Betretenes Schweigen, einige Soldaten scharrten mit der Spitze ihrer Caligulas im Sand und versuchten nicht aufzufallen. Man konnte ja nie wissen, ob man nicht nach vorne gerufen wurde. Die Sonne fiel inzwischen schon schräg auf den Sarg, ein einfacher Holzsarg. Nicht sehr edel, aber auch nicht ärmlich wirkte dieser. Einem Optio und Soldaten angemessen. Marcus betrachtete die Soldaten, doch da keiner Anstalten machte, was zu sagen, ließ er nur seinen Blick schweifen. Den Tribun hatte er nicht ausfindig machen können. War schon seltsam, da triezt er ihn zu diesem Begräbnis, schien aber selber nicht daran teilzunehmen. Da Marcus jedoch von der Sonne auf der Erhöhung etwas geblendet war, konnte er nicht ausschließen, daß der Claudier irgendwo doch stand oder saß. Marcus nickte den anderen Soldaten zu. Genervt von der ganzen Zeremonie und dem Tragen wischte sich Marcus den Schweiß von der Stirn als er die Erhöhung nach unten herabstieg und wieder seinen Platz als Sargträger einnahm.
„Unio, duo, tres, elatus!“
Wieder derselbe Befehl wie schon in der alten Lagerhalle. Die Soldaten, schon mit weit aus weniger Kraft als noch zwei Stunden zuvor, hoben leise ächzend den Sarg hoch. Einer der Soldaten wankte leicht und der Sarg schaukelte einmal bedrohlich nach hinten. Im Sarg polterte es leise, die Leiche war wohl verrutscht. Marcus sah über die Schulter den Soldaten an, der blass aussah und verlegen sich auf die Lippen biss. Marcus konnte ihm das nicht verübeln, es war mit der Paraderüstung nicht einfach so lange einen Sarg mit darin liegender Leiche zu schleppen. Es war schon seltsam, Marcus hatte das schon zwei Mal erlebt. Aber eine Leiche war plötzlich viel schwerer als ein lebender Mensch.
„Aequatis passibus! Ante!“
Die Männer trugen den Sarg durch die Gasse zwischen den Soldaten und die Via Praetoria entlang. Die Tore wurden geöffnet, die Mimen folgten in ihren griechischen Heroendarstellungen und die Musiker spielte tragende und pathetisch traurige Musik. Vielleicht ein wenig zu pathetisch und zu professionell? Manchmal schlich sich zwar eine falsche Note hinein, aber insgesamt waren sie ganz passabel. So verließen sie das Lager um den Weg weiter draußen zu beschreiten. Einige hundert Schritt entfernt und von der Windrichtung wegführender Strecke war ein großer Holzscheiterhaufen aus Pinienhölzern aufgebaut worden. Ein Baum, der durchaus gut roch, aber nicht der teuerste war. Die Soldaten trugen den Sarg dorthin und hoben ihn dann gleichzeitig hoch, um ihn auf den Scheiterhaufen zu hieven. Das Holz knarrte leise als es mit dem Gewicht belastet wurde. Dann thronte der Sarg oben, als ob es wieder ein Paradebett wäre.
Marcus hob die Hand, die Soldaten traten zurück und nahmen ein Stückchen entfernt Haltung ein. Und wieder kam das Bestattungsunternehmen seiner Verpflichtung nach. Denn hinter dem Scheiterhaufen waren einige ältere Frauen mit über den Kopf gezogenen Pallae und einem Schleier vor dem Gesicht. Sie tuschelten leise und machten sich schon bereit für ihren Auftritt.
„Möge Pluto gerecht mit seinen Taten sein und ihm ein freudvolles Leben im Elysium gewähren. Zündet das Feuer an!“
Einer der Soldtaten, der eine Fackel trug, trat an die aufgeschichteten Holzscheitel und die Reisigbündel, die um die dickeren Stücke lagen, heran. Die Fackel flackerte leicht im Wind als er sie nach vorne beugte. Der Himmel färbte sich schon leicht orange im Schein der langsam heruntersinkenden Sonne. Als die Flamme einen der Bündel berührte flammte dieser, durch das Öl, schlagartig auf. Die Flammen fraßen sich schnell durch die anderen Bündel und loderten hoch. Es dauerte noch nicht mal Minuten, daß der Sarg im Feuer eingehüllt war.
„Milites, salutate!“
Marcus salutierte dem Optiomedicus noch mal zu und sah auf den Sarg, der nun auch Feuer fing. Weihrauchgeruch wurde vom Wind aufgewirbelt und stieg intensiv in die Nasen der Soldaten, die sich um die Feuerbestattung versammelt hatten. Die Klageweiber jammerten gekonnt und ausgelassen und eine Flöte begleitete sie tragend und voll des gespielten Wehleides. Die Sonne ging hinter den entfernt liegenden Bergen langsam und blutrot unter. Marcus sah sich das Ganze an und auch die Kulisse und es wurde ihm fast zu viel...an Pathos. Jetzt würde er gerne einen tiefen Schluck Wein trinken und diese lästige Pflicht los sein.