Stadtbewohnern vorbei, die die neueste Attraktion: Legion betrachten wollten. Marcus verschränkte die Hände hinter dem Rücken und blieb zwischen all dem Tumult stehen, betrachtete einige junge Frauen, die heraus geschmückt und mit Blumen in den Haaren an ihnen vorbei gingen und nach dem ein oder anderen Soldaten Ausschau hielten, den sie womöglich bezirzen konnten. Einen Herzschlag später sah Marcus dann doch erneut zu Serapio. Marcus musterte ihn prüfend von Kopf bis Fuß und griff dabei nach dem ledernen Schlauch, den er vorhin noch mit richtigem Wein gefüllt hatte, schließlich war der Marsch vorbei und sie bald zur Untätigkeit auf den Schiffen verdammt.


    „Decimus Serapio? Hast Du Dich kurz vor dem Abmarsch verpflichtet? Und bist Du irgendwie näher mit dem legatus verwandt?“


    Marcus trank einen Schluck von dem feinen Tropfen, den er sich für Ravenna aufgehoben hatte, um den letzten Abend in Italia noch einmal gebührend erleben zu können. Marcus warf einen Blick auf die tabula und versuchte die winzig kleinen Buchstaben zu entziffern. Zudem waren sie noch in einer so seltsamen Art verfaßt, daß Marcus schnell aufgab.


    „Was kannst Du denn schon? Ich nehme mal an, Du hast noch keine Grundausbildung hinter Dich gebracht?“

    In der Nähe stritten sich einige Kinder mit einer Möwe um einen silbern-glänzenden Fisch, bis einer der kleinen Kinder- sie waren kaum älter als fünf Jahre- auf die Idee kam, einen Stein zu ergreifen und damit nach dem Vogel zu schlagen. Protestierend flatterte die Möwe davon und ließ den Kindern die Beute zurück. Doch schon gleich darauf brach ein Tumult unter den herunter gekommenen Kleinwüchsigen aus, die mit Zähnen und Fingernägeln sich erbittert um das bisschen Fisch stritten. Marcus beachtete die Kinder nicht, Armut war etwas, was ihm überall begegnete und er kaum noch wahrnahm. Und auch das sanfte Plätschern der Wellen, die gegen den Stein der Hafenanlagen schlugen, sich gegen das Machwerk der Menschen erwehren wollte, dann jedoch geschlagen wieder in das Wasser zurück drängten, war nicht in Marcus Ohren präsent, denn er schenkte seine Aufmerksamkeit der, die seine Frau werden würde sobald er den Krieg überstanden hatte und wieder in der Heimat war. Diese Blicke, derart hatte sich seine Tochter noch im Garten ausgedrückt. Hatte sie etwas erkannt, was Marcus noch nicht klar war? Doch eines wußte Marcus durchaus und zu dem jetzigen Zeitpunkt, Epicharis war ein Goldschatz unter den Patrizierinnen, die man nicht mehr hergeben sollte. Und es wärmte sein Herz noch mehr als er den feuchten Glanz in Epicharis Augen sah, gleichwohl es die übliche Hilfslosigkeit in ihm schürte. Denn mit weinenden Frauen konnte Marcus- wie er meinte- schlecht umgehen. Es rührte ihn immer stets zu tief und er wußte meist nicht, welche Worte gegenüber diesen zerbrechlichen und reizenden Wesen angebracht wären. Doch noch blieb es bei dem Glanz in Epicharis Augen. Erfreut, daß sie ihn nicht auslachte, nahm er das noch gewärmte Stück Stoff entgegen und betrachtete einen Augenblick lang den schönen Schwung ihrer makellosen, jugendlichen Schultern. Marcus atmete tief ein und unterdrückte mit all seiner Willenskraft, mit seinen Fingern über ihre Schultern zu streichen oder Schlimmeres, was in der Öffentlichkeit undenkbar gewesen wäre...oder womöglich doch nicht? Marcus war ganz konfus in dem Augenblick. Der Duft von Epicharis stieg ihm ganz intensiv in die Nase und er leckte sich über seine plötzlich trockenen Lippen.


