Erst als sich ihr Gast am Essen bedient hatte, nahm auch sie eins der Gemüsestückchen und knabberte gemächlich daran, während sie seinen Worten lauschte, schließlich leicht dazu nickte.
"Ich verstehe ohnehin nicht, wieso sich manche so furchtbar deswegen anstellen, gerade wegen der Frauen in politischen Ämtern. Ich habe bisher keine dieser Frauen als dumm oder ungeeignet kennengelernt, was man leider über so einige Männer in der Politik sehr wohl sagen muss - vielleicht auch, weil man als Frau wirklich geeignet sein muss, um überhaupt eine Chance zu haben, während Männer auch über Beziehungen den Weg nach oben machen können, ohne das Vertrauen vollkommen zu rechtfertigen, das man in sie setzt." Es war eine recht trockene Meinung der herrschenden Verhältnisse, aber für die Iulierin, wie sie es bisher kennengelernt hatte, durchaus eine realistische Ansicht.
"Aber bei solchen Veränderungen wird es wohl noch die ein oder andere Generation brauchen, bis diese sinnlosen Diskussionen verstummen, Du hast sicher auch gemerkt, was in der curia italica los ist - und dass man dort ein kleines Problem mit meinen Einwürfen zu haben scheint."
Sie sann seinen Worten über Frauen und Männer nach, die sie mit einem leichten Schmunzeln quittierte - mit viel Phantasie hätte man seine Worte in gleich mehrere Richtungen interpretieren können, auch in die Richtung, dass er ihr eine Blankoeinladung dazu gab, sich ihm zumindest gedanklich anzunähern. Aber war der Gedanke so unangenehm? Er hatte das gewisse Etwas eines Mannes, der genau wusste, was er wollte, und auch, was er nicht wollte - und diese Art von Stärke hatte stets eine gewisse Anziehungskraft auf sie gehabt. Aber war das ein Gedanke, den er teilen konnte? Wieder griff sie sich ein Gemüsestück, zerkaute es genüsslich und ließ den Geschmack ihre Sinne verwöhnen, während er wegen Strabo nachhakte.
"Nun, es ist ganz einfach," erklärte sie recht trockenen Tones. "Die beiden Männer hatten eine Meinungsverschiedenheit, genauer gesagt, wenn ich es richtig verstanden habe, fühlte sich Strabo durch etwas, das mein ... Schützling zu ihm sagte, sehr beleidigt, und ließ ihn dann von ein paar Handlangern fast totprügeln. Nur einem glücklichen Zufall und schneller Versorgung verdankt er sein Leben - und er sieht auch heute noch sehr übel und elend aus. Ich hoffe sehr, dass keine bleibenden Schäden zurückbleiben. Weisst Du, ich bin durchaus mit der Tatsache vertraut, dass Feindschaften zum Leben gehören, aber wenn es an das Leben geht, und ein Mann zu feige ist, sich einem Kampf zu stellen und es lieber durch Handlanger austrägt, dann ist eine Grenze erreicht, die nicht überschritten werden darf ..."