Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Marcus saß am Schreibtisch. Seine Beine lagen auf dem Tisch und er wippelte gelangweilt mit dem Hocker. Müde gähnte er und holte tief Luft. Etwas, was er gleich bereute, denn der Aktenstaub ließ ihn heftig husten. Gelangweilt starrte er auf die Tür. Tick, tock, tick, tock! Das hätte Marcus wohl gehört, wenn er eine Standuhr hätte. Doch so weit war die Forschung nicht und die Sonnenuhr nicht in seinem Blickwinkel. Tipp, tipp...tipp, tipp...Marcus Finger klopften angeödet auf dem Tisch herum.


    "Pfff....vielleicht doch die Akten...?"


    Unmotiviert starrte Marcus auf einen Berg mit Akten. Das gabs doch wohl nicht! Warum mußte er nur so ein Pech haben? Er und Dienst in einer Aktenstube. Was für ein Horror, was für eine Öde. Es war schlimemr als eine Wüste ohne Frauen und Wein durchqueren zu müssen. Bar von jedem Tropfen Wasser. Schlimmer als jede Folter. Ach, Quatsch, das war eine Folter hier. Tipp, tipp....immer noch kein Rekrut. Marcus seufzte und schloß die Augen. Dann machte er halt eine kleine Siesta.

    Eher unwillig hatte sich Marcus mit seiner Tochter an den Rand der Schaulustigen begeben. Aber er hatte gehört, daß es den jungen Frauen sehr gefiel den Gladiatoren beim Einzug in das Kolosseum zuzusehen. Und da wollte er seiner Tochter doch den kleinen Gefallen tun. Außerdem bestand eh keine Gefahr. Schließlich würde es wohl kaum einer der Gladiatoren schaffen, sich unsittlich seiner Tochter zu nähern. Seine Tochter in seiner Nähe wissend, auch unter den Augen zweier Sklaven, drängte Marcus erneut einen Weg bis ganz nach vorne. Gerade sah er wie der Mann unter den Rädern des Wagens landete. Schnell drehte sich Marcus wieder um. Sowas musste seine Kleine wirklich nicht sehen. Daß sie später auf dem Kampfplatz viele Männer so sterben sehen würde, schien ihm nicht so unnormal wie bei einem Selbstmord zuzusehen.


    "Laß uns lieber doch reingehen, Cinilla!"


    Marcus berührte seine Tochter sanft an der Wange und dirigierte sie in Richtung des Kolosseums.

    Spiele! Wie großartig. Es fanden aufwendige Spiele statt und Marcus war ausnahmsweise mal in Rom. Ein paar Tage hatte Marcus hier ehe er wieder nach Mantua zurück kehren und nur noch den normalen Lageralltag erleben würde. So wollte er die wenigen Tage gut nutzen. Seine Tochter war auch in Rom und so wollte er ihr die Stadt zeigen, mit ihr zu den Spielen gehen, einen Abstecher auf dem Sklavenmarkt machen und ihr hübsches Gesicht mit allerlei Geschenken strahlen lassen. Mit seinen breiten Schultern bahnte sich Marcus einen Weg durch die Menschen und führte seine Tochter sicher durch die Masse des Pöbels hindurch.


    "Aus dem Weg, Bursche!"


    Marcus drängte einen Mann in einer einfachen Tunika zur Seite und lächelte freudig zu seiner jungen Tochter.


    "Na, Kleines. Zu den Gladiatorenspiele können wir auch noch gehen. Und später schauen wir mal auf dem Sklavenmarkt vorbei. Du brauchst dringend eine Sklavin. Aber lass uns sputen, sonst bekommen wir keinen Platz mehr!"


    So betrat Marcus das Theater und konnte sich und seiner Tochter gerade noch einen passablen Platz ergattern. Von dort konnte man die Tiere doch recht gut sehen. Marcus kaufte schnell noch einige süßen Früchte und verdünnten Wein, was er an seine Cinilla weitergab. Gespannt musterte Marcus die Arena und als die ersten Tiere herauskamen, lächelte Marcus breit. Begeistert deutete Marcus auf die Wölfe.


    "Solche habe ich in Germania auch gesehen, Mäuschen. Bösartige Bestien sind das!"


