Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Lasch und nicht sonderlich sorgfältig überprüfte Titus Crassus die mitgebrachte tabula von Flavius Vindex, verzog das Gesicht als er die Schrift seines- ihm ganz und gar unerklärlich- Feindes hier in der legio betrachtete. Titus nickte kurz und legte die tabula dann achtlos neben die papyrusrolle auf den Holztisch.


    “Wunderbar, dann wollen wir mal. Fangen wir doch am Besten mit der Kleidung an. Fangen wir von dem an, was du direkt auf Deiner Haut tragen wirst. Zuerst kommt die tunica aus Leinen…Moooment.“


    Titus verschwand im Nebenraum, kam nach einigem Fluchen und Poltern mit einem ganzen Packen von Kleidern zurück. Den legte er über tabula und papyrusrolle und zog zwei Exemplare von Leinentunicae hervor, reichte sie an Vindex weiter.


    „Das ziehst Du direkt an, darüber kommt dann die normale tunica. Hier, auch zwei Stück.“


    Er reichte Vindex zwei wollene tunicae weiter, die eine hatte lange Ärmel, die Andere halblange, beide gingen bis zu den Knien. Prüfend sah Titus an Vindex hoch und runter.


    „Ja, müsste passen von der Länge, doch, doch…also gut, dann hier noch der Gürtel für die tunica.“


    Er reichte Vindex das cingulum militare weiter.


    „Und wenn’s mal wirklich kalt ist, wirst Du das hier auch gut gebrauchen können.“


    So bekam der probatus noch die Kniehose für unter die tunica, auch feminalia genannt.


    „So, die Schuhe dürfen ebenso nicht fehlen…“


    , murmelte Titus und legte ein paar von den ledernen caligae auf den bereits entstandenen Kleiderhaufen.


    „Und wenn es wahrlich ungemütlich ist, wirst Du Dich über diese dicke Paenula sehr freuen.“


    Und schon lag noch ein wollener Überwurf (mit Kapuze), den man als Mantel tragen konnte, oben auf den anderen Sachen.


    „Und dann noch der Schal, auch der darf nicht fehlen.“


    So kam noch das kleine focale hinzu, was Wind und Wetter, die Rüstung und auch Schläge abhalten konnte, nun, zumindest ein wenig dämpfen. Titus sah auf den Kleiderbündel und hob mit einem breiten Lächeln und einem fragenden Ausdruck die Augenbrauen.


    „Na, was meinst Du, könntest Du noch gebrauchen als Soldat?“

    Ganz langsam sank der Griffel von Appius hinunter und er sah den jungen Mann vor sich stumm an. Jeder andere Soldat in diesem Rekrutierungsbüro wäre vielleicht pampig geworden oder hätte dem aufkeimenden Zorn Unmut gemacht, aber nicht Appius. Wurde er wütend oder meinte er, jemand führte sich unverschämt auf, wurde alles in ihm kalt und die Ruhe wuchs sogar noch mehr. Er starrte den Decimus an, 10 Herzschläge, 20 Herzschläge, 100 Herzschläge. Erst dann hob er seine Stimme an, sie war kaum mehr als ein Flüstern und doch klangen seine Worte sehr klar.


    „Sieh Dich um. Siehst Du hier einen Stammbaum hängen? Meinst Du, ich habe nichts Besseres zu tun, als die Familiengeschichte des legatus auswendig zu lernen. Gut, Decimus Meridius, Statthalter von Germania, ist mir ein Begriff. Decima Lucilla, die berühmte Autorin der Acta, natürlich ebenso. Ich glaube auch mal von einem Decimus Maior gehört zu haben, ich glaube, ich habe ihn gewählt. Aber ich entsinne mich nicht mehr so ganz genau. Jetzt, junger Mann, kannst Du mir vielleicht erklären, woher ich Deine Eltern bitte kennen soll? Meinst Du, ich hätte die Fähigkeiten von der Sibylle oder Apollo hätte mich damit ausgestattet. Nein, es ist leider nicht so! Wenn Dir fragen gestellt werden, dann beantwortest Du sie buchstabengetreu, verstanden? Wir sind hier doch nicht im….“


    …Senat, wäre fast Appius herausgeplatzt. Doch, in Anbetracht, dass der Legat Senator war, unterließ Appius den kleinen Seitenhieb. Für ihn zählte nur ein Mann, der Kaiser. Den Senat könnte man, Appius Meinung nach, abschaffen.


