Beiträge von Caius Iulius Constantius

    „Wir kommen näher. Wir kommen wirklich näher“, jauchzte Constantius innerlich. Die Anspannung wuchs mit jeden Meter, den sie aufholten. Doch der Anblick der nun nahen Kurve sollte die Anspannung noch um einiges steigern. Sie hatten weiter an Geschwindigkeit gewonnen und der Fahrtwind peitschte Constantius nun ins Gesicht.
    Doch, konnte er sich mit dem Gefühl eines rasenden Streitwagens auf einer geraden Strecke noch schnell anfreunden, so war das Gefühl, das die Kurve weckte, nicht ebenso angenehm. Kurz warf er Hermes, dem Fahrer des Gespanns, einen Seitenblick zu.


    Nach innen legen hatte er gesagt. Nur wann…das hatte er nicht gesagt…und wie weit? Vielleicht hätte er doch noch etwas mehr fragen sollen. Doch die Zeit für Fragen hatte er ungenutzt verstreichen lassen.


    Doch es war nicht Panik, die in seinen Augen aufblitze, sondern Wagemut und eine Spur von jugendlichem Leichtsinn.
    Der Wagen bog in die Kurve.
    Wo vorher nur der Wind an Constantius zerrte, gesellte sich nun die Fliehkraft in den Reigen des Kräftemessens ein. Constantius musste kämpfen. Musste dagegen ankämpfen nicht aus dem Wagen gedrückt zu werden. Doch es gelang ihm, sein Gewicht der Fliehkraft entgegen zu werfen. Durch das Gewicht der beiden Männer zwangen sie schließlich das Gespann um die Kurve. Bereit die Verfolgung weiter aufzunehmen.


    Das Gefühl nach der Kurve war überwältigend. Ein Gefühl, dass von Constantius durch einen kurzen aber deutlichen Jubelschrei kundgetan wurde.

    Constantius blickte sich in der Casa um. Es schien ruhig zu sein. Ein glücklicher Umstand, der ihm gerade recht kam. Es galt etwas zu erledigen, das er sonst wohl wieder vergessen würde, wenn er sich schweren Herzens auf dem Weg in die Kaserne würde machen müssen.
    Constnatius ging, entgegen seiner Natur, leise durch die Räume, bis er schließlich sein Ziel erreichte. Mit einem bedeutsamen Lächeln legte er einen kleinen Beutel auf den einzigen Tisch in diesem Raum. Ein leises Klimpern von Münzen ertönte, als der Tisch das Gewicht des Beutels zu tragen begann. Auch wenn es nicht viel war, so war es doch immerhin ein Anfang. Constantius empfand einen Hauch von Zufriedenheit. Er hatte seinen ersten Sold erhalten. Das erste Geld, dass einem guten Zweck zugeführt werden konnte. Das erste Geld, das dem Hause der Iulier in Rom diente und vor allem Helena dienen sollte.


    Constantius verließ den Raum und atmete tief durch.
    „Nun noch eine angenehmes Mal und dann schaffe ich selbst den weg zurück zur Kaserne“, sprach er leise mit sich selbst.

    Es war ein beeindruckendes, ein überwältigendes Bild, das sich Constantius darbot. In einem rhythmischen Stakkato trafen die Hufe der edlen Rösser auf den staubigen Boden und wirbelten diesen auf. Das Donnern der Hufe schien sich auf den Streitwagen zu übertragen, jedenfalls hätte Constantius schwören können, dass er es in seinen Fingern hätte spüren können.
    Der Fahrtwind griff nach Constantius und zerrte an seiner Kleidung, als die Gespanne vor der beeindruckenden Kulisse des Circus beschleunigten. Der aufgewirbelte Staub des führenden Gespanns brachte seine Augen zu tränen, doch Constantius wendete den Blick nicht ab. Nein, wenn er eines inzwischen gelernt hatte, dass man sein Ziel niemals aus den Augen lassen durfte, sonst hatte man im schlimmsten Fall den Tod zu erwarten.
    Doch der Umstand, dass sie hinten lagen, schürte die lodernden Flammen des Ehrgeizes in Constantius. Wild entschlossen streckte er einen Arm in Richtung des führenden Gespanns um Hermes zu zeigen, dass sie unbedingt aufholen mussten. Am liebsten hätte er vor Begeisterung laut geschrieen, doch vielleicht hätte man ihm dies fälschlicherweise als Angstschrei ausgelegt. Deswegen unterließ er es. Doch seine stolze aufrechte Haltung verkündete mehr als deutlich, wenn man es durch den Staub überhaupt erkennen konnte, wie reizvoll und begeisternd er die Fahrt empfand.