    Und da Marcus leicht zu begeistern war, verfolgte er gespannt die Jagd der Wölfe auf den stattlichen Hirschen. Ohne es zu merken, griff Marcus in die Fruchttüte seiner Tochter und schnappte sich eine süße Kirsche.

    Recht schnell wandte sich Marcus angewidert um. Der Gestank war schier nicht zum Aushalten. Außerdem hatte er das Gefühl, daß der Medicus ihn unter dem Tuch her zu beobachten schien. Und einmal täuschte es Marcus, daß sich das Lacken ein wenig hob. Abergläubisch machte Marcus schnell ein schützendes Zeichen und trat aus dem Lazarett in den Gang davor. Suchend sah er sich nach Macro um. Ach ja, den hatte er nach einem Veteranen suchen geschickt. Wen könnte er denn jetzt noch losschicken? Ha, da kam ja ein Soldat vorbei.


    "Miles!"


    Marcus rief nach dem Soldaten, der eigentlich nur am Lazarett vorbeigehen wollte. Dieser salutierte schnell und blieb stehen.


    "Ja, Optio?"


    Marcus kratzte sich am Kinn und dachte darüber nach, ob er eine Sklavin oder einen der Pollinctores dafür rufen sollte. Na, die Sklavin des Legaten könnte er wohl kaum dafür rekrutieren. Angehörige oder weibliche Familienmitglieder hatte der Tote auch nicht. Seufzend schüttelte er den Kopf.


    "Du bleibst hier und bewachst den Toten. Wenn ein Priester oder ein Tempelsklave kommt, dann laß ihn zum Toten für das Lustrum vor. Aber ansonsten laß niemand hinein. Sie sollen hier warten. Verstanden?"


    Der Soldat nickte knapp. Marcus seufzte und marschierte vom Lazarett davon. Sein Weg würde ihn in die Stadt führen. Einige Dinge waren dort zu erledigen. Besonders brauchte er die Hilfe von Profis für diese Bestattung.

    Zitat

    Original von Lucius Artorius Avitus
    ..."Er gehört dir. Zwei Tage"...


    Marcus nickte und strahlte zufrieden auf. Das war sehr gut, denn dann würde die Arbeit nicht ganz alleine machen müssen. Außerdem brauchte er dringend jemand, der sich gut hier in der Prima auskannte, denn Marcus tat es noch lange nicht.


    "Danke, Centurio!"


    Marcus salutierte noch mal, ganz von selber, und winkte Macro ihm zu folgen. Schnellen Schrittes verließ der Optio mit dem Probatus den Trainingsplatz. Sein Ziel würde das Lazarett sein, Wirkungsort des Verstorbenen.

    Decima Lucilla...Lucilla! Was für ein herrlicher und wunderschöner Name. Und wie sie ihren eigenen Namen mit ihren lieblichen vollen Lippen formte. Ein Genuß war es ihr beim sprechen zuzusehen. Marcus Augen blitzten fröhlich auf und er lachte leise als sie ihre bescheidenen Worte aussprach. Auch ihre errötenden Wangen gefielen Marcus umso mehr. Was für eine schöne Frau und was für eine Seltenheit, daß sie sich wohl dessen nicht sonderlich bewußt war. Verschmitzt zwinkerte Marcus Lucilla zu.


    „Ich glaube, die Aufmerksamkeit der Götter ist bei dem Opfer sicherlich abgelenkt. Doch ein Sterblicher kann nur Augen für so eine wunderschöne Dame wie Dich haben, Decima Lucilla!“


    Marcus sprach ihren Namen fast schon genüßlich aus. Dabei sah er Lucilla aufmerksam und mit einem charmanten Lächeln an. Seine anzüglichen Gedanken hatte er in dem Moment auch gut unter Kontrolle, denn er war für den Augenblick einfach nur von der schönen Lucilla verzaubert. So eine Flattern tauchte in seinem Bauch aus, doch das drängte er etwas zurück. Alles um Marcus war vergessen, das Opfer, die anderen Leute. Überhaupt, daß er auf einem Fest mit anderen Menschen war.


