An:
Marcus Vinicius Lucianus
Legatus Augusti Pro Praetore
Mogonatiacum
Provincia Germania
Von:
Iulia Helena
Feldlager der Legio Prima
Parthia
vor Edessa
Salve Vinicius Lucianus,
nachdem hier in Parthia alles ein wenig langsamer geht als an anderen Orten des Imperiums, habe ich auch erst jetzt von Deiner bevorstehenden Hochzeit erfahren. Wahrscheinlich bist Du inzwischen längst vermählt, und wenn Dich Diese Zeilen erreichen, bereits stolzer Vater eines kräftigen Knaben, aber ich wollte Dir doch auf diesem Wege meine besten Wünsche zukommen lassen. An manchen Tagen scheint es mir eine halbe Ewigkeit her zu sein, dass Du mir in Rom Trost spendetest, und noch weiter zurück liegen all jene Tage, die mir damals Pein verursachte. Du hast inzwischen einen strahlenden Weg an die Spitze gemacht, und ich kann Dich nur dafür beglückwünschen, habe ich Dir doch stets das Beste dafür gewünscht. Hoffentlich werden Dir die Nächte in Germania nicht zu lang, selbst als verheirateter Mann wirst Du wohl den ein oder anderen Stapel an Akten abtragen müssen, eine Arbeit, die man als Ehefrau kaum versüßen kann.
Wenn dies die erste Ehe für Deine Gemahlin ist, so versuche, mit ihr geduldig zu sein. Als Frau wird man nicht als Ehefrau geboren, und das Zusammenleben mit einem fast fremden Mann - ich nehme an, ihr habt alles so gehalten, wie es die Tradition gebietet - ist nicht immer leicht, wenn man zuvor eher ein von Frauen bestimmtes Leben geführt hat. Ein eigener Haushalt, den man zum ersten Mal alleine führt, und vor allem, den Haushalt eines Statthalters, überfordert einen bisweilen. Aber ich bin recht zuversichtlich, dass Du Deiner Gattin mit Fürsorge und Geduld begegnen wirst, wie Du es auch mir gegenüber tatest. Ich hoffe, dass die Feierlichkeiten zur Vermählung angenehm waren - zumeist ist dies gerade für das Brautpaar doch eher ermüdend und anstrengend - und euch die Glückwünsche der Freunde und Verwandten sicher in euren Bund geleitet haben.
Bedenkt man, welche Hitze in diesem endlos weit wirkenden Land herrscht, stelle ich mir den germanischen Winter sehr angenehm vor. Meine Tage sind mit nicht gerade wenig Arbeit angefüllt, und es gibt im Grunde immer an jeder Ecke etwas zu tun, selbst für die Verlobte des tribunus laticlavius. Seit ich im valetudinarium geholfen habe, Verwundete zu pflegen - und die Götter wissen, bei jedem Kampf gibt es sie! - werde ich immer wieder von Soldaten angesprochen, wenn ich durch das Lager gehe, und ich habe auch das Gefühl, dass es ihnen hilft, ein wenig über andere Dinge zu sprechen als den Feldzug allein. Letztendlich ist doch jeder Soldat vor allem ein Mensch, der sich nach den Lieben zuhause sehnt und die Hoffnung stets mit sich nimmt, sie wiederzusehen.
Du hast es sicherlich gehört, auch ich steuere den sicheren Hafen einer Eheschließung an, und wenn unsere Verlobung recht kurzfristig geschah und von geradezu militärischer Knappheit geprägt, so will ich doch die Vermählung etwas ausführlicher feiern. Ich rechne dabei fest auf Dich und Deine Gemahlin, um ein wenig Schwung in die doch etwas angestaubte römische Gesellschaft zu bringen. Wenn dieser Krieg vorüber ist, und möge er bald und siegreich zuende sein, werde ich Dir den genauen Termin mitteilen. Du solltest sehen, wie wundervoll diese Landschaft ist, gleichzeitig karg und doch reich an Farben und Eindrücken. Die Gerüche dieses Landes werde ich sicher so schnell nicht vergessen, früh am Morgen ist das Land noch frisch und kühl, und ein würziger Duft nach den wenigen Gräsern, die hier wachsen, liegt in der Luft.
Da mich nun wieder die Pflicht ruft, schließe ich für diesen Tag und sende Dir meine besten Wünsche nach Germania. Möge Iuno den Bund segnen, den Du geschlossen hast!
Vale,
Iulia Helena