    Constantius nickte Matho nochmals zu und sprach in einem höflichen Tonfall:


    „Verzeiht, doch im Moment ist es etwas unpassend. Es ist bereits Besuch eingetroffen und es wäre unhöflich von mir ihn lange warten zu lassen. Gerne will ich eure Fragen an einem anderen Tag beantworten.“


    Constantius verabschiedete sich mit dem notwendigen Maß an Höflichkeit und ging den Weg zurück zu Corvinus.


    „Verzeih. Es ist recht lebhaft in diesem Haus in letzter Zeit. Ich hoffe du musstest nicht zu lange warten.“

    Constantius schritt neben Titus Aurelius Cicero her, um ein etwas schattigeres Plätzchen aufzusuchen. Als er bemerkte, dass Helena nun nicht mehr neben ihm sondern hinter ihm her schritt, ergriff ihn ein etwas beklemmendes Gefühl. Sie war doch schließlich der Grund gewesen, warum sie in dieses Gasthaus eingeladen worden war und nicht er. Nun sollte etwa er, der von den Göttern nicht sehr reichlich mit der Gabe der Redekunst ausgestattet worden war, das Gespräch führen?
    Doch was blieb ihm anderes übrig als das Wort zu ergreifen? Immerhin war das Interesse des Magistratus aufrichtig gewesen und die Frage in seine Richtung gestellt worden. Hätte er das Wort an Helena weitergereicht, dann hätte er gegen die elementarsten Anstandsregeln verstoßen. Eine Zwickmühle. Und der einzige Ausweg hieß „Reden“,


    Nachdem Constantius sich ebenfalls gesetzt hatte, ergriff er schließlich das Wort.


    „Ich fürchte sehr viel gibt es nicht über mich nicht zu berichten. Ich selbst bin erst vor kurzem aus Hispania nach Italia zurückgekehrt. An Rom hatte ich so gut wie keine Erinnerungen mehr, verbrachte ich meine Jugend doch in Tarroco. Doch meine Wurzeln sind fest in Rom verankert und deshalb musst eich einfach heimkehren. Soll der Name unserer Familie doch wieder laut in der ewigen Stadt ertönen und nicht nur auf Schriftrollen bewahrt werden. Doch Helena weiß sehr viel mehr über Rom als ich. “


    Hatte er es geschafft? Hatte er sich aus der Zwickmühle befreit ohne wie ein Elefant über ein Schlachtfeld zu poltern?

    Die ersten Schläge mit dem Gladius gaben Constantius ein Fundament der Selbstzufriedenheit. Das Scutum fühlte sich zwar schwer in seiner Hand an, doch war es zu beherrschen. Den Fingerzeigen des Princeps vermochte ebenfalls noch zu fogen. So folgte einem jeden Fingerzeig noch ein sorgfältig ausgeführter Stoß.
    Doch die Götter hatten den jungen Rekruten scheinbar ein ganz besonderes Scutum gegeben. Es schien mit jeden Stoß, mit jedem Hieb etwas an Gewicht zuzulegen. Und so sollte es bald sein, dass der linke Arm protestierend unter dem, inzwischen scheinbar gewaltigen Gewicht, zu zittern begann. Als wäre das nicht bereits ausreichend um erneut den Schweiß auf die Stirn des jungen Mannes zu treiben, erhöhte der Princeps die Geschwindigkeit seiner Zielanzeigen.
    Dort wo noch zu Beginn der Übung ein konzentrierter Gesichtsausdruck vorherrschte, sollte schon bald Anstrengung das Gesicht des Probatus zieren. Schweiß lief ihm über das Gesicht und brannte in den Augen. Immer schwieriger wurde es das Scutum in der richtigen Position zu halten. Ließ die Kraft schließlich einen Moment nach, erinnerte ihn ein gut gemeinter Rat in Form eines kleinen Schlages daran, dass er das Scutum nicht absinken lassen durfte.
    Schlag um Schlag wurde nun mit vor Anstrengung zusammengebissen Zähne ausgeführt. Scharf wurde die Luft durch selbige eingezogen und wieder ausgestoßen. Die Welt um Constantius verlor an Farbe als er schließlich die letzten Schläge ausführte. Sein Blick galt nur noch dem Ziel vor seinen Augen, während seine Gedanken den Schmerz im linken Arm auszublenden versuchten. Für den Moment gelang es ihm – was vielleicht an gut gemeinten Erinnerungshinweisen seines Ausbilders liegen mochte-