    „Aber wenn ich mich vorstellen darf, Decima Lucilla? Mein Name ist Marcus Flavius Aristides und ich bin wahrlich froh, Dich gesehen zu haben ehe Iuppiter deines Anblicks gewahr wurde.“

    Feierlich, denn in dieser Stimmung befand sich Marcus nun, schritt der Optio und Patrizier hinter dem Scriba in die Audienzhalle des Kaisers. Immer wieder beruhigend tief einatmend trat er über den marmornen Boden, auf dem sich die hellen Lichtflecken der Fenster abzeichneten wie ein Schachbrettmuster. Und vielleicht wäre ein solches Sinnbild, würde Marcus so ein Spiel kennen, nicht das verkehrteste. Schließlich wurde in den Hallen so manch ein kluger Schachzug gesetzt und das Spiel der Macht entschieden. Marcus Herz klopfte laut in seinem Körper als er die Halle entlang ging. Immerhin war es kein alltäglicher Gang zum Kaiser des römischen Imperiums. Zwar schallt sich Marcus einen Narren deswegen, aber an den Gefühlen konnte er wenig ändern.


    Närrisch empfand er sich dabei, da er durchaus im Bewußtsein seiner Herkunft war. Noch vor 'kurzem' herrschte hier ein Flavier. Und Marcus hatte die großen Tage seiner Gens noch selber miterleben dürfen. Zwar war er damals noch ein Junge gewesen und er hatte dem kaum eine Bedeutung bei gemessen, aber seine Mutter hatte ihn oft genug daran erinnert. Bis der Schatten des Verrates auf das Imperium fiel, überzogen von einer bedrohlichen Wolke der Rebellion. Doch Marcus war sehr froh, daß seine Verwandten sich damals auf die gerechte, kaiserliche Seite stellten.


    Seltsam, was für Gedanken einem durch den Kopf gehen konnten. Marcus war sehr über sich verwundert. Solcherlei verdrängte er doch gerne oder fing gar nicht erst mit dem Denken an. Am Ende der Halle konzentrierte er sich auch wieder auf das Hier und Jetzt. Seine Toga? Saß die noch richtig? Ja, sehr gut. Schnell strich er sich noch mal durch seine kurzen Haare und straffte die Gestalt. Innerlich übte er noch mal den Text, dem er dem Kaiser vortragen sollte. Wie gut, daß seine Mutter ihm das schon geschrieben hatte. Schließlich war sein heimlicher Redenschreiber, sein Sklave, schon seit geraumer Weile verschwunden. ‚Werter Imperator...’ Nein, so ging der Text nicht. Schnell zog er einen kleinen Zettel hervor, spickte drauf und nickte zufrieden. Oh, hoffentlich würde ihm nicht der Text mitten in der Audienz entfallen. Äußerlich behielt Marcus eine unerschütterliche Gelassenheit aufrecht. Schließlich durfte er seine Familie nicht blamieren.

    Gegen die Mauer des Tor gelehnt stand ein älterer Soldat. Grimmig war er dabei beschäftigt, sich vom Abendessen einige Reste aus den Zähnen zu pulen. Knurrend ruckelte er an einem Zahn und stöhnte leise. Der würde wohl bald rausfallen. Was für ein Jammer, dachte sich der Soldat, dann würde er nicht mehr als eine Handvoll Zähne übrig haben. Schlecht gelaunt sah er dem Zivilisten entgegen, der sich dem Tor näherte. Erst im letzten Moment nahm er eine etwas disziplinierte Haltung an. Die Offiziere nahmen es schließlich sehr genau damit. Stumm musterte er Lucullus einen Moment, dann huschte ein schiefes Lächeln über seine wettergegerbtes Gesicht.


    "Ja, dann müsstest Du zu unserem Optio im Rekrutierungsbüro. Wie ist denn überhaupt Dein Name? Und bist Du auch ein Bürger?"

