Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Marcus war ganz in der Betrachtung Roms versunken. Fast wären ihm gar philosophische Gedanken gekommen. Wie konnte man anders bei diesem Anblick. Was für hübsche Schäfchenwolken. Und die warme Sonne, die auf Marcus Gesicht fielen trugen noch mehr dazu bei. Interessiert versuchte der Patrizier vom Fenster aus Leute auf dem Forum Romanum zu erspähen, aber die Mauern und das Gartenwerk waren einfach zu hoch. Und auf dem Colosseum konnte er auch niemanden erkennen. Der eintretende Decimus rettete ihn vor dieser möglicher Gedankenarbeit. Marcus wandte sich zu Maior um und nickte ihm freundlich zu.


    "Salve, Magister, mein Name ist Marcus Flavius Aristides. Ich bin hier, um eine Audienz beim Kaiser zu erbitten. Sollte dieser Zeit haben, mich zu empfangen!"


    Jetzt war's raus! Wieder wuchs die Beklommenheit in Marcus Magengegend, wobei er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.

    Marcus ließ sich in das Besprächungszimmer führen und nickte dem Scriba dankbar zu. Seufzend blieb der Patrizier in dem Raum stehen und sah sich um. Die Beklommenheit war wieder etwas abgeschwächt und so konnte er in Ruhe die Innendekoration mustern. Lange betrachtete er ein Bildnis des Kaisers ehe er sich zu dem Fenster abwandte. Marcus verschränkte die Arme hinter dem Rücken und sah über die vielen Gärten des Palastes und Rom dahinter hinweg. Sein Blick hing an dem flavischen Theater, dem Forum Romanum und den Hügeln Roms. Langsam löste sich die Angespanntheit in ihm wieder. Der Blick war wunderschön und so beobachtete er eine Linie von Vögeln, die Rom überflogen. Ob jetzt einige Auguren bereit standen?

    Baff sah Marcus seinen neuen Kameraden und Mitsoldaten an. Verona? Der trieb doch seine Scherze mit ihnen. Verona? Das waren doch wirklich germanische Zustände hier. Schockiert lehnte sich Marcus zurück und musste das erst mit etwas Wein verarbeiten. Blass, als ob ihm gerade gesagt wurde, er müßte nächste Woche eine alte Patrizierin heiraten, sah Marcus in die Runde.


    "Kein Lupanar? Kein Einziges? Das gibs doch nicht. Das ist doch gar götterlästerlich! Venus wäre entsetzt!"


    Marcus nickte bekräftigend und trank schnell noch einen Schluck Wein. Nur langsam gewann er seine Fassung wieder. Er grinste dann schief.


    "Na, welcher Mann braucht wirklich ein Lupanar um an eine Frau ranzukommen. Aber im Lupanar kann man sich das ganze, anstrengende Vorgesülze sparen und gleich zu dem kommen, worauf man aus ist! Und danach gibt es keinen Streit! Kein 'Wann kommst Du wieder?'! Kein 'Hast Du mich schon vergessen?'! Kein 'Wann heiraten wir?'! Das Leben ist durch ein Lupanar erst wirklich zu ertragen!"


    Marcus nickte noch mal kräftig, trank einen Schluck Wein und ließ den leeren Becher auf den Tisch knallen.

    Fröhlich vor sich hinpfeifend hatte Marcus den Weg zum Palatin in Angriff genommen. Zu Fuß, wie es sich gehörte für einen Soldaten und in einer rostroten Tunika und einer rotbraunen Toga. Dieses depremierende und fleckenfangende Weiß hatte er heute nicht anziehen mögen. Gut gelaunt ließ er sich den Weg zeigen. Wirklich eine Einladung hatte Marcus nicht bekommen, aber wußte er doch von seiner Mitgliedschaft bei den Saliern. Drum wollte er auch mal vorbei schauen. Gut gelaunt, das Leben des pulsierenden Roms, hatte ihn wahrlich aufleben lassen, klopfte Marcus und ließ sich von einem Sklaven, nach der Nennung seines eigenen Namens, hineinführen. Kurz sah über all die Männer der Versammlung hinweg und nickte den Meisten freundlich zu. Da war ja sogar der Tribun? Marcus schwankte zwischen Ärger und Zorn hin und her. Schließlich hatte jener nicht den Aurelier zurecht gewiesen, nachdem der Marcus Familie beleidigt hatte. Schulterzuckend sah Marcus sich weiter um und zu Aquilius.