    Schnell hatte Constantius den Helm aufgesetzt und mit der Hilfe von Hermes verschlossen. Er mochte nicht perfekt sitzen, doch bot der junge Mann nun einen mehr oder weniger verwegenen Anblick. Seine Augen glühen förmlich, als er zwischen den Fahrern stand. Und das freundschaftliche Klopfen auf seine Schulter, dass ihm Dareios schenkte, gab Constantius das erste Mal seit seiner Ankunft in Rom das Gefühl, er würde sich unter Freunden befinden. Das aufrichtige Lächeln mochte in diesem Moment Bände gesprochen haben. Trotzdem hatte er die neckischen Worte des Fahrers nicht überhört. Hatten Helenas Worte bereits seinen Ehrgeiz entzündet, so hätte Dareios auch Öl ins Feuer gießen können, als er seine Worte an Constantius richtete.
    „Um keinen Preis der Welt werden wir deinen Staub schlucken müssen,“ ertönte es in Constantius Gedankenwelt.
    Mit einem verräterischen Lächeln sprach er deshalb zu Hermes.
    „Nimm keine Rücksicht auf mich. Selbst wenn du meinst ich würde vom Wagen fallen. Ich werde es nicht. Zügle die Pferde nicht für mich!“


    Ein letztes Mal wandte Constantius sich um und schenkte seiner Schwester einen längeren Blick. Das reiche Gefühlsleben des jüngeren Bruders schien gleichzeitig um den Ausdruck in seinen Augen zu kämpfen. Mit einem Lächeln neigte er sein Haupt schließlich vor ihr und Victor und folgte den beiden Fahrern.


    „Lasst uns einen Sturm entfesseln!“, sprach er von Vorfreude beschwingt,

    Constantius fasste das Scutum und hob es an. Der etwa 120 cm hohe Schild deckte seine linke Flanke vorzüglich ab als er mit dem Gladius zum Stoß auf den gezeigten Punkt ansetzte. Noch vermochte der kräftige linke Arm des jungen Rekruten die 9 kg des Scutum mit Leichtigkeit zu halten. Doch bereits jetzt ahnte Constantius, dass es nicht bei nur ein paar Schlagübungen bleiben würde.

    Normalerweise stand ein Einkauf bereits unter einem schlechten Stern, wenn ein junger Mann auf der Suche nach einem passenden Geschenk war. Als Verkettung unglücklicher Umstände konnte man es dann bezeichnen, wenn dieser junge Mann auch noch mit wenig Geld, wenig Zeit und geringer Erfahrung auf diesem Gebiet ausgestattet war.
    Trotzdem war Constantius frohen Mutes. Sein erster Sold klimperte in seinem schmalen Geldbeutel und das so oft lächelnde Gesicht des jungen Mannes strahlte förmlich, als er von einem Stand zum nächsten wechselte. Auf der Suche nach einem Geschenk

    Nach dem Besuch in der Therme hatte sich eine wohlige Wärme in Constantius ausgebreitet. Zwar fühlte er sich immer noch müde, doch die Schwere, die seinen Geist belastet hatte, war für eine Weile gebannt. Das typische Lächeln war auf seine Lippen zurückgekehrt. Ein weiterer Vorteil, der sich durch den Besuch der Thermen ergeben hatte war von eher einfacher Natur. Er roch nun nicht mehr nach Schweiß und Kaserne. Ein Umstand, den selbst Constantius als vorteilhaft empfand.
    So war der Weg zur heimischen Casa schneller zurückgelegt als noch beim ersten Versuch. In diesem Zustand konnte er sich noch Hause wagen. In diesem Zustand würde man ihn wenigstens nicht bemitleiden oder ihn als zu schwach betrachten. Insgeheim freute er sich auch auf das Essen, was er mit Helena würde einnehmen dürfen.
    Das Essen in der Kaserne war schon nicht mit dem heimischen Genüssen zu vergleichen, geschweige den die Gesellschaft seiner Schwester im Vergleich zu dutzenden von müden und erschöpften Rekruten.