    Gebannt verfolgte Marcus jede Bewegung der schönsten Frau auf dem Fest, Decima Lucilla. Und sie stand gerade alleine? Ja, die Göttin Venus mußte wahrlich ihre Hände im Spiel haben. Gerade wollte Marcus die Gunst der Stunde nutzen und sich der, seit kurzem, Angebeteten nähern. Doch Iuppiter schien dem wohl nicht ganz so wohlgefällig zu sein. Denn gerade dort begann sein Priester, Marcus Vetter, mit dem Opfer an. Marcus seufzte auf, doch ließ er die schöne Lucilla, die geheimnisvolle Fremde, nicht aus den Augen. So beobachtete Marcus wie anmutig sie nach vorne trat. Was für eine Ode! Marcus wußte zwar nicht mehr so genau, was das bedeutete, aber es klang so wundervoll, wie Lucilla strahlte und auf ihn wirkte.


    Unschlüßig hielt er das Säcklein in seiner Hand. Erst da bemerkte er, daß immer mehr nach vorne gingen und ihre Opfer abgaben. Schnell strich sich Marcus noch mal durch die Haare und überprüfte seine Toga. Wer weiß, vielleicht sah die Schöne ihn ja auch. Und da wollte er keinen schlechten ersten Eindruck machen. Tief einatmen...Marcus tat dies und trat dann gemessenen Schrittes nach vorne und öffnete den Opfersack. Das Weihrauch, die Dinkelkeckse, die Trauben bemerkte er gar nicht wirklich, sondern war innerlich nur angespannt. Doch sorgfältig ließ er die Opfer zurück, murmelte einige wenig bedeutungsvolle Worte und trat wieder zurück. Zwar landete Marcus wieder bei Milo, doch wirklich bemerken tat er seinen Neffen nicht mehr.


    Statt dessen sah er wieder zu Lucilla. Ah, sie stand wieder alleine! Diese Gunst durfte er nicht noch mal verschenken. Noch mal die Toga zurecht gerückt, schritt er langsam auf sie zu. Was sollte er sagen? Innerlich übte Marcus schon. 'Ein schöner Abend, nicht wahr?'...zu banal...'Kennen wir uns nicht von irgendwo?'...ausgelustscht, außerdem Quatsch....'O Du strahlende Erscheinung! Du, bei der Venus erblassen würde...'....da hält sie Marcus wohl für ein bekloppter Schnulzensänger...


    Da war Marcus schon direkt neben der schönen Dame. Er ließ sich zwei Becher mit Mulsum reichen. Sein charmantestes Lächeln aufgesetzt, das typische flavische Funkeln in die Augen...natürlich nicht das verrückte, sadistische, und die ersten Worte gesprochen.


    "Meine Augen schienen mich eben noch zu trügen. Glaubte ich doch, dass Venus erschienen ist, um dem Göttervater persönlich zu huldigen. Und nun sehe ich, daß eben jene noch immer hier verweilt! Möchstest Du etwas Mulsum, Erscheinung des Olymps?"


    Oh weh...doch zu geschwollen? Marcus lächelte jedoch Lucilla weiterhin charmant an. Mit den Worten, die er leise und mit seiner dunklen Stimme gesprochen hatte, reichte er ihr den Becher mit Mulsum.

    Zitat

    Original von Gaius Decimus Maior
    Ich klatschte in die Hände und von drausen kam der Scriba herein. Nach den Üblichen Anweisungen lächelte er den Patrizier an und ging ihm voraus in die Aula Regia.


    Vale bene, Flavius!, verabschiedete ich mich.


    Und als sie das Officium verließen, blickte ich ihm nach und dachte mir meinen Teil über diese Adligen mit all ihren Privilegien...


    Marcus erhob sich. Tief durchatmen und dann einfach folgen, dachte sich Marcus. Irgendwie hatte Marcus das unbeständige Gefühl, daß der Decima ihn am liebsten abgewiesen hätte, was Marcus durchaus etwas in Verwirrung, aber auch Ärger stürzte. Schließlich bekam, wie er hörte, die meisten Bittsteller, die erst mal die Wache passieren konnten, eine Audienz beim Kaiser. Marcus rang sich jedoch ein Lächeln ab. Wie er diese falsche Welt voll der Lüge und Intrige doch haßte. Er nickte höflich.


    "Ich danke Dir, Magister! Vale, Decimus!"


    Tief durchatmend folgte Marcus dem Scriba in die Richtung, wo er eine Audienz erhalten sollte.

