Beiträge von Caius Iulius Constantius

    Die Worte des Sergiers bewirkten eine rasche Veränderung des Gesichtsausdrucks des Miles. Man konnte sprichtwörtlich die Flammen in seinen Augen auflodern sehen, während sich die Nackenmuskulatur des kräftigen Mannes anspannte.


    "Es ist eine Schande, dass dieses Meisterwerk, erschaffen vom göttlichen Gaius Iuluis Caesar, abgerissen werden soll. Ist er doch so prachtvoll zu Ehren der Mutter des Aeneas erbaut worden."

    Es war bisher erstaunlich still gewesen an diesem Tag. Seit den frühen Morgenstunden war der Patrouillendienst fast ereignislos verlaufen. Lediglich zwei zänkische Marktweiber, deren Bändigung gleich 4 Patrouillen gebunden hatte, bildeten den Spannungshöhepunkt eines warmen, aber ruhigen Tages. Constantius hatte schon zu Beginn seines Dienstes sich demütigst bei den Göttern bedankt, dass ihm nicht der geschwätzige Miles Felix zugeteilt worden war, sondern der eher schweigsame Miles Novatus. Da Constantius diesen Charakterzug eher teilte, verlief ihr gemeinsamer Dienst reibungslos, aber auch sehr schweigsam. Der Austausch von Belanglosigkeiten beschränkte sich meist auf..
    „Schau mal“
    „Tritt hier nicht herein!“
    „Lass uns eine Pause machen“
    Im Grunde waren es genau diese drei Sätze, die die beiden Miles bis zu diesem Zeitpunkt miteinander ausgetauscht hatten und beide schienen dies ganz und gar nicht zu bedauern. Nun, da sie Stellung an einer Hauswand, an einer der großen Straßen Roms bezogen hatten, ließen sie still ihre Blicke schweifen. Sie folgten mit ihren Blicken dem Meer an Menschen, das, im Gegensatz zu den beiden Miles, nicht leise und still dahin zog.


    Nach einer Weile sollte sich der Miles Novatus mit einem menschlichen Bedürfnis zurückziehen und Constantius alleine zurücklassen. Ohne seine Position zu verändern beobachtete er weiter die Menge und blieb für einen Moment mit dem Blick an einer fein gekleideten Frau hängen. Es war keine große Leistung zu erkennen, dass sie nicht der einfachen Bürgerschicht angehörte. Wachsam spähte er deshalb nach links und nach rechts, ob ihr nicht zufällig ein paar Leute folgten, die auffällig unauffällig wirken wollten.

    Das Rennen hatte Constantius wieder in seinen Bann gezogen. Mit leuchtenden Augen verfolgte er deshalb das Geschehen auf der Rennbahn und schien einen Moment die Welt um sich herum zu vergessen. Doch als der favorisierte Fahrer der Veneta seinem Ruf gerecht wurde, blickt er wieder zu Minervina. Ein entschuldigendes Lächeln trat auf seine Züge, als ihm bewusst wurde, dass er erneut eine kleine Unhöflichkeit begangen hatte. Versichernd, dass Helena nicht zu einem zweiten Tritt ansetzte, warf er seiner Schwester einen kleinen Seitenblick zu. War es Erleichterung die da einen Wimpernschlag auf seinem Gesicht zu erkennen war, als er Helena mit Minervina sprechen sah?


    „Im Grunde ist es ganz einfach. Die Wagen fahren 7 Runden und am Ende muss unbedingt der Fahrer in den blauen Farben als erster durchs Ziel fahren“, entgegnete er lächelnd.


    Versichernd blickte er zur Seite, dass die wogenden Massen weder Minervina, noch Helena gefährlich werden würden. Vielleicht würde zum Ende der Rennen der Platz zwischen Helena und Constantius sicherer sein, doch im Moment schien keine Gefahr zu bestehen.

    „Allerdings könnte es sein, dass in den Finalläufen die Blauen nicht mehr so einfach vorne liegen werden. Aber hoffen dürfen wir dennoch.“


    Als Diocles einmal mehr als Erster die Runde beendete, hob Constantius jubelnd den Arm und konnte den fröhlichen Ausruf
    „VENETA VICTRIX“ nicht unterdrücken.


