Beiträge von Marcus Flavius Aristides

    Verdutzt sah Marcus seinen Centurio an. Dabei hatte er sich schon auf einen Strafmarsch innerlich vorbereitet. Aber das war doch eindeutig angenehmer. Fast hätte er erleichtert aufgeseufzt, konnte das jedoch noch im letzten Moment unterdrücken. Marcus nickte und nahm die Wachstafel entgegen, wobei er klimperte und klapperte und seine Pfanne gegen seinen Trinkbecher in dem Beutel stieß.


    "Ja, Centurio!"


    Aber das mit der Parade behagte Marcus ganz und gar nicht. Ihm kam dabei in den Sinn, daß es vielleicht weniger schlimm wäre einen Tagesmarsch in kompletter Ausstattung zu machen als zum Spott seiner Kameraden durch die Via Praetoria zu laufen. Zwischen Marcus Augenbrauen bildete sich eine Falte, sonst eine Denkerfalte, bei Marcus eher ein Zeichen seines Unmuts über die Parade. Da der Centurio ihn entließ, drehte sich Marcus auf seinem Absatz um und verschwand wieder aus der Unterkunft.

    Schwer atmend kam Marcus hinter dem jungen Mann her. Wie konnte man nur mit all dem Gepäck so viel Ausdauer beweisen? Das lag bestimmt an der Jugend! Außerdem hatte es eine Weile gedauert, bis er Bursa wieder gefunden hatte. Aus irgendeinem Grund war dieser ihm davon gelaufen. Marcus trat hinter ihm in die gute Stube hinein und grinste breit. Mit ausholender Gestik deutete er auf die vielen Pritschen und dem wenigen Platz, was jedem Soldaten zur Verfügung stand.


    "Willkommen in Deinem neuen Heim, Bursa! Dein Lager und auch Deine neue Familie!"


    Leicht spöttisch lächelnd, aber dann doch wieder freundlich, klopfte er Bursa kurz auf die Schulter und deutete dann auf einige wenige Pritschen weiter vorne.


    "Die sind noch frei. Also such Dir mal ein Lager aus. Dann ziehst Du Dir am Besten Deine neuen Sachen an. Schließlich musst Du noch den Fahneneid ableisten. Dafür nimmst Du auch den Paradehelm. Schließlich willst Du doch vor dem Kaiser ein gutes Bild abgeben, oder?"


    Marcus grinste wieder und nutzte die Gelegenheit, um mit einigen Schriten zu sein eigenes Lager zu gehen. Dort griff er unter sein Kissen und holte ein Weinschlauch hervor, wovon er einen tiefen Schluck nahm. Mit einem wohligen Aufseufzen setzte er sich auf sein eigenes Lager.


    "Und wenn Du Dich etwas beeilst, kann ich Dich noch zum Fahneneidplatz führen. Ich muss gleich wieder zum Tor zurück!"

    Gelangweilt hatte Marcus das alles im Hintergrund verfolgt. Dabei reinigte er seine dreckigen Fingernägel mit seinem Dolch und bließ ab und an die Dreckstücke von der Metallspitze. Leise seufzend steckte er den Dolch wieder weg und fing an einige der Wafffen zu betrachten, die wohlgeordnet dort rumlagen. Verwundert hob er eine Keule hoch, die voller Nägel und seltsamer Beschläge ausgestattet waren. Die Augenbrauen hebend, legte er die Keule zurück und hob den Blick als er das Wort Unterkunft hörte. Die würde er ihm wohl noch zeigen müssen. Doch schwupp, war der Probatus schon weg. Verdutzt sah Marcus hinter dem Probatus her und nickte noch schnell dem Centurio zu ehe er dem Probatus hinter her lief.

    Grund? Ja, warum Decius jetzt krank war, wußte Marcus auch nicht. Schließlich war er kein Medicus und ihm die Speierei von dem Legionär auch zu wider, um genauer da zu forschen. Doch langsam dämmerte Marcus, was Avitus von ihm wissen wollte.