    Sein Herz klopfte laut in seiner Brust als er schließlich an der Casa ankam und eintrat. Er bedachte Wonga mit einem freundlichen Blick und wechselte einige nichts sagende aber freundliche Worte mit dem Türsklaven, bevor er die vertraute Stille des Heims genoss. Welch paradiesischer Ort es doch war. Warum bemerkte man erst wie gut man es doch hatte, wenn man dabei war es zu verlieren. Constantius begann eine weitere wichtige Lektion in seinem Leben zu lernen.

    Der kleine Stoß, den er von Helena erhalten hatte, führte Constantius Blick zu ihr. Seine Augen funkelten wie ein kleines Kind, das verkündete: „Ich kann das. Du wirst schon sehen!“
    Doch war sein Blick, durch das offene, gutmütige Lächeln, alles andere als unfreundlich oder gar überheblich.


    Schnell blickte er wieder zu Victor:
    „Natürlich möchte ich den großen Hermes nicht beleidigen. Doch möchte ich nicht, dass er eine besondere Rücksicht auf mich nimmt, wenn ich doch einmal seinen besonderen Fahrstil am eigenen Leibe erfahren darf.“


    Er blickt nochmals zu Helena und meinte schmunzelnd
    „Es tut mir leid Schwesterherz, aber ich fürchte ich werde dir keinen Grund zum Lachen geben. Jedenfalls nicht in der Rennbahn.“


    In seinen Augen funkelten Wagemut, Selbstsicherheit und Begeisterung um die Wette.

    Mit der festen Ünerzeugung, wenn er nun kräftig genug werfen würde, würde er sein Ziel schon treffen, warf Constantius auf besagte Steine. An Kraft sollte es deshalb seinen Würfen auch nicht mangeln, eher an Treffsicherheit. Traf er den ersten Stein doch noch dreimal, so sollte er den zweiten Stein nur noch einmal treffen. Den letzten Stein traf Constantius, zu seiner eigenen Überraschung, auch einmal. Auch wenn sein Wurf in diesem Falle noch dem mittleren Stein gegolten hatte.

    Constantius ergriff den dargebotenen Pilum. So eine Waffe hatte er bisher noch nicht in de Händen gehalten. Sie fühlte sich fremd und ungewöhnlich an.
    „So schwer wird es schon nicht sein“, dachte sich Constantius und holte mit gestrecktem Arm aus.
    Die kreisförmige Bewegung seines Armes beschleunigte die Waffe. Sein Arm schnellte nach vorne und erst als sein Arm leicht schräg zum Himmel deutete, als wolle er der Waffe den Weg weisen, entließ er den Pilum aus seiner Umklammerung.
    Kraftvoll beschleunigt, verließ die Waffe ihren Träger und flog durch die Luft. Meter um Meter legte sie zurück. Hätte die Waffe nicht damit begonnen sich seitlich einzudrehen, wäre es fast ein beeindruckender Wurf gewesen. Doch so schlug sie irgendwann auf dem sandigen Boden auf und rutschte noch einige Zentimeter über jenen Boden, bevor sie schließlich zur Ruhe kam.

    Der Ruf hatte eindeutig ihm gegolten. Und es war eindeutig die Stimme Helenas gewesen. Mit nur wenigen Schritten hatte Constantius das Zimmer durchquert und verließ das Zimmer, nachdem er sorgsam die Tür wieder hinter sich geschlossen hatte.

    Ohne den Anmut, mit der Helena die Treppe hinab gegangen sein mochte, ging schließlich auch Constantius die Treppe hinab und neigte sein Haupt respektvoll vor dem Magistratus.


    „Salve Magistratus. Ich danke dir, dass du uns hier in deinem herrlichen Gasthaus aufgenommen hast.“

    Constantius verharrte immer noch in seiner Position am Fenster. Sein Blick erschien geistesabwesend und nicht der hübschen Landschaft zu gelten.