    Ein Schmunzeln umspielte daraufhin seine Lippen, als er so leise wie es in dem Trubel halt möglich war zu Minervina sagte:
    „Seit ich aus Tarraco hier her kam, habe ich noch nicht einmal die Fangesänge gelernt. Aber ich hoffe ich werde sie noch erlernen.“

    Erst jetzt legte sich der blick des iuliers auf den Princeps Prior und er nickte leicht. Aus seinem Waffengurt löste er in einen Stoffetzen gehüllten Gegenstand. Als er diesen Geganstand auf den Schreibtisch des Princeps legte, verriet ein metallisches Geräusch, um was es sich dabei handeln könnte.


    "Ja Princeps Prior, ich habe die Waffe aufgelesen und an mich genommen. Sollte ich in dieser Nacht für keine weitere Aufgabe benötigt werden, kehre ich später noch in die Casa der Iulier zurück und werde mich um meine Cousine kümmern und vielelicht noch mehr zu dem Tathergang erfahren. Allerdings könnte ich auch die Wahrheit aus dem Täter heraus...", er unterbrach seine erzürnten Worte und verschwieg somit ein "herausprügeln" und ersetzte es durch ein diplomatischeres " aus dem Täter heraus...holen".


    Inzwischen war er vom Schreibtisch wieder zurückgetreten und hatte seine gestraffte Körperhaltung angenommen.

    Innerlich bedauerte Constantius, dass der einzige Punkt, das Detail, dass vielleicht nicht so recht in das Bild passen wollte, eher seinem Geist entsprungen zu sein schien, als der Wirklichkeit zu entsprechen. Die Vehemenz, mit der der Tribun sich zu dem Thema äußerte, ließ keinen Zweifel daran, dass seine Worte der Wahrheit entsprachen. Er war also keiner jener Männern, die Frauen am liebsten heute als morgen aus der Politik vertrieben hätten.
    Sollte er sich etwa auch in seinem Glauben getäuscht haben, dass das Lächelnd es Tribuns, seinen warmen Blicke für Helena nicht mehr als nur Freundschaft verrieten. Sollten die brüderlichen Instinkte ihm einen Streich spielen.


    Seinen Gedanken nachhängend beobachte er das Gespräch zwischen Helena und Vitalamacus ohne das ihm so vertraute sanfte Lächeln. Und als schließlich das Gespräch seinen Weg zum Tempel der Venus fand, verhärtete sich der Blick des jungen Iuliers.


    „Es ist eine Schande, dass dieser Tempel fast eingerissen wurde. Es ist doch immerhin der Tempel der Muter des Aeneas, des Ahns unserer Familie. Der Mutter unserer Gens. Der Gens des Gaius Iulus Caesar, der Rom zu seiner Größe geführt hat.“


    Nun war es an dem einfachen Miles die Faust in diesem Moment der Unbeherrschtheit zu ballen. Nur von kurzer Dauer war dieser Moment, doch unverkennbar wurde das innere Feuer des Iuliers offenbart, das ihn nach Ruhm und Ehre für seine Familie streben ließ.


    Das Capitolium beherbergte doch die Tempel des iuppiters, der iuno und der Minerva. Jener Gedanke ließ die Beherrschtheit auf das Gesicht des jungen Mannes zurückkehren. Ließ seinen Blick zwischen den beiden hin und her wechseln. Keinen von beiden, so glaubte er, würde man wohl einfach im Tempel der Minerva antreffen. Doch war es wahrscheinlicher einen Tribun im Tempel der Iuno anzutreffen. War er vielleicht sogar verheiratet? So mussten sie sich also im Tempel des Iuppiters begegnet sein. Merkwürdigerweise erzählte Helena nie davon, dass sie dort gewesen war. Aber er hatte Helena auch nichts von seinen Gebeten im Tempel der Venus erzählt…und doch. Nachhaken konnte ja nicht schaden.


    „ Der Tempel des Iuppiters ist allerdings ebenso beeindruckend wie der Tempel der Venus. Es ist immer wieder eine Ehre ihn betreten zu dürfen, um dem Göttervater ein Opfer darzubringen. Ich muss aber gestehen, dass ich den Tempel seit meiner Ankunft hier in Rom noch nicht betreten habe. Erstrahlt er immer noch in der Pracht, von der man sich berichtet?

    Immer noch war sein Blick starr geradeaus gerichtet, als er zu einer Antwort ansetzte.


