Beiträge von Iulia Helena

    "Es geht um ..einige persönliche Anliegen .. und um einen iuristischen Rat, falls es für die Sache, um die es mir geht, überhaupt einen Rat gibt, den man guten Gewissens geben kann," sagte sie schlicht und blickte zu ihm. "Wenn Du heute Abend allerdings nicht mehr mit Arbeit belästigt werden möchtest, verstehe ich das - und wir verschieben das auf einen Dir passender erscheinenden Termin."

    Irgendwie gefiel ihr dieser Gedanke nicht so recht, aber letztendlich war Constantius auch nur ein Mann und Männer hatten bestimmte Bedürfnisse - während ihrer Schwangerschaft und der damit einhergehenden Übelkeit hatte sie auch ihrem Gemahl nicht verbieten können und wollen, zu einer Lupa zu gehen.


    "Nun, wenn er daran Spaß finden sollte, wird er es sicher von sich aus tun, ich denke, dass ihn Samira sehr überzeugt hat. Ich bin sehr froh darum, dass sich Deine Wahl als vorteilhaft erwiesen hat, ist eine solche Erfahrung doch immer sehr prägend für einen Menschen ..." kurz verlor sie sich in einigen Gedanken, bevor sie wieder zu ihm blickte und Ursus dankend zunickte, als er ihr einen Becher überreicht hatte.
    "Ich befürchte fast, er empfindet ein bisschen mehr für diese junge Frau, als er sollte ... aber das wird sich hoffentlich mit der Zeit legen."

    Der Nubier starrte den ianitor nur eine Weile lang stumpf an, wohl, weil es zuviele Informationen auf einmal in den drei Sätzen gewesen waren - aber ohne eine Antwort drehte er sich schließlich um und stapfte zur Sänfte zurück, um seine Botschaft zu überbringen. Wenig später begab sich die Iulierin in das Innere der Casa Vinicia ...

    Dieses Mal konnte sie das Atrium deutlich ruhiger betreten, mit weniger Sorgen und weniger Nervosität - der Gesprächspartner war inzwischen bekannt und sie glaubte auch zu erahnen, dass sie wusste, was sie von ihm erwarten konnte. So fiel es ihr auch nicht schwer, ihn mit einem Lächeln zu begrüßen und mit leichtem Schritt auf zu zuzutreten, um dann den angebotenen Platz einzunehmen.


    "Ich danke Dir, dass Du um diese Zeit noch Geduld für eine späte Besucherin hast, aber ich konnte mich heute leider nicht früher von meinen Pflichten in Ostia lösen. Manchmal dauert es leider länger, und der Rückweg nach Roma ...naja, lassen wir das. Zum einen möchte ich Dir noch einmal persönlich für die gelungene Auswahl danken ... wenn ich das Gesicht meines Bruders am nächsten Tag richtig interpretiert habe, so war er doch sehr glücklich über das Geschehene ..." meinte sie schmunzelnd und blickte ihn direkt an.

    "Ich glaube, unser Zorn auf unsere Eltern war in etwa gleich groß - ich wollte Vater nie wiedersehen, der mich in eine Ehe mit einem groben Soldaten gezwungen hatte, mit dem ich in den ersten Jahren nichts anfangen konne. Ach, was habe ich ihn doch dafür gehasst, dass er mir Titus ausgesucht hatte, und wieviel auch Mutter, dass sie es ihm nicht ausgeredet hat," sagte sie mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, das den Inhalt ihrer Worte vollkommen umwandte.


    "Ich erinnere mich noch so gut an dein Gesicht, als ich das Haus endgültig verließ. Du sahst so zornig aus, dass Titus irgendwann einmal gemeint hat, er glaubte an jenem Tag, wärst Du ein erwachsener Mann gewesen, hättest Du ihn umgebracht..." Sie legte sacht eine Hand auf seinen Unterarm und lehnte sich an seine Schulter, das Lächeln nun wehmütiger geworden als zuvor. "Es hat eine Weile gedauert, bis wir uns respektieren konnten, und bis ich auch gelernt hatte, dass nicht jede fehlende Liebkosung oder Schmeichelei bedeutet, dass ein Mann eine Frau nicht mag. Mit den Jahren hat sich meine Meinung gewandelt, und das einzige, was ich wirklich sehr bedauere ist, dass ich Dich nicht habe aufwachsen sehen, vom Kind zum Jungen, vom Jungen zum Mann ... und deswegen sind mir unsere Tage jetzt umso kostbarer."