    „Unwichtig! Aber keine weiteren Scherze dieser Art, verstanden? Also, beginnen wir von vorne. Ein römischer Mann trägt drei Namen, den Vornamen (praenomen), den gensnamen und noch den Anhang (cognomen), eine Frau lediglich den gensnamen und den cognomen. Also, wie heißen Deine Eltern?“

    „Cato und Tiberia. Aha, Ich nehme mal an, dein Vater heißt Decimus Cato und Deine Mutter Decima Tiberia? Hat Dein Vater auch noch einen praenomen oder hat das Dein Großvater vergessen?“


    Ohne von seiner tabula aufzusehen, stellte Appius die Fragen und rümpfte leicht die Nase als er den Geburtsort notierte. Über die Leute aus Corinth hörte man oft übles und da waren Bezeichnungen „Lügner“ und „Betrügner“ doch noch die nettesten Namen. Doch römisches Bürgerrecht war römisches Bürgerrecht und die Legionen konnten nun mal nicht nur im italischen Stammland rekrutieren. Die Zeiten waren leider vorbei.


    „19…gut, dann wirst Du 39 sein, wenn Dein Dienst vorbei ist…und sonst, Krankheiten, Geistesgestörtheiten oder bist Du gesucht als Verbrecher? Schon mal gestohlen, gelogen oder betrogen?“


    Jetzt sah Appius doch auf, seine Lippen waren eine gerade Linie, sein Gesicht offenbarte keinerlei Humor, aber Appius besaß auch keinen oder zeigte ihn wohl nur seiner kleinen Katze- das einzig lebende Wesen, mit dem er einigermaßen zurecht kam.

    „Oioi, und das malt Dein Bruder?“
    - „Ja, und noch viel größere…und der hat Modelle dafür!“
    „Die würde ich auch gerne mal kennen lernen…optio, ich hör die Tür!“


    Mit einem leisen Bimmeln hatte sich die Tür zur Ausrüstungskammer geöffnet. Schweren Schrittes kam ein ziemlich dickleibiger Mann aus einem Nachbarraum herein, hielt in seiner Hand eine papyrusrolle und hatte rosige Wangen, seine Augen blitzen fröhlich, verschmitzt und gut gelaunt. Er nickte Vindex zu und legte achtlos die papyrusrolle auf einen hölzernen Tisch.


    „Aha, ein Neuer in der legio, nehm ich mal an. Willkommen in der legio prima, junger Mann. Ich darf Dich doch sicherlich Lucius nennen…? Aber oho, wie unhöflich von mir, ich sollte mich vielleicht vorher selber mal vorstellen. optio Titus Nasidius Crassus ist mein Name. optio reicht aber!“


    Prüfend, aber mit einem breiten Lächeln auf seinem mondrunden Gesicht betrachtete er Vindex.


    „Ich seh schon, Du hast gar nichts für die legio an. Also ganz taufrisch beigetreten. Na dann sollen wir wohl am Anfang beginnen. Was meinst Du, was kannst Du für den legiodienst gut gebrauchen? Ach, hast Du die tabula von der Schreckschraube Appius mitgebracht, dem optio des Rekrutierungsbüros?“

    Ganz langsam verschmälerten sich die Augen des alten miles. Er stand germanischen Barbaren Angesicht zu Angesicht, hatte mehrmals in seinem Leben dem Tod direkt ins Antlitz geschaut und wäre beinahe einmal ertrunken und dieser junge Bursche sprach davon ihn erschreckt zu haben. Der miles war beleidigt und fluchte innerlich darüber, daß er dem unverschämten Kerl wohl keine Tracht Prügel verpassen durfte. Mit jedem Anderen aus Mantua hätte er das wohl getan, aber wenn er mit dem Legat verwandt war, war das wohl nicht sonderlich klug. So knurrte er nur leise über seinen Unmut.