    „Es ereignete sich in einer Seitengasse am Fuße des Esquilin. Beide Männer lagen bewusstlos auf dem Boden, Princeps Prior. Ebenso ein fallengelassener Dolch. Meine Cousine kauerte panisch auf dem Boden. Weitere Spuren gab es nicht. Ich brachte meine Cousine noch in die heimische Casa der Iulier, um ihr den Aufenthalt in der Castra zu ersparen.
    Anscheinend war meine Cousine mit dem Angehörigen der Legion Secundus Mela, der niedergestochen wurde, auf dem Heimweg gewesen. Sie berichtete mir, dass der Angreifer eine Suspendierung erwähnt habe. Vielleicht handelt es sich bei dem Täter um einen Mann, der unehrenhaft aus der Legion entlassen worden ist. Natürlich steht meine Cousine für weitere Fragen zur Verfügung, Princeps Prior
    Allerdings halte ich ein weiteres Ausrücken nicht für notwendig, da sich beide Männer nun in der Castra befinden und der Aufenthaltsort der Zeugin bekannt ist."

    Zitat

    Original von Decimus Artorius Corvinus
    Einige lange Momente sah Corvinus Hypathia nach, schließlich musste er lächeln und wandte sich wieder an Constantius, diesen mit einem gutmütigen Schmunzeln musternd. "Stell dein Licht nicht unter den Scheffel, Constantius. Für den Anfang könnten wir beide ja gegeneinander antreten, aber ich bin mir sicher, in der Taberna finden sich noch genug andere Gegner. Sag... du hast aber schon viele Bekanntschaften geschlossen. Ich sollte ein Geschäft für Namensschilder eröffnen.", meinte er schmunzelnd und sah sich um. "Folgen wir den beiden?", womit er auf Hypathia und Helena deutete.


    Sein Blick musterte Corvinus
    Constantius musste bei dem Gedanken gegen Corvinus anzutreten alles andere als schmunzeln. Zwar war er selbst seinem Gegenüber an Körpergröße überlegen und etwas jünger, doch Corvinus erweckte den Eindruck eines sehr starken Ringers. Es würde sicherlich kein einfacher Kampf werden. Aber ein sehr interessanter bestimmt.


    „Gerne werde ich gegen dich antreten. Ich hoffe nur, du wirst einen einfachen Miles nicht gleich aus der Taberna werfen“, entgegnete er schmunzelnd auf Corvinus Worte.


    Und sein Schmunzeln sollte zu einem Grinsen anwachsen, als er seinen Blick über die anwesenden Gäste schweifen ließ. Er sollte viele Bekanntschaften gemacht haben? Nein, bei den Göttern, das hatte er wahrlich nicht. Dies waren die Gäste seiner Schwester, die mit dem diplomatischen Geschick und der Redekunst der Iulier gesegnet worden war.


    „Ich fürchte lieber Corvinus, dass nicht ich es bin, der Kontakte in Rom zu knüpfen vermag. Es ist Helenas Verdienst, dass dies Gastmahl so zahlreich besucht wird. Wäre es an mir gewesen dieses Mahl vorzubereiten, würde ich wohl heute alleine speisen“, beichtete er förmlich mit einem fröhlichen Flüsterton.


    „Gesellt euch nur zu eurer Gattin. Ich werde hier noch etwas verweilen und später gewiss zu euch stoßen.“
    Es war einfacher aus einer entfernten Position den Überblick zu bewahren. Es war auch so eindeutig einfacher, Helena und Victor nicht im Wege zu stehen.
    Gerade noch in Gedanken, sollte sein Blick echte Überraschung verkünden, als Severus an ihn heran trat und ihm den Wein reichte.


    „Ich danke dir und heiße dich in der Casa der Iulier willkommen. ich bin mir sicher, dass dieser Wein schmecken wird. Darf ich dir im Gegenzug etwas von unserem Wein anbieten?"

    Eilige, schwere Schritte näherten sich der Tür des Officiums des Wachabenden. Fast schien es, als hätte ihr Verursacher nicht einmal gestoppt, um an die hölzerne Tür zu klopfen. Sondern in seiner eiligen Bewegung mit der einen Hand dagegen geschlagen und mit der anderen die Tür sogleich geöffnet, um nicht, durch seinen eiligen Schritt mit Schwung ausgestattet, dagegen zu poltern.
    So geschah es, dass das Klopfen sich fast zeitgleich mit der Öffnung der Türe ereignete und der Miles Constantius eintrat und hastig salutierte.


