Beiträge von Iulia Helena

    Die letzten Tage und Wochen waren so sehr von Ereignissen angefüllt gewesen, dass es Iulia Helena schwer fiel, die Gedanken zu sammeln und all jene Dinge wieder ins Gedächtnis zu rufen, die ihr als außergewöhnlich aufgefallen wären. Letztendlich war sehr vieles außergewöhnlich gewesen, die gesamte Reise an sich war nichts, was jede Frau mitgemacht hätte, denn auch wenn man vieles dabei recht bequem hatte absolvieren können, die Tatsache allein, so manches Mal am frühen Morgen aufzustehen, alles einpacken zu müssen, um weiterziehen zu können, wäre so mancher Frau wohl auf die Nerven gefallen. Nicht so der Iulierin, die den dauernden Wechsel der Eindrücke und Einblicke genoss - je mehr Wechsel, desto besser. Das altvertraute Gefühl des Besonderen eines jeden Landes kehrte zurück, und sie fragte sich so manches Mal insgeheim, warum sie so lange bereit gewesen war, sich zu begraben, an einem Ort zu verharren, und die relative Sicherheit eines eigenen Heims gegen die aufregenden Neuheiten jedes anderen Tages auf Reisen einzutauschen. Doch mit dem Tod ihres ersten Mannes hatte sich vieles geändert, und so blickte sie der Zukunft freundlich entgegen, an der Seite eines Mannes, dem sie ehrlich zugetan war und der sich langsam aber sicher einen Platz in ihrem Herzen erobert hatte, ohne zu drängen.


    Mit einem leichten Schmunzeln auf den Lippen registrierte sie, wie oft Vitamalacus gegrüßt wurde - und zumeist respektvoll, nicht eben nur rein des Grußes wegen. Anscheinend war er bei seinen Leuten durchaus beliebt, und sie wusste als ehemalige Offiziersehefrau sehr wohl, wann ein Gruß respektvoll ausgeführt wurde und wann nicht - auch wenn sie es ihm nicht sagen würde, allein die Grüße der Soldaten machten sie schon stolz auf ihren Verlobten, und sie war froh darum, ihn im Gegensatz zu vielen anderen Offiziersfrauen und -verlobten begleitet zu haben. "Warum nicht? Es wird uns gut tun, einmal an einen Ort zu kommen, an dem Du nicht dauernd nicken musst," scherzte sie gutgelaunt. "Du wirst heute abend einen ganz verspannten Nacken haben und ich muss Dir dann die Muskelkrämpfe wegmassieren." Vergnügt schlenderte sie an seiner Seite voran und winkte Xamander heran, dem sie mit kurzen, knappen Worten ihre Wünsche mitteilte und dem dauerlächelnden Griechen einen kleinen Beutel Sesterzen übergab, die mehr als genug sein würden für das bestellte, einfache Mahl. "Und wir waren schon lange nicht mehr spazieren .. zumindest wird es jetzt sicher nicht regnen wie damals am Strand von Ostia."

    Xamander hatte Helena nun auch einen Sitz gebracht, ein einfacher Klappstuhl mit lederner Sitzfläche und ückenlehne, ohne viele Verzierungen, sichtlich schon mit Schrammen und Macken versehen, aber da sie sich wie selbstverständlich darauf niederließ, schien es in Ordnung zu sein - auch wenn man vielleicht nicht unbedingt erwarten mochte, dass eine Frau ihren eigenen Reiseklappstuhl besaß und er dann auch noch so aussah, als seien die Parther schon vor Jahren darübergetrampelt. Sie vertraute den Sklaven des Vitamalacus, was die Zubereitung des Essens anbelangte, durchaus, sollte es sich als ungenießbar erweisen, würde sie am nächsten Tag die Sache in die Hand nehmen - heute war sie einfach froh, festen Boden unter den Füßen zu haben und etwas anderes zu riechen als die Seeluft. Während ihr Sklave, als der Besucher angekündigt wurde, davoneilte, um einen weiteren Becher und Nachschub an Getränken zu bringen, erhob sich die Iulierin, um ihren Onkel mit einem Lächeln in die Arme zu schließen. Nicht zu lange, damit er nicht glauben musste, sie wollte ihn verhätscheln, aber doch lange genug, um ihrer Freude über seine Anwesenheit genüge zu tun.


    "Es ist schön, Dich wohlauf zu sehen, Onkel Numerianuns, wie es scheint, hast Du diese Seereise gut überstanden. Möchtest Du Dich zur cena zu uns gesellen oder bist Du geschäftlich hier?" Ihre grünen Augen schimmerten vergnügt, und den letzten Satzteil hatte sie auch eher mit einem amüsierten Unterton gesprochen, schließlich waren sie in einem Militärlager und es war ausgesprochen unwahrscheinlich, dass ihn anderes als seine Pflicht hergeführt hatte.