    „Was ich sagen wollte? Ich....weiß es nicht mehr!“


    Das war auch nicht im mindesten gelogen. Denn in jenem Augenblick schien alle Gedanken verflogen zu sein, sein Kopf verabschiedete sich und sein kleiner Daimon wäre am Liebsten auf seine Schulter gehüpft und hätte ihm unsittliche Dinge eingeflüstert. Doch selbst zu jener Denkleistung war Marcus nicht mehr in der Lage. Marcus versuchte zu grübeln, was er Epicharis sagen wollte, aber es war weg. Die Wege seiner Gedanken und seines Geistes wie blank gefegt. Seine Augen verfolgen den Anhänger in die schmale Hand von Epicharis und er schüttelt nach einigen Herzschlägen den Kopf.


    „Nein, ich brauche ihn gewiß nicht, denn Mars ist doch auf unserer Seite. Und Du mußt Dich wahrlich nicht sorgen, meine Schöne. Schließlich bin ich centurio und habe 160 Mann, die darauf achten, daß ich nicht falle. Zudem wird Mars...“


    Während all dem hatte er verfolgt, wie das Amulett um Epicharis Hals gelangte und beneidete das Stück Edelmetall, was so nahe der köstlichen weichen Haut sein durfte. Und ehe er sich versah, spürte er schon den geschmeidigen Körper von der schönen Patrizierin an sich geschmiegt. So kam Marcus nicht dazu seinen Satz zu beenden. Marcus schluckte und schon wieder wußte er nicht, was zu sagen war. Zudem fehlten ihm die Worte als er als tapferer centurio bezeichnet wurde. Derartiges- die Nähe von Epicharis und ihre so freimütige Art- hatte Marcus bestimmt nicht erwartet und er atmete tief durch die Nase ein. Aber er war wahrlich positiv überrascht und freute sich schon während des ersten Herzschlages darüber. Er zögerte nicht, sondern legte seine Arme um ihren Leib herum, strich ihr zärtlich über den Rücken. Ihre weichen und dunkel-schimmernden Haare kitzelten an seiner Nase und liebkosten sein Kinn. Marcus atmete schwer ein und aus und war in dem Moment auch einfach nur sprachlos. Marcus hob eine Hand und fuhr mit seinen Fingerspitzen über ihre Frisur, ganz hauchzart nur. Dann beugte er sich ein wenig runter und küsste sie sanft auf den Scheitel. Menschenmenge hin oder her, in dem Moment war es Marcus auch egal. Zudem war Marcus derart bewegt, daß er solche Zärtlichkeiten nicht unterdrücken konnte.


    „Meine Liebste, natürlich komme ich zurück. Das verspreche ich Dir. Und Du, gräme Dich nicht hier, sorge Dich auch nicht, sondern sei fröhlich, feiere und laß' es Dir gut gehen. Versprichst Du mir das, Epicharis?“

    Wie filigran ihm doch seine Verlobte vor kam als er ihre Hände umgriff, wieder so sanft als ob er die bunt getupften Eier einer Nachtigal festhielt. Und eine freudige Wärme bereite sich in Marcus aus als er seine Verlobte vor sich stehen sah, sich an die schönen Momente auf dem Turm und schon im Garten zurück entsann und in dem Moment fiel es ihm auf, dass der Abschied doch sehr schwer werden würde. Wenige Frauen vermochten einen Eindruck bei Marcus zu hinterlassen, der länger als zwei Wochen währte, doch Epicharis und da war sich Marcus sicher, würde stets in seinen Gedanken sein, wenn er fern der Heimat in dem Lager saß, auf einem vallum stand oder in Richtung des Feindes zog. Einen Herzschlag wünschte sich Marcus glatt, man könnte die Bildnisse derer mitnehmen, die man vermisste und zu denen man sich in solchen Nächten und Tagen sehnte. Das Kompliment über den stattlichen Soldaten brachte wiederum Marcus in Verlegenheit. Eine Frau hatte ihm selten- Marcus entsann sich nicht an ein einziges Mal- ein derartiges Kompliment gemacht, so daß Marcus niemals auf einen derartigen Eindruck über sich selber gekommen wäre. Doch es freute Marcus ehrlich und dieses Entzücken breitete sich mit einer gesunden und kräftigen Röte in Marcus Gesicht aus. Die Farbe, die er trug ,wenn er von einer Heiterkeit durchdrungen war, aber die sich von der unterschied, die seine Verlegenheit offenbarte. Denn selbige fing erst an seinem Hals an und arbeitete sich höher, um die Scham in sein Gesicht zu treiben. Er murmelte aber doch leise einige Worte, die man kaum verstehen konnte. Erst die darauf folgenden Worte waren wieder verständlich.