    „Salve, Prineps Prior!“
    „Miles Cnstantius meldet sich verspätet von der täglichen Patrouille zurück. Die Verfolgung eines Diebs, der ein paar Früchte auf dem Markt gestohlen hatte, hatte uns gebunden. Leider ist er uns entkommen.“


    Obwohl der Blick des Miles starr geradeaus gerichtet blieb, war ihm dennoch anzusehen, dass ihn dieser Umstand bekümmerte.


    „Auf unseren Heimweg, vernahmen wir jedoch Hilferufe und wichen von unserem direkten weg zur Castra erneut ab. Wir erreichten den Ort des Geschehens nur wenige Augenblicke, nachdem wir die Hilferufe vernommen hatten, doch kamen wir einmal mehr zu spät. Wir fanden nur noch zwei bewusstlose Männer und eine verschreckte Frau vor. Einer der Männer schien von Schlägen niedergestreckt worden zu sein, während der andere eine blutende Wunde, verursacht durch einen Dolch, aufwies.
    Die Frau war, den Göttern sei Dank, unverletzt. Es stellte sich heraus, dass es meine Cousine Iulia Livilla ist, die fast einem Angreifer zum Opfer gefallen wäre. Der genaue Grund des Angriffs ist mir noch unbekannt, doch hat der schwer verletzte Mann scheinbar meine Cousine verteidigt. Beide Männer befinden sich zur Zeit im Lazarett und werden vom Medicus versorgt.“


    Er ließ seinen Bericht enden und verharrte in seiner gestrafften Haltung und erwartete nun die Reaktion seines Vorgesetzten, sich bereits auf einen Rüffel vorbereitend.

    Nach einer Weile des Wartens sollte die neu eingekehrte Ruhe erneut durchbrochen werden. Zunächst nur durch den sehnsüchtig erwarteten Medicus, der in Begleitung eines Miles und mit schlechter Laune eintraf.
    Trotz eines Blickes, der Patienten eher getötet hätte als ihnen Linderung zu gewähren, machte er sich unverzüglich daran, die Wunden Melas fachmännisch zu versorgen. Obwohl er mit flinken Händen und wenig Rücksicht vorging, war jeder Handgriff genau geplant und wissend ausgeführt. Kein angenehmer Arzt, doch ein fachkundiger zumindest.


    Die zweite Störung der nächtlichen Ruhe im Krankenlager erfolgte, als kurz darauf die Tür erneut geöffnet wurde, oder vielmehr aufgestoßen wurde. Die Konturen eines weiteren Miles zeichneten sich im Torbogen vor dem Hintergrund der dunklen Nacht ab. Schwere Schritte erklangen, als die Gestalt zügig in das fahle Licht im Krankenlager trat. Es war Constantius und seine Gesichtsmimik sprach Bände. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt und der Blick des jungen Mannes ähnelte eher dem eines Raubtieres, denn eines Menschen.


    „Wo ist dieser dreckige Bastard“, fauchte er seinen Kameraden entgegen. Jene angesprochenen hatten bereits reagiert, bevor der Iulier seine Stimme erhoben hatte. Eiligen Schrittes traten sie auf Constantius zu. Doch obwohl Novatus und Nobilitas ahnten, was geschehen würde, deutete Felix lediglich auf eine Gestalt, die zusammengekauert auf einem Stuhl hockte, die Hände immer noch gefesselt.
    Von dem Adrenalin angetrieben, das in seinen Adern brannte, erreichte Constantius deshalb den Mann noch bevor seine Kameraden ihn zurückhalten konnten.
    Wie eiserne Schraubzwingen legten sich die Hände des Iuliers um den Kragen des Attentäters. Zogen diesen auf die Beine und hielten ihn in einer unangenehmen, gestreckten Körperhaltung gefangen. Mit flammenden, zornigen Blick betrachtete Constantius den Kerl, der es gewagt hatte, seine Cousine zu bedrohen.


    „Du Wurm hast es gewagt dich meiner Cousine zu nähern?
    Was wolltest du von ihr?
    Sprich! Oder ich zeige dir gleich hier, welche Konsequenzen dein Handeln haben wird.“


    Nur röchelnde Worte vermochte der Mann von sich zu geben. Zu sehr drohte ihm der eiserne Griff des Miles die Luft abzuschnüren. Und vielleicht wäre dies ihm auch zum Verhängnis geworden, hätten die Miles Novatus und Nobilitas den Iulier nicht rechtzeitig erreicht und ihn weggezerrt. Dabei war es ein harter Kampf den jungen, kräftigen Iulier von seinem Opfer zu lösen. Nur die Kraft der beiden Mänenr gemeinsam schien gerade auszureichen.