    Lächelnd legte Marcus seine Hand auf Arrecinas Schulter und ging mit ihr, nach der Begrüßungsrunde, zu seiner Kline. Erst dort ließ Marcus seine Hand sinken, damit Arrecina sich auf den Korbstuhl setzen konnte. Warm lächelnd sah Marcus zu seiner Tochter und seinem Ein und Alles. Dann wollte er sich auch wieder den Eiern widmen und sie sogar mit seiner Tochter teilen. Enttäuscht sah er auf die leere Stelle. Hatte er schon alle gegessen? Ja, warum hatte er dann immer noch einen Mordshunger. Verlobte? Sprachlos klappte Marcus Mund etwas auf und er sah Gracchus erstaunt an. Gracchus und verlobt? Und die Hochzeit würde schon recht bald sein? Gerade wollte Marcus nachfragen, wer denn die 'Glückliche' war, die bald Gracchus Ehefrau sein würde. Aber die Frage an seinen Bruder interessierte Marcus durchaus.


    So wanderte sein Blick wieder zu seiner jungen Tochter. Marcus rutschte auf der Kline etwas höher um leise ein paar Worte mit ihr Wechseln zu können, wenn ihm danach war. Und dem war auch so.


    "Seit wann bist Du schon in Rom, Cinilla, Mäuschen?"


    Irgendwas juckte an seinem Nacken. Wie eine Erinnerung daran, daß er etwas vergessen hatte. Und tatsächlich, irgendwie war doch etwas komisch daran, daß seine Tochter plötzlich hier in Rom aufgetaucht war. Hmm, was war es nur? Na, ihm würde es mit Sicherheit noch einfallen. Ob seine Mutter Arrecina einen Brief mitgegeben hatte. Seine Mutter...seine Mutter? Aber....! Mit einem Schlag kam es Marcus. Sollte seine Tochter nicht in den behüteten Armen, metaphorisch gesehn, seiner Großmutter weilen. Was, bei den Sandalen des Merkurius, machte sie bitte in Rom? Marcus Erkenntnis spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder und erneut klappte sein Mund herunter. Na, vielleicht hatte das alles ja auch seine Erklärung. Vielleicht war ja Agrippina hier? Einen Moment hüpfte Marcus Herz hoffnungsvoll hoch, doch dann versandete die Freude auf dem Boden der Enttäuschung. Nein, sie hätte es sich nicht nehmen lassen auch ins Triclinium zu kommen.


    "Herrje, wie bist Du überhaupt hierher gekommen?"

    Marcus würdigte dem Sklaven mit der Botschaft keines Blickes und war froh, daß Gracchus jene eher lästige Aufgabe übernahm. Außerdem hatte Marcus so die Gelegenheit mit seinem kleinen Brüderchen, wie er seinen Neffen in Gedanken immer noch bezeichnete, ein paar ungestörte Worte zu wechseln. Dinge, die er zwar Milo erzählen würde, aber sonst keinem aus seiner Verwandschaft. Marcus wußte nun mal, daß er Milo mehr vertrauen konnte als sonst jemanden.


    "Die Hispanier? Hmm...ich hatte mit ihnen fast nie zu tun. Außer vielleicht mit Aquilius."


    Marcus Becher war schon leer und er sah sich suchend nach einem der kleinen seltsamen Mundschenke um. Als er einen entdeckte, reichte er ihm den Becher und nahm einen vollen entgegen.


    "Nun, wir haben einige Tage frei bekommen für den Romaufenthalt. Stell Dir vor, Mutter hat mir aufgetragen mich beim Kaiser vorstellig zu machen...aber ich erzähl Dir morgen davon. Das ist eine etwas längere Geschichte."


    Schwer seufzend trank er den Mulsum Becher in einem Zug leer. Sein Bauch grummelte schon als Antwort und er sehnte sich dem Essen näher. Doch sollte ja noch erst ein Opfer kommen. Ungeduldig sah sich Marcus nach Gracchus um, ob jener nicht mal anfangen wollte. Denn dann würden sie endlich alle essen dürfen. Mit leidiger Miene, eher wegen den Essensgründen, sah Marcus zu Milo.