    "Ah, Du Schwerenöter, auch bei den Saliern mit dabei?"


    Ah, und Gracchus war auch dabei. Marcus befremdete es zwar, daß jener sich Mars bei den Saliern verschrieb, aber man wurde nie um eine Erfahrung ärmer in solchen Tagen. Auch seinem anderen Vetter nickte er somit grüßend zu.


    "Salve, allerseit! Steht eine Versammlung an?"


    Marcus grüßte die anderen und auch älteren Männer kollektiv und sah fragend in die Runde. Vielleicht war das auch nur ein Altherrentreffen.

    Marcus folgte seinem Kameraden, Centurio und ehemaligen Ausbilder in den Innenhof hinein. Schnell erfasste sein Blick die festliche Auschmückung. Aber noch schneller, die vielen schönen Damen im Hof. Seine Toga, weiß und strahlend, saß wieder richtig und warf genau die richtigen Falten an der Schulter. Lächelnd grüßte er in die Runde als Avitus sie alle vorstellte. Sehr höflich war das! Er und der Stellvertreter des Centurios? Ja, so hatte Marcus das noch nicht betrachtet. Sein Brust schwoll etwas mit Stolz an und sein Gesicht leuchtete voll der guten Laune. Und in dem Moment sah Marcus auch durch den Raum und zu den Säulen. Sein Lächeln wurde zu einem breiten Strahlen. Schnell ging er auf seinen Ziehbruder zu und breitete die Arme aus, um ihm dann doch nur kräftig auf die Schulter zu klopfen.


    "Milo, alter Saufkumpane! Was für eine Fügung Fortunas, daß wir gerade hier aufeinander treffen. Hast Du schon gehört? Ich bin nach Mantua versetzt worden."


    Marcus sah gleich darauf zu Gracchus. Wenn er auch mit seinem Vetter, den er schon in Griechenland immer etwas absonderlich gefunden hatte, nicht viel anfangen konnte, so schloß Marcus Laune heute alle Flavier in sein Herz. Drum lächelte er genauso strahlend und nickte Gracchus zu.


    "Gracchus, was für eine Freude, Dich hier wieder zu treffen. Aquilius hat mir schon geschrieben, daß Du in Rom als Priester tätig bist. Studierst Du immer noch so viel?"


    Besorgt musterte Marcus seinen Vetter. Na, so sonderlich blaß und mit verfärbten Augen sah jener nicht aus. Im Gegenteil, das Priesteramt schien ihm gut getan zu haben. Marcus musste sich dann jedoch auch eingestehen, daß er seinen Vetter nie lange und aufmerksam beobachtet hatte. War er doch mehr mit Aquilius beschäftigt gewesen, Frauen- und Tabernawelt unsicher zu machen. An deren gelehrsame Diskussionen wollte und konnte Marcus sich nun mal nicht beteiligen.

    "Dann halt nicht...!"


    Marcus murmelte diese Worte und nahm die Trauben, die er Rutger gereicht hatte, wieder an sich. Da ging auch schon die Tür auf. Marcus mitten in seinem Schlemmen erwischt, betrachtete verdutzt den kleinen, schreienden Zwerg. Doch auch Rutgers Reaktion fiel Marcus durchaus auf. Komisch! Vor Marcus zeigte er keine Scheu, aber vor einem Zwerg? Was waren die Germanen doch seltsam. Kopfschüttelnd wandte sich Marcus wieder dem Eingang zu. Grinsend beobachtete Marcus, wie der Zwerg von Avitus gepackt wurde. Amüsiert besah sich Marcus auch das Kostüm des Abgebrochenen. Ein Schweineschwanz, herrlich! Leise gluckste Marcus in sich hinein und lachte leise, als der Ianitor in Ohnmacht fiel. So ein Witzbold sollten sie sich für das Amüsement vielleicht auch anschaffen. Wieder landete eine Traube in Marcus Mund und er nickte Avitus munter und freundlich zu. Wenn es beim Fest genauso lustig zu ging, dann würde es mit Sicherheit ein ganz köstlicher Abend werden.