    "Der Miles Decius scheint Fieber zu haben und er übergibt sich dauernd. Aus diesem Grunde haben wir ihn ins Lazarett gebracht, was der dortige Miles Medicus auch als angemessen bezeichnet hat, Optio!"


    Marcus blinzelte und spähte kurz zum Optio, um dessen Gesichtausdruck erhaschen zu können. Irgendwie hatte Marcus ja den Verdacht, daß es an dem gestrigen Tag lag, weswegen Decius heute krank war. Falls dieser überhaupt krank war und nicht simulierte.

    Mit Genugtuung spürte Marcus, daß sein Dolch den Germanen wenigstens ein wenig ankratzen konnte, wenn auch dessen Armschiene seinen eigentlichen Stoß auf das Herz dieses Mannes abgelenkt hatte. Verdammt, warum mussten dieser Barbar auch gerüstet sein? Knurrend wollte Marcus nachsetzen als der Germane zurücktaumelte. Doch ein heftiger Schmerz zuckte durch Marcus Seite und seine Lunge. Ein rasselndes Geräusch war zu hören als er tief Luft holte. An seinen Fingerspitzen fühlte Marcus schon ein leichtes Kribbeln und sein Bauch war ganz warm von dem vielen Blut, was seine Tunika durchtränkte.


    Doch eins war sicher! Wenn er heute und hier sterben sollte, was ja ein großer Jammer wäre, dann würde er nicht so einfach abtreten. Für einen Moment kam ihm jedoch alles in den Sinn, was er hätte noch machen können. Die vielen schönen Frauen, die auf ihn in Italia oder gar Ägypten warteten. All das gute Essen, was noch verspeist werden sollte. Kopfschüttelnd vertrieb Marcus schnell die Gedanken, da sein Gegner schon nicht mehr ganz so betäubt schien und der Schmerz an Marcus Seite etwas verklungen war.


    Langsam drehte sich Marcus und folgte mit den Augen den Speer und seinem Träger. Er würde nicht noch mal so einfach an den Germanen heran kommen. Immer wieder konnte Marcus sich nur mühsam, aber gerade noch rechtzeitig den Speerhieben entwinden. Doch ab und an erwischte ihn der Speer und kratze ihn an der Haut. Keine tiefen Stiche, doch fühlte sich Marcus als ob der Germane mit ihm spielen würde.


    'Mars, Du wirst mindestens einen Stier von mir bekommen, wenn ich den Kerl mit in den Tod reiße!' dachte Marcus. Wobei er das paradoxe Versprechen selber nicht ganz durchschaute. Doch da er nicht lange dachte, sprang er in einem etwas günstigeren Moment wieder nach vorne. Er warf sich auf den Germanen und versuchte den Speer zu packen, um den Mann an sich heran zu ziehen...wieder auf Dolchnähe.

    Früh am Morgen hatte Marcus die anderen Probati und Legionäre hergetrieben, was bei nur wenigen der Männer nötig war. Aber ein wenig kaltes Wasser und einen kleinen Tritt in die Seite half jedem der Probati schnell aus dem Bett zu kommen. Marcus und zwei, die er an jenem Morgen zu seinen Gehilfen ernannt hatte, waren nicht zimperlich vorgegangen. So standen die Probati fertig und in einer langen Reihe vor dem Optio als dieser sie zusammen rief. Marcus fühlte sich sogar ein klein wenig stolz darüber, daß seine Männer hier doch ein gutes Bild am Morgen boten. Nur daß mit Decius...na, das würde er noch melden müssen. Gerade wollte Marcus vortreten, um es zu melden, doch dann begann der Optio schon an zu sprechen. So blieb Marcus still und hörte lieber seinem Ausbilder zu.