    „Du hast mich nicht erschreckt, Herr. Ich wollte nur vorsorglich sein, nicht jeder miles ist erfahren wie ich und wirft mal schneller sein pilum als ich es tun würde.“


    Er wandte sich um und wechselte einige Worte mit einem Kameraden, der den Namen des Besuchers vermerkte.


    “Er wird Dich zum praetorium des legatus führen, Herr!“


    Und so geschah es auch, das Tor wurde geöffnet, dem Decimer sein Ross abgenommen, was gen Stall geführt wurde und der junge miles ging ihm voran zu den privaten Unterkünften des Legionskommandanten.

    Einige Herzschläge starrte Appius noch an dem herein tretenden Mann vorbei und richtete erst dann seine Aufmerksamkeit auf ihn, griff mehr mechanisch nach der notwendigen tabula, die natürlich wie immer an der richtigen Stelle lag und somit keines Blickes bedurfte. Prüfend musterte Appius den Mann, auf den ersten Blick schien er nicht ungeeignet, doch wer weiß. Sein Griffel gezückt hatte er gerade noch den Namen im Ohr, um ihn sich zu notieren.


    „Salve, Decimus. Verwandt mit dem Legat?“


    Prüfend musterte er den Decimer. Ob er hoffte, hier Vergünstigungen zu erhalten. Nun, dessen neuer centurio würde ihn mit seinen – womöglichen- hochfliegenden Wünsche und Hoffnungen schnell auf den Boden der Tatsache herunter holen, zur Not wohl mit der körperlichen Züchtigung. Manche Legionäre waren nun mal nicht anders lernfähig. Wenngleich Appius das nicht durfte, wie er immer wieder bedauern musste, aber er war nun mal nur ein optio. Mit kühler Miene sprach Appius gleich fort.


    „Egal! Du willst also der legio prima beitreten. Hast Du Dir das auch gut überlegt? Ansonsten, wie ist der Name Deiner Eltern? Wo genau wurdest Du geboren? Wie alt bist Du?“

    Der wachhabende miles, ein älterer und hagerer Mann, stand am Tor und sah dem Reiter entgegen, legte schon ein feistes Grinsen auf seine Lippen und hielt sein pilum bereit, stützte es am Ende tief ins Erdreich, um die Wucht des Pferdes- sollte der Reiter so waghalsig sein, ihm noch näher zu kommen- für das Durchbohren des Tieres zu nutzen. Seine Nasenflügel zuckten, denn für einen Boten der Prätorianer oder des CPs war der Mann nicht richtig gekleidet. Kopfschüttelnd sah er dem Mann an als dieser sein Pferd dann doch noch abzubremsen gedachte.

    „Mann, egal, ob Du mit dem legatus verwandt bist. Noch mal so etwas und Du hast das nächste Mal schneller ein pilum in Deinem Leib als Du noch einmal den Namen Deiner Mutter rufen kannst. Wir sind Soldaten und werten so etwas als Angriff.“


    Der miles faßte sich an die Brust und atmete langsam ein, um den pochenden Schmerz wieder weg zu bekommen.


    „So, verwandt und befreundet? Das geht? Ha! Nun, wie ist Dein Name?“

    Zitat

    Original von Caius Decimus Hadrianus
    Nachdem mich der Legionär zur Principia geführt hatte, deutete er auf eine Tür und verschwand. ich klopfte aufgeregt an die Tür


    Starr sah Appius vor sich hin, hielt die letzte Acta in der Hand, war aber nicht in der rechten Laune sie zu lesen. Prüfend ließ er seinen Blick über den beschäftigten scriba, das Fensterbrett- staubfrei, wie jeden Tag- und den leeren Raum vor ihm schweifen. Abermals krochen finstere Gedanken durch seine Geisteswindungen, die Frage- centurio oder nicht centurio. Gerade als er abermals einen Happen der Bitterkeit über seine Nicht-Karriere durchkauen wollte, hörte der optio das Klopfen an der Tür. Marginale Bewegung vollführend sah er zu der Tür und presste seine Lippen zusammen.