    Den Ianitor mit einem Grinsen angaffend, trat Marcus hinein, ließ sich die Gaben geben und folgte der Sklavin, der er keines Blickes würdigte. Auf dem Weg setzte Marcus sich den Kopfschmuck auf und sah in den kleinen Beutel hinein. Neugierig kramte er zwischen den Opfergaben, stolperte einmal fast über eine Statue. Doch dann riß er sich zusammen, machte schnell den Beutel zu und raffte sich. Saß die Toga noch richtig? Schnell wischte er sich den Mund sauber und fuhr sich noch mal durch die Haare. Legionärssitten waren heute am Abend fehl am Platz.

    Marcus grinste wieder zu Mela. Dabei sah er an diesem vorbei und musterte die Rückseite seines ehemaligen Ausbilders. Ob der nervös war, nach Hause zu kommen? Hörte man nicht gar schon Musik von hinter der Tür und Frauengelächter? Herrlich, Marcus Laune wuchs von Moment zu Moment. Leider jedoch auch sein Hunger. Was für eine hübsche Dekoration! Marcus besah sich die Weinranken genauer und griff nach einem der Trauben. Die waren ja echt!! Ja, herrlich! Marcus grinste noch bessere Laune. Wenigstens wurde man schon vor der Tür verköstigt. So landete schon die erste Traube in Marcus Mund und als er den fruchtigen Saft die Kehle entlang rinnen spürte, noch eine weitere und ein paar mehr, die er sich pflügte. Ja, so ließ es sich warten. Geduldig und essend wartete auch Marcus ab. Dabei vergaß er sogar seinen geliehenen Sklaven Rutger nicht, dem er großmütiger Miene einen Traubenzweig reichte.

    Die Germanen wollte Marcus wahrlich nicht kennen lernen und jetzt bestand eh kein Grund mehr dazu. So zuckte Marcus mit der Schulter und seine Gedanken wanderten zu allen möglichen Frauen, die hier anwesend sein könnten. Marcus, halt Deine Gedanken heute abend im Zaum. Da sieht man nur auf dem Gesicht, wenn man lüsterne Gedanken hatte. So dachte sich es Marcus. Verwirrt sah Marcus zu Rutger und besah sich dessen Tunika. Zugegeben, sie könnte länger sein, aber eigentlich trugen alle Sklaven sie in der Villa Flavia...alle die er kürzlich gesehen hatte! Es fiel Marcus wie Schuppen von den Augen. Wer war in der Villa Flavia wohl für so ein Geschmack bekannt? Na, seine beiden Vettern, Gracchus und Aquilius. Das erklärte wirklich die Kürze der Tunika. Marcus lachte kurz und nickte.


    "Wer weiß, welchem Augenpaar diese Beine dort gefallen werden!"


    Marcus tat die Bemerkung von Plautius sofort ab. Er konnte es sich nicht vorstellen, daß eine Dame ihn abweisen und einen hübschen jungen Germanen ihm vorziehen würde. Immerhin war Marcus ein Patrizier und mit diesem Gefühl richtete er sich auf und nahm seine patrizische Würde ein. Jedoch nicht sehr lange, grinste er doch schnell wieder und folgte den Anderen. Sonst würden sie noch im Morgengrauen hier stehen.

    Verwirrt sah Marcus seinen Centurio an, Plautius. War fasselte er da? Redete der Centurio etwa auf Germanisch mit Marcus? Verwirrt kratzte sich Marcus den Nacken. Ja, jetzt war er wirklich ratlos. Hmmm? Nach einem Herzschlag sah Marcus Plautius immer noch verwirrt an.


    "Bitte was, Primus Pilus?"


    Abwesend nickte Marcus Avitus zu. Glaubte der Centurio, daß Marcus in der Zeit gar Germanisch gelernt hatte? Nein, das wäre Marcus nicht im Traum eingefallen. Schließlich war sogar sein Griechisch schauderhaft, was man immer merkte, wenn er griechische Fremdwörter nutzen wollte.

    Lachend nickte Marcus Mela zu. Marcus glaubte kaum daran, eine Eroberung auf dem Fest machen zu können. Es würden wahrscheinlich nur verheiratete Matronen dort sein oder unverheiratete Jungfrauen. Letzteres war wirklich nicht attraktiv und die Ersteren, wenn auch sehr anziehend, schwer zu erorbern. Marcus grübelte auf die Fragenflut von Plautius einen Moment und kratzte sich dabei den Nacken. Wie oft, wenn er etwas ratlos war. Dabei rutschte eine Togafalte zur Seite, was nicht der neuesten Togamode entsprach. Marcus bemerkte es jedoch nicht.