    „Das ist eine wunderbare Überraschung, Epicharis. Ich freue mich sehr, wirklich sehr!“


    Fünf Minuten? Marcus warf seinem praefectus einen etwas ärgerlichen Blick zu, bemerkte dann jedoch, daß dieser das wohl als Scherz meinen mußte. Marcus fand ja schon immer, daß der praefectus ein seltsamer, intellektueller Kauz war, ließ sich jedoch davon nicht die Freude über diese unerwartete letzte Begegnung nehmen. Stattdessen reichte er Epicharis den Arm.


    „Gehen wir doch ein Stück?“


    Die Hand sanft auf der von Epicharis gelegt und abermals den betörenden Duft der schönen Frau in seiner Nase ging Marcus einige Schritte weg von dem Ehepaar, das so manch eine Freiheit genoß, die Marcus gerne wahrnehmen würde, aber es seines leidigen Standes wegen nicht durfte, was Marcus ein wenig traurig machte. Epicharis Bukett, den würde Marcus nicht vergessen, nicht ein einziges Mal in den nächsten Jahren. Seine Finger erspürten den Stoff ihrer palla, an dem sicherlich auch ihr Odeur haften würde und so kam ihm ein Einfall.


    „Darf ich Dich um etwas bitten, Epicharis? Darf ich Deine palla haben?“


    So schnell wie ihm die Idee gekommen war, hatte er sie ausgesprochen gehabt. Gleich darauf kam ihm jedoch siedend heiß der Gedanke, daß Epicharis womöglich das als einen sehr seltsamen Gedanken empfinden könnte.


    „Es ist nur..ähm, ich würde gerne ein Stück Deines Duftes stets bei mir haben.“


    Verlegen hob Marcus die Hand und rieb sich seinen Nacken und sprach schnell weiter, damit Epicharis nicht womöglich in Lachen ausbrach. Denn dann wäre Marcus wohl wirklich knallrot geworden. Schon jetzt färbte sich sein Hals ein wenig Rosé-farben als verräterisches Zeichen.


    „Es wird schwer werden in der nächsten Zeit, aber ich verspreche Dir, Epicharis, ich werde Dir oft schreiben. Vielleicht...ich...nun, da gibt es etwas, was ich...nun...“


    Herrje!, dachte sich Marcus. War das der Moment der großen Geständnisse? Sollte er Epicharis sagen, daß er die Briefe von einem anderen Mann niederschreiben ließ? Die Worte kamen von Marcus, doch die Buchstaben aus der Feder eines anderen. Und womöglich war das nicht immer möglich im Krieg. Marcus schämte sich jedoch im Grunde für seine Unfähigkeit einen Absatz ohne Gekritzel und groben Fehlern zu verfaßen und nur wenige bei den Flaviern selber wußten um diese Schwäche. Doch statt seine Antwort zu vervollständigen, griff er um seinen Nacken und nahm eine silbern-goldene Kette hinunter. An der feinen Schmiedearbeit aus kleinen gold-silbernen Ringen hing ein silberner Anhänger, in dem ein einzelner Mondstein befestigt war, der wiederum in der Mitte einen feinen Saphir trug. Marcus reichte diesen an Epicharis weiter.