    Ein bisschen verspätet, aber ich freue mich dennoch sehr für Dich :) Es war auch echt an der Zeit, dass die Arbeitgeber kapieren, was sie an Dir haben könnten! Wehe, die sind nicht nett zu Dir, sonst komm ich mit dem Nudelholz vorbei ... :D


    *drückt dich einfach mal* Schön, dass es nun endlich wieder bergauf geht, Du hast es echt verdient!

    "Ich freue mich, Dich kennenzulernen, Tiberius Andronicus," sagte sie freundlich und betrachtete den Bruder ihres Verlobten interessiert. Er wirkte aufrecht, ziemlich patrizisch, wenngleich sie als Patrizierkriterium bisher immer eher eine gewisse Distanziertheit mit angedacht hatte, der Standesdünkel so vieler Patrizier schien auf Andronicus nicht abgefärbt zu haben. Zumindest schien er nicht erschrocken zu sein, als er hörte, dass sie Vitamalacus' Verlobte war - eine plebejerin, wenngleich aus einer der ältesten Familien Roms, Nachfahrin einer Kaiserlinie. Aber letztendlich war solches eher unerheblich, für die meisten Patrizier zählte dann doch mehr der Stand, und ausschließlich dieser. Dass die Iulier schon groß gewesen waren, als Familien wie die Aurelier noch einfache Olivenkaufleute irgendwo am mare internum gewesen waren, wurde gern vergessen.
    Diese Gedanken schweifen lassend, beobachtete sie die beiden Brüder bei ihrem Gespräch. Ohne Zweifel, ihr Verlobter empfand wenig Freude daran, und wenn sie sich recht entsann, lag viel von seiner Abscheu gegen die eigene Familie an seinem Unglück, Nova nicht heiraten zu dürfen.


    Doch wer wusste schon, warum es den Göttern gefiel, einen Menschen zu sich zu rufen? Sie war sich sicher, dass Novas Entscheidung Vitamalacus niemals hatte Leid bringen sollen, sondern ihn vor Leid behüten hätte sollen, bei allen anderen Wünschen hätte sie ihn wohl niemals richtig geliebt. Doch wie es schien, war Andronicus an das Verhalten seines Bruders gewöhnt, zumindest war ihm nicht anzumerken, ob er die knappe Art des Vitamalacus befremdlich fand oder nicht. Die Worte allein waren bei dieser Unterhaltung jedenfalls nicht entscheidend, viel wichtiger war für sie der Klang der Stimmen, die Nunancen, die man in den Worten nicht entdecken konnte.

    Xamander war ein ausgesprochen guterzogener Sklave - nicht zuletzt deswegen, weil er als ein solcher aufgewachsen war - und quittierte die Anweisungen des tribunus mit einem Lächeln und einem stummen Kopfneigen, um das Gespräch nicht zu unterbrechen. Geschickt hantierte er mit den beiden Krügen, stellte Wein und Wasser zum Selbstmischen bereit, denn nach dem idealen Mischverhältnis zu fragen hätte eine weitere Unterbrechung bedeutet, die er vermeiden wollte - und so war in kürzester Zeit ein Tablett für die beiden Männer angerichtet, auf dem sich zwei Becher sowie die beiden Krüge befanden. Selbst der Wein war von einigermaßen guter Qualität, wenngleich der Beste natürlich zuhause geblieben war, immerhin war dies ein ernstzunehmender Feldzug, kein Freizeitausflug. Dann schlüpfte er wieder in das Zeltinnere, um seiner Herrin die Worte des tribunus auszurichten - und wenig später trat auch Iulia Helena wieder nach draußen, das Haar schlicht am Kopf hochgesteckt, mit einer einfachen weißen, bodenlangen Tunika angetan, über welcher eine dünne palla in hellblauer Farbe lag.


    "Salve!" grüßte sie freundlich den ihr unbekannten Mann in Vitamalacus' Begleitung, um dann an die Seite ihres Verlobten zu treten und ihm mit einem sanften Druck der Finger auf seinem Arm eine etwas persönlichere Begrüßung zuteil werden zu lassen. Wie es sich für eine römische Frau gehörte, blieb sie, etwas schräg hinter dem sitzenden Vitamalacus, stehen, und harrte der Vorstellung des Unbekannten.

