Ein Geschenk für eine Nacht? Du wirst nicht zu Hause sein? Viel Spaß? Annehmen wie es gegeben wird? Was ich tue wird diesen Raum nicht verlassen?
Emsig und aufmerksam notierte ein kleiner Teil des völlig überraschten Geistes des jüngeren Bruders Frage auf Frage auf Frage. Schrieb dutzende imaginärer Wachstäfelchen voll und hielt diese auch eifrig empor. Versuchte die Lähmung des Geistes damit zu überwinden und drängte darauf, dass die wichtigsten Fragen gestellt werden würden. Doch die Überraschung sollte das Bewusstsein des jungen Mannes fest umklammern, es lähmen, ihm jeden logischen Gedanken wenigstens für einige Sekunden verwehren. Sekunden die ausreichten um den weitaus größeren, kräftigeren und dennoch jüngeren Bruder wie ein willfähriges, dressiertes Tier ohne jeglichen Widerstand in den Raum zu schieben.
Waren die Augen des jungen Iuliers bei den Worten seiner Schwester vor Erstaunen bereits geweitet, so sollten sie in dem Moment, als er den Raum völlig betreten hatte und die nahende Gestalt wahrnahm , völlige Überraschung, Erstaunen und Unsicherheit preisgeben.
Mit dem Rücken stand Constantius zur Tür. In einem anderen Moment, einem klaren Moment, hätte er sich sicherlich umwenden, die Tür öffnen und den Raum verlassen können. Doch dies war kein gewöhnlicher Moment. Dieser Moment war fern von allem was Constantius erlebt oder erwartet hätte. Das ruhig flackernde Licht der Kerzen, der wohlige Duft von Rosenblüten, die weiche, einfühlsame Stimme jener unbekannten, wunderschönen Frau. Dies alles ergriff Besitz von seinen Sinnen, ergriff Besitz von seinem Denken, ergriff Besitz von ihm. Jeglicher Gedanke, der zum Verlassen des Raumes auffordern würde, schwieg paralysiert.
Doch nicht nur seine Gedanken waren paralysiert. Sein ganzer Körper wagte es nicht sich zu bewegen. Nicht einmal zu atmen.
Nur sein Herz schlug laut und kräftig in seiner Brust. Erinnerte ihn mit jedem Schlag daran, dass er noch nicht ins Elysium eingegangen war. Welch Schönheit sie doch war. Voller Anmut. Wer war sie wohl…..und was machte sie hier?
Vorsichtig, als könne jede Bewegung diesen Traum zerbrechen lassen, hob Constantius die Mundwinkel zu einem sachten Lächeln an. Einem Lächeln, das er so oft einem Mädchen schenken wollte, wenn er eine Schönheit aus der Ferne betrachtete. Wie oft hatte er still und heimliche die Götter angefleht, dass jene nur einen Moment in seine Richtung blicken würde. Nur um dann, wenn sein Flehen erhört wurde und sie zaghaft lächelnd ihn anblickte, seinen Blick schamhaft und sehr schnell auf den Boden zu richten.
Auch in diesem sonderbaren Moment sollte sich das Schauspiel wiederholen. Constantius lächelte ihr entgegen, ließ den Blick kurz auf ihrem feinen Antlitz ruhen, suchte ihren Blick und fand den ihren. Nur um in diesem Moment, als sich ihre Blicke trafen, einmal mehr schüchtern auf den Boden zu starren. Doch wo sonst jene Unbekannte fort war, wenn er es wieder wagte nach ihr zu sehen, sollte sich an diesem Abend die Distanz zwischen den beiden weiter verringert haben.
Umso lauter schlug das Herz in seiner Brust und ließ den Gedanken an eine Flucht mit jedem Schlag angenehmer erscheinen.
„Salve“, sprach er mit leiser, trockener Stimme, als sein Körper dem Aufruf zur Flucht nicht folge leisten wollte.
„Willlkommen im Haus der Iulier“
Es war der dümmste Satz, den er hätte sagen können, aber in diesem Moment musste er sich des beschränkten Phrasenschatz bedienen, den er als Hausherr in Rom erworben hatte. Und versuchte es mit einem unsicheren Lächeln zu überspielen.