    "Das hätte ich auch nicht von Dir geglaubt, Primus Pilus. Ich meine, daß Du meine Mutter beleidigen würdest..."


    Ein scharfer Blick, das sollte der Primus Pilus besser nicht tun. Denn Marcus würde bei diesem Thema ohne Pardon reagieren.


    "....Baiae? Ja, das liegt am Fuße des Vesuvs. Wenn die alte Dame böser Laune ist, spuckt sie manchmal auf meine wunderschöne Heimatstadt runter. Aber wieviele Meile es von wo bis wo liegt? Da überfragst Du mich!"


    Noch mehr Fragen. Marcus warf Aquilius Sklaven und Marcus Beute aus Germania einen mürrischen Blick zu. Marcus funkelte Rutger einen Moment säuerlich an. Was mußte der nur so eine Miene ziehen? Schließlich würde sogar für Rutger etwas vom Tisch abfallen heute.


    "Ne, das ist ein germanischer Sklave, den ich vor einigen Monaten in Germania gefa...gekauft habe. Er ist noch schlecht erzogen, aber ich hatte sonst keinen zur Hand. Mein Diener und lebenslanger Sklave ist leider wohl entfleucht, leider! Aber gehen wir doch rein, oder?"


    Gerade in dem Moment sprach sein Sklave. Und Rutgers Befürchtung sollte sich befürworten. Wütend knurrte Marcus auf, trat einen Schritt auf den Germanen zu und holte mit der Flachen Hand aus. Er gab Rutger einen Klaps auf den Nacken, schmerzhaft genug um ihn aufschrecken zu lassen, aber nicht zu hart.


    "Hab ich Dich etwas gefragt, Sklave?"


    Entschuldigend sah Marcus zu seinem Centurio.


    "Ich sagte ja, schlecht erzogen. Es tut mir leid!"

    Ja, bei Apollo, war denn der Centurio ein männliches Orakel? Ständig schien er zu erkennen, was Marcus dachte!! Ob das an den Büchern lag? Lernte man das bei Seneca und Cicero? Marcus hatte das gewiss dort nicht gefunden, lag jedoch auch daran, daß er diese Werke nie gelesen hat. Sein Sklave hatte immer die Hausaufgaben für ihn erledigt. Marcus grinste nur auf die Bemerkung des Centurios. Der war schon ein seltsamer Kauz, aber Marcus schätzte ihn als Kommandant und auch Kräutersudsaufkumpanen durchaus. So setzte Marcus den Weinbecher an die Lippen und trank in einem Zug aus. Hahh, herrlich! Italischer, guter Wein. War zwar auch nur nen Fusel, aber besser als das bittere gemanische Bier.


    Nickend sah Marcus zu Bursa. In dem Moment, wo die alten Veteranen sich austauschten, verstand Marcus durchaus Bursa empathisch. Marcus war auch selber erst lange nach diesen Geschichten in die Legio eingetreten. Doch gleich sah Marcus zu Macro.


    "Sag mal, Macro, wo ist eigentlich das Lupanar hier in Mantua? Oder gibt es mehrere?"

    Marcus hustete kräftig. Grinsend nickte er seinem Primus Pilus zu.


    "Meine Mutter wohnt in Baiae, Primus Pilus. Und außerdem wäre es mir recht, wenn Du meine Mutter und das Wort Lupanar nicht in einem Satz äußern würdest. Manchmal höre ich auf meinem rechten Ohr etwas mißverständlich! Das mit dem Lupanar hab ich auf später verschoben, sollte sich hier nichts ergeben!"


    Marcus grinste breit und war sogar ein wenig über sich überrascht. Hatte er gar einen Scherz auf Kosten seiner Mutter gemacht? Nein, das konnte nicht sein. Aber die Feier nahte und somit seine gute Laune genauso.

    Immer noch nicht war er diese scheußliche Toga losgeworden, die Marcus für die Audienz beim Kaiser angezogen hatte. Sie kratzte zwar nicht wie die Rüstung, war aber einfach unbequem. Es dauerte auch nicht sehr lange und schon saßen die Falten nicht, wie sie sollten. Auch die sehr kurze Einkehr in der Villa Flavia hatte ihn nicht davon befreit und seine Laune gebessert. Denn Hannibal hatte er in der Villa nicht auftreiben können. Wo trieb sich dieser Kerl nur wieder rum? Daß er nach Germania gekommen war, konnte Marcus ausschließen. In Baiae war er auch nicht und in der Villa Flavia genauso wenig. Wie sah es denn bitte aus, wenn er ohne Sklave zu einer römischen Feier erschien. Also musste er sich jemand von der Villa greifen, der ihm als erster unter die Augen lief. Leider war das dieser störrische Rutger. War dem so!