    Hmm ... man könnte das Ganze aber auch ein bisschen anders regeln, denn schlecht find ich es nicht, könnte man als 'altes' Gensmitglied Neumitglieder begrüßen.
    Wir haben hier im 'Allgemeinen' Board Threads zu 'In Elysio', 'In Exilium' und 'An/Abwesenheiten' oben festgehalten, damit sie nicht in der Masse an auch nicht-RPG-bezogenen Threads untergehen. Warum nicht ein neues Board schaffen, in dem sowohl Begrüßungen neuer Spieler wie auch Spielerrelevantes drin stecken dürfen?


    Also diese festgemachten Info-Threads in das neue Forum verschieben und als Credo des Forums selbst nur Spielerrelevantes als Themen erlauben .. beispielsweise unter 'Begrüßen und Spielerinformation' oder was immer man da als passende Überschrift finden kann. Es wäre imho einen Ticken übersichtlicher und man könnte endlich auch mal offiziell, nicht nur über PN ... nur so mal als Überlegung ;)

    Während vor den Zelten Besuch für den tribunus laticlavius eingetroffen war, geschah im Inneren des einen Zeltes, welches für die Iulierin hergerichtet worden war, was man wohl erwarten würde, wenn eine Frau sich irgendwo niederließ - neben einer Lagerstatt, die nach den Maßstäben reicher römischer Bürger spartanisch aus einem Klapp-Reisebett mit Holzrahmen bestand und unter der ledernen Liegefläche eine Seilspannung besaß, ließ Iulia Helena gerade ihre Kleiderkiste von Xamander, ihrem griechischen Sklaven, rücken, sodass für einen kleinen Klapptisch und einen Klapphocker davor Platz bleiben würde. Ohne einen Schreibtisch bewegte sie sich nirgendwohin, dafür las sie zu gerne und musste auch zuviele Briefe schreiben, immerhin waren ihre Betriebe in Rom nun einem zuverlässigen vilicus anvertraut worden und generierten wöchentliche Arbeitsberichte und Ausgabenlisten. Hier, im heißen Klima des Südens, fühlte Iulia Helena ihre Lebensgeister zurückkehren, vielleicht hatten die Ärzte, die über ihre Krankheit sinniert hatten, doch recht gehabt - manchmal bewirkte eine Veränderung der Lebensumstände wahre Wunder.


    Nun, mit einem Hauch Abenteuer vor Augen, fühlte sie sich lebendig wie nie zuvor, und hätte am liebsten das Lager gleich verlassen, um eine lange Einkaufstour durch Antiochia zu machen, auch wenn sie genau wusste, wie anmaßend es gewesen wäre, gleich bei der ersten Station um Geleitschutz zu bitten. Sie wollte Vitamalacus schließlich nicht zur Last fallen, sondern ihn unterstützen. Als Xamander die Truhe richtig hingerückt hatte, nickte sie ihm zufrieden zu und gab ihm mit einem Wink zu verstehen, er möge vor das Zelt treten, um den beiden sprechenden Männern zu Diensten zu sein.
    Der hagere, hochgewachsene Grieche mit den dunklen Augen und der immer etwas wild wirkenden schwarzen Lockenpracht glitt lächelnd hinaus und blieb in Sichtweite des tribunus stehen, auf Anweisungen Getränke oder sonstige Wünsche betreffend wartend.

    "Hmm ..." meinte sie nachdenklich in Numerianuns' Richtung. "Ich werde selbst mit nach Parthia reisen, das weisst Du ja, und in der Casa Iulia in Roma befindet sich derzeitig keiner unserer Verwandten, um die Aufsicht über eine neue Sklavin auszuüben - entweder ich nehme sie mit mir, oder aber wir schicken sie in den Haushalt der Tiberier, bei denen ich sie ebenso sicher aufgehoben wüsste wie sie es bei uns wäre, lass uns das einfach später noch eingehender besprechen, ja?" Sie nickte ihrem Onkel freundlich zu und als der schwarze Sklave mit den Worten Pumilus' wieder an sie herantrat, und von Medeias Unwohlsein berichtete, antwortete sie abermals mit einem leichten Nicken. Natürlich, vielleicht war sie bereits schwanger, und dann konnte man nicht mehr gut und lange stehen, es wurde schon sehr früh sehr anstrengend, und wenn sie auf das Kind acht geben wollte, musste sie sich schonen - rein nach Medeias Figur mochte es ihr erstes Kind sein, da war Vorsicht umso mehr geboten.