    Still blieb sie eine Weile an seiner Seite sitzen und seufzte leise, als die Rede auf Sulla kam, dieses Thema war sicher nicht angenehm, und sie musste tief durchatmen, um nicht das vertraute Brennen der Wut zu verspüren, das sie seit dem Brief ihres Vaters immer wieder hatte unterdrücken müssen, sobald dieser Name in irgendeiner Form genannt wurde.
    "Welchen Sinn sollte Vaters Brief sonst gehabt haben, Caius ..." sagte sie leise und versuchte, nicht allzu zornig dabei auszusehen. "Ich kann dir nicht sagen, wie sehr mich ärgert, dass er nach einem Gespräch bereits glaubt, meine Hand gewinnen zu können - mit einem Brief! Ich weiss, dass ich irgendwann wieder zum Wohle der gens heiraten werde, und das Urteil Vaters hat mich bisher nicht enttäuscht. Aber Sulla ..." Sie zog langsam die Luft ein und schüttelte dann den Kopf.


    "Ich glaube kaum, dass er derjenige ist, der meine Erinnerung an Titus wird durch einen besseren Eindruck seiner selbst wird beiseite wischen können. Entweder es passt zusammen oder es passt nicht - und bei ihm habe ich nicht das Gefühl gewonnen, dass es passen würde. Zudem ist der Zustand seines Haushalts so beschämend, dass es sicher keine besondere Ehre sein dürfte, darin einzuheiraten, auch wenn es mir um die Mädchen leid tut." Es klang recht bestimmt, als sie den Blick zu ihrem Bruder wandte. "Aber bitte versprich mir doch eines, Caius," sie benutzte die persönlichste aller möglichen Anreden, war doch sein cognomen viel mehr im Gebrauch gewesen. "Egal wie Vater sich entscheidet, sei ihm kein ungehorsamer Sohn. Das wäre weder dem Erbe angemessen, dem Du Dich als würdig erweisen willst noch einer solchen Ehe ... ich bin mir sicher, Vater wird einen passenden Gemahl finden, mit dem uns kein Unbill droht."

    Es dauerte eine ganze Weile, bis sich der breitschultrige Nubier wieder vor die Casa Iulia begab, um den Besucher streng anzusehen - auch wenn es angesichts der nicht gerade allzu reichlich vorhandenen Geisteskräfte des Nubiers eher wie die Karikatur eines bösen Blicks wirken mochte.


    "Herrin mir gesagt, sie dich nicht sehen wollen. Du ihr wollen Nachricht übergeben lassen?"

    "Du könntest mir, wenn Du die Zeit dazu hast, auch einen neuen Blütenduft komponieren - ich verwende jetzt lange genug den, den Du mir zuletzt gemacht hast, und ein wenig Abwechslung darf gerne sein," meinte sie und schien durchaus erleichtert, dass sich die Worte über den Löwensamen als Scherz herausgestellt hatten. Mehr aus purer Neugierde denn Notwendigkeit folgte sie dem Ägypter hinaus auf den Gang, wenngleich etwas versetzt, um nicht zu neugierig zu wirken.


    Ehe sie es sich versah, schwebte sie schon in der Luft und machte große Augen - dass Wonga sie überhaupt berührt hatte, war schon erstaunlich genug, dass er es auf Teremuns Veranlassung hin tat, noch mehr - und das Gerede vom zischenden Dickwurm war dazu angetan, sie mehr verwirrt denn erschreckt über Wongas Schulter hängen zu lassen. Was passierte hier eigentlich gerade? Aber als der breitschultrige Nubier zu lachen begann und sagte, es sei ein Scherz gewesen, richtete sich ein ausgesprochen forschender Blick auf Teremun. Hatte er etwa ein giftiges Tier mit in die Casa gebracht? Die Beschreibung des zischenden Dickwurms ließ nur einen wirklichen Schluss zu, auch, dass Teremun Wonga so eilig befohlen hatte, sie hochzuheben.


    "Danke," sagte sie mit einem sehr ruhigen Unterton, als ihre Füße wieder den Boden berührten. "Könnte mir jetzt einer von euch beiden sagen, worum es eigentlich geht? Eine solche Aufregung im Haus sollte wirklich nicht die Regel werden," damit glitt ihr streng gewordener Blick von Wonga in Teremuns Richtung. Hatte er etwa ...? Der Ägypter wirkte fast blass unter seiner gebräunten, weichen Haut, und das geschah nun wirklich ausgesprochen selten. Das letzte Mal hatte sie ihn so gesehen, als sie von Titus' Tod erfahren hatten.

