Seine Finger berührten ihre Brust, dort, wo ihr Herz unter der Haut und ihren Rippen so schnell schlug wie schon lange nicht mehr, und es war diese Vertrautheit und Sanftheit seiner Gestik, die es ihr leicht machte, sich ihm hinzugeben, im vollen Wissen darum, was geschehen würde und dass sie es geschehen lassen wollte. War es in den Armen des Valerius Victor einem Rausch ähnlich gewesen, der sie überkommen hatte, ohne dass sie viel darüber nachgedacht hätte, war sie sich hier, in dieser warmen, so vertraut wirkenden Sänfte, in den Armen des Mannes, der sie heiraten wollte, eine viel bewusstere Entscheidung, ein Willen, dem sie folgte, weil sie es so wollte, weil sie ihn so nahe und so intensiv spüren wollte, dieses letzte Stück Distanz zwischen ihnen beiden überwindend, das noch herrschte. Er sollte ganz und gar bei ihr sein, und sie wollte sich ihm ganz und gar preisgeben, gleichzeitig vertraut und vertrauend. Sie wusste in diesem Moment einfach, dass sie ihm vertrauen konnte, und als er über sie glitt und sie sich miteinander vereinten, wusste sie, dass es die richtige Entscheidung gewesen war.
Immer wieder mischte sich in das kaum wahrnehmbare Knarzen des edlen Holzes ein leises Seufzen, das nur von einer Frauenstimme stammen konnte, einer eindeutig zufriedenen und sehr genießenden Frauenstimme, und so langsam und genüsslich der Beginn des Zusammenseins jener beiden Menschen inmitten der Sänfte sein mochte, nahmen beider Bewegungen doch mit der Zeit an Kraft, aber auch Schnelligkeit zu. Als ein heiseres Keuchen aus dem Inneren erklang, wurde einer der Seitenvorhänge von einer schlanken, unberingten Hand geteilt, deren Finger sich in den Rahmen der Sänfte verkrallten, die Bewegungen des Sänfteninneren übertrug sich nun über den Arm dieser Frau auch auf die seidenähnlichen Stoffe, welche die Insassen vor neugierigen Blicken der Umgebung schützen sollten und wellten sich in einem schneller werdenden Rhytmus auf und ab, bis sich die Hand wieder in das Innere zurückzog und das hörbare Atmen lauter wurde, einen kratzigen Unterton erhielt, der einem Stöhnen sehr nahe kam.
Hätte zu diesem Zeitpunkt jemand gelauscht, wäre es wohl eindeutig gewesen, was belauscht wurde, und die beiden Menschen im Inneren der Sänfte waren zu sehr von ihrem Tun gefangen, um überhaupt darauf zu achten, ob ausserhalb ihrer ganz privaten Spielwiese überhaupt etwas geschah. Selbst das etwas lauter gewordene Knarzen, wenn sich die Sänfte im Takt einer ganz bestimmten Art Bewegung jener anpasste, entging den beiden Geliebten in diesem Moment vollkommen. Mit den in ihrem Kopf erlöschenden Gedanken wandte sich Iulia Helena denn auch vollends dem Mann zu, der sie in diesem Augenblick voll und ganz für sich einnahm, und als endlich, nach einer gleichzeitig endlos wie unglaublich kurz erscheinenden Zeit sich ein leiser, heiserer Schrei von ihren Lippen löste, gemischt mit einem stammelnden, fast tonlosen Wispern eines einzigen Namens, begann die Welt sich zumindest im Inneren der Sänfte stillzustehen. "Quintus ..."
Und wieder herrschte Stille, gesättigte, zufriedene Stille, die keiner weiteren Worte bedurfte, in dem sich ein im sanften Fackellicht leicht glänzender, schlanker Körper an den kräftigen und sehnigen des Soldaten schmiegte, und in dem zumindest ein Mensch in Rom ein ausgesprochen zwiespältiges Gefühl sein eigen nennen konnte, ein Gefühl, das unmerklich am Ianusbogen seinen Ausgangspunkt gefunden hatte und nun unmittelbar vor einem Ende fand - das Gefühl, etwas zu suchen, von dem man noch nicht genau wusste, was es sein würde und wie es aussah. Hatte diese eine, in der Masse so vieler anderer Frauen höchst unwichtige Frau ... gefunden?