Beiträge von Lucius Aelius Claudianus Marcellus

    Der Patrizier winkte einen Sklaven herbei, der sofort mit einem großen Handtuch angerannt kam und sich neben dem Becken postierte. Dann erhob sich Marcellus langsam aus dem Wasser uns blickte zum Consul.


    "Ich danke dir jedenfalls für die Einladung und denke, dass wir uns morgen wieder sehen werden. Vale Consul!"


    Mit einem Kopfnicken verabschiedete er sich und stieg aus dem Becken. Der Sklave wickelte ihm sofort das Handtuch um den Körper und geleitete den Patrizier zu den Umkleideräumen.

    Etwas vor den Kopf gestoßen sah Marcellus zu der Menschenansammlung, die immer größer wurde. Natürlich konnte er den Consul verstehen, dass dieser im Moment andere Gedanken hatte, als sich um die Probleme seines Quaestors zu sorgen. Also nickte er nur und trat wieder einen Schritt beiseite, damit sein Vorgesetzter auch die restlichen Besucher in Ruhe begrüßen konnte.

    In Mantua? Wie konnte dieser Mensch es wagen.... Marcellus war außer sich vor Wut. Allen anschein nach hatte er diesen Antipater unterschätzt. Dieser Plebejer war nun eindeutig zu weit gegangen. Seine Stimme wurde eindringlich und ernst.


    "Das hat er dir richtig Prophezeit! Ich möchte, dass du dich von diesem Mann fern hältst Dolabella. Hast du das Verstanden?"

    Angestrengt versuchte sich der Patrizier daran zu erinnern, was seine Tochter vorhin erzählt hatte. Das kurze Gespräch mit der Tempeldienerin hatte ihn wohl doch mehr aus der Fassung gebracht, als er es eingestehen wollte. Dennoch wollte er sich nun auf seine Tochter konzentrieren und konnte auch recht rasch den Gesprächsfaden wieder aufnehmen.


    "Achja... der Legionär Livianus. Nun ich denke, es gibt einige Legionäre in einer sechstausend Mann starken Legion, die Livianus heißen, aber dennoch gut, dass er dich vor weiterem Übel bewahrt hat. Schließ ihn heute Abend in deine Gebete ein."

    Es war nichts ungewöhnliches, dass vor der Villa der Gens Tiberia sehr häufig auffallend prächtige Sänfte hielten und auch an diesem Tage würde sich wohl niemanden etwas dabei denken, als eine Solche direkt vor dem Eingang zur Villa halt machte und ein Sklave herbeieilte um den Vorhang beiseite zu schieben. Ungewöhnlich war jedoch, dass Marcellus , der normalerweise anderen patrizischen Familien des Reiches nicht gerade Freundschaflich begegnete, dieser entstieg und seinen Weg schnellen Schrittes zur Porta fortsetzte. Ein Sklave, der ihm gefolgt war, klopfte an der Türe.

    Schmunzelnd nahm Marcellus die Worte des Consuls zur Kenntnis.


    "Wenn wir Wein hier hätten, dann würde ich nun auf diese wirklich treffenden Worte mit dir anstoßen Consul! Aber ich fürchte die einzige Flüssigkeit die hier fließt ist unser Badewasser und schön langsam denke ich, dass es Zeit wird auch dieses zu verlassen. Zu mindest für mich."

    Auch Marcellus war bei dieser überaus wichtigen Sitzung anwesend, hatte jedoch von den Begrüßungsworten des Magisters nur am Rande etwas mitbekommen. Es machte den Eindruck, dass er mehr damit beschäftigt war, unter den anderen Mitgliedern jemand bestimmten zu suchen.

    Als Quaestor hatte sich auch Marcellus ebenfalls am Forum eingefunden, um sich bei diesem offiziellen Auftritt des Consuls, an dessen Seite zu zeigen und dem traditionellen Opferritual beizuwohnen. Er grüßte einige bekannte Gesichter und bahnte sich einen Weg durch die kleine Menschenansammlung, die gemeinsam mit dem Conusl kurz zuvor am Forum eingetroffen waren. Mit einem starren Kopfnicken und einer eher theatralisch wirkenden Handgeste begrüßte er seinen Vorgesetzten.


    "Salve Consul!"

    Als er eintrat war er noch etwas in seinen Gedanken vertieft und versuchte seinen leichten Ärger zu unterdrücken. Wenn Marcellus etwas auf den Tod nicht ausstehen konnte, dann war es, von einem Plebejer nicht den Respekt gezollt zu bekommen, den er seiner Meinung nach verdient hatte. Er überlegte kurz, ob eventuell weitere Schritte angebracht wären, oder ob er vorerst abwarten sollte, wurde aber schließlich von seiner Tochter aus den Gedanken gerissen.


    "Oh! Natürlich Dolabella. Es ist alles in Ordnung. Die Sklavin hat nur übertrieben. Wo waren wir beiden vorhin stehen geblieben?"

    Was die Patrizier anbelangt, so hatte der Consul mit seiner Aussage in einen wunden Punkt getroffen. Auch Marcellus war über die Art und Weise, wie manche Patrizier heut zu Tage lebten, nicht wirklich erfreut und ärgerte sich oft wenn er hörte, dass sich so mancher immer mehr von den alten Traditionen entfernte.


