Die letzten Tage und Wochen waren so sehr von Ereignissen angefüllt gewesen, dass es Iulia Helena schwer fiel, die Gedanken zu sammeln und all jene Dinge wieder ins Gedächtnis zu rufen, die ihr als außergewöhnlich aufgefallen wären. Letztendlich war sehr vieles außergewöhnlich gewesen, die gesamte Reise an sich war nichts, was jede Frau mitgemacht hätte, denn auch wenn man vieles dabei recht bequem hatte absolvieren können, die Tatsache allein, so manches Mal am frühen Morgen aufzustehen, alles einpacken zu müssen, um weiterziehen zu können, wäre so mancher Frau wohl auf die Nerven gefallen. Nicht so der Iulierin, die den dauernden Wechsel der Eindrücke und Einblicke genoss - je mehr Wechsel, desto besser. Das altvertraute Gefühl des Besonderen eines jeden Landes kehrte zurück, und sie fragte sich so manches Mal insgeheim, warum sie so lange bereit gewesen war, sich zu begraben, an einem Ort zu verharren, und die relative Sicherheit eines eigenen Heims gegen die aufregenden Neuheiten jedes anderen Tages auf Reisen einzutauschen. Doch mit dem Tod ihres ersten Mannes hatte sich vieles geändert, und so blickte sie der Zukunft freundlich entgegen, an der Seite eines Mannes, dem sie ehrlich zugetan war und der sich langsam aber sicher einen Platz in ihrem Herzen erobert hatte, ohne zu drängen.
Mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen registrierte sie, wie oft Vitamalacus gegrüßt wurde - und zumeist respektvoll, nicht eben nur rein des Grußes wegen. Anscheinend war er bei seinen Leuten durchaus beliebt, und sie wusste als ehemalige Offiziersehefrau sehr wohl, wann ein Gruß respektvoll ausgeführt wurde und wann nicht - auch wenn sie es ihm nicht sagen würde, allein die Grüße der Soldaten machten sie schon stolz auf ihren Verlobten, und sie war froh darum, ihn im Gegensatz zu vielen anderen Offiziersfrauen und -verlobten begleitet zu haben. "Warum nicht? Es wird uns gut tun, einmal an einen Ort zu kommen, an dem Du nicht dauernd nicken musst," scherzte sie gutgelaunt. "Du wirst heute abend einen ganz verspannten Nacken haben und ich muss Dir dann die Muskelkrämpfe wegmassieren." Vergnügt schlenderte sie an seiner Seite voran und winkte Xamander heran, dem sie mit kurzen, knappen Worten ihre Wünsche mitteilte und dem dauerlächelnden Griechen einen kleinen Beutel Sesterzen übergab, die mehr als genug sein würden für das bestellte, einfache Mahl. "Und wir waren schon lange nicht mehr spazieren .. zumindest wird es jetzt sicher nicht regnen wie damals am Strand von Ostia."