    „Herein!“

    Mit gewisser Erleichterung bemerkte Marcus, daß wohl nichts allzu Ernstes anstand. Bei der eigenen Zenturie konnte man schließlich nie so genau wissen, ob nicht das ein oder andere schwarze Schaf unter seinen Männern war. Marcus nickte knapp und nahm Platz. Das Holz gab ein leises Ächzen von sich als er ihn mit seinem Gewicht und dazu noch der Rüstung belastete. Schon während der ersten Worte von Vesuvianus legte Marcus den Helm auf seinen Schoß und nickte abermals andeutungsweise auf die rhetorische Frage. Verblüfft ob dieser Eröffnung schwieg Marcus einige Herzschläge. Nicht weil er unhöflich sein wollte- derartiges Verhalten lag weniger in der Natur von Marcus, er war höchsten unhöflich aus Unwissenheit oder einfach seiner unbedachten Art- oder weil er unangenehm berührt war. Mehr war es Verblüffung, die ihn für den Moment schweigen ließ. Schließlich nickte er, hatte dabei jedoch so einen pochenden Verdacht im Hinterkopf, etwas, was seine Mutter in dieser Angelegenheit betraf, aber da würde sein Sklave noch Rede und Antwort stehen müssen.


    „Aber natürlich, gerne doch.“


    Es war nun schon ein paar Mal, daß Marcus die villa Claudia aus privaten Motiven besucht hatte, zumindest die ersten Male nicht wegen der legio, sondern die salii betreffend. Wobei ihm der Feiertag in den Sinn kam.


    “Wenn ich das noch fragen darf, wirst Du ebenfalls nach Rom reisen, wegen dem regifugium ?“

    Der Wind spielte in den tief braunen Haaren von Marcus, trug den frischen Duft mit sich, der die Dünste der Stadt mit einem mächtigen Hauch zu verscheuchen schien. Noch den betörenden Weihrauch in der Nase folgte Marcus im rituellen Schritt dem magister der salii, spürte das nun schon vertraute Gewicht der heiligen Schilde an seinem Arm, wurde des leichten Prickeln gewahr, was von der Aura der Erhabenheit der salii ausging. Wie ein Mann schienen ihre Schritte in den breiten Strassen Roms wiederzuhallen und dann doch wie ein kleines Heer. Feine Wellen erzitterten am Rande seiner rostroten tunica, welche mit Ornamenten versehen war und von einem Messinggürtel gehalten wurde, und ließ die trabea, die mit Purpur geschmückte toga, über diesem Gewand unberührt in all den komplizierten und altmodischen Falten. Sein Schild erzitterte als er im Takt mit seinen sodalii dagegen schlug, mühte sich seine feierliche Miene selbst dann einzuhalten als er an einer dunkelhäutigen Sklavin vorbei kam.


    Jedem Schritt, den sie dem comitium näher kamen, wuchs auch erneut der Stolz in Marcus Brust. Dieses Mal war er weit weniger aufgeregt als noch vor einigen Monaten, als er das erste Mal die Ehre hatte das Schild des Mars, oder zumindest ein Abbild davon, in seinen Händen zu tragen, damit wissend, das Wohlwollen des Kriegsgottes für die Römer gewinnen zu müssen und zu können. Denn einzig und alleine davon hing auch das Wohl der Legionen, in denen Marcus diente, ab, war Mars mit ihnen, so war ihnen der Sieg gewiss, war er jedoch verärgert, so würden viele gute Männer sterben müssen, in der Schlacht, an den Grenzen zum Land der Barbaren, ob in Germania, Parthia oder Britannia.