    Aufmerksam verfolgte Marcus die Ansprache des Optios. Disziplin? Ja das verstand er. Formation? Ja, das auch. Die Überlegenheit der römischen Kriegsführung hatte sich ja auch wunderbar hier in Germania gezeigt und in vielen anderen Teilen der Welt, was jetzt alles römisches Territorium war und alles von ihrem Kaiser beherrscht wurde. Auf die Vorgestetzten hören? Ja, wäre auch ein Wunder, wenn der Optio etwas Gegenteiliges gesagt hätte. Marcus versuchte das Gesagte zu verinnerlichen und hoffte, daß er es nicht nach der ersten Übung schon wieder vergessen hatte. Aber da fiel ihm doch noch was ein. Irgend was wollte er doch dem Optio melden?


    Ah...Decius. Zu spät, schon kam der nächste Befehl. Und so zog Marcus mit den anderen Probati erst mal die Runden um den Platz, wobei er immer abwechselnd darüber nachdachte, wie er das Lageressen etwas aufpeppen, was er essen, ob man nicht einen besseren Koch organisieren könnte. Dabei vergass er schon fast erneut seine Meldung. Erst auf Tertius beharrliches Augenbrauenzucken, was Marcus erst außerordentlich mysteriös vorkam, fiel es ihm wieder ein. So trat Marcus dann doch nach vorne und hob seine Stimme an.


    "Optio! Melde, daß Probatus Decius Valianus Argenteus heute morgen ins Lazarett gebracht wurde."

    Blinzelnd sah Marcus nach oben und beschirmte seine Augen. Die Sonne blendete ihn und er konnte die Gestalt erst kaum ausmachen. Doch dann gewöhnten sich seine Augen an das grelle Hell und er konnte den Germanen vor sich erkennen. Das war doch klar! Ein feiger Germane, der aus dem Hinterhalt schoß! Ein wütendes Knurren entrang Marcus Kehle und er griff fester nach seinem Dolch. Schnell fiel sein Blick auf seine Seite, wo der Pfeil noch steckte. Marcus war klar, daß er nicht viel Zeit hatte. Entweder er erledigte den Germanen schnell oder sein entschwindender Lebenssaft würde dem Barbaren nützlich sein.


    Marcus Brust hob und senkte sich schnell und Schweiß war auf seiner Stirn zu sehen. Doch trotzdem machte er einen weiteren, schnellen Schritt auf den Findling zu. Das Lachen des Germanen quittierte er nur mit einem grimmigen Gesichtsausdruck. 'Na warte, Dir zeig ich es noch!', dachte Marcus als der Germane vor ihm auf den Boden kam. Mit wütend funkelnden Augen starrte Marcus seinen Gegner an. Immerhin stellte sich der Mann ihm! Langsam drehte Marcus den Dolch in seiner Hand und verfluchte seinen elenden Gaul, der sein Schwert mit sich getragen hatte.


    Gebannt behielt Marcus Rutger im Auge und sah schon fast wie die Bewegung aus jenem Manne herausfloß. Jede einzelne Veränderung, wie am Fuß, der sich ins Gras tiefer drückte oder die leichte Schulterbewegung. Doch vielleicht war es eher der Ausdruck in Rutgers Augen, der Marcus vorwarnte? Marcus sprang nach vorne und wollte sich schon vor dem vorgetäuschten Angriff wegducken. Erst im letzten Moment erkannte er die Finte. Leider einen Bruchteil seines Herzschlages zu spät. Schmerz zuckte durch Marcus Seite und der Stoff seiner Tunika wurde zerrissen. Trotzdem führte Marcus seinen eigenen Angriff weiter aus, in dem er an dem Speerschaft vorbeiglitt und mit brutaler Kraft den Dolch nach vorne stieß. Ein leises Keuchen entrann seiner Kehle, Schmerz gepaart mit dem Stoß seines Armes.