    Sie schüttelte sachte den Kopf, aber was so manches anging, konnte sie es einfach nicht in den sturen ägyptischen Schädel ihres Sklaven bekommen, er schien da mindestens so unbeweglich wie die großen Pyramiden oder ähnliche versandete Prachtbeispiele der versunkenen Kultur Ägyptens. Dennoch, da sie nicht minder stur war als er, würde das Thema vielleicht für den Moment fallen gelassen werden, aber sicher nicht für alle Zeit begraben bleiben. So hob sie nur sehr langsam die Brauen an, als er begann, die Inhaltsstoffe der Salbe zu beschreiben, um fast erstickt auszuatmen, als die Rede auf den Löwensamen kam.


    "Du willst mir ernsthaft sagen, dass man den ... Samen von .. Löwen für eine solche Salbe nimmt? Wie bekommt man den denn bitte? Ich bin mir sicher, da hat Dich jemand übers Ohr gehauen!" Kaum glauben mochte sie, dass sich Teremun offensichtlich hatte betrügen lassen - allein die Vorstellung, dass man versuchte, aus einem Löwen den Samen zu gewinnen, wie sollte das gehen? Musste man ihn etwa festbinden und dann mit der Hand ... nein, über so etwas wollte die Iulierin nicht einmal nachdenken müssen. Dass er dann allerdings auf das Mandelöl zu sprechen kam, stimmte sie deutlich milder, war der Geruch doch ausgesprochen angenehm und teuer genug, um auch mit den deutlich reicheren Frauen Roms noch konkurrieren zu können. "Das mit dem Badeöl klingt sehr gut - Du weisst immernoch viel zu gut, wie Du meine Aufmerksamkeit gewinnen kannst, Teremun," sagte sie mit einem amüsierten Lächeln und hob den Blick wieder zu ihm an, zufrieden nickend.

    "Oh, das war einfach ..." sagte sie lachend auf die Frage hin, wie sie die Küche leer bekommen haben mochte. "Erinnerst Du dich an die dicke Anra, die Sklavin, die Mutter irgendwann einmal von unseren Nachbarn gekauft hatte, weil sie so gut kochen konnte? Sie hatte panische Angst vor Ratten - und als ich ihr gesagt habe, dass ich glaubte, ich hätte eine Ratte gesehen, ist sie eilends aus der culina gestürzt, die anderen Sklavinnen gleich mit ihr. Der schwerere Teil war, sie dann davon zu überzeugen, dass es vielleicht doch keine Ratte war, um aus dem Haus zu kommen - deswegen hat es auch so lange gedauert, bis ich zu dir kommen konnte."


    Mit spitzen Fingern pickte sie ein Stück gebratene Meeresfrucht aus dem Korb heraus - dem Aussehen nach wohl ein kleiner Teil eines Tintenfischarms oder etwa in der Art - und verspeiste es genießerisch. "Das sind doch immernoch die besten Sachen," meinte sie mit einem nicht zu überhörenden Klang der Zufriedenheit in der Stimme. Der Augenblick war ja auch kaum zu überbieten - in Erinnerungen schwelgen, das Lieblingsessen vor der Nase, den Lieblingsbruder in unmittelbarer Nähe - allein die Aussicht auf eine Menge wartender Akten war noch nicht ganz so herausragend für sie.


    Eine ganze Weile Zeit verstrich in genüsslichem Schweigen, während die Geschwister die Anzahl der Meeresfrüchte mit gutem Appetit verringerten - auch eine große Portion hielt bei diesen beiden Iulierin nicht allzu lange vor. "Weisst Du, ich hoffe, wir verlieren diese Nähe niemals," sagte sie schließlich, nachdem sie ihre Finger mit dem Tuch saubergewischt hatte und inne halten musste - eine kleine Essenspause und gleich würde wieder mehr in den Bauch passen. "Ich habe Dich sehr vermisst, als ich mit Titus gereist bin und dass wir nun doch noch ein bisschen mehr Zeit miteinander bekommen haben, ist sehr beruhigend ... es reicht ja auch schon, dass die halbe Familie in alle Richtungen verstreut lebt und unsere Brüder nicht mehr sind." Ruhig blickte sie ihn an, gleichsam aufmerksam aber auch mit einem warmen, offenen Schimmern im Blick der Augen.