    Doch mit der wachsenden Sicherheit um dieses Ritual, genoß Marcus immer mehr von jedem einzelnen Herschlag, jedem Moment, den sie beschritten. Oben ankommen stellte sich Marcus gleich dicht hinter seinem Vetter, es war immer besser einen Verwandten bei sich zu haben. Ob vor oder hinter sich. Erwartungsvoll, ernst und feierlich richtete Marcus seinen Blick zu den anderen salii, derer er das erste Mal in einem gemeinsamen Ritual erleben würde. Die Stille feierlich genießend, hielt Marcus für einen Augenblick den Atem an, ehe der Tanz begann. Sicher und ohne nachzudenken ließ Marcus seine Füße für sich den Tanz verfolgen. Seine Stimme erhob sich dunkel und tief, gaben die Worte von sich, die er zum einen überhaupt nicht verstand und zum anderen hunderte Male üben musste, bis er sie immer und immer wieder singen konnte. Wie in einer beginnenden Schlacht fühlte sich Marcus als sie sich derart gegenüberstanden und schließlich scheinbar gegeneinander in den Kampf traten. Sein Schwert wirbelte im Tanz und im Rhythmus mit dem Dreitakt durch die Luft und schlug auf sein Schild, langsam drehte er sich und verwob sich in das Muster mit den anderen zwölf salii zu dem archaischen Waffentanz.

    Sachte spielte der kühle Wind in den Blättern eines immergrünen Lorbeergewächses, die Blätter raschelten leise und bewegten sich schwarze Zungen der Penaten gleichend. Ein Flüstern schien durch den Garten zu huschen, Zweige knacksten leise und ein alter Baum stöhnte leise, als ob er sich über die strenge Kälte jener Nacht beklagen wollte. Immer wenn es um Tod und Sterben ging, musste Marcus unweigerlich schaudern, glaubte gar die Geister der Toten um sich herum greifbar spüren zu können, die neidvoll mit ihren kalten und substanzlosen Fingern nach der vita der Lebenden zu greifen schienen. Marcus war nun mal sehr abergläubisch, doch das Lächeln von Epicharis hielt ihn von weiteren düsteren Gedanken ab. Marcus nickte zustimmend und hoffte doch darum, daß die Toten ein friedvolles Leben genießen konnte, selbst seiner unleidigen verstorbenen Frau wünschte Marcus das von Herzen- auch wenn er ihr sonst viel nachtrug, den Haß und den Hader kaum ertragen hatte während ihrer Lebzeiten. Doch bei Epicharis Worte über den wichtigsten Dienst neigte Marcus etwas zweifelnd den Kopf.


    “Ist er das? Ich glaube, den Dienst eines sacerdos oder eines magistratus sollte man nicht unterschätzen. Sicherlich bergen sie nicht die Gefahr um Leib und Leben, aber doch andere Tücken und Gemeinheiten, die diesen ehrenvollen Dienst so schwer machen.“


    Natürlich dachte Marcus an seinen Vetter Gracchus und wußte um dessen Aufopferung für das römische Imperium. Einerseits arbeitete er fleißig, gewissenhaft und mit klarem Geiste als Priester, leitete einen wichtigen Götterdienst nach dem Anderen und vollführte die essentiellsten Opfer, die das Wohl der ganzen Hauptstadt, sogar dem Imperiums beeinflussen konnte und dann stellte er sich auch noch den Intrigen der Politik. Im Vergleich zu seinem Vetter kam sich Marcus als Soldat doch eher bedeutungslos vor. Doch er kam nicht umhin ebenfalls zu lächeln, Marcus war stets in solchen Dingen leicht anzustecken und ihr andeutungsweise Schmunzeln offenbarte ihm noch die Ironie, die er sonst mit Sicherheit nicht verstanden hätte. Daß er tatsächlich ein wenig Hunger verspürte und die Worte einen Kern von Wahrheit in sich bargen, versuchte er mit seinem Lächeln zu überspielen.


    „Welcher Mann wäre nicht erfreut, sich auf einem derartigen Fest mit einer so bezaubernden jungen Frau wie Dir unterhalten zu dürfen?“


    Abgesehen von seinem Vetter fiel Marcus spontan niemand ein. Interessiert verfolgte er Epicharis Antwort und nickte unerheblich. Ob es seiner Tochter auch derart erging? Vielleicht hätte er sie damals nicht in Rom lassen, sondern mit nach Mantua nehmen sollen? Vermutlich war es an der Zeit, dass er dies nachholte. Verblüffung zeichnete sich auf seinem Gesicht bei Epicharis Frage ab. Innerlich stöhnte er auf, das schien wohl eine Angewohntheit von Frauen im Allgemeinen zu sein, ständig die Männer in ihrer Umgebung noch verbessern zu müssen, ein Haar oder einen Krümel zu entfernen. Doch da ihm keine passende Ablehnung einfiel, er nicht auf seinen Sklaven verweisen konnte- wo der wieder war hatte Marcus keine Ahnung- nickte er nur schwach.