    Als Marcus sich den Weg durch das Menschengedränge bahnte und in Richtung der Casa Artoria, den Weg hatte sich Marcus immer wieder erfragen müssen, behielt er den Germanen genaustens im Blick. Schon auf halben Weg hatte Marcus bereut den Germanen mitgenommen zu haben. Wie sollte man denn da bitte feiern? Ständig darauf bedacht sein müssen, daß sein eigener Sklave, nun ja, Aquilius Sklave genau genommen, ihn mit einem Fleischmesser die Kehle aufschneiden könnte! Als die erleuchtete Casa vor ihm auftauchte, endlich hatte er sie gefunden, atmete Marcus erleichtert auf. Er warf Rutger einen warnenden Blick zu.


    "Und daß Du mir keinen Ärger machst, Kleiner! Ein Ausrutscher vor den Damen, ein wütendes Knurren einer der Römer gegenüber oder sonstige Faub...Faud...Unhöflichkeiten, und Du lernst die Bestrafungen der Villa Flavia kennen. Verstanden?"


    Marcus fixierte Rutger, wandte sich dann jedoch um. Seine Kameraden hatte er schon ausgemacht. Erstaunt betrachtete er sie in zivil. Seltsamer Anblick. Schnell ging er auf sie zu und nickte freundlich und gut gelaunt. Schließlich ging es auf ein Fest. In dem Moment als Numerianus den Ausruf tätigte trat Marcus auf sie zu.


    "Hier! Salve allerseits? Ah, wir sind schon fast vollzählig! Dann ist das also Deine Heimathaus, Avitus! Sehr nett und wie schön geschmückt!"

    Wut brodelte in Marcus. So hatte er sich tatsächlich ein wenig erhoben, um seiner Empörung mehr Gewicht zu verleihen. Wie konnte es jener Mann wagen? Nicht nur die Familien der Anderen in den Dreck zu ziehen, nein, er wagte es sogar die gesamten Flavier zu schmähen. Nicht nur Marcus Mutter, was Marcus wie ein Peitschenhieb mitten ins Gesicht traf, sondern auch seinen Ziehbruder, Milo, seinen Bruder, Felix, seine Vettern, Aquilius und Gracchus und auch seinen, ihm wenig bekannten, Neffen, Furianus. Das würde all jenen Männern bestimmt nicht gefallen. Doch als Avitus eingriff, wurde Marcus Wut etwas abgelenkt. Marcus nickte langsam und ließ sich wieder auf seinen Stuhl heruntersinken.


    "Natürlich, Centurio. Ich hab mich tatsächlich bei dieser Beleidigung vergessen!"


    Doch Marcus Augen durchbohrten den Aurelier wie vergiftete Pfeile. Nur mühsam, aber mit all seiner Willensbeherrschung, die er seit seiner Jugend gelernt hatte, unterdrückte er jegliche weitere Unmutsäußerung. Seine rechte Hand jedoch hielt die Lehne des Stuhls fest umgriffen. Das Holz knarrzte leise, wegen der Kraft, die er auf sie einwirkte.

    Jetzt wurde es Marcus doch etwas flau im Magen je näher er an das Officium heran kam, welches über die Audienz oder Nicht-Audienz beim Kaiser entschied. Was tat man nicht alles für seine Mutter! Marcus seufzte schicksalsergeben und überwand auch noch die letzten Meter zum Officium. Zögernd hob er die Faust, um zu klopfen. Dieses Zögern fand er etwas befremdlich an sich, zeigte er es doch sonst nie in der Legio oder auch sonst. Aber das hier, war etwas ganz anderes. Nach einigen Sekunden überwand er das Zaudern und klopfte kräftig. Sofort ließ er seine Hand sinken und wartete darauf, ob jemand sich vom Inneren aus meldete.

    Marcus nickte dem Soldaten zu. Daß er so schnell vorbeikommen würde, erstaunte ihn dann doch. Doch lange am Tor warten zu müssen, wäre bei der Hitze, er war italisches Klima nicht mehr gewöhnt, auch keine wahre Freude.