    Auch Albinas Worte ließen sie lächeln, und anstatt noch einmal zu antworten, drückte sie einfach herzlich die Hände der baldigen Verwandten und umarmte sie einmal sanft, wie es unter Frauen üblich war, wenn man sich gewogen war. Dass ihr Verlobter allerdings noch ein anderes Anliegen gehabt hatte, überraschte sie selbst, und so lauschte sie der Freilassung des oft so verdrießlich wirkenden Sklaven Cato aufmerksam - da er ein so langjähriger Lebensbegleiter Quintus' war, konnte sie seine Entscheidung nur zu gut nachvollziehen und verstehen, billigte sie in jedem Falle, anders hätte sie wohl auch nicht gehandelt. Kein Mensch, der einem wirklich lieb und teuer war, sollte auf ewig Sklave sein müssen, und so drückte sie leicht den Arm ihres Verlobten, um ihm ihre Zustimmung zu signalisieren.


    Die Feier mochte alsdann im kleinen, gemütlichen Rahmen weitergehen, wenngleich sie weit weniger ausschweifend zustatten ging, wie dies vielleicht in Rom selbst geschehen wäre, immerhin rüstete man hier zum Krieg und alle Offiziere mussten einen klaren Kopf für ihre Arbeit behalten - alles in allem sollte sich Iulia Helena später an diesen Tag mit einem Lächeln erinnern und davon berichten, als sei dies eine typische Angelegenheit für ihre Familie gewesen, auch einmal improvisiert eine Verlobung über die Bühne zu bringen, letztendlich waren die Iulier doch eher eine Familie der Soldaten denn der gemütlichen Liegensitzer.

    "So ist also allein der Ruf eines Feldherrn schon siegentscheidender manchmal als die Stärke seiner Truppen?" überlegte die Iulierin laut und runzelte etwas die Stirn. Aber natürlich, der Ruf ihres Ahnherren hatte seine Soldaten ebenso zu Höchstleistungen motiviert, und das in Augenblicken, in denen die Niederlage eigentlich schon laut an die türe geklopft hatte. Faszinierend zu sehen, dass dies auch bei anderen Feldherren der Fall gewesen war, wenngleich dieses Mal nicht zum Vorteil des Marcus Antonius. Was wäre wohl, hätte die Allianz zwischen Aegyptus und Rom in Gestalt der Vereinigung der Cleopatra und des Marcus Antonius auch heute noch Früchte getragen? Würden sie alle zu Isis, Sachmet und den vielen anderen ägyptischen Göttern beten? Würden sie die prächtigen aegyptischen Schmuckstücke tragen, die schwarzen Perücken, würde man in Rom selbst Pyramiden bauen anstatt der römischen Bauwerke?


    Der Gedanke ließ sie leise auflachen, und als sie ihrem Verlobten ihre Vorstellungen eröffnete, musste auch er lachen, ließ sich auf weitere amüsante Spekulationen ein, die damit endeten, dass er wie ein aegyptischer Krieger ausgestattet den Legionen befehlen sollte - und so verstrich die Zeit, im angenehmen und zärtlichen gegenseitigen Necken, immer im Bewusstsein, dass der andere verstand, was man meinte, genau wusste, wie weit man gehen durfte im Scherzen, ohne zu verletzen. Und als die Nacht bereits weit fortgeschritten war, lag sie in den Armen des Tiberiers, seine Nähe genießend, in einen ruhigen Schlummer versunken, endlich wieder vereint mit dem Mann, für den sie mehr empfand, als sie es sich jemals hatte vorstellen können, während sich der neue Tag schon durch einen Lichtstreifen am Horizont anzukündigen begann.

    "Aber ja," sagte die Iulierin lächelnd und hielt mit den Fingern ihre Frisur in Schach, damit er leicht zu den kleinen Ohrläppchen gelangen konnte - es war einfach ein schönes Gefühl, einen Mann zur Hilfe zu haben, vor allem, wenn man sich in der Nähe dieses Mannes so sicher und geborgen fühlen konnte wie sie es in seiner Nähe tat. Die Augen halb geschlossen, ließ sie sich die Ohrringe anlegen und lehnte sich dabei mit dem Rücken ein klein wenig an seinen Körper, ließ sich dann auch umarmen, als er sein Werk abgeschlossen hatte und sie beide sich im Spiegel betrachten konnten. Ihm zulächelnd, legte sie ihre Wange an die seine und atmete seinen vertrauten Geruch langsam ein. So verharrten sie eine ganze Weile lang, ohne zu sprechen, einfach nur der Nähe des anderen hingegeben, die sie schon so lange entbehren hatten müssen, und die Zeit verstrich, während Iulia Helena kaum glauben konnte, dass sie überhaupt verging. Und so mussten sie sich bald ins atrium begeben, um die Verlobungsfeier zu beginnen.