    "Leider hast du Recht was die Patrizier betrifft. Auch in meiner Familie gibt es manches schwarze Schaf. Aber ich bin froh, dass die meisten ihre Fehltritte einsehen und sich nach und nach zum Besseren bekehren lassen."

    Ausdruckslos und mit einem durchdringenden Blick sah er sie an.


    "Es muss dir nicht Leid tun. Es ist nicht dein Fehler. Aber sag deinem Herrn, dass er sich heute keinen Freund gemacht hat. Und nun gehe!"


    Mit diesen Worten wandte sich Marcellus wieder um und verschwand in seinem Zimmer. Antipater hatte sich heute wahrlich keinen Freund gemacht und auch mit der Unterstützung eines anderen Mitgliedes der Gens Claudia brauchte er nicht mehr zu rechnen. Aber das wusste er wohl selbst, wenn ihm nur ansatzweise klar war, welch großen Fehler er heute begangen hatte.

    Der Patrizier zeigte sich äußerst unbeeindruckt über den Gefühlsausbruch der Sklavin und sah auf sie herab. Er hatte zwar nicht mit dieser Antwort gerechnet, da Antipater bei ihrem letzten Gespräch eigentlich recht vernünftig gewirkt hatte, zeigte sich aber auch nicht überrascht. Innerlich war er jedoch einigermaßen verärgert darüber, dass er so vor den Kopf gestoßen wurde. Was bildete sich dieser unnütze Plebejer ein, der selbst mit einer Bitte an Marcellus herangetreten war und ihm im Gegenzug nun diesen kleinen Gefallen abschlug. Ob das wirklich eine gut überlegte Entscheidung von Antipater war, würde die Zukunft noch zeigen.


    "Dann richte deinen Herren aus, dass ich seine Einladung nicht annehmen kann. Du kannst nun gehen."

    Man sah dem Patrizier an, dass dieses Thema ihn aufregte und er von Satz zu Satz leidenschaftlicher wurde.


    "Tja! Die Zeiten in denen allein die Herkunft eines Mannes etwas bedeutet hat sind leider vorbei. Heute zählt das Vermögen wesentlich mehr, als die Abstammung. Weit haben wir es meiner Meinung nach nicht gebracht, wenn schon die einfachsten Bürger versuchen, sich im Cursus Honorum einen Namen zu machen oder es schaffe, wichtige Ämter des öffentlichen Lebens zu besteigen. Alleine wenn ich den Ausdruck Homo Novis höre, könnte ich mich übergeben………….. Aber bitte verzeih…….. ich möchte dich nicht mit meiner Meinung langweilen."

    Marcellus wollte sich gerade setzen und seiner Tochter antworten, als erneut diese Sklavin hereinplatzte und ihn ein weiteres Mal unterbrach. Ein Notfall? Was für ein Notfall?! Der Patrizier ging zur Türe und sah draußen die Hierodule stehen, die er in dieser Aufregung total vergessen hatte. Natürlich! Antipater wollte sie ihm heute noch mit der Antwort auf sein Angebot vorbeischicken. Er wandte sich kurz an seine Tochter.


    "Einen Moment Dolabella. Ich bin gleich wieder bei dir."


    Dann trat er vor das Zimmer und schloss die Türe hinter sich. Als ob er die Antwort schon im Vorhinein aus ihren Augen ablesen könnte, sah er die Sklavin fragend an.


    "Also? Wie lautet die Antwort deines Herren?"

    Marcellus seufzte und sah seine Tochter musternd an. Immerhin war ihr nichts passiert und nun wo sie schon hier war, brachte es auch nicht viel, ihr die Leviten zu lesen. Er schüttelte den Kopf und seufzte erneut.


    "Das du mir so etwas nie wieder machst! Ich muss mich auf dich verlassen können Dolabella und nicht ständig Angst haben, dass dir irgendetwas passiert ist. Ich hoffe du siehst zumindest ein, dass es ein großes Fehlverhalten war, dich einfach so auf die Reise nach Italia zu machen. Und noch dazu ganz allein! Wenn ich das gewusst hätte, dann wäre ich wohl vor Angst um dich gestorben."


    Er sah kurz zur Sklavin.


    "Richte meiner Tochter ein Zimmer her. Sie wird ab jetzt hier wohnen."


    Dann wandte er sich wieder Dolabella zu. Wirklich böse konnte er seiner Tochter nicht sein, da er in seiner Jugend mindestens genauso ein Hitzkopf und Abenteurer war, wie nun seine Tochter. Es war halt äußerst schwer, sich nun einmal auf der anderen Seite zu sehen - auf der des Vaters.


    "So! Und jetzt setz dich und berichte mir von deiner Reise. Du warst also in Mantua. Hat man dir nicht einmal von dort jemanden mitgegeben, der auf dich Acht gibt? Und vor allem… was ist mit den Bediensteten in Achaia? Sie müssen sich doch Sorgen um dich machen, wenn du einfach so verschwunden bist. Mich wundert es, dass ich bisher noch keinen Brief erhalten habe. Aber wahrscheinlich haben sie zu viel Angst, als das sie mich benachrichtigen würden. Hast du ihnen zumindest eine Nachricht dagelassen?"