    „Ähm…natürlich. Die Tücken einer toga…“


    Marcus lächelte leicht, versuchte nicht gequält dabei zu wirken und dachte sich insgeheim, daß diese junge Frau für ihren zukünftigen Mann wohl nicht immer einfach sein würde. Aber welche Patrizierin war schon harmlos? Er kannte keine Einzige, selbst und insbesondere seine Mutter- die er doch so abgöttisch und vielleicht ein wenig zu sehr liebte- war es nicht.

    centurio? Das war wie ein Schlag auf Appius- ohnehin schon geschundene - Seele. Verkniffen beugte er sich herunter und notierte die Zustimmung. Dabei rumorte es in seinem Kopf. Schließlich wollte er schon seit Jahren centurio werden. Mit verkrampfter Hand ließ er den Griffel über die Wachsschicht gleiten und schob dann die tabula in Richtung von Vindex.


    „Setze hier Deine Initialen!“


    , sprach er wirsch und sah dann zu Marcus hinüber.


    „Erledigst Du die anderen Formalitäten, centurio? Das Lazarett ist wieder voll besetzt, er muss vor dem ersten Dienst untersucht werden.“


    Marcus richtete sich von seinem Hocker auf und nickte zustimmend. Immer wieder war er froh, weg von diesen Schreibarbeiten zu sein und dem Mief dieses officium. So war er auch erleichtert bald wieder diesen Raum zu verlassen.


    „Natürlich.“


    Langsam ging Marcus zur Tür und öffnete sie, dort wartete er auf Vindex ehe er sein Wort wieder an den flavischen Verwandten- für den Marcus ihn in seiner ausgesprochenen Naivität hielt- richtete. Gutmütig lächelnd nickte er ihm zu und besah sich, ob Appius ihm noch die nötigen tabulae für die Ausrüstungskammer gereicht hatte.


    „Willkommen in der legio prima, Lucius. Es gibt jetzt noch einige Formalitäten, die es zu erledigen gilt. Als Erstes gehst Du ins valetudinarium. Und pass auf, dass Dir der medicus nichts verabreicht oder sonst was macht. Ich habe gehört, dem sterben mehr Soldaten unter den Händen weg als die Fliegen….ähm…ja, also viele Soldaten sterben dort. Danach geh mal beim Titus in der Ausrüstungskammer vorbei, grüß ihn von mir. Der ist ein ausgesprochen feiner Kerl, zwar auch etwas seltsam, aber der meint es nicht böse. Danach meldest Du Dich wieder bei mir in meinem officium. Wenn Du etwas nicht findest, einfach durchfragen. Ich muss noch mal zum Tor zurück. Bis später, Lucius.“


    Schon marschierte Marcus von dannen und ließ Vindex erst mal zurück, die nächsten Schritte würde er alleine wagen und sich der Maschinerie der legio stellen müssen.



    Sim-Off:

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    „Das wird sich zeigen, probatus!“


    Gab Appius einzig zur Antwort und notierte sich noch einige Dinge, klappte eine andere tabula auf und schrieb dort noch einige Zeilen nieder, dann schob er die tabula in Richtung des Iuliers.


    “Dann setzte Deine Initialen hier hin, damit bist Du nun in die legio prima aufgenommen.“


    Ton- und emotionslos ließ Appius seine Worte erklingen, wartetete bis der frisch gebackene probatus seine Unterschrift geleistet hatte, die ihm nun für zwanzig Jahre in den Dienst der legio verpflichtete und fügte dann an:


    “Willkommen in der legio. Gut, dann gehst Du zuerst zum Lazarett. Dort läßt Du Dich untersuchen, ob Du überhaupt zum Dienst taugst. Wenn der dortige medicus Dir dies bestätigt, gehst Du weiter zur Ausrüstungskammer und lässt Dir die Grundausstattung geben, nimm dafür die tabula hier mit. Anschließend meldest Du Dich bei Deinem centurio…Moment…“


    Appius schlug die tabula mit der Männeranzahl der einzelnen Zenturien auf und überflog die Zahlen.