    Wie er arbeitend in seinem cubiculum saß, hatte dieser Anblick etwas sehr vertrautes, etwas sehr angenehmes für sie - als würde sie ihn schon lange kennen, als hätte sie dies schon oft gesehen, jeden Abend aufs Neue. Noch immer war es für sie erstaunlich, wie vertraut man miteinander sein konnte, auch wenn sie sich nun vielleicht allerhöchstens ein Dreivierteljahr gut kannten - und davon war eine längere Zeit ihrer Krankeit gewesen, die wenig Nähe gestattet hatte. Sein offenes, warmes Lächeln ließ sie ebenso lächeln, und sie war sich ziemlich sicher, dass die meisten seiner Soldaten wohl nicht geglaubt hätten, dass er eine Frau so anblicken konnte.
    "Du bist sehr rücksichtsvoll, Quintus, aber glaube mir, es gäbe wenig, was mich abends davon abhalten würde, einen mir so lieben Besucher wie Dich zu empfangen." Die Einladung, sich zu ihm auf die Kline zu gesellen, nahm sie nur zu gerne an und lehnte sich auch gleich gemütlich an ihn, das Gefühl genießend, sich an ihn anlehnen zu können, ohne dabei schwach zu wirken.


    Dann betrachtete sie die Schriftrollen und las einige Zeilen, doch seine Worte ließen sie wieder aufblicken. "Einen Wein teile ich gerne mit Dir, aber Du musst deswegen nicht aufstehen - ich mache das gleich schon." Immerhin war es auch die Aufgabe einer baldigen Ehefrau, solche Sachen zu erledigen, und sie tat es gerne, wenn es der Stimmung diente. "Erkläre mir, wieso man das glaubt - dass Antonius schon in Parthien gegen Octavian verloren hatte. Hat er zu viele Männer verloren im Feldzug? Oder woher kommt dieser Gedanke?" Sanft strich sie mit den Fingerkuppen über seine Wange und fühlte der vagen Rauhheit seiner Haut nach, wo der rasierte Bart bereits mit vereinzelten Stoppelvorposten versuchte, das am morgen verlorene Terrain wieder aufzuholen. Selbst diese so einfache Geste vermittelte ihr ein Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit, als sollte es einfach so sein, wie es war.

    Es tat gut, bei diesen so alltäglichen Handgriffen wieder jemanden bei sich zu haben, dessen Berührungen ihr einen vagen Schauer über ihre Haut sandten. Manchmal war es ihr ewig erschienen, dass Marcus von ihr genommen worden war, als hätte sie seitdem ein Leben in gewisser Dunkelheit geführt, bei dem nur ihre Sturheit und die aufrichtige geschwisterliche Liebe ihres Bruders Constantius etwas hatten helfen können, sie von der Dunkelheit zurückzuhalten. Doch nun war Constantius Marcus gefolgt, und der einzige Mensch, der ihr geblieben war - wenn man von ihren fernen Eltern absah - war Quintus. Quintus, der ihr Leben seitdem mit Wärme und Licht erfüllt hatte, Quintus, der sie gern an seiner Seite hatte, und an dessen Seite sie gerne stand.


    "Ich denke, ich bleibe bei diesem Kleid - aber beim Schmuck sind helfende Hände stets willkommen," sagte sie lächelnd und klappte ihre Schmuckschatulle auf, in der jene Geschenke von ihm einen Ehrenplatz einnahmen. Dass er bei der Kleidung velleicht noch weiter gedacht haben mochte als nur eine prächtigere Ausstattung, hatte sie dabei nicht bedacht, war sie doch noch körperlich nicht auf der Höhe, und auch wenn das Verlangen bisweilen zaghaft an die Türe klopfte, hatte sie diese noch gut verschlossen. Dann jedoch blickte sie sich zu ihm um und schüttelte lachend den Kopf. "Ach Quintus, Dich würde ich selbst schlammbespritzt und aus vielen Wunden blutend noch vor Zeugen als Verlobten annehmen. Wir sind doch nicht auf einer Schönheitskonkurrenz hier - und Du bist Soldat, das ist die passende Kleidung für einen Soldaten."

    Die Vorbereitungen in ihrem eigenen Raum liefen, unter all den Dingen, die sie mitgebracht hatte, um sich für einige Zeit bei Quintus häuslich einzurichten, war einiges, das auf dem Feldzug nur lästig sein würde, und diese Sachen mussten aussortiert werden - nicht, dass sie allzu sehr an ihrem Besitz hing, aber je weniger sie mitnahm, desto weniger Umstände entstanden dadurch, und desto weniger Aufmerksamkeit musste dem Gepäck gezollt werden. Um das geschäftige Gewühl nicht noch länger ertragen zu müssen, begab sie sich einige Zimmer weiter, in der Hoffnung, ihren Verlobten einmal nicht mit Schreibarbeit anzutreffen, dem unvermeidlichen Begleiter eines Offizierspostens. Leise klopfte sie an seine Türe an und glitt dann in das Innere, angetan mit einer einfachen, bodenlangen Tunika aus weißem Stoff, die von einem breiten Gürtel im aegyptischen Stil gehalten wurde, das Haar trug sie offen, denn nach einem Tag voller Hitze waren die römischen Hochstekfrisuren einfach nur unbequem.
    "Ich störe Dich hoffentlich nicht bei etwas Wichtigem?" sagte sie lächelnd und trat an seine Seite, um ihm die Hand auf die Schultern zu legen und auf die Schriftrolle einen neugierigen Blick zu werfen.