    „Tsts...Ist doch nur ein Vogel!“


    Marcus murmelte beruhigende Worte auf seinen Hengst ein. Dieses Pferd würde ihn noch in den Wahnsinn treiben. Erschreckte es sich gar schon bei einem bunten Vogel! Bei Mars, womit hatte er das nur verdient? Marcus hielt die Zügel fest gepackt und ließ sich die Sonnenstrahlen auf den Nacken scheinen. Mit einem Lächeln auf den Lippen schloss er die Augen und ertastete unter seinen Füßen den duftenden Waldboden. Von einer schönen Dunkelhaarigen träumend wandte sich Marcus seinen anderen Gelüsten zu, dem Essen. Langsam dreht er sich zu der Satteltasche seines Pferdes und zupfte an der Verschnürung zu seiner kargen Kost. Doch sein Pferd tänzelte von ihm weg. Marcus wollte gerade fluchen, doch irgendetwas in seinen Nacken ließ ihn aufhorchen. Hatte er nicht etwas gehört? Nein!


    Langsam richtete Marcus sich etwas auf und sog tief die Luft ein. Mit hocherhobenem Haupt, seinem etwas überheblichen Gesichtsausdruck wirkte er in der Tat wie ein stolzer Hirsch, der die Ruhe der Lichtung nutzen wollte. Und wie der Hirsch schien Marcus zu wittern. Sein sechster Sinn, der ihm manchmal schon das Leben gerettet hatte, ließ seine Nackenhaare sich aufstellen. Spähend sah Marcus in den Wald hinein und machte einen Schritt auf sein Pferd zu. In dem Moment hörte er das Sirren. Das Sirren eines Pfeils und daran konnte kein Zweifel bestehen. Marcus wirbelte in einer fließenden Bewegung herum und wollte in Deckung gehen. Doch zu spät! Ein heißer Schmerz zuckte durch die Seite seines Körpers und er taumelte einige Schritte nach hinten. Einen Moment tanzten schwarze Punkte vor Marcus Augen, doch das Training der letzten Monate hatte sich schon bemerkbar gemacht. Instinktiv griff er in Richtung seines Schwertes, doch wieder machte ihm sein Hengst einen Strich durch die Rechnung. Dieser bäumte sich laut wiehernd auf und gab seinem Instinkt zu fliehen nach.


    Schnell sah sich Marcus in der Richtung um, wo der Pfeil hergekommen war. Da! Da war doch ein Schatten auf dem Felsen. Wut entbrannte in Marcus und eine unbändige Lust, es diesem feigen Halunken heimzuzahlen. Doch nur mit einem Dolch, den er nun zog, waren seine Chancen eher schlecht. Doch mit der Gewissheit die Götter und Mars auf seiner Seite zu wissen, ging Marcus schnellen Schrittes auf den Felsen zu. Den Schmerz an seiner Flanke spürte er kaum, das Blut rauschte ihm in den Ohren und seine Stimme drang bis tief in den Wald hinein.


    “Stell Dich, Du feiger Bastard!“

    Oh weh! Das war wohl doch nicht unbemerkt geblieben. Marcus nickte stumm als Erwiederung auf die Rüge des Iulianer. Aber die erste Aussage des Soldaten verwunderte Marcus doch. Marcus konnte sich nicht erinnern, je danach gefragt worden zu sein, ob er zu den Fußsoldaten oder zur Reiterei will. Nun ja, so wollte es wohl das Schicksal und vielleicht auch Mars selber.


    Ja, ein paar hundert Mal, war er schon von seinem Pferf auf und abgestiegen und wenn es schlecht lief, musste er auch springen. Besonders auf seiner Reise, als er und sein Sklave abtauchen mußten, passierte es ihm doch ein oder andere Mal, daß ihm ein wütender Ehemann hinter her gerannt war und Marcus eilends auf sein wartendes Pferd springen mußte. Schrecklich, aber meist war er dort auch entblößt gewesen. Marcus grinste kurz und überließ es einem seiner vorgesetzten Offiziere, die Antwort zu übernehmen.