    "Du weisst doch genau, dass ich das nie könnte," meinte sie leise lachend, doch aber mit einem Klang warmer Zuneigung in ihrer Stimme. Sie schmiegte sich an seine Schulter und hob ihm den Korb entgegen, dazu zwei Tücher für die garantiert fettig werdenden Finger. Diese Vorliebe hatten sich beide aus ihrer Kinderzeit bewahrt, am besten frisch, heiss und so fettig wie möglich, egal, ob der Magen danach rumorte. Das typische Armeleuteessen, dass man in Hafenstädten zuhauf bekam, schmeckte den beiden Iuliern vor allem deswegen so besonders gut, weil sie stets den Eltern hatten entwischen müssen, um es zu bekommen - und es heute teilen zu können, beschwor die Erinnerung an die Heimlichkeiten der Kindheit aufs Neue.


    "Zur Not beisse ich eben von deinem Arm ab, wenn Du mir nichts abgibst," scherzte sie auf seine Frage hin und tat so, als wollte sie ihn in den Arm beissen. "Hier, ich habe auch eine winzige Amphore Garum mitgebracht," sie kramte weiter in ihrem Beutel und zog das Fläschchen mit dem wohl universellsten Würzmittel dieser Zeit heraus, dessen salzig-würziges Aroma so manche fade Suppe beleben konnte. "Du musst nachher nur etwas trinken, das den Geruch verdeckt, sonst werden Deine Vorgesetzten misstrauisch." Auch diesern Trick stammte noch aus beider Kindheit, immerhin durften die Eltern nichts von den genossenen Freuden wissen. "Ach, ich freue mich so, dass es geklappt hat," fügte sie nach einigen Momenten an und lächelte zu ihm auf. "Es ist so lange her, dass wir uns unsere letzten gebratenen Meeresfrüchte geklaut haben, weisst Du noch?"

    "Teremun ..." sagte sie leicht lächelnd. "Vor allem musst Du mich nicht ansprechen, als sei ich die Kaiserin ... eine vertraute Anrede genügt wirklich in unserem Haushalt. Du willst es Dir nicht merken, hm?" Vergnügt blinzelte sie ihm zu, denn die Frage der Anrede war stets ein gewisser, kleiner Streitpunkt zwischen ihr und dem nicht minder sturen Ägypter gewesen. Manchmal glaubte sie gar, er wollte sie einfach nicht duzen, wie es in den meisten Haushalten wie unter frei geborenen Römern üblich war.


    Dann allerdings neigte sie sich interessiert vor und schnupperte dezent an seinem Arm, der wirklich sehr gut roch - sie mochte Mandelaroma, wenngleich es in Rom immer eine Doppelbedeutung besaß, immerhin gab es auch Gifte, die einen ähnlichen Geruch an sich trugen und damit leicht verabreicht werden konnten. Nur eine sehr vertrauensselige Frau würde dieses Aroma benutzen, oder aber eine, die sich auf denjenigen, der die Salbe mischte, verließ.


    "Du wirst eines Tages noch bessere Haut haben als eine reiche Matrone," prophezeihte sie vergnügt und nickte dann zufrieden. "Das riecht ausgesprochen gut - wenn Du davon noch etwas übrig hast, werde ich es gern einmal erproben. Was ist denn da alles drin? Und jetzt sag bitte nicht Wüstensand oder irgendeine erfundene Blüte," scherzte sie und blinzelte ihm abermals zu. Wenigstens war Teremun daran gewöhnt, dass seine Herrin des öfteren zu scherzen pflegte und fand sich damit nicht so schwer zurecht wie manch anderer.

    Sim-Off:

    ja leider :/ wir haben halt kein eigenes Forum, zu wenig Iulier in Rom ^^


    "Zu schade - aber während Du hier studierst und die Künste erlernst, die Dir den Weg in die höheren Ränge öffnen sollen, bleibt uns ja hoffentlich genug Zeit, die vergangenen Jahre etwas aufzuholen. Ihr verpasst gerade übrigens die Hochzeit der Iulia Severa mit Maximus Decimus Meridius - warum habt ihr mit der Reise nicht nach der Feier gewartet? Es dürfte ein ziemlich großes Familientreffen sein und ich bedauere sehr, dass mich meine Pflichten hier in Rom halten ... als Magistrata kann ich nicht einfach für einige Wochen nach Germania reisen."
    Sie seufzte etwas, denn das Fest hätte sie wirklich gerne erlebt. Es geschah schließlich selten genug, dass die weit verstreute Familie zu einem erfreulichen Ereignis zusammenfand.

    "Du kannst auch hier in Rom versuchen, Dein Wissen zu erweitern, Teremun, immerhin gibt es hier genügend Wissende aus aller Herren Länder - wenn Dir danach ist, will ich Dir keine Steine in den Weg legen," sagte sie lächelnd und legte den Kopf etwas schief, sodass eine geringelte Strähne ihres Haars in ihr Gesicht fiel und von der Hand eilig wieder beiseite gestrichen wurde.
    "Allerdings werde ich Deine Hilfe auch in Ostia benötigen - ich bin dort nun Magistrata, und es gibt sicherlich vieles dort zu erledigen. Du hattest immer schon ein gewisses Talent für Zahlen, und es wird Zeit, dass Du auch daran etwas arbeitest. Rom bietet so viele Möglichkeiten, ich fände es sehr schade, würden diese nicht genutzt werden können, weil Du Dich lieber in Deine Kammer verkriechst und Kräutersäfte braust..." Sie kannte schließlich Teremuns Neigung zum Studieren nur zu gut, manchmal rührte er sich tagelang nicht aus seinem Kämmerlein, weil er einer neuen Salbe auf der Spur war, die genauso furchtbar roch wie das alte Rezept.


    "Du sollst auf jeden Fall einen Tag in der Woche frei bekommen, damit Du Dich in Rom umtun kannst - mir wäre viel daran gelegen, dass Du die Stadt kennenlernst." Sie verschränkte sanft die Finger ineinander und bedachte ihn mit einem nachdenklichen Blick. "Wir werden hier wohl eine Weile bleiben, und Ortskenntnis kann nie schaden. Es wäre zudem gut, würdest Du Dich meinem Onkel Numerianuns und meiner Cousine Livilla vorstellen und ihnen sagen, dass sie sich deinen Künsten anvertrauen können, wenn es ihnen nicht wohl ergeht ...damit sie Dich kennenlernen, sie werden eine Weile hier im Haus wohnen."

    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Numerianuns
    Ich blickte zu Helena...


    "Nun du wirst es kaum glauben Helena, aber dein Brief kam einen Tag vor meiner Abreise an, der Postbote hatte es wohl sehr eilig. Dir scheint es gut ergangen zu sein, und das freut mich, deinen Vater habe ich leider lange nicht mehr gesehen. Hast du etwas von ihm gehört?"


    fragte ich sie neugierig...


    Sie lachte leise auf, wohl froh darum, dass der Brief doch angekommen war, und meinte dann sanft: "Wir schreiben uns, seit wir hier in Rom angekommen sind. Er ist jetzt Magistratus von Mogontiacum, wusstest Du das schon? Und es geht ihm sehr gut, wenn ich seine Zeilen richtig gelesen habe - wie immer hat er viel zu tun, und nunja ... Du weisst, er war nie ein Mann zuvieler Worte. Wenn er also schreibt, dass es ihm gut geht, verbirgt sich dahinter sicherlich eine sehr wechselvolle Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen." Sie klatschte in beide Hände und einer der Haussklaven erschien, die beiden Neuankömmlinge interessiert beäugend.


    "Bring uns einen kleinen Imbiss, Oliven, Früchte, und Wein ... und lass für die cena zwei Gedecke mehr herrichten," traf sie ihre Anweisungen an den Sklaven, der eilig nickte und wieder verschwand.
    "Das heisst, ihr werdet jetzt ein wenig länger her bleiben?" Die Freude über diese Aussicht war kaum zu überhören - dass sich die Räume der Casa mit Leben füllen sollten, war eine wunderbare Aussicht.

    Sie betrachtete Teremun eingehend - er schien ein bisschen brauner geworden, sofern man das bei einem Ägypter überhaupt sagen konnte, aber die Reise schien ihm gut getan zu haben. Innerlich beglückwünschte sie sich zu der Entscheidung, ihm einige Zeit lang freie Hand gelassen zu haben, nach Titus' Tod hatte der gesamte Haushalt unter ihrer eigenen Trauer gelitten. Auch der Ägypter, den mit seinem Herrn doch eine gewisse Sympathie verbunden hatte, schien den Tod ihres Gemahls nicht ganz verwunden zu haben - und während sie selbst nun mit ihrem Bruder gereist war, um ein wenig anderes zu sehen als die Kastelle der vergangenen Ehejahre, hatte auch Teremun eine Reise antreten dürfen.


    "Behalte, was darin ist, es soll Dir gehören ... wenn Du möchtest, kannst Du es gerne für Dein Vergnügen ausgeben," sagte sie mit einem warmen Klang in der Stimme. Sie stellte fest, dass sie sich darüber freute, ihn wiederzusehen, dass es den Schmerz über die Verbindung mit Titus überwog. "Setz dich zu mir, Teremun, und erzähl mir etwas über Deine Reise - hast Du alles bekommen, was Du erwerben wolltest? Ich denke, wir werden Dir einen Schlüssel für Dein Zimmer geben müssen ... allein, dass niemand, der dort nicht hinein soll, hinein gehen kann. Wir haben derzeitig Gäste im Haus, Verwandte aus Germanien, und ich möchte nicht, dass sich jemand erschreckt oder verletzt, weil er irgendwelche Kräuter für ein Gewürz hält, die dann abführend wirken oder etwas in der Art," fügte sie an und wies mit der Hand einladend auf einen der freien Sitzplätze, die normalerweise nur den Gästen und Familienmitgliedern der Casa zustanden.


    Es sprach für die besondere Stellung, die Teremin für sie einnahm - dass man Sklaven erlaubte, in Gegenwart ihrer Herren zu sitzen, war selten genug und sprach für eine gewisse Vertrautheit und Hochachtung. Aber sie hatten auch einige schwere Jahre miteinander teilen müssen, ebenso wie den Verlust Titus'. Sie mochte ein wenig ernster wirken als in jenen Wochen, zu denen sie sich verabschiedet hatten, doch schien eine neue Lebendigkeit in den Augen der Iulierin zu stehen, die wenig mit dem matten Glanz der trauernden Witwe zu tun hatte.

    Wonga hatte seine Herrin - wie in letzter Zeit des öfteren - bei der Aktenarbeit in ihrem Schreibzimmer angetroffen, das eigentlich ein Gästeraum war, der allerdings seit langem nicht mehr als solcher genutzt worden war. Vor sich eine breite Schriftrolle liegend, hatte sie eine Rechnung aufgestellt, die sich auf die Einkünfte und Ausgaben der Casa Iulia bezogen, auch ein Teil jener Arbeit, die einer Frau im Haus oblag, um den Haushalt passend und angemessen zu führen. Dass sich ihre Miene bei Wongas Nachricht merklich aufhellte, lag sicher nicht am Anblick des Sklaven, sondern an dem, was sich mit seinen Worten verband.
    Einst war Teremun, ein junger Ägypter, von ihrem verstorbenen Gemahl gekauft worden, als dieser sein Talent für Medizin und Schönheitsmittelchen erkannt hatte, und so war er nach Titus' Tod nicht freigelassen worden, sondern in den Besitz der Witwe übergegangen. Dass sie mit dem Gedanken spielte, ihm früher oder später die Freiheit zu schenken, damit er sich eine eigene Existenz aufbauen konnte, hatte sie ihm noch nicht verraten, aber noch war es auch noch nicht die Zeit dazu.


    "Sag ihm, er möge im Atrium auf mich warten, ich bin hier gleich fertig," sagte sie freundlich in Wongas Richtung und blickte dem Nubier hinterher, als dieser sich stumpf umdrehte und davon stapfte, um seine Botschaft zu überbringen. Klugheit war wirklich nicht eine von Wongas besonderen Gaben, aber deswegen war er auch nicht gekauft worden. Sie rollte die Schriftrolle sanft zusammen, legte den Kohlstift beiseite und erhob sich langsam, die Stola mit einer Hand glättend, um sich in Richtung des Atriums zu begeben, wo sie den Heimkehrer erwarten sollte - es war schon so manche Woche her, dass sie Teremun mit Geld und der Erlaubnis ausgestattet hatte, sich auf die Suche nach besonderen Kräutern zu machen, nun war sie begierig zu erfahren, was er zu erzählen hatte. Als dieser schließlich den Raum betrat, lächelte sie ihn offen an. "Willkommen zurück, Teremun ... ich hoffe, Deine Reise war nicht zu beschwerlich...?"

    Es dauerte wohl einige Augenblicke, bis die gesprochenen Worte das Hirn des Nubiers erreicht hatten, dann verarbeitet wurden und eine passende Antwort dafür vom Gedankenzentrum bis hin zur Zunge übermittelt worden war - während dieser Zeit starrte Wonga den Besucher nur stumpf an.
    "Du warte hier, ich frage." Damit dreht er sich um und stapfte in das Haus hinein, die Tür sorgsam hinter sich schließend.

    Sie hatte ihm entgegen gewinkt, als sie ihn erspäht hatte - und mit einem gewissen Stolz blickte sie ihrem Bruder entgegen. Die Uniform, auch wenn er noch ein einfacher miles war, stand ihm sehr gut und betonte die breiten Schultern, ließ genug Spielraum, dass man auch die kräftigen Oberarme und seine gut geformten Waden sehen konnte - Iulia Helena zweifelte nicht daran, dass ihr stattlicher jüngerer Bruder mit dieser Erscheinung früher oder später eine Menge junger Frauen anziehen würde, unter denen es dann die passendste zu wählen gab.


    "Nein, ich habe nicht lange gewartet - ausserdem, es ist so schön ruhig hier, da hätte ich Dir auch verziehen, hätte ich ein wenig mehr Zeit hier verbringen müssen," entgegnete sie lächelnd und rückte etwas beiseite, um ihm Platz zu machen. "Zur Not hätte ich einfach all diese kleinen, herrlichen gebratenen Meeresfrüchte allein gegessen," fügte sie mit einem schelmischen Lächeln auf den Lippen noch an und öffnete einen einfachen, flachen geflochtenen Korb, den sie neben sich auf der Bank plaziert gehabt hatte und aus dem nun ein verlockender Duft aufstieg. "Ich dachte mir, Du brauchst mal ein bisschen Abwechslung zum alltäglichen Bohnenbrei-Allerlei." Fast beneidete sie ihn still, er schien manches mal noch so jung zu sein, erst am Beginn eines Weges - und sie selbst hatte einen guten Teil davon schon beschritten.

    "Meine Herrin wolle spreche mit Vinicius Lucianus, wenn Herr zuhause sein und wolle Besuch haben," sagte der Sklave in seinem grausam verstümmelten Latein, mit seiner hoch aufragenden Gestalt zufürderst wohl erst einmal den freien Ausblick des ianitors auf die Straße gründlich verdeckend.

    Manches Mal machten es die Amtsgeschäfte notwendig, dass sich die Magistrata von Ostia nach Rom begab, wenngleich es dieses Mal ein deutlich angenehmerer Grund war als sonst - sie hatte sich mit Constantius verabredet, das Mittagessen gemeinsam einzunehmen, während er die Mittagspause im Dienst hatte - sie würde über Nacht in Ostia bleiben, um sich mit dem Stadtarchiv genauer zu beschäftigen, sodass ein Treffen davor ein angenehmer Gedanke geworden war. So wartete sie auf einem kleinen Steinbänkchen sitzend, in einem Park nahe der Kaserne und betrachtete den fast wolkenlosen Himmel, die Wärme der Sonne genießend. Bald würde sie so stark sein, dass es unangenehm war, tagsüber draußen zu sitzen, aber noch konnte man es gut aushalten.


    Es machte sie seltsam zufrieden, einfach nur ein wenig in der Sonne zu sitzen, die Sänfte in de Nähe, und das mitgebrachte Essen zu bewachen, das sie Constantius geben wollte - noch immer achtete sie sehr darauf, dass er regelmäßig kräftig aß und vor allem Fleisch bekam, um seinen Leib zu kräftigen. Seit jener Nacht, in der die Lupa bei ihm gewesen war, waren nun einige Tage verstrichen, und sie hatte es tunlichst vermieden, dieses Thema in irgendeine Form anzuschneiden, weil auch er nicht Willens schien, es zu berühren. Leise seufzend blickte sie auf die Straße, auf der er irgendwann erscheinen würde, sobald er gehen durfte. Ihr kleiner Bruder, der so erschreckend schnell ein Mann geworden war ... die Zeit schien so schnell zu verstreichen. wehmütig lächelte sie vor sich hin und dachte an die Zeit, in der er noch im Garten herumgetollt war, als kleiner Steppke mit unglaublich vielen Ideen. Es schien eine halbe Ewigkeit her zu sein ...