    „Das ist das Einzige, was ich von meinem Vater bekommen habe. Also über meine Mutter um genau zu sein. Ich möchte, daß Du ihn behältst, bis ich wieder komme. Denn er wird Dich stets gut beschützen und Dir Glück bringen, Epicharis.“

    Schluchzend fiel Appius auf die Knie und wimmerte leise vor sich hin als er die einzige Seele in der Legion, die Verständnis für ihn aufbrachte, die ihm stets treu und ergeben zuhörte, davon schwimmen sah. Verwundert sah Marcus den optio an, der seine Haare raufte und verzweifelt weinte. Marcus räusperte sich und machte sich unschlüßig daran, seine Riemen an der Rüstung zu lösen, um das schwere Teil doch noch los zu werden und womöglich dem kleinen Ding hinter her zu springen. Doch ein lautes Platschen lenkte ihn davon ab. Marcus wandte sein Gesicht dem Geräusch zu und machte etwas Strampelndes in dem Wasser aus, eindeutig kein Tier sondern ein Mensch. Entnervt seufzte Marcus auf und löste auch noch die letzten Riemen für den Fall, daß jener Mann dort nicht schwimmen konnte. Das kam doch häufiger vor als man meinen könnte. Doch der Kopf tauchte wieder auf und schien sogar einige passable Schwimmzüge zusammen zu bekommen. Das skeptische Runzeln blieb noch auf Marcus Stirn, während schon einige Soldaten um ihn herum anfingen zu lachen und derbe Scherze heraus zu posaunen. Einige Wetten wurden abgeschloßen und die Quoten standen schon nicht schlecht für den Decimer. Nachdem sich Marcus vergewißert hatte, daß der Mann nicht selber absoff wie die Katze, die er wohl zu retten gedachte, schlich sich auch ein Grinsen auf seine Miene. Der Einzige, der am Rande der Mauer alles mit großem Bangen verfolgte, das war der optio der dritten Versorgungseinheit- Appius.


    Gerade als Serapio mit dem geretteten Tier zurück kam, das Körbchen von einem älteren Veteran der zweiten centuria heraus gefischt wurde und Appius auf seinen Liebling zustürzte, um das naße und völlig verängstigte Tier an sich zu nehmen, meinte Marcus schmunzelnd:


    „Wie ich sehe, haben wir schon den ersten Helden des Krieges vor uns. Ob wir ihm dafür eine phalera verleihen sollten?“


    Während einige der Soldaten um Marcus lachten, beugte sich dieser hinunter und bot dem Decimer die Hand dar, damit dieser hoch kam. Mit einer kräftigen Bewegung zog Marcus den jungen Mann ans Land. Marcus konnte sich kaum des Grinsens erwehren als er den Decimer betrachtete, der gerade einer Katze das Leben gerettet hatte. Doch in jenem Momente stürzte Appius heran, ergriff untypisch und seltsam vertraut den Arm von Serapio.


    „Danke, danke! Oh, ich werde Dir ewig dankbar sein. Egal was Du brauchst...ich bin in der dritten Versorgungseinheit der optio. Melde Dich nur, Decimus. Oh die Götter mögen Dich ewig schützen, ewig!“


    Marcus Mund blieb offen stehen als er das Gebarden der Schreckschraube, die ihm in seiner Zeit als Verantwortlicher des Rekrutierungsbüros noch das Leben schwer gemacht hatte. Bei den Worten bereute Marcus es selber, nicht das Vieh gerettet zu haben. Doch Appius, der verlegen wieder die Hände sinken ließ, linkisch sie hinter dem Rücken kreuzte und dann schnell wieder den Korb die Decke ergriff, in die er seine Katze gehüllt hatte, deutete auf Serapio.


    „Das ist der Neue für Dich. Vale!“


    Noch mal voll der Dankbarkeit- er schaffte sogar ein grimassenhaftes Lächeln auf sein Gesicht zu bringen- nickte Appius Serapio zu und drehte sich von der schallend lachenden Soldatengruppe fort. Marcus sah ihm nur kurz hinter her und dann zu Serapio, wölbte dabei seine linke Augenbraue auf flavischer Manier nach oben.