    "Das ist alles nicht so einfach in Mantua. Die dortigen Offiziere, ich sag Dir, sind manchmal schwer zu ertragen. Die patrizischen Offiziere sind am schlimmsten. Stell Dir vor, der Aurelier dort hat wahrhaftig unsere Familie aufs Übelste beleidigt. Obwohl er wußte, daß ich aus der Gens Flavia komme, meinte er, daß Söhne aus gutem Haus sich nicht der Legio IX anschließen würden. Was für eine bodenlose...Fre...Frechheit..od...?"


    Marcus stockte und verstummte schließlich. Seine Aufmerksamkeit war mit einem Schlag von einer der Frauen dort gefesselt. Sein Mund öffnete sich für einen Moment überwältigt, dann erschien ein seeliges Lächeln auf seinem Gesicht. Was für eine schöne Frau! Diese Anmut, diese Gestalt, die Perfektion ihrer Nase und die weichen Linien ihres Halses, der warme Ton ihrer Haut und die Flut ihrer wundervollen dunklen Haare. Der Anblick berauschte Marcus und er hatte alles um ihn herum vergessen. Seine Augen ruhten nur noch auf der Frau, die für ihn die personifizierte Venus war. Bewundernd und voller Andacht verschlang Marcus Decima Lucilla mit seinen Augen. Dabei entging ihm Gracchus' Zurückkommen völlig.

    Die Frage von Avitus war einfach zu subtil für Marcus, so daß er die Aufforderung zum Salutieren nicht wirklich darin erkannte. Etwas erstaunt über diese Frage sah Marcus den Centurio an. Einen Moment dachte er über diese, für ihn äußerst befremdliche, Frage nach. Dabei musterte er noch mal die Rekruten und ihre Bemühungen dem letzten Befehl nachzukommen. Ob das noch mal eine Lektion war? Nein, das konnte nicht sein, schließlich war das Salutieren die einfachste Aufgabe auf der Welt. Verwirrend, höchst verwirrend. Schließlich schüttelte Marcus den Kopf.


    "Nein, Centurio, das hab ich sicherlich nicht!"


    Damit der Centurio aber nicht dachte, daß Marcus falsche Angaben machte, salutierte er sicherheitshalber mal. Dann sah Marcus den Centurio fragend an und hoffte, daß damit das geklärt war. Warum auch immer der Centurio diese Frage gestellt hatte. Schließlich fand Marcus, das Salutieren hätte er wahrlich gut gelernt.

    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Numerianuns
    Der Posteingang von Marcus Flavius Aristides ist bereits voll... Hop Hop :D


    Öhm, oh! Ist schon wieder laaange frei :)



    (Ist ja kein Wunder, wenn der eigene Sklave zum Leeren abgehauen ist ;) )

    Marcus kam langsamen Schrittes auf das Lazarett zu. Hier war er noch nicht gewesen und hatte sich den Weg von einem der Soldaten weisen lassen. Vor der Tür angekommen blieb Marcus seufzend stehen. Er atmete tief ein und aus und kämpfte die irrationale Beklommenheit herunter, die ihm bei Toten immer kam. Beherzt öffnete Marcus die Tür und marschierte in das Lazarett. Ein übler Gestand drang Marcus entgegen. Nicht der übliche Krankengestank, sondern der Geruch nach Tod. Ein fauler Geruch, gemischt mit den Ausscheidungen des Körpers, der Marcus schier den Atem raubte. Einfach widerlich! Marcus sah schon, daß das Übelste beseitigt worden war, aber der Gestank hielt sich. Die Luft anhaltend sah sich Marcus um und nickte einem Soldaten zu, der stoisch neben der Tür stand und Haltung annahm als Marcus eintrat.


    "Rühren, Legionarius! Wo ist der Tote? Den Medicus mein ich natürlich!"


    Der Soldat entspannte sich ein wenig und deutete auf eine Holzliege am Ende des Raumes. Ein Mann lag dort, jedenfalls eine menschliche Gestalt, verdeckt von einem fleckigen Leinentuch, was die Konturen des Mannes nur grob wiedergab.


    "Der Optio ist dort aufgebahrt!"