    Gelangweilt hatte Marcus derweil angefangen die Rangabzeichen von dem Primus Pilus (dem ersten Speer), ihrem obersten Centurio in der Legion, zu zählen. Nein, Tribuns Flavius Aristides klang sehr viel besser als Centurio Flavius Aristides. Aus seinen Träumereien heraus gerissen, sah Marcus auf als sein Name genannt wurde. Den Probatus einweisen? Ja, bei Mars Pferdetränke, warum er? Doch Marcus nickte bestätigend und salutierte noch mal vor dem Centurio.


    "Folge mir, Probatus!"


    Marcus wandte sich um und verließ mit schnellen Schrittes die Unterkunft. Marcus ging aus dem Officium heraus und dann über einen Platz, währenddessen er dem Probatus einige nahe gelegeben Orte zeigte.


    "Also, als erstes werden wir Dir anständige Ausrüstung besorgen. Danach wirst Du den Fahneneid ableisten und anschließend zeige ich Dir die Unterkunft und das Lager, wie Latrinen, Thermen und ähnliches. Wenn Du Fragen hast, unterbrich mich durchaus. Besser als wenn Du sie zu spät stellst und wir schon an den Örtlichkeiten vorbei sind. Und noch etwas zu Deiner Enttäuschung wohl. Ein Lupanar gibt es hier im Lager nicht. Aber komm...hier geht es lang!"


    Marcus bog ab und ging in Richtung der Ausrüstungskammer...



    Sim-Off:

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    Mit dem Petronier im Schlepptau betrat Marcus die Horrea. Die Abwechslung in seiner normalen Tagesroutine tat Marcus gut und entschädigte ihn, daß er den neuen Rekruten herum führen musste. So hatte er wieder eine etwas gnädigere Miene und sah sich aufmerksam um.


    "Optio? Jemand hier?"


    Marcus spähte über die Tische hinweg und zu den hinteren Räumen. Doch da er bis jetzt niemanden sah, zuckte Marcus mit der Schulter und wandte sich an den Neuen.


    "Mein Name ist Marcus! Mir gegenüer brauchst Du nicht sonderlich förmlich zu sein."


    Marcus reichte Bursa seine Hand und nickte ihm freundlich dabei zu.

    Die wahre Freiheit verspürt man doch auf dem Rücken eines Pferdes. Früher hatte Marcus diesen Satz nicht verstanden, docn an jenem herrlichen Tag tat er es. Seit Wochen hatte er das erste Mal frei bekommen. Das Regiofest in der Stadt nahe das Lagers hatte es ihm geschenkt. Und so hatte sich Marcus statt ins Lupanar auf seinen schönen Fuchs begeben, um in die Landschaft von Germania heraus zu reiten.


    Die Hufen seines Pferdes trugen Marcus durch den Wald und über das saftige Moos hinweg. Der Duft, der Geruch und der Wind auf seinen Wangen ließen Marcus wohlig aufseufzen. Was für ein herrlicher Tag. Zwar fehlte ihm noch eine dunkelhaarige, feurige und temperamentvolle Frau zu seinem momentanen Glück, aber daran schien er sich schon langsam zu gewöhnen. Wieder, wie bei seiner ersten Reitübung in der Legion, ergriff eine gewisse Übermut Marcus. Er schnalzte leise mit der Zunge, gab seinem Pferd mit einem Schenkeldruck zu verstehen, was er wollte und galoppierte los. Die Bäume rauschten an Marcus vorbei und dann setzte er auch über eine umgestürzte Tanne hinweg, die von Moos überwachsen war und ausgehöhlt durch viele Würmer und Käfer. Doch Marcus bemerkte es im Rausch des Rittes nicht.