    „Ah, Du bist also der probatus. Nun, eifrig bist Du alle mal. Wie ist Dein Name?“

    Mitten im Gewimmel steckte Marcus und im Tohuwabohu des Aufbruchs, dem Verladen von Ausrüstung, Verpflegung und Tieren, ebenso von den Männenr. Mit verschränkten Armen und zusammen mit centurio Bruseus stand Marcus einige Schritte von den Männern entfernt, die sich für den Moment ausruhen konnten und den sonnigen Tag, genauso wie die viele Aufmerksamkeit der Stadtbevölkerung, genoßen. Um sie herum hatten sich einige Händler versammelt und Marcus betrachtete ohne großes Interesse einige der Kinkerlitzchen, die ein dickbäuchiger Mann ihm andrehen wollte.


    „Aus der Haut eines echten Elefanten, mein Herr. Und gesegnet wurde dies von einem Marspriester persönlich. Das Amulett wird Euch sicherlich sehr gut schützen können vor jedem Pfeil und Schwerthieb.“
    „Hmm...wieviel?“
    „Oh, ganz günstig, Herr. Nur hundert sesterces!“
    „Hundert? Himmel und alle Götter, nein, danke. Kein Interesse...“
    „90?“


    Marcus wandte sich von dem Verkäufer ab und verzog seine Lippen zu einem breiten Grinsen. Denn neben ihm und Bruseus tauchten in dem Augenblick zwei junge Frauen auf und ganz unbekannt waren sie ihm beide nicht. Beide aus einem gewissen und mobilen lupanar und ganz nach Marcus Geschmack. Besonders die Zweite, deren dunkle Haut die Sonnenstrahlen aufzusaugen schienen. Marcus umgriff die junge Frau um die Hüften, um sie noch mal an sich zu ziehen...als er meinte seinen Namen über den Hafen dröhnen zu hören. Verwundert verharrte Marcus und bemerkte gar nicht den Kuß, den ihm die lupa aufreizend auf die Wange drückte- sie traf nicht seine Lippen, weil Marcus gerade den Kopf suchend umwandte. Ein Soldat eilte schnell auf ihn zu.


    Centurio, centurio. Der praefectus will Dich sprechen und zwar sofort!“
    „Hat er was gesagt, weswegen?“
    „Nein, centurio!“


    Marcus zuckte mit der Schulter und sah bedauernd zu der dunkelhäutigen Frau, aber während des Feldzuges würde sich schon genug Gelegenheit bieten...oder auch nicht. Je nachdem wie sehr sie im Feindesland in Beschlag genommen und wie sehr sie immer wieder von den Parthern angegriffen wurden. Marcus ließ von der Frau ab und richtete sich auf, wollte gerade davon gehen, um dem Ruf nachzukommen.


    „Ähm...Marcus?“


    Marcus wandte sich zu seinem Kollegen um und hob fragend die Augenbrauen. Dieser tippte sich gegen die Wange, doch Marcus verstand immer noch nicht.


    „Du hast da was!“


    Marcus hob die Hand und wischte sich an der Wange entlang, ein breiter roter Streifen von der Schminke der jungen Frau blieb an seinem Handballen übrig. Grinsend nickte er seinem Kollegen dankbar zu ehe er sich umwandte und den Weg an den vielen und nochmals mehr Schiffen vorbei nahm. Er mußte sich durch die Schar von Stadtbewohnern, Soldaten und Neugierigen hindurch drängen. Dabei wischte er sich, so gut er es glaubte, die Schminke vom Gesicht und suchte nach dem Feldzeichen, das sich um den praefectus scharrte. Erst einen Moment später konnte er diesen Ausmachen und noch mal viele Herzschläge später sah er auch den praefectus, der bei seiner Frau stand und....seine eigene Verlobte. Verblüfft blieb Marcus am Rande einiger großer Kisten stehen, in denen einige Teile für große Kriegsgeräte bewahrt wurden. Die Dinge, die sie nicht so leicht in Parthia erbeuten oder erbauen konnten. Marcus Ohren fingen heiß und rot an zu glühen als er daran dachte, daß er noch vor einem Augenblick eine lupa im Arm hatte, während sich schon seine Verlobte- wenn er es auch nicht gewußt hatte- näherte. Marcus atmete tief ein und lächelte dann doch erfreut, nachdem er sich ein wenig von seiner- seltsamen, unnatürlichen und unerklärlichen- Scham erholt hatte. Mit federnden Schritten ging er das Stück des Hafenkais hinauf und trat auf die kleine Gruppe zu. Marcus bereitete die Arme aus, fast so als ob er Epicharis gleich fest in die Arme nehmen wollte und ein ehrlich erfreutes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht, seine Augen funkelten vergnügt. Marcus blieb vor ihr stehen und ließ die Hände wieder hinab sinken, denn es wäre ihr sicherlich nicht Recht gewesen, hätte er sie mitten vor all den Leuten an sich gedrückt.