    Marcus zögerte und sah auf den Tisch. Nur langsam und sich jeden Schritt erkämpfend, ging er zu dem Toten. 5 Schritt entfernt blieb Marcus stehen und sah angewiedert in die Richtung. Der Gestank war noch viel schlimmer geworden und er war versucht sich seinen Ärmel vor die Nase zu halten.


    "Wurde das Lustrum schon durchgeführt?"


    Marcus wandte sich wieder dem Soldaten zu und hob fragend seine Augenbrauen. Der Soldat runzelte die Stirn und schien über Marcus Frage nachzudenken. Schließlich schüttelte er andeutungsweise den Kopf.


    "Nein, nicht, daß ich wüßte!"


    Marcus brummte unzufrieden und sah ein Stückchen abergläubischer und mißtrauischer wieder zu dem Tisch. Unschlüßig womit er beginnen sollet, starrte Marcus auf den toten Körper. Nach einigen Minuten nickte er dem Soldaten zu.


    "Lauf in die Stadt und hol einen derartigen Sklaven aus dem Cultus Deorum, und spute Dich. Keine Ausflüge in die Taberna. Wegtreten!"


    Der Soldat salutierte und marschierte nach draußen. Marcus ging derweil zum Fenster und riß es weit auf. Erleichtert sog er die Luft, die frisch und klar zum Todesgestank erschien, in seine Lungen ein.

    Fröhlich vor sich hinpfeifend kam Marcus den Weg vom Officium des Tribuns auch am Exzerzierplatz vorbei. Obwohl er noch vor wenigen Moment mehr als stinkig über den neuen Auftrag war, kehrte doch schon wieder Marcus natürliche gute Laune zurück. Grinsend betrachtete er die Rekruten und wie sie sich plagten. Hach, herrlich, daß es für ihn damit vorbei war. Da fiel ihm ein kleiner Geistesblitz ein. Drum marschierte Marcus auf den Platz und an die Seite des Centurios und seines ehemaligen Ausbilders.


    "Salve Centurio! Auf ein Wort?"


    Marcus verschränkte die Hände hinter dem Rücken und wippte leicht auf und ab mit seinen Fersen. Dabei musterte er die Rekruten weiterhin und nickte zufrieden. Jetzt, wo er selber sich nicht mehr plagen mußte, fand er es durchaus richtig, daß sie so schwitzen mußten.


    "Könnte ich mir vielleicht einen einheimischen Rekruten von Dir ausleihen? Ich bräuchte ihn für ein oder zwei Tage. Mir wäre der Caecilia ganz recht. Kennt sich hier aus und ist ganz gewitzt. Bursa wäre natürlich meine erste Wahl gewesen, aber er hat soviel Ahnung von Mantua und der Prima wie ich."

    Marcus nickte und stand auf. In seinem Kopf überschlug er schon die ersten Planungen. Aber zuerst würde er sich ein Bild vor Ort und von dem Verstorbenen machen. Inbrünstig hoffte Marcus, daß das Lustrum schon durchgeführt wurde. Nochmal so einen Toten, wie mit dem toten Tribun in Germania, wollte Marcus nicht anfassen ehe mögliche Verfluchungen abgewendet waren.


    "Natürlich, Tribun. Ich werde Dir rechtzeitig die Planung zukommen lassen, damit Du sie durchgehen kannst."


    Marcus salutierte pflichtbewußt und machte auf dem Absatz kehrt, um die neue Aufgabe anzupacken. Grabinschrift? Ob es einen Steinmetz gab? Wo wohl die Gräberstraße in Mantua war?