    Dass der groß gewachsene Luchs sich unter die Gäste gemischt hatte, war für die Iulierin nicht weiter erstaunlich, die meisten Katzen waren neugierig, wenngleich nicht immer mutig dazu, und so sah sie das Tier, wie eine groß geratene Katze. Dass er auch ihr um die Beine strich, nahm sie mit einem leichten Lächeln zur Kenntnis, denn es mochte nur bedeuten, dass das Tier ihre Anwesenheit annahm - etwas, das sie bei einigen Teilen von Quintus' Familie nicht unbedingt annahm. Von Albina allerdings begrüßt zu werden, tat ihr nach all den Unsicherheiten sehr gut.
    Der junge Mann stellte sich als Artorier heraus, natürlich, ein wohlgeratener Offizier konnte eigentlich nur einem guten Einfluss entstammen, und den schrieb sie Medeias Haltung durchaus zu. Als es Frauen noch erlaubt gewesen war, den Weg in den Senat zu nehmen, hätte sie sich die Achaierin sehr gut als Senatorin vorstellen können, allen Gerüchten zum Trotz - eine klare Haltung und Konsequenz schätzte sie noch immer mehr als die besten Vorfahren und Faulheit in Kombination, wie es bei so manch anderem Römer der Fall sein mochte.


    Ihrem Onkel begegnete sie mit einem strahlenden Lächeln, und seine Glückwünsche erfreuten sie wirklich, was am Schimmern der Augen zu erkennen war. Dankbar drückte sie die Hände Numerianuns' und neigte auch ihm den Kopf leicht zu.
    "Wenn Du auf meinen Verlobten achtest, bin ich mir sicher, dass ihm nichts geschehen wird, lieber Onkel - und ich danke Dir von Herzen für die guten Wünsche. Du weisst, ich hätte lieber die ganze Familie hier gehabt, aber der Krieg hat uns einen Strich durch alle Pläne gemacht, also muss die Feier nach dem Sieg über die Parther nachgeholt werden." Dass sie siegen würden, stand für sie außer Frage, immerhin waren sie Römer, der Imperator zog höchstpersönlich mit in den Krieg und die Parther war eins der Völker im Osten, das Helena wirklich nicht mochte.
    Lächelnd beobachtete sie, wie Albina Quintus umarmte, ahnend, dass es ihm mehr bedeutete als der Glückwunsch eines jeden anderen - dass sich diese beiden Tiberier innig im Herzen verbunden waren, hatte sie schon gewusst, als sie Albina kennengelernt hatte, und dass sie das Glück der beiden zu teilen wusste, beruhigte sie sehr.
    "Ich danke Dir sehr, Albina, und ich hoffe umso mehr, dass wir nicht nur miteinander Glück finden werden, sondern auch unsere Familien ein wenig zusammen zu wachsen, um einander in Freude und Leid Stütze und Freund zu sein. Ich werde Dir immer zur Seite stehen, wenn Du Sorgen hast, genau wie es Quintus tun würde."


    Als sie sich jedoch nach Medeia umblickte, musste sie feststellen, dass diese gerade hinausgeleitet wurde, kalkweiss im ohnehin schon blassen Gesicht. Was mochte ihr zugestoßen sein? Hatte sie etwas falsches getrunken, oder war ihr etwa schlecht geworden - war sie vielleicht in guter Hoffnung? Mit einem Stirnrunzeln blickte sie den beiden nach, auch der junge Artorier wirkte besorgt - hoffentlich war es nichts Schlimmes. Sie selbst konnte jetzt nicht weg, aber sie winkte sich einen Sklaven heran und beauftragte ihn, mit einer Karaffe Wasser und zwei Bechern hinaus zu gehen und nach der Artorierin und dem Matinier zu sehen, um in Erfahrung zu bringen, was ihr geschehen war - was der junge Schwarze mit einer respektvollen Neigung des Kopfes denn auch tat und loszog, das Paar zu suchen.