    So wie der junge Mann kaum sein temperament verbergen konnte, so konnte man ihm auch stets ansehen, wenn seine Gedanken um eine mögliche Entscheidung rangen. Doch so offen, wie in diesem Moment, zeichneten sich seine Gedanken nur ab, wenn er sich unbeobachtet vermutete.


    „Die Legionen wären vielleicht der richtige Ort für mich. Vielleicht könnte ich zu Vater nach Germanien gehen und Ruhm und Ehre auf dem Schlachtfeld erringen. Oder zumindest tapfer, wie so viele aus meiner Familie, das größte Opfer für Rom bringen“, sprach die wagemutige, verblendete Stimme eines kleinen Helden in Constantius.


    „Nein. Ich kann Helena nicht alleine lassen. Sie braucht mich – es war gar nicht so leicht sich von Aussagen zu überzeugen, die man bereits als Lüge identifiziert hatte, bevor man sie überhaupt gedacht hatte – In Rom kann ich mich den cohortes urbanae anschließen. Es ist ebenfalls eine ehrbare Aufgabe für den Schutz der ewigen Stadt einzustehen. Immerhin kann ich Helena dann beschützen.- es war eine annehmabre Umschreibung für "Dann werde ich sie nicht so sehr vermissen" - Ich muss es ihr nur noch erzählen…wenn wir wieder in Rom sind.“


    Leise Stimmen, die er von unten vernahm, lenkten die Aufmerksamkeit des jungen Mannes in die Welt der Realität zurück. Er bemerkte wie sein Magen knurrte.

    Die kurzen Stunden des Schlafs hatten erstaunlicherweise neue Kraft gebracht. Obwohl der Körper immer noch protestierte, wenn er sich zu schnell bewegen musste, so waren es diesmal nicht mehr die kauten Protestschreie sondern eher mahnende Fingerzeige.
    Als Constantius den Princeps Prior erblickte, salutierte er zackig. Schwungvoll wurde die rechte Faust an die linke Brust geführt und ein lautes, „Salve, Princeps Prior“, ertönte.
    Der sachte Wind griff in das dunkle Haar des jungen Constantius, als dieser, wie befohlen, anfing seine Runden zu drehen. Es sollte auch diesmal nicht lange dauern bis der Schweiß der Anstrengung die Uniform ein weiteres Mal am Körper des Mannes kleben ließ.
    Runde um Runde lief er. Erst auf den letzten Runden kostete es Constantius wieder Mühe, den Atem so regelmäßig zu steuern, wie es ihm der Princeps geraten hatte.


    Die Verschnaufpause nach dem Lauftraining war nur kurz und reichte gerade dazu die Atemfrequenz auf ein schnelles aber regelmäßiges Maß zu reduzieren. Schnell war die Ausganstellung angenommen, das linke Bein vorgeschoben und der erste Stich ausgeführt. Die Augen fixierten das Ziel, in diesem Fall den Holzpfahl, unnachgiebig und der gepresste Atem am Ende eines jeden Stichs, ließ die Kraft des Stoßes zu einer tödlichen Wucht anwachsen. Und selbst beim letzten Stoß schien die Konzentration anzuhalten. Mit einem angestrengten aber entschlossenen Gesichtsausdruck nahm Constantius schließlich wieder Haltung an, als er den ersten Teil des Tagesprogramms absolviert hatte.

    Hatte der Blick von den Zuschauerrängen Constantius bereits begeistert, so schien ihn der jetzige Ausblick förmlich zu elektrisieren. Für einen Moment schien er alle Personen um sich herum zu vergessen und nahm die imposante Kulisse in sich auf.


    Auch der Anblick der Gespanne, welche er bisher nur aus der Ferne im dichten Staub erahnen konnte, war beeindruckender, als er es sich vorgestellt hatte. Es war kein Vergleich zu der Kutsche, die er als kleiner Junge zu heimischen Rennen um das väterliche Anwesen zweckentfremdet hatte.


    Begeisterung kann ein mächtiger Verbündeter sein, vor allem wenn man einige unangenehme Gedanken ausblenden musste. Und die Begeisterung, die Constantius gerade wieder empfand war so mächtig, dass er eine zeitlang keinen Gedanken mehr an andere Sachen verschwenden sollte.


