Das war also die Taberna, die Medeia ihm übertragen hatte, mit dieser Diotima zu führen. Vorsichtig betrat er sie durch die dicke Holztüre und sah sich erst einmal staunend um. Das hatte er wirklich nicht erwartet. Die Fackeln an der Wand waren wieder durch Masken verhüllt, auf jede Fackel kamen zwei Stück - in eine war ein lachendes Gesicht, in die andere ein weinendes Gesicht hineingeschnitzt. Ein paar ansehnliche junge Männer, die meisten bartlos, trugen zottelige Fellhosen und Schuhe, die unten aussahen wie Hufe. Am Hinterteil entsprang ein pferdeartiger Schweif, welcher geschmückt war mit ein paar Schellen. Sie umgarnten lachend gemeinsam ein paar gut gebaute Frauen, die nach deren Schmuck und Kleidung zu schließen von der oberen und gut situierten Schicht der römischen Bürger stammten. In einem anderen Eck saß ein Mann auf einer Kline und ein Mädchen, welches spärlich mit Efeukränzen und derlei als Waldnymphe verkleidet war, saß auf seinem Schoß und fütterte ihn kichernd mit Trauben. Wo bin ich da nur gelandet? Corvinus löste sich aus seiner Starre und bewegte sich langsam die Stufen hinab, um sich nach einem Tresen oder ähnlichem umzusehen. Ohne, dass er sich wirklich hätte wehren konnte, tänzelten aus einer Ecke drei süße Mädchen auf ihn zu und irgendwie erinnerten sie ihn an etwas, wobei er nicht sagen konnte, woran. Die Augen der drei funkelten und die Haarfarben waren verschieden.. eine war rothaarig, eine war schwarzhaarig und eine war blond. Sie umgarnten ihn lachend, ließen die Hände über seine Schulter gleiten und zerrten sanft an seiner Toga. Zum Glück bin ich keiner dieser ultrakonservativen, die keine Tunika unter der Toga tragen. Falte um Falte löste sich und singend zogen sie ihm die Toga vom Leib, sie lachend auf eine der Anrichten an der Seite legend, nur um ihn sofort wieder zu flankieren und zu umschwärmen. Schließlich legten zwei der Mädchen ihre Arme um seine Hüfte, während die Dritte vor ihm ging und ihn sanft mit sich lockte, den Finger am Wollstoff der Tunika eingehakt.
Sie führten ihn durch den Raum, auf eine Art Tresen zu, hinter dem eine Frau mit einer auffälligen roten Perücke stand. Erst sah sie ihn verdattert an, hob dann die Brauen... und grinste schließlich sehr amüsiert. "Corvinus!" Er runzelte die Stirn und sah sie einige lange Augenblicke lang an. Nein, diese Frau kannte er nicht, sie aber anscheinend ihn. "Medeia hat mir viel von dir erzählt", fuhr sie fort und bot ein ziemlich breites Grinsen feil. Ohoh. "Anscheinend hast du schon Bekanntschaft mit der Dreifaltigkeit der Versuchung gemacht..." Die drei jungen Frauen rings um Corvinus kicherten und eine lehnte ihren Kopf gegen seine Schulter. Seine Braue ging etwas hoch und er musterte die drei.
"Du musst Diotima sein... nicht wahr?", wagte er es erst einmal, vorsichtig nachzufragen. Sie nickte heftig, was ihre enorme Oberweite leicht zum zittern brachte. Corvinus war ein sehr weltoffener und aufgeschlossener Mann, aber im Moment wollte er nicht einmal daran denken, wie seine Frau auf dieses.. Etablissement reagieren würde. "Die... Dreifaltigkeit der Versuchung?", hakte er schließlich nach und sah sie prüfend an, doch ihr Grinsen konnte sich tatsächlich noch einen Tick verbreitern. "Ja-ah. Meine..." Sie hielt inne, musterte ihn kurz und das Grinsen schmälerte sich zu einem wissenden Schmunzeln. ".. meine Kellnerinnen. Du musst wissen, die Mänaden sind nicht nur irgend eine Taberna. Hier bekommen Mann und Frau, was sie wollen." Mit den Worten deutete sie auf eine der Frauen, die kichernd von ihren Freundinnen dazu gedrängt wurde, einem der Männer, die als Zentauren verkleidet waren, an den felligen Hosenbund zu greifen. Corvinus blinzelte und die Wahrheit fiel ihm wie Schuppen von den Augen. Herrje. Die Blondine grinste nun ebenso und drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
Währenddessen trabte ein Mann, der als Satyr verkleidet war, auf so etwas wie eine hölzerne Bühne. Sein Brusthaar war gering und zeigte so nicht wenig von der Brustmuskulatur, was den Frauen zu gefallen schien. Mit kugelnder Hüfte und lautem "Tack, tack", das entstand, wenn er mit seinen Hufen auf das Holz trat, kam er etwas näher, neigte sich in die Richtung der Frauen und begann ein sanftes Panflötenspiel.
Corvinus sah Diotima musternd an, dann strich er sich durch den Bart. Ihre beeindruckende Altstimme konnte man sicher durch die ganze Taberna hören, wenn sie es darauf anlegte. "Na dann zeig mir mal, was ich wissen muss.", meinte er schließlich. Er hatte es Medeia versprochen.