    „Lass ihn Constnatius. Er bekommt seine Strafe. Stürze dich nicht in ein Unglück! Geh…geh und mach dem Wachhabenden Meldung. Ich glaube er wartet bereits darauf.“


    Erst als die beiden Miles Constantius durch die Tür schoben, beruhigte er sich wieder und ging zum officium des Wachhabenden.

    Es kam ebenso unerwartet wie plötzlich. Jenes schmerzhafte Gefühl, das seinen Ursprung an seinem Schienenbein fand und mit unaufhaltsamer Vehemenz seine Nervenbahnen herauf brandete. Trotz des lebhaften Tumultes der Anhänger der Veneta, trotz des anfänglichen Gesprächs mit seiner jungen Gesprächspartnerin, gelang es jener eindringlichen Botschaft die Aufmerksamkeit des Iuliers auf seine Schwester zu lenken.
    Um das sanfte, höfliche Lächeln auf seinen Lippen kämpfend, verriet das leichte Zittern seiner Mundwinkel und das Aufblitzen seiner braunen Augen, dass ihre Botschaft sehr deutlich verstanden worden war.


    Nachdem die Intensität der Botschaft etwas nachließ und einen sanften Blick wieder gestattete, sprach er gen Minervina:


    „Ich darf dir, auch wenn es etwas verspätet ist, meine liebe Schwester Iulua Helena vorstellen. Sie ist ebenfalls wie ich eine Anhängerin der Factio Veneta.“


    Sein Blick sollte nun zwischen den beiden Frauen hin und her pendeln.


    „Ja wenn Rothar gewonnen hätte, wäre die Lautstärke hier förmlich unerträglich, fast schmerzhaft.“
    Sein Blick blieb einen Moment lang an Helena haften und er stupste sie scheinbar zufällig leicht mit seiner Schulter an, als er sich wieder zu Minervina wandte.


    „Vielleicht möchtest du die folgenden Rennen ja mit uns ansehen. Helenas Wissen über die Wagenrennen ist wahrlich beeindruckend. Vielleicht weiß sie sogar mehr als ich darüber“

    Auch wenn Rothar nicht gewonnen hatte, schien dies die Anhänger der Veneta nicht zu interessieren. Sie feierten ihren Fahrer, der den nächsten Lauf erreicht hatte, fröhlich und ausgelassen. Die lauten Rufe bewegten Constantius dazu, seinen Blick kurz von seiner bis zu diesen Moment unbekannten Gesprächspartnerin zu lösen. Doch noch bevor sie ebenfalls ihre Stimme erhob, sollte seine Aufmerksamkeit wieder ihr gelten.


    Constantius, den man kaum als Mann des Wortes beschreiben würde, musste unweigerlich schmunzeln, als er ihrer Antwort lauschte. Immerhin waren dies auch für ihn erst das zweite Mal, dass er den Wagenrennen in Rom beiwohnte. Und die Erinnerung an die ersten, beeindruckenden Rennen, bei denen ihm die Namen der Fahrer ebenfalls unbekannt waren, war immer noch recht frisch.
    Doch zunächst galt es der Höflichkeit entsprechend sich vorzustellen, auch wenn sie sich unter hunderten laut schreienden Menschen befanden.


    „Es freut mich dich kennen zu lernen Rediviva Minervina. Ich heiße Caius Iulius Constantius“, seine Worte begleitete ein höfliches Lächen und ein sachtes Nicken.


    Als einmal mehr die lauten Rufe der Veneta-Anhänger erklangen, fügte er unweigerliche eine kleine Pause ein.


    „Ich muß gestehen, dies ist auch erst das zweite Rennen, dem ich in Rom beiwohne. Vor einigen Wochen kannte ich auch noch keinen der Fahrer. Aber ich glaube du hast den Weg in die Ecke der richtigen Factiones gefunden. Immerhin ist die Veneta gerade eine Runde weitergekommen“


    „Die Rennen und Rom waren für mich äußerst beeindruckend, als ich hier eintraf. Diese Stadt ist einfach überwältigend….“, er unterbrach seinen erneuten Versuch die richtigen Worte zu finden.