    Als Victor ihn schließlich ansprach trat der zweite mächtige Verbündete des jungen Constantius an seine Seite. Wagemut. Auch wenn diese Eigenschaft nicht in Liedern besungen wurde, so zeichnen sich vor allem junge, temperamentvolle Männer mit dieser Eigenschaft aus. Und Constantius hatte diese „Tugend“ perfektioniert. Das Feuer des Wagemuts brannte förmlich in seinen Augen.


    „Anders überlegen? Du meinst wohl Hermes ist zu langsam? Ich werde dennoch eine Runde mit ihm versuchen. Sollte sich deine Befürchtung bestätigen, dann werden wir hoffentlich jemanden finden, der schnell genug die Pferde antreiben kann“

    Constantius nickte zu den Worten Victors. Das, was aussah, als würde er seinen Worten zustimmen, war in Wirklichkeit das nachdenkliche Nicken eines Mannes, dessen Gedanken gerade einen inneren Monolog führten.


    Die Worte Helenas hatten jeden Zweifel beiseite geschoben. Ein Teil in Constantius applaudierte ihm. Ja, lobte ihn für sein detektivisches Gespür. Ohne aufdringliche Worte hatte er seine These untermauert und schließlich bewiesen. Vielleicht lernte er doch noch eines Tages ein guter Wächter zu sein. Auf der anderen Seite waren der Teil, der seine Schwester nicht verlieren wollte und der Teil, der für Helena bereit war seine Existenz zu opfern, in einem Zustand der eisigen Umklammerung gefangen. Einem Zustand, der durch die Erkenntnis dominiert wurde, dass er, egal wie er sich anstrengen würde, ihr nie zu einem derart glücklichen Leben verhelfen könnte und, dass sich ihre Wege früher oder später trennen mußten, wollte er ihr nicht ein Hindernis in ihrem Leben werden. - wenn auch ein Hindernis mit guten Absichten -


    Hatten sich seine Mundwinkel für einen Moment noch nach unten bewegt, verdrängte nun ein Lächeln jedes Anzeichen von Wehmut als er das Wort erneut ergriff.



    "Nur zu gerne würde ich die Chance wahrnehmen, neben dem großen Hermes stehen zu dürfen."
    Das Lächeln gewann wieder einen Teil der Vorfreude zurück. Nur der Glanz in seinen Augen, auch wenn es niemand bemerken konnte, der ihn nicht seit Jahren kannte, war matter als zuvor.
    "Und vielleicht ist für helena eine derart ruhige Fahrt zu Beginn das Beste. Sie wird hoffentlich noch viele Gelegenheiten bekommen, auch noch einmal mit den anderen Fahrern fahren zu dürfen."


    Constantius stellte seinen Kelch ab und machte sich bereit ihrem Gastgeber zu folgen.

    Die Füße schmerzten. Die Arme fühlten sich schwach an. Doch alles in allem fühlte Constantius keinen Schmerz mehr. Es ist wohl dieser Moment, der einen jeden tapferen, aufrechten jungen Mann einmal erreicht. Wenn das, was man sich so erträumt hat, in der Realität doch viel anstrengender und zermürbend ist, als man dachte.
    Es ist der Moment, wenn ein junger, bisher ungeformter Geist, seine Grenze aufgezeigt bekommt. Es ist jener Moment, wo das Fundament der Unbesiegbarkeit, das bisher Stütze der jungen Seele war, die ersten Risse bekommt. Es ist der Beginn des Brechens und Neuerstehens. Es ist der schmerzhafte Moment, wo die Jugend endet und die Träume der Jugend sich als das entpuppen, was sie wirklich sind…Träume eben.


    Noch waren die Risse in Constantius Seele klein. Doch dort wo sich erst einmal ein Risskeim gebildet hat, da wird früher oder später das Fundament brechen.


    Müde schloss Constantius die Augen.
    „Morgen würde es sicherlich besser gehen“, sprach er sich selbst Mut zu.
    Und musste dennoch feststellen, dass er sich selbst beim Lügen erwischte.
    Erschöpfung konnte aber auch ein Segen sein. Sie brachte schnellen Schlaf, wo sonst Gefühle des Vermissens Bilder Helenas vor sein inneres Auge getrieben hätten. Constantius schlief ein