    “Du meldest Dich bei der Mannschaftsunterkunft der zweiten centuria der cohortes prima entweder bei optio Tallius Priscus oder direkt in der Arbeitsräumen von centurio Flavius Aristides. Einer von den Beiden wird weiteres mit Dir besprechen. Brauchst Du einen Soldaten, um alles zu finden oder kommst Du alleine klar?“




    Sim-Off:

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    Sorgsam notierte sich Appius die Antworten, war doch immer wieder überrascht, wie viele junge Männer sich mit dem Lesen und Schreiben beschäftigt hatten und dann doch wieder oftmals entsetzt, wenn er eben solche Männer in sein officium bekam und merkte, daß sie in Wahrheit doch eher mit rudimentären Schreibkenntnissen ausgestattet waren. Aber die wenigstens Soldaten landeten am Schluß in der Verwaltung, die Meisten in den fabricae oder auf den Wachtürmen. Erst als er fertig geschrieben hatte, es schien eine quälend lange Zeit zwischen Ciceros letzter Frage und dem Beenden seines Tuns zu liegen, ließ er den Griffel herunter sinken und sah auf.


    „Ein Kampf? Die meiste Zeit wirst Du wohl damit beschäftigt sein, Wachdienst zu halten und Lageraufgaben zu vollführen. Ob wir in nächster Zeit in einen Kampf, wie Du es auszudrücken pflegst, geraten, ist nicht sicher. Es kommt darauf an, ob unser großer Kaiser mit der legio prima in den Krieg ziehen wird. Erst dann wirst Du wohl zu Deinem Kampf kommen.“


    Immer diese Jugend, dachte sich Appius und klappte die tabula zusammen.


    „Ob Du eques werden kannnst, das entscheidet sich nach Deiner Grundausbildung. Zuerst absolvierst Du diese, dann kannst Du bei Deinem centurio wegen einer Versetzung anfragen. Sollte er diese gestattten und der tribunus der Reiterei stimmt dem zu, wirst Du bei ihnen weiter ausgebildet werden. Aber nur dann.“


    Und da die Bestimmungen strenger geworden waren, was die Dienstjahre anging, hatte es sich Appius zur Gewohnheit gemacht die angehenden probati stets auf den Eintritt in die legio mit den kleinen Fallen aufmerksam zu machen.


    „Du trittst, wenn Du Dich hier einschreibst, für zwanzig Jahre in den Dienst des Kaisers. Du wirst die legio nur mit den Füßen voran, mit der Erlaubnis des Kaisers oder in Schimpf und Schande verlassen können. Dein Leben wird in den nächsten beiden Dekaden der legio gehören, Du kannst verletzt, ausgepeitscht werden oder sterben, wenn Du den Dienst in der legio vollführtst. Bist Du damit einverstanden?“

    Den Helm unter seinem Arm geklemmt schritt Marcus durch die Gassen des Lagers und auf den besagten Arbeitsraumes des tribunus zu. Natürlich fragte sich Marcus schon auf dem Weg, was der tribunus wohl von ihm wollte. Aber nachdem er schon einmal einen Auftrag von ihm erhalten hatte- ja, Marcus war damals nicht sonderlich davon begeistert gewesen- machte er sich keine großen Gedanken, ob es eher eine disziplinarische Angelegenheit sein konnte. Ab und an wich er mal einer Schlammpfütze aus und kam dann zu dem Eingang des Gebäudes, betrat es und fand auch schließlich- es war auch nicht sonderlich schwer zu finden- die Tür zum officium. Vor der Tür blieb Marcus stehen und sah auf die Holzmaserungen. Die Erwartungen von seiner Mutter schienen ihn jäh zu lähmen. Er war nun schon über drei Dekaden alt, hatte zwei Kinder und doch hörte ihre lenkende Hand nicht auf sein Leben zu bestimmen, Hannibals Worte waren mehr als Beweis genug. Er schloß die Augen und dachte darüber nach, ob er es einfach ansprechen sollte. Vielleicht würde der tribunus ihn abschmettern, alles war in Ordnung und Marcus könnte seine Freiheit weiter genießen. Kopfschüttelnd versuchte er dieses ungute Gefühl zu vertreiben. Dienst war Dienst, legio die legio und es ging erst mal darum. Schnell spähte Marcus auf den Helm, alles sauber- ja, seine Soldaten waren schon fleißig, ein bisschen zu fleißig- dann hob Marcus die Hand und klopfte, trat nach dem Einfordern herein und salutierte.