    "Danke, Soldat!"


    Marcus seufzte erleichtert und trat in die Palastanlagen hinein. Nach einigen Schritten blieb er stehen. Was hatte der Soldat gesagt? Wo war noch mal das Officium? Grübelnd und einen Moment hilflos, Marcus war noch nie zuvor im Palast gewesen, stand er da. Ein Diener hatte wohl jedoch Mitleid mit Marcus und erklärte ihm noch mal den Weg.

    Ein Brief seiner Mutter, schon in Germania erreicht, hatte Marcus an jenen Tag hierher getrieben. Sein Pferd hatte er jenseits der Stadtmauer an einem Stall abgegeben und hatte sich von den anderen Soldaten, die ihm schon seit der Legio IX gute Kameraden gewesen waren, verlaßen. Später wollte er sie bei irgendso einem komischen Weinfest wiedertreffen. Aber jetzt stand wichtigeres an. So war er in eine Therme gegangen und wie neugeboren wieder herausgekommen. Schließlich trat man nicht alle Tage vor den Kaiser, sollte er etwas Zeit für Marcus erübrigen können. Den vielen Mist- und Dreckhaufen ausweichend hatte es Marcus geschafft seine unbequeme Toga strahlend weiß bis zum Tor zu bringen. Dort nickte er der Torwache zu.


    "Salve, mein Name ist Marcus Flavius Aristides, Optio der Legio Prima. Ich möchte um eine Audienz beim Kaiser ersuchen!"

    Marcus hustete etwas verlegen, ob der Rüge seines Centurios. Nun ja, Marcus hatte noch nie selber behauptet ein großer Gelehrter zu sein. Und Plautius hatte es mit seinen Aussagen auch auf den Punkt gebracht. Oh Mann! Was für eine Schinderei...alle Akten der 1. Centurie...das waren doch gut 80 Akten. Bei Mars, womit hatte er das bloß verdient? Hannibal mußte her und zwar schleunigst!! Doch der letzte Satz diesbezüglich ließ Marcus wieder hoffen. Vielleicht wurde es seinen Vorgesetzten bald unrecht, solche Berichte lesen zu müssen.


    "Natürlich, Primus Pilus! Wird gemacht."


    Marcus nickte zustimmend bei Plautius weiteren Worten. Auch er war ein wenig erstaunt, ob dieser Tatsache. Wenn im Rekrutierungsbüro so schlampig früher gearbeitet wurde, ja dann gute Nacht! Aber vielleicht hatte der Aurelier auch durch seinen Anverwandten den Posten bekommen und dessen war sich Marcus fast sicher. Dabei fiel ihm ein, Antoninus hatte ja tatsächlich eine Tochter. Und sogar im heiratsfähigen Alter. Marcus wurde für einen Moment kreidebleich. Hoffentlich würde seine Mutter niemals nach Mantua zu Besuch kommen. Er war sich sicher, daß sie kupplungsversuche anfangen würde. Doch dann schüttelte er verwirrt den Kopf.


    "Heißt das, daß diese Ehe ungültig ist oder was sind die Konsequenzen?"

    Ehe sie in die Taberna gekommen waren, war Marcus von den Anderen ausgescherrt und hatte einen Gang hinter die Taberna gemacht, wo ihm die Latrinen gewiesen wurden. Aber der menschliche Ruf hatte Marcus ereilt. So kam er erst wieder in die Taberna als noch mehr Soldaten und Offizieren hinzugeströmt waren.


    "Ah, salve Centurio, Centurio, Decurio!"


    Grinsend nickte Marcus jedem Neuankömmling zu und ließ sich plumpsend auf einen Stuhl fallen. Sein Blick wanderte durch die Taberna und blieb an der germanischen Sklavin hängen. Entsetzen zeigte sich auf Marcus Gesicht.


    "Ja, bei Mars! Da könnte man meinen noch immer in CCAA zu sein. Wo, bei Iuppiter, sind die dunkelhaarigen Schönheiten Italias?"


    Fast verzweifelt sah sich Marcus um und erst als er so eine erblickte, entspannt er sich wieder. Gut gelaunt ergriff er einen der bereit stehenden Weinbecher und besah sich grinsend des Primus Pilus Kräutersud. Gespannt lauschte er Macro.


    "Hmm...Offiziere...die grummeln doch am lautesten...wie alte Weiber, die um die Unschuld ihrer Töchter fürchten!"