    „Holde Epicharis, was für eine Überraschung. Erst meinte ich, Venus wäre aus den Wogen des Meeres getreten. Aber noch sehr viel mehr freue ich mich, daß es Deine liebliche Gestalt ist, die mich derart bezaubert. Bist Du gar den ganzen Weg nach Ravenna gekommen, nur um mich zu verabschieden?“


    All die blumigen Komplimente entstammten nicht nur den nagenden schlechtem Gewissen- Marcus wäre wohl selber über dieses Gewissen erstaunt, wenn er darüber nachgedacht hätte-, sondern mehr seinem natürlichen Impuls, einer schönen Frau mit Galanterie entgegen zu treten.

    Ein norwestlicher Schönwetterwind- typisch für diese Gegend- wehte sanft über die Stadt und schob eine triere langsam näher an Ravenna heran. Es war eines der letzten Schiffe, die von ihrem Dienst auf dem Meer zurück gekehrt waren, um all die vielen Soldaten aufzunehmen. Die Segel der triere waren gebläht und viele kleine Punkte, die Soldaten, turnten auf der Takelage um das Tuch zu verkleinern und dem Schiff an Fahrt zu nehmen, ebenso begannen die Ruder langsamer zu schlagen. Gleichwohl nicht die Trommeln der Taktgeber bis zu der Küstenstraße hoch drangen, die die Soldaten als letzten Weg zu bestreiten hatten, schien man doch das ferne Geräusch zu erahnen. Nicht Verzagen ob der Aussicht auf die Schiffe gehen zu müßen, sondern froher Mut stieg in Marcus auf als er, an der Seite seiner centuria, das Meer das erste Mal ausmachen konnte. Die Stadt und die Schiffe waren wie die Verheißung auf die Fremde, das unbekannte Land und den Krieg, den die Soldaten -je länger sie gewartet hatten- immer mehr entgegen fieberten.


    Erst als die Männer in den Unterkünften angekommen waren- nachdem durch die Unteroffziere seine Männer zu den bereit gestellten Lagerhallen gebracht wurden-, Marcus geklärt hatte, was zu tun war und welche centuria an welcher Stelle die Verladung übernehmen mussten- der praefectus hatte alles scheinbar gut durch organisiert- bekam Marcus das erste Mal eine Pause zum Durschnaufen nach dem langen Marschtag. In einem hinteren Winkel meinte er das Fiepsen einiger Ratten vernehmen zu können, doch das nahm er mit einem Schulterzucken hin. Vom Marsch erschöpft trat er mit einigen Soldaten im Schlepptau hinaus auf die Straße, die durch das Lager der classis ging. Marcus streckte sich und betrachtete das bunte Treiben um sich herum. Soldaten mischten sich mit Zivilisten, Frauen und Männer, Kinder und Tiere. Es war ein doch erstaunliches Bild, wenn man bedachte, dass sie in einem Militärstützpunkt waren. Aber die Soldaten zogen in den Krieg und somit war eine völlig andere Atmosphäre. Schon beim Einzug in die Stadt hatten sie das bemerken können als sie von den Bewohnern teilweise jubelnd und mit Blumen bestreuend begrüßt wurden. Marcus, der nicht im geringsten eine zynische Natur besaß, hielt das ganze für echten Patriotismus gegenüber den römischen Soldaten und fühlte noch mehr Stolz in sich aufkeimen. Doch jetzt hatte er einfach nur Rückenschmerzen vom langen Marsch und der Rüstung, die heute schwerer auf seiner Schulter zu drücken schien.