    tribunus, melde mich wie befohlen!“

    Langsam und bedächtig drehte Marcus den vitis, den er von seinem Neffen Furianus zu den saturnalia geschenkt bekommen hatte, und beobachtete die Sonne, die auf dem dunklen Holz und den edlen Silberverzierungen spielte. Nachdenklich betrachtete er die Linien der Intarsien im silbrig funkelnden Metall und fuhr mit seinen Fingerspitzen über das lebendwarme Zitrusholz. Doch in Wirklichkeit waren seine Gedanken nicht bei jenem vitis, sondern bei seiner Zenturie. Ihn beschlich in den letzten Wochen immer mehr das Gefühl, sie würden ihm etwas vorgaukeln, eine Wahrheit verbergen und sie mit den Schaufeln des Fleißes in ein tiefes Loch aus Lügen und Betrug hineinwerfen. Außerdem hatte ihm das Gespräch mit Hannibal, seinem Sklaven, am gestrigen Tag ganz und gar nicht gefallen. Was er ihm eröffnet hatte, war mehr oder minder ein Schock für Marcus gewesen. Immer noch verdaute er dies und runzelte grimmig die Augenbrauen. Kopfschüttelnd drehte er noch mal den vitis als ein milies in seinen Arbeitsraum geführt wurde. Marcus hob nur marginal den Kopf, hörte mit halbem Ohr die Worte des Mannes und nickte knapp. Am Rande seiner Gedanken bemerkte er das zackige Salutieren.


    „Aber natürlich, miles. Ich komme sofort. Du kannst wegtreten!“


    Die Parzen oder eine seltsame Laune? Erst einige Herzschläge danach stand Marcus auf und legte den vitis in eine hölzerne Halterung aus hellem Birkenholz, der Zenturiostab sah darin noch viel eleganter und prachtvoller aus. Doch die Wahrheit würde er mit diesem Stab auch nicht erfahren. Auch nicht seine Mutter daran hindern können, weiter in seinem Leben sich einzumischen. Kopfschüttelnd griff Marcus nach seinem Helm und durchquerte mit schnellen Schritten die Mannschaftsunterkunft. Ein paar der Soldaten sprangen hastig auf und salutierten. Marcus winkte ab, als sein ältlicher optio sich ihm anschließen wollte. Schon hatte er die Tür geöffnet und trat in die frische Luft. Er atmete tief ein und machte sich auf den Weg zu dem officium des tribunus.

    Appius nickte, sein Griffel grub sich in die dünne Wachsschicht und alles fand seinen Platz, um später in die „ewigen“ Archive der legio zu landen. Mißmutig sah Appius zu dem anderen Flavier- Flavius Aristides und war immerhin froh, daß er nicht den Neuen noch in die Ausrüstungskammer bringen mußte. Der dicken Titus wäre der letzte Schnabelhieb des zeus’schen Adlers an seiner Leber an jenem Tag. Darum klappte er die tabula zusammen und sah den Flavier- Flavius Vindex- ernst an.


    „Du bist Dir bewusst, daß Du mit dem Eintritt in die legio, Dich für zwanzig Jahre verpflichten wirst? Nur die unehrenhafte Entlassung, der Tod oder der Wille des Kaisers können die Jahre verkürzen. Du weißt, daß Du Dein Leben, Deinen Geist und all Dein Streben der legio zu überantworten und zu widmen hast? Bist Du Dir im Klaren, was das bedeutet?“