    Marcus, der ruhig und aufmerksamen Blickes in dem Stuhl saß, entging das Augenrollen des Decimus in keinster Weise. Ein solches Benehmen verschlug Marcus schier die Sprache. Marcus hielt sich eigentlich für einen gutmütigen Menschen, der selten seine Herkunft und Abstammung heraus hängen ließ. Aber solche Plebejer schienen so etwas gerade zu heraus zu fordern. Einen Moment kam Marcus der Geistesblitz, daß in Germania noch alles bestens gewesen war. Die Germanen wußten, meistens jedenfalls, wo ihr Platz war. Die Plebejermitsoldaten waren kameradschaftlich und Standesgrenzen spielten kaum eine Rolle. Hier erschien es Marcus jedoch wirklich anders. Hatte er diese vielen kleinen Reiberein doch schon fast vergessen. Die Intrigen und Stichelleien, um den Anderen in ein schlechteres Licht zu rücken. Aber so war Rom nun mal. Auf der einen Seite strahlend und schön, auf der anderen Seite dreckig, verschlagen und hinterhältig. Ihr gesamtes Gespräch schien ihm da ein Abbild dieser Misere zu sein. Marcus presste seine Lippen kurz fest auf einander. Einziges Zugeständnis seines Ärgers über die Unverfrorenheit jenes Mannes.


    "Magister, ich denke nicht, daß eine Aufklärung von Deiner Seite, noch etwaige, wenn vielleicht gut gemeinte, Vorschläge von Nöten sind. Die Audienz reicht mir vollkommen, trotzdem danke ich Dir für deine Aufmerksamkeit!"


    Marcus lächelte kühl und strahlte patrizische Erhabenheit aus jeder Pore seine Haut aus und mit der strahlend weißen Toga unterstützt.

    Genüßlich mampfte Marcus das gefüllte Ei. Was war das darin wohl? Fischeier oder Trüffelfüllung? Marcus war noch nie ein kulinarischer Experte gewesen, nur daß es ihm schmeckte war wichtig. Gerade bei dieser Überlegung hörte Marcus eine vertraute Stimme. Verblüfft sah er auf, sah seine Tochter und bekam einen heftigen Hustenanfall, als er sich verschluckte und sich gleichzeitig das Kinn abwischen wollte. Keuchend klopfte er sich auf die Brust und stand auf. Nachdem er auch noch das letzte Ei von seinem Kinn gewischt hatte, ging er schnellen Schrittes auf seine Tochter zu. Stürmisch nahm er sie in die Arme, hob sie kraftvoll nach oben und wirbelte sie einmal herum. War seine Kleine doch nur ein Fliegengewicht für den trainierten Marcus.


    "Mein Herz, oh Du Goldschein, Wonne in meinem Herzen und größte Freude in meinem Leben! Mäuschen! Ist das schön Dich wieder zu sehen."


    Jedes Wort war mit voller Inbrunst und Wahrhaftigkeit gesprochen worden. Und Marcus meinte es auch ganz genau so, wie er es sagte. Einige Momente hielt Marcus seine Tochter in seinen Armen fest, störte es ihn in keinster Weise, daß die gesamte Familie zusah. Schließlich sah er seine Tochter das erste Mal wieder seit langer Zeit. Viel zu langer Zeit, wie Marcus im Geiste feststellte. Dann ließ er sie wieder sanft auf den Boden herunter und setzt sie ab. Mit seiner vom Waffentraining rauhen Hand strich Marcus ihr sanft über die Wange. Aufmerksam und strahlend musterte Marcus seine Tochter. Und natürlich fiel ihm auf, was jedem Vater auffallen würde.


    "Bist Du groß geworden, Cinilla, Mäuschen. Komm, setzt Dich zu mir. Du kennst ja noch Manius, Caius und Titus!"


    Marcus legte einen Arm um Arrecinas Schulter und deutete mit dem Kinn auf seine Vettern und seinen Neffen. Marcus sah fragend zu seinem Bruder.


    "Secundus, Du erinnerst Dich noch an Deine Nichte, Arrecina?"


    Marcus war sich nicht so sicher darüber. Manchmal hatte Marcus selber das Gefühl, daß sein Bruder ihn nicht mehr so recht erkannte. Aber was solls!! Mußte die Claudiererziehung sein. Da wußte man ja, dass lauter Verrückte a la Nero heraus kamen. Gut, daß die Flavia so normal waren, dachte sich Marcus und sah zu Lucullus.


    "Quartus, ich glaube, Du kennst meine Tochter noch nicht, oder? Das ist Arrecina, mein ganze Stolz und Frucht meiner Lenden! Cinilla, das ist Dein Großcousin, Quartus Flavius Lucullus. Er ist der Bruder von Manius!"