    Centurio?“


    Marcus, der am Rande eines Hafenbeckens stand und auf die vielen, vielen Schiffe sah, versteifte sich unwillkürlich. Denn in einem Moment ging ihm noch das Herz auf bei all den wunderschönen Schiffen, die seltsamerweise tief an seine Seele rührten und ihn magisch dort hin zogen, und im Nächsten vernahm er schon eine sehr unliebsame Stimme. Marcus drehte seinen Kopf halb und betrachtete den dürren und linkischen Mann mit der spitzen Fretchennase, der mit einem Körbchen vor seinen Armen näher kam.


    „Du hast noch einen Rekruten bekommen. Er ist noch während des Marsches bei einer anderen centuria gewesen, aber hier...“


    Gerade wollte Appius- optio des Rekrutierungsbüro und nun optio der dritten Versorgungseinheit- Marcus eine tabula mit den Angaben zu dem probatus überreichen. Normalerweise hätte er einen Boten geschickt, war aber gerade in dem Augenblick auf den richtigen centurio- Marcus- gestoßen und konnte so seiner Pflicht nachgehen. Doch ein lautes Knurren ertönte, ein 130 Pfund schwerer Hund sprang auf den schmächtigen optio und sein Kätzchen zu und riß den optio von den Beinen.


    „Aaahh!“


    , entfuhr Appius, aber nicht wegen dem Schreck über den Hund, sondern weil der Korb mit seiner kleinen Drusilla jäh in die Luft sauste und auf das Wasser zuflog. Marcus streckte noch halb automatisch die Hand aus, streifte jedoch nur den Bast ehe der Korb mit einem lauten Platschen im Wasser landete. Ein kläckliches Miaunzen drang nach oben, vermischte sich mit dem ereifernden Bellen des Hundes. Marcus verpasste dem Hund einen festen Tritt, der daraufhin laut aufjaulte und davon sprintete.


    „Druuusilla!“


    , schrie Appius hysterisch als er sich schnell aufgerappelt hatte. Panisch sah er auf den kleinen Korb, der von den Wellen erfasst wurde und sich immer mehr von der steinernen Mauer entfernte. Appius lief auf und ab und wußte nicht, was zu tun war. Denn Appius konnte schwimmen wie ein Stein. Das hieß, er versank ohne einen einzigen Schwimmschlag tätigen zu können.


    „Tu doch was!!“


    , keifte er Marcus an, der etwas verwundert auf die kleine Katze sah, die sich mit aufgeplustertem Fell und völlig wehleidig am Rande des Korbes krallte. Immer noch zögernd blieb Marcus stehen, denn im Grunde gedachte er nicht, einem Katzenvieh ins Wasser hinter her zu springen.


    „Zu Hüüülfe!“


    , rief daraufhin Appius, der sofort das Zaudern von Marcus erkannte. Marcus starrte auf den sich rasch entfernenden Korb und fragte sich, ob das das erste Opfer des Krieges werden würde.

    Nur ein flüchtigen Blick warf Marcus auf die Blätter. Herrje, das sah aber ganz schön fordernd aus. Den Göttern sei Dank konnte er das seinem Sklaven überlaßen. Er würde sicherlich noch etwas lernen, wenn er das selber noch abschrieb. Aber nicht sich Tage lang mit Kopfschmerzen abplagen müßen bei so viel geistiger Herausforderung. Schon mit den Fragen beschäftigt neigte Marcus zum Abschied den Kopf.


    „Vielen Dank. Vale!“


    Und dann verließ er das officium leichten Herzens und frohen Mutes und begab sich zurück zur villa Flavia.