    Irgendwann zügelete Marcus seinen Hengst und ließ ihn langsam durch den Wald laufen. Sonderlich besorgt war er in dem Moment nicht. Ja, Marcus trug noch nicht mal eine Rüstung, nur einen kleinen Dolch an seiner Seite und sein Gladius am Sattel hatte er als Waffen bei sich. Eine dunkelrote Tunika und seine eigenen Sandalen, mit dem kleinen Halbmond am Rand, kleideten den Patrizier. Als er einen kleinen Bachlauf ausmachte, hielt Marcus darauf zu und hielt sein Pferd an. Mit einer geschmeidigen Bewegung glitt Marcus vom Pferderücken herunter und ging auf den Fluß zu. Sein Hengst folgte ihm langsam.


    Einträchtig mit seinem Hengst beugte sich Marcus zu dem Wasser herunter. Langsam und genüßlich schlürfte Marcus das klare germanische Naß. Lächelnd richtete Marcus sich wieder auf und griff nach den Zügeln. Mit seinem Pferd im Schlepptau watete Marcus durch den Bachlauf und lief langsam über eine Lichtung hinweg. Waren dort hinten nicht Blaubeerbüsche? In dem Moment hörrte Marcus ein seltsame Gemeker und er hob seinen Blick. Erstaunt sah Marcus dem Vogel hinter her. Marcus Pferd wieherte auf und scharrte unruhig mit seinen Hufen.


    "Ruhig, Chiron, mach mir keine Mätzchen, Du Gaul!"

    Die Schultern von Marcus sackten etwas herab. Denn er hatte natürlich salutiert nachdem er vor den Centurio getreten war. Das gehörte sich ja so, wobei es schon schwierig gewesen war mit Speer, Schild, Säcklein und Päcklein noch den Arm heben zu können. Doch mühsam war es gelungen. Mißmutig sah Marcus kurz an seiner Ausrüstung heraunter. Ja, schön fand er sie wahrlich auch nicht. Aber es war nun mal die Ausrüstung, die er bekommen hatte. Aber was soll's! Es war wohl müßig, dem Centurio in einer langen Erklärung darzulegen, was jener schon wußte. Nämlich daß Marcus keine repräsentable Paraderüstung erhalten hatte. Doch bei der Namensnennung zuckte Marcus linke Augenbraue ein wenig. Er konnte sich schwerlich daran gewöhnen.


    "Ja, Centurio! Und an welche Konsequenzen dachtest Du dabei?"

    "Jawohl, Optio!"


    Marcus nickte bestätigend. Dabei schlich sich jedoch auch ein etwas wiederwilliges Runzeln auf seine Stirn. Es war ja nicht so, daß er Decius helfen wollte oder groß Mitleid mit ihm empfand. Doch glaubte Marcus durchaus, daß die Bestrafung viel zu hart war. Immerhin war Marcus selber nicht unschuldig an dem Konflikt. Ob der Optio das mit Absicht machte, um die anderen Soldaten gegen Marcus aufzuwiegeln? Mit zusammengepressten Lippen winkte Marcus die anderen Soldaten ihm zu folgen. Das war auch wirklich keine Schwierigkeit, denn waren die Meisten doch begierig endlich den heißen und staubigen Platz zu verlassen. Schnellen Schrittes marschierte Marcus über den Platz und auf die Thermen und Unterkünfte zu. Essen, baden und schlafen gehen, so sahen Marcus weitere Pläne für heute aus.

    ...wollte der Centurio ihn bestimmt nicht mitnehmen. Die Benachrichtigung, daß Marcus in voller Marschausrüstung, inklusive seiner sonstigen Rüstung und Waffen erscheinen sollte, erreichte Marcus am Tor als er gerade dort Wache schob. So trabte Marcus erst etwas später von seiner Unterkunft her in Richtung der Unterkunft des Centurio Matinius Plautius an. Na, eine Straße würde er wohl nicht alleine bauen müssen. Aber Marcus schwante schon böses, denn er vermutete dahinter ein Laufübung in voller Ausrüstung. Schweißtreibend und mörderisch an so einem heißen Tag.


    Schon die wenigen Schritte hatten Marcus den Schweiß auf die Stirn gebracht. Immerhin hatte er die Ausrüstung durchaus effizient ein- und angebracht an seinen Gürteln, Waffen und Säcklein, die er bei sich trug. Mit jedem Schritt klimperte und polterte er trotzdem auf die Tür zu. Davor angekommen blieb Marcus stehen, atmete ein paar Mal tief durch und klopfte kräftig.

    Und wieder hatte Marcus Wache zu schieben am Tor des Lagers. Was für ein trister Dienst. Die Zeiten waren für Männer aus seinem Stand wahrlich schwer geworden. Früher hätte er all diese Mühen einfach überspringen können. Dazu hätte sein Name gereicht. Seufzend lehnte er sich gegen sein Pilum und starrte in die Landschaft von Germania. Lieblich, das war das Wort was ihm dazu einfiel. Warum dieses Land nur so unkultivierte und grobe Menschen hervor gebracht hatte?


    Schnell stellte sich Marcus gerader hin als er den nähernden Mann sah. Skeptisch musterte er ihn. So, ein Senator, dachte sich Marcus. Das konnte ja jeder behaupten. Aber was wollte bloß ein Senator am Ende der Welt in Germania? Marcus besah sich den Mann eine Weile schweigend. Was soll's, sollte doch der Legat den Betrüger entlarven, sollte er denn einer sein.


    "Salve Senator! Folg mir doch bitte!"


    Marcus nickte seinem anderen Mitwachenden zu und drehte sich um, um erneut einen Besucher ins Lager zu führen.

    Marcus führte den Senator durch das Lager und schnellen Schrittes in die Verwaltungsgebäude. Es war das erste Mal, daß er die Schritte bis zu den großen Büros tätigte, zu dem Büro des Legaten seiner Legion. Zwar hatte er den Legaten schon ab und an im Lager gesehen oder auf dem Apellplatz, aber niemals persönlich mit ihm zu tun gehabt oder an seinem Büro geklopft. Doch das tat er nun. Dabei sah er kurz zu dem Senator, damit jener sich nicht doch als Betrüger heraus stellte und gar sein Unwesen hier im Lager trieb.

    Wie schön öfters in der letzten Zeit stand Marcus am Tor des Kastells. Aber es hieß nun mal Wache schieben. Wenigstens hatte er die letzten Nächte keine Nachtwache gehabt, was seine Laune erheblich gebessert hatte. Aber es war wirklich eine Qual. Hier am Tor zu stehen und in Richtung der Stadt blicken zu können mit all den Vergnüglichkeiten, die jene zu bieten wußte. Bei Venus liebreizender Gestalt, es waren nicht sonderlich viele, aber ganz so langweilig war es dort auch wieder nicht. Schon von weitem sah er Bursa auf das Tor zukommen. Schweigend blieb Marcus stehen bis dieser heran genaht war. Mit hochgezogenen Augenbrauen registrierte Marcus die Musterung von seiten jenes Mannes.


    "Salve! Ah ein Rekrut. Nun, da mußt Du zum Primus Pilus!"


    Marcus war froh um die kurze Abwechslung im Wachdienst. Denn er würde den neuen Rekruten, der es jetzt noch nicht war, durch das Lager führen müssen. So sah er fragend zu seinem Wachkollegen, Tertius, der ihn schon während der Grundausbildung öfters an der Seite gestanden hatte. Der nickte kurz.


    "Ich führ Dich zum Primus Pilus, Petronius Bursa. Folge mir."


    Mit den Worten drehte sich Marcus um und ging in das Lager hinein. Dabei achtete er, daß Bursa ihm auch folgte. Gemessenen Schrittes, aber durchaus zügig lief Marcus über den Vorplatz und auf einige Gebäude zu. Er trat auf die Verwaltungshäuser zu und führte Bursa in Richtung des Büros ihres ersten Centurios!