    Ein schüchtern wirkendes Lächeln beschloss seine Ausführungen.

    Constantius Augen verengten sich zu Schlitzen. Das Blut des jungen Iuliers begann zu kochen. Sein Herz forderte Constantius auf, jenen zu bestrafen, der es gewagt hatte sich Livilla zu nähern.
    Es kostete sichtlich Kraft die Beherrschung zu bewahren. Es würde Livilla nicht helfen, wenn er nun wütend die Casa verließ, um Gerechtigkeit walten zu lassen.


    „Er wird sich dir nie wieder nähern. Habe keine Angst mehr. Secundus …ist ebenfalls in Sicherheit. Gewiss wird sich bereits der Medicus um ihn kümmern…“


    Seine Worte endeten abrupt, als eine Dienerin an ihn herantrat und vorsichtig zu ihm sprach.
    Einem kurzen, leisen Wortwechsel zwischen Constantius und der Dienerin folgte ein Kopfnicken des Iuliers.


    „Livilla.“, seine Stimme klang sanft und er kniete sich wieder vor ihr hin.
    „Es liegt nun frische Kleidung für dich bereit. Ich möchte, dass du deine Tunika wechselst. Helenas Dienerinnen werden dir helfen. In der Zeit werde ich zur Kaserne gehen und meinen Vorgesetzten Meldung machen. Ebenfalls werde ich nachsehen, ob es Secundus gut geht. Du brauchst keinerlei Angst zu haben. Ich kehre rasch wieder und Wonga wird die Tür deines cubiculums bewachen. Ebenso wird Helena für dich da sein. Ich habe bereits eine Dienerin zu ihr geschickt.“

    Es ist immer wieder erstaunlich zu beobachten, wie nah Freude und Trauer doch beieinander liegen können. Constnatius Blick glitt über die Reihen jubelnder Menschen, deren Fahrer das notwendige Glück gehabt hatte, vor dem Fahrer der Veneta ins Ziel einzufahren. Nur ein paar Reihen weiter, sah er die Enttäuschung in den Gesichtern derer, deren Fahrer, aus welchen gründen auch immer, etwas zu spät das Ziel erreicht hatte. Eine Enttäuschung, die er mit ihnen teilte.
    Während Constantius noch dem Gedanken der Enttäuschung nachhing, blieb sein Blick an eben jener jungen Frau hängen, die nun in seine Richtung blickte. Zunächst sollte es lediglich bei einem nachdenklichen Blickwechsel bleiben. Erst wenige Augenblicke später schien der junge Iulier zu registrieren, dass er nicht mehr anonym auf eine unbekannte, große Menschenmenge blickte, sondern auf eine einzelne Person, zwar unbekannt, aber in der Lage den Blick des Iuliers zu bemerken und zu erwidern.
    Diese Erkenntnis ließ den nachdenklichen, enttäuschten Blick von seinem Gesicht weichen und erlaubte seinen Lippen ein verlegenes Lächeln zu formen.


    „Wenigstens hat Rothar es noch in den nächsten Lauf geschafft, auch wenn er das Rennen doch nicht gewonnen hat“, durchbrach er die Stille der nachdenklichen Blicke mit seinen Worten.
    Um schließlich kurz darauf zu der Erkenntnis zu gelangen, dass nicht unbedingt jeder Besucher in seiner Nähe ebenfalls ein Anhänger der Veneta sein musste.


    „Jedenfalls hoffe ich, dass dein favorisierter Fahrer ebenfalls den nächsten Lauf erreicht hat“, fügte er deshalb sehr rasch an.


    Sim-Off:

    natürlich ist es okay :)

    Constantius, den es zuvor nicht mehr auf der Sitzbank gehalten hatte, ließ sich auf eben jene wieder sinken. Was für ein Rennen. So gut hatte es begonnen und so schlecht hatte es geendet. Er schüttelte sachte den Kopf hin und her.


    „Was für ein Pech.“, sprach laut aus und lächelte wieder, als der daraufhin den Kopf wieder anhob.
    Kurz ließ er den Blick über die Zuschauerränge gleiten, als das Geschehen auf der Rennbahn ihn für einen kurzen Moment aus seinem Bann entließ.

    Ihre Antwort ließ Constantius einige Moment verdutzt nach einer Antwort suchen. