Beiträge von Lucius Aelius Claudianus Marcellus

    Der Patrizier versuchte sich die ziemlich flotte Beschreibung der Palastwache so gut es ging einzuprägen – Augustana, rechts, Tempel, rechts und dann geradeaus. Das war gar nicht so einfach, da in seinen Kopf ohnehin schon genug Gedanken herumschwirrten, die ihn im Moment wesentlich mehr beschäftigten, als die Wegbeschreibung. Dennoch nickte er der Wache dankend zu, ehe er den Palast betrat und sich auf den Weg zu Aelius Quarto machte.

    "Da hast du natürlich Recht Senator. Allerdings sollte man vielleicht auch die Tatsache berücksichtigen, dass gerade in den ländlichen Gegenden von Italia vor allem die Landwirtschaft einen relativ hohen Wasserverbrauch hat bzw. die dort lebende Bevölkerungsschicht nicht gerade zur Oberschicht zählt. Ich könnte mir vorstellen für die Villen, Casen und Wochenenddomizile in den größeren Ortschaften die Wasserpreise um einiges höher anzusetzen, als es in Rom der Fall ist. Die restliche Bevölkerung in der Provinz sollte davon jedoch nicht betroffen sein. Denkst du das wäre eine praktikable Lösung?"

    Die Sänfte des Claudiers hielt vor dem Haupteingang des Palastes. Auf seiner Anreise aus Ostia hatte er noch einmal genügend Zeit gehabt, um sich alles noch einmal in aller Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen. Seine Gedanken zu dieser Situation hatten seinen Entschluss jedoch nur noch mehr gefestigt und so war es sich nun völlig sicher, einen wichtigen und notwendigen Schritt in die richtige Richtung zu wagen. Sollte alles so laufen, wie er sich das vorgestellt hatte, dann würde sich vieles dadurch verändern, das meiste aber wohl verbessern. Das die Entscheidung darüber letzten Endes nicht bei ihm lag, erschwerte die Sache jedoch und so musste er sich im Moment damit begnügen auf einen positiven Ausgang zu hoffen. Langsam stieg er aus seiner Sänfte und richtete seine Toga zurecht. Die Sklaven ließ er dieses Mal zurück – auf diesem Weg konnte ihm heute keiner helfen. Die Wache begrüßte er mit einem Kopfnicken.


    "Salve Prätorianer! Mein Name ist Claudius Marcellus und ich bin hier, um mit dem Magister Domus Augusti zu sprechen."

    Es war bereits in den frühen Morgenstunden, als sich Marcellus aus seinem Sessel erhob. Das Kohlebecken war bereits erloschen und die ersten Sonnenstrahlen schienen durch die Blätter der Bäume, die vor dem Fenster standen. Er hatte die halbe Nacht schlaflos in seinem Arbeitszimmer verbracht, um sich über einiges klar zu werden und sich über seine weitere Zukunft Gedanken zu machen. Dabei hatte er einige wichtige Entschlüsse gefasst, die es nun auszuloten und umzusetzen gab und die er nicht lange vor sich herschieben wollte. Ein wichtiger Schritt in seinem Leben und in seiner Karriere stand vor ihm, der nicht nur ihn, sondern in weiterer Folge auch seine Familie betreffen würde. Langsam steuerte der Patrizier auf das Fenster zu und öffnete es. Die frische Meeresbriese, die ihm dabei entgegen strömte, ließ ihm alle Gedanken der letzten Nacht für einen kurzen Moment vergessen. Er schloss die Augen und atmete die klare und noch kalte Luft tief ein, bevor er sich wieder besann und nach einem der Haussklaven rief. Die Abreise nach Rom war vorzubereiten – allerdings erst nach einem ausgiebigen Frühstück. Der Sklave machte sich sofort auf den Weg, um die Anweisungen seines Herren umzusetzen. Marcellus ließ seinen Blick noch eine weile nachdenklich über die Küste schweifen, ehe er ebenfalls das Arbeitszimmer verließ.

    "Das ist mir bewusst Senator. Ich denke jedoch, dass schon ein Informationstausch für das römische Umland einen großen Vorteil für uns beide bedeuten wird. Meine Arbeit wurde während meiner Amtszeit im Cursus Honorum von einem Stellvertreter geregelt und ich muss gestehen, dass ich noch etwas Einarbeitungszeit brauchen werde, ehe ich dir konkrete Daten und Unterlagen liefern kann. Bisher konnte ich lediglich feststellen, dass es keine all zu großen Probleme gibt, die meiner sofortigen Aufmerksamkeit bedürften. Wie sieht das eigentlich mit dem neu herausgegebenen Wassergeld aus? Die Aufstellung dazu kenne ich bereits. Denkst du, dass wir die Preise auch eins zu eins auf die Provinz übernehmen können oder würdest du eher mit niedrigeren Preisen befürworten?"

    Der Patrizier wurde in das Officium des Curators geführt und erwiderte die freundliche Begrüßung des Senators durch ein Kopfnicken. Auch dem Angebot Platz zu nehmen kam er gerne nach und setzte sich auf einen der beiden Stühle, dir vor dem Schreibtisch des Curators standen.


    "Ich danke dir Senator! Zu aller Erst habe ich gehört, dass du vor kurzem ein weiteres absolviertes Lebensjahr feiern durftest. Ich möchte dir im Nachhinein alles Gute wünschen.


    Aber nun zum eigentlichen Grund meines Besuches. Wie du vielleicht schon gehört hast, bin ich seit der Beendigung meiner Amtszeit als Quaestor wieder auf meinem angestammten Posten als Procurator Aquarum der Provinz Italia tätig und in dieser Funktion bin ich heute auch gekommen, um über eine mögliche und vielleicht intensivere Zusammenarbeit zwischen der Hauptstadt und der Provinz zu sprechen. Vor allem aber interessiere ich mich für das neue Verrechnungssystem des Wassergeldes und spiele bereits mit dem Gedanken, es auch für die Provinz zu übernehmen. Aber alles der Reihe nach. Bevor wir ins Detail gehen sollten wir vorher klären, wie du meinen Vorschlag mit unserer Zusammenarbeit siehst."

    Der Weg von der Curie zur Basilica Iulia war nicht wirklich weit und so hatte Marcellus ihn zu Fuß zurückgelegt. Er wollte seinen neuen Amtskollegen kennen lernen, der ausschließlich für die Wasserversorgung der Hauptstadt verantwortlich war und dadurch eine wesentlich größere Verantwortung trug, als Marcellus als Procurator der Provinz Italia. Erkennen konnte man diesen Unterschied schon daran, dass dieser Posten lediglich durch Senatoren besetzt wurde. Nichts desto trotz führten auch die Aquädukte zur Hauptstadt quer durch die Provinz und so war eine gute Zusammenarbeit bestimmt ein großer Vorteil für beide Seiten. Geduldig wartete er im Empfangsbereich, bis der Curator Zeit für ihn hatte.

    "Nein, ich bin dem Cultus Deorum nicht verpflichtet, aber ich habe die besagte Bestätigung für die Entrichtung der Prüfungsgebühr dabei."


    Der Patrizier überreichte dem Prüfer die Bestätigung und wartete dann gespannt darauf, wie es nun weiterging und was ihn bei diesem Kurs erwartete. Sein Gegenüber machte jedenfalls keinen all zu erfreuten Eindruck über die Anwesenheit des Claudiers, wobei aber nicht zu erkennen war, ob dies mit Marcellus selbst oder einfach nur mit einer unzufriedenen Arbeitseinstellung zu tun hatte.

    Seine Amtszeit als Quaestor war beendet und so trat der Patrizier wieder sein eigentliches Amt als Procurator Aquarum an, das in der Zwischenzeit von einem Stellvertreter weitergeführt wurde. Im Großen und Ganzen hatte sich nichts Wesentliches geändert, jedoch hatte er die ersten Tage einiges mit dem durchwälzen der Unterlagen und Akten zu tun. Vor allem aber wollte er bei seinem neuen Amtskollegen vorstellig werden, dem neuen Curator Aquarum Purgitius Macer. Man konnte bestimmt die eine oder andere Gemeinsamkeit bei den Arbeiten zwischen der Provinz oder der Hauptstadt finden. Und natürlich wollte er sich auch nach Iunia Maecia erkundigen, die laut der Personallisten immer noch als Aquarius gemeldet war. Also schickte er einen Scriba los, der Maecia benachrichtigen sollte.

    "Natürlich! Du erreichst mich in meiner Villa in Ostia. Ich danke dir Senator. Vale!"


    Mit diesen Worten verabschiedete sich der Patrizier von Senator Hungaricus und wurde von einem der Haussklaven wieder nach draußen geleitet. Nun hieß es den Ausgang dieses Anliegens abzuwarten und zu hoffen, dass der Senator erfolgreich. Sollte dies der Fall sein, dann konnte Marcellus damit rechnen in der nächsten Zeit in den Senat berufen zu werden - ein weiterer wichtiger Schritt in die Zukunft.

    Wie ihm vom Rector geheißen, kam der Patrizier am nächsten Tag wieder zur Schola Atheniensis. Dieses Mal jedoch nicht nach oben zu den Officien der Schulverwaltung sondern im unteren Stockwerk zum Prüfungsraum für den Cursus Probatio rerum sacrarum, Diese Prüfung hatte vor kurzem sein Interesse geweckt und er hatte sich fest in den Kopf gesetzt, sich hier näher darüber zu Informieren und sie gegebenenfalls auch abzulegen. Ziemlich frisch und ausgeruht betrat er schon früh am Morgen den Raum und wartete auf den Prüfer.

    "Du kannst dir meiner Dankbarkeit versichert sein Senator Hungaricus und auch meinem Angebot, mich bei einer passender Gelegenheit für deine Mühen zu revanchieren. Ich wäre dir dankbar, wenn du mich über den Ausgang meines Anliegens informieren könntest."


    Marcellus war durchaus zufrieden mit dem Ausgang dieses Gesprächs und wartete darauf, ob der Senator noch etwas hinzuzufügen hatte.

    Der Verdienst während seiner Amtszeit als Quaestor Classis war nicht gerade der lukrativste gewesen, aber dennoch standen dem Patrizier die eine oder andere finanzielle Stütze, wie zum Beispiel sein durchaus sehenswerter Landbesitz, zur Verfügung. Nach reiflicher Überlegung hatte sich Marcellus dazu entschlossen eine eigene Villa zu erwerben und was kam da gelegener, als ein Anwesen in Ostia, das zum einen sehr nahe an Rom lag und zum anderen durch seine Lage am Meer auch etwas Ruhe und Ausgleich zum hektischen Stadtleben bot. Dennoch hatte man das Gefühl in dieser Stadt am Puls des Imperiums zu leben, da die Hafenstadt als einer der wichtigsten Umschlagplätze des Reiches galt und es dort alles gab, das man mit Geld kaufen konnte. Vor allem aber war es auch eine unschätzbare Quelle für Informationen, die Reisende und Händler aus jedem Winkel des Reiches mitbrachten und hier an den Mann brachten. Alles in allem also der passende Ort für einen Mann wie Claudius Marcellus

    Die Frage war durchaus voraus zu sehen und der Patrizier konnte sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen. Wenn es so einfach gewesen wäre, dann wäre ihm der Weg zu Senator Hungaricus erspart geblieben. Jedoch in seiner Position einen Patron zu finden, der noch dazu in diesem Fall etwas Ausrichten konnte, war bestimmt nicht leicht und Marcellus war sich sicher, dass dies auch der Senator ganz genau wusste und diese Frage eher aus Neugierde stellte.


    "Das ist schnell beantwortet wehrter Senator. Ich habe keinen Patron, der meine Anliegen vor dem Kaiser vertreten könnte und selbst wenn ich einen hätte, so wären bestimmt nur eine handvoll Männer, zu denen ich auch euch zähle, in der Lage, dem Kaiser mein Anliegen so kurzfristig und auf direktem Wege vor zu bringen."

    "Das ist mir alles durchaus bewusst und um ehrlich zu sein auch mit ein Grund, warum ich mich mit meinem Anliegen an dich gewendet habe. Wie du richtig sagtest wird wohl kein Conventus mehr vor der Abreise des Kaisers stattfinden. Aber ich denke, dass es auch für längere Zeit danach keinen mehr geben wird. Aufgrund deines Naheverhältnisses zu Kaiser, bin ich mir jedoch sicher, dass er auch ohne Conventus deiner Einschätzung vertrauen wird und vielleicht auch nur ein Schreiben reicht, in dem du deine Empfehlung für mich aussprichst. Dabei dürfte weder der Kaiser, noch du lange damit aufgehalten werden."

    Zitat

    Original von Marcus Aelius Callidus
    Callidus wartete ab, ob es von Seiten des Mannes noch weitere Formalitäten zu klären gab.


    "Ich danke dir für diese Information und werde mich morgen zeitgerecht beim Prüfungsraum erscheinen. Da ich kein Mitglied des Cultus Deorum bin, werde ich auch das nötige Prüfungsgeld mithaben und dem Sacerdos übergeben. Vale Bene Rector!"


    Der Patrizier hatte alles gehört, was er wissen wollte und so war es weder notwendig die Zeit des Rectors weiter in Anspruch zu nehmen, noch seine eigene zu vergeuden. Somit verabschiedete er sich wieder und verließ das Officium in Richtung Ausgang.

    Überrascht stellte der Patrizier fest, dass sich seit seinem letzten Besuch doch etwas Wesentliches verändert hatte. Damals war es eine Frau, die ihm als Rector der Schola Atheniensis begrüßt hatte. Heute stand ein junger Mann vor ihm.


    "Salve Rector! Ich bin hier um mich nach einem Kurs zu erkundigen. Es handelt sich dabei um den Kurs Probatio rerum sacrarum I, den ich gerne an der Schola ablegen würde."

    Der Patrizier grüßte den Hausherrn mit einem Kopfnicken.


    "Senator Hungaricus! Ich möchte dir danken, dass du dir so kurzfristig etwas Zeit für mich nehmen konntest. Ich will dich auch nicht länger als nötig aufhalten und auch gleich zur Sache kommen. Das letzte Mal war ich hier um meinen Auftrag als Quaestor Classis entgegenzunehmen. Heute bin ich gekommen, um eine Bitte an dich zu richten.


    Wie du weißt habe ich meine zwei Amtsperioden als Quaestor hinter mich gebracht und bin nun äußerst daran interessiert, in die Reihen der Senatoren aufgenommen zu werden. Ich hatte gehofft, dass du, auf Grund deiner Beziehungen, das eine oder andere hilfreiche Wort für mich einlegen kannst."