Die Taberna zu den Mänaden war nicht leicht zu finden. Eigentlich war sie eine der Tavernen, die nur Stammgäste akzeptierte und die unter der Hand weiter gesagt wurden. Denn hier trafen sich die Griechen unter den Römern oder die Römer, die gerne Griechen sein wollten oder gerne so taten. Dies war ein Ort, wo ungestört das griechische Leben praktiziert wurde mit all den Vergnügungen, die die Griechen zu bieten hatten- kein billiges Lupanar, noch eine einfache Taberna. Manchmal konnte man sich aber auch ganz unverhofft dorthin verirren. Zu den Mänaden lag in einem Kellergewölbe, das man nur durch eine schwere Holztür erreichen konnte. Viele Öllampen, die hinter griechischen Masken, heute von Satyren, Silenen und Mänaden versteckt waren, erleuchteten das Gewölbe. Die Klänge der Lyra und von Flöten durchdrangen die Taverne und legte sich wie ein leichter Schleier über das Lachen, das Reden und das Feiern der Gäste. In der Mitte traten immer mal wieder Tänzerinnen und Tänzer auf, doch konnte dort auch schnell eine kleine Arena errichtet werden.
Aber nicht nur die Angestellten pflegten sich zu verkleiden, sondern auch nicht wenige Gäste scheuten sich nicht davor, dem gleich zu ziehen. So war vor allem die griechische Welt der Fabelwesen reichlich vertreten, unter den Frauen erfreute sich die Verkleidung als Nymphe, aber ein paar der Lupae, waren auch als namensgebende Mänaden verkleidet, bekränzt mit Efeu, trugen sie zahme Schlangen um die Arme gewickelt und trugen nur Rehfelle, was der Fantasie durchaus zuträglich war.
Hinter der Theke stand fast immer die Wirtin und Herrin des Hauses, Diotima. Sie alt zu nennen, wäre übertrieben, eigentlich war sie eher 'reif' oder eher im besten Alter, hatte eine üppige Oberweite und trug eine auffällige rote Perücke. Doch das markanteste an ihr war die tiefe Altstimme, die schon so manchen Gast zweimal überlegen ließ, ob er nun die Zeche prellen wollte oder doch lieber zahlen.
Oft, aber nicht immer, war auch der Wirt und Herr des Hauses, Decimus Artorius Corvinus zugegen. Er war kein Riese, aber hatte doch eine gut gebaute breite Statur und ein leichtes Bäuchlein - welcher gute Wirt hatte so etwas nicht? Man erzählte sich, er versuche eine Karriere in der Verwaltung anzustreben und sei deswegen eigentlich nur sporadisch zugegen. Die Arbeit in der Taberna würde er nicht als Arbeit ansehen, sondern als Vergnügen, einer der Gründe, warum er doch regelmäßig einkehrte. Diejenigen, die ihn kannten, wussten, dass er gemütlich und meist gut gelaunt war. Doch wehe dem, der versuchte, ihn zu betrügen.
Neben den beiden verrichteten eine Menge Frauen, von jung bis alt und eine ebensolche Auswahl Männer, das Werk der Bedienung und der Künstler, der Musikanten, Tänzer und Ringer. Und nicht selten wurde jemand unsanft aus der Taberna entfernt, weil er versuchte, sich an einem der Mädchen zu vergehen. Denn dies war nicht einfach ein Lupanar, hier wurde ebenso den geistigen wie den fleischlichen Genüssen gefröhnt. Kunst hatte hier einen ebenso hohen Stellenwert und wer hier ein billiges Mädchen zur Erleichterung suchte, war definitiv an der falschen Adresse, auch wenn die Mänaden unter der Hand dafür bekannt waren, hier teilweise die exotischsten Wünsche zu erfüllen.
Alles in allem ein gemütlicher Ort zum feiern und ein Paradies für die Sinne.