Er hatte sie bemerkt! Als wäre das nicht schon schlimm genug gewesen, nein, er blickte zu ihr, lächelte und ließ diese Geste noch von einem Nicken begleiten. Sie sahen sich für einige Momente lang an, und sie war sich sicher, dass dieser Fremde sich nun ihr Gesicht gemerkt hatte - dann fühlte sie schon eine unerfreuliche Hitze ihre Wangen empor steigen, die sich nach aussen hin als recht deutlich sichtbare Röte bemerkbar machte. Schnell zog sie einen Zipfel ihrer Palla vor die Wangen, um diese verräterische Farbe zu bedecken, neigte den Kopf und erwiederte beschämt sein Nicken, bevor sie sich schnell umdrehte, als interessiere sie das Warenangebot des Keramikenstandes nebendran brennend. Es geschah ihr nicht wirklich oft, dass sie durch irgend etwas in Verlegenheit geriet, aber wenn eigene Schusseligkeit dazu führte, dass ein attraktiver Senator sich an sie mit dem Gedanken erinnern würde, dass sie ihn fast umgerannt hätte, war das schon irgendwie peinlich. Hätte es nicht ein alter, wohlbeleibter Mann mit dem Aussehen eines gütigen Vaters sein können? Aber nein, wenn sie sich schon peinlich verhielt, dann traf sie dabei auf stattliche Männer mit einer wichtigen Stellung innerhalb der Gesellschaft.
Der Händler des Standes, an dem sie nun stehen geblieben war, witterte die günstige Gelegenheit, ihr eine seiner (zugegeben ziemlich grellbunt angemalten) Tonvasen aufzuschwatzen und begann, mit viel Gefuchtel auf die Römerin einzureden, die im Augenblick lieber irgendwo unter einem der Verkaufstische versunken wäre. Als es ihr endlich gelang, dem Sermon des Händlers zu entkommen, war der Senator weg und sie konnte leise aufatmen. Sie hätte es nicht ertragen, ihm noch einmal in die Augen sehen zu müssen, nicht nach diesem fast geschehenen Zwischenfall, den er auch noch bemerkt hatte. Eine ihrer Dienerinnen blickte ziemlich überrascht, als ihre Herrin im schnellen Schritt voran strebte, nun deutlich darauf aus, das Einkaufen auch schnell hinter sich zu bringen. Iulia Helena wollte einfach nur nach Hause, zurück zur Casa, um die Möglichkeit so gering wie nur irgend möglich zu halten, noch einmal jemanden anzurempeln, umzurennen oder sonstiges. Dass sich die Römerin samt ihrem kleinen Gefolge mit den großen, ziemlich vollen Körben dabei deutlich langsamer bewegte, als sie das wollte, konnte sie kaum verhindern, aber man konnte sich schließlich auch nicht durch die einkaufswilligen Massen am Markt boxen, ohne nicht ein entsprechendes Echo erwarten zu müssen.
Als sie in einem Augenwinkel eine weiße Toga mit latus clavus aufblitzen sah, zog sie sich hinter die Auslage eines Tunikenhändlers zurück und spähte vorsichtig dahinter hervor. War er es etwa? Oder gab es noch mehr Senatoren, die diesen schönen Tag zu einem Einkauf nutzen wollten?