    Sanft legte sie ihre Hand in die Quintus', als er die bedeutungsvollen Worte aussprach, die seine und ihre Zukunft fortan miteinander verbinden würden, vor den Augen seiner Vorfahren, und gewiss war auch der unbezähmbare Geist der iulischen Vorfahren anwesend, um von der Verlobung Notiz zu nehmen. Ihre Ahnenmasken waren in der Casa Iulia in Rom verblieben, und vor jenen würden sie im kleinen Kreis bei Gelegenheit sicherlich wiederholen, was hier geschehen war - die Verkündung ihres Bundes vor Zeugen, wie es sich gehörte. Dass Artoria Medeia, die vor wenigen Tagen geheiratet hatte, auch zu den Gästen zählte, freute sie besonders, denn sie schätzte diese Frau durchaus, war sie doch mit Witz und Charme gesegnet, mit einer Klugheit, die man bei wenigen Frauen ohne damit einhergehende Überheblichkeit antraf.
    "Ich danke Dir, Artoria Medeia, und ich bin mir sicher, dass uns das Glück bei solchen guten Wünschen nicht verlassen wird. Von einer Neuvermählten, die den Segen Iunos mit sich trägt, sind solche Wünsche sicherlich die glücklichsten."


    Mit ihrem Onkel Numerianuns tauschte sie nur stille Blicke, aber der Weg der Worte war schließlich nie unbedingt der gewesen, den Iulier wählten, um sich auszudrücken, dass er anwesend war und sich für Quintus und sie zu freuen schien, war ihr genug zu wissen, mehr bedurfte es nicht. Und sicherlich würde später noch Zeit bleiben, sich auszutauschen. Der anscheinend gelehrte junge Mann, der ihnen nach Medeia gratulierte, ließ sie ein wenig deutlicher lächeln - die wenigsten Menschen kannten die Bedeutung ihres Namens, und so fühlte sie sich an diesem Tag auch, strahlend vor Freude, die sie innerlich bewegte und hätte tanzen lassen, wäre es nicht ein unpassender Moment gewesen. So wandte sie sich an Artorius Avitus und neigte sachte den Kopf.


    "Ich glaube, vielmehr bin ich es, die das Glück hat, mit einem aussergewöhnlichen Mann mein Leben teilen zu dürfen, auch wenn er ein bisschen mehr lächeln könnte .." Schalkhaft blinzelte sie Quintus zu und fuhr dann vergnügt fort: "...aber vielleicht gelingt es mir, auf diesen Umstand positiven Einfluß auszuüben, wer weiss? Ich danke Dir jedenfalls sehr für Deine Glückwünsche." Und sowohl ihm als auch dem dritten Gratulanten, dessen Namen sie leider auch noch nicht kannte, erwiederte sie den Gruß mit ihrem Weinbecher, der mehr Wasser als Wein enthielt, da sie dem Alkohol noch nicht wirklich zuzusprechen wagte - hoffend, ihr Verlobter würde auf den Scherz des Terentiers günstig reagieren.

    Zugegeben, die Umstände waren für die eilig zusammengerufenen Gäste sicherlich erstaunlich, aber wenn die Umstände nun einmal Eile geboten, dann musste man eben das ein oder andere Überraschende hinnehmen. Genauso, wie sie selbst am Morgen dieses Tages noch keine Ahnung gehabt hatte, dass sie am Abend wohl verlobt sein würde - mit stillem Amüsement und ihren griechischen Sklaven Xamander im Schlepptau, dessen dunkelbraune Augen die Anwesenden neugierig musterten, betrat auch Iulia Helena das atrium der Casa ihres Bald-Verlobten und schritt, nachdem sie den bekannteren unter den Anwesenden ein freundliches "Salve!" und ein Kopfneigen zugedacht hatte, an die Seite des Tribuns, wo sie verharrte, die Hände noch ineinander gelegt.


    Lächelnd blickte sie zu Quintus hinauf und wartete schlichtweg ab, dass er das Gespräch übernehmen würde - würde sie nun alle Umstände aufklären, würde es reichlich seltsam wirken, sie ging ohnehin davon aus, dass die meisten der Anwesenden spätestens jetzt einigermaßen gut erahnten, worum es sich handelte - denn dass sowohl sie als auch der Tiberier einen innigen Blick getauscht hatten, war kaum zu übersehen gewesen.

    Selbst durch die Rüstung hindurch konnte sie die kräftige, sehnige Gestalt Quintus' noch fühlen und seine vertraute Wärme genießen. Er würde ihr Mann sein, mit ihm würde sie ihr Leben teilen, und selten war sie sich in einer Entscheidung so sicher gewesen wie in dieser. Und sein Blick sagte mehr, als es jedes Wort hätte tun können, sie stimmten einfach überein, ohne sich künstlich dazu zwingen zu müssen, weil es irgendwelche Konventionen verlangten.


    "Ich wünschte, ich hätte den alten Legatus kennenlernen können, der Dir so viele Hilfen für Dein Leben mitgegeben hat. Einfach nur um zu wissen, wessen Gedanken die Deinen einst geprägt haben, und um ihm zu versichern, dass ich versuchen werde, Dir die Frau zu sein, die Dich ergänzt und Dein Leben erhellt," flüsterte sie lächelnd und legte den Kopf an seine Schulter. Er war so groß, größer als es ihr verstorbener Gemahl gewesen war, und sie mochte es, sich an ihn anlehnen zu können, ohne sich selbst schwach fühlen zu müssen. Sachte strich sie mit einer Hand über seine Wange, lauschte den Anordnungen, die er in Richtung des Sklaven traf, und blickte Cato kurz nach, der enteilte, um die Befehle auszuführen.


    Der neueste Gedanke Quintus' liess sie allerdings leise auflachen. "Mir scheint, Du hast mich wirklich sehr vermisst, Quintus," flüsterte sie vergnügt und gab ihm mit dem Finger einen kleinen Schubs gegen die Nasenspitze, da sie mit ihrer nur schwerlich zu seiner hinaufreichte, ohne einen Schemel dafür zu nehmen. "Aber ich glaube, wenn wir versuchen, all das aufzuholen, was uns die letzten Monate gefehlt hat, sind wir vor der nächsten Woche nicht fertig, und das wäre doch sehr unangenehm für die Gäste. Willst Du mir helfen, mich ein wenig zurecht zu machen, damit wir auch anständig aussehen, wenn sich unsere gentes verbinden?" Nichts hätte sie lieber getan, als den Nachmittag in seinen Armen zu verbringen, doch es gab im Augenblick etwas, das wichtiger war als das persönliche Vergnügen - den Gästen als angemessenes verlobtes Paar zu erscheinen, wie es die Sitte verlangte.

    Vor einem Jahr hätte sie vielleicht noch darauf bestanden, alles im Kreis der Familie zu tun, vor den Augen ihres Vaters, mit ihren Brüdern, sonstigen Verwandten, und natürlich vor den Augen der ganzen Stadt, doch inzwischen, nach vielen Wochen voller Arbeit für Ostia, voller Ärger in der curia provincialis, inzwischen war aus der doch sehr auf ihren Ruf bedachten Iulierin eine Frau geworden, die Notwendigkeiten im Leben anders bewertete. Sicherlich, ihr Leben war bislang auch ein wenig anders verlaufen als das anderer Frauen, und noch immer war sie sich sicher, dass sie es in den Senat geschafft hätte, wäre nicht des Kaisers Entscheidung einige Wochen zu früh publik geworden, Frauen nicht mehr für den Senat zuzulassen - dies nun, eine bewusste Entscheidung für ihre Zukunft mit einem Mann, dem sie von Herzen zugetan war, war etwas, was sie sich von niemandem mehr würde nehmen lassen, am allerwenigsten von irgendwelchen tratschenden Weibern in Rom. Mochten sie sich die Münder zerreissen über sie, es war ihr egal geworden, solange sie nur mit Quintus leben konnte, so kurz ihre Zeit vielleicht auch sein würde, sobald sie im Krieg waren. Ihre Entscheidung war längst gefallen, und so nickte sie ernst zu seinen Worten, ein zuversichtliches Lächeln auf den Lippen.


    Behutsam erwiederte sie seinen Kuss, der so unendlich vertraut schien, nach mehr schmeckte, als sie sich im Augenblick geben durften - und dennoch konnte sie ein vages Zittern in seinen Armen nicht unterdrücken. Vielleicht würden sie am Abend ein wenig Zeit füreinander haben, abseits neugieriger Blicke und irgendwelcher Konventionen. "Numerianuns wird nicht glauben, was er hört," sagte sie leise und lachte dann, sich nur unterbrechend, als der Sklave den Raum betrat und Quintus abwartend anblickte. Irgendwie wirkte dieser Sklave abweisend, oder bildete sie sich das nur ein? Vielleicht sah sie einfach zuviel Abweisung inzwischen, die Zeit in der curia hatte sie vorsichtig und misstrauisch gemacht, wohl zu misstrauisch, sagte sie sich und schenkte Cato ein freundliches Lächeln, einen Arm um die Tallie Quintus' gelegt haltend, wie er sie hielt. Man hätte sie wohl in diesem Augenblick schon für ein altes Ehepaar halten können, wenn man sie zusammen sah, so schnell war etwas Vertrautes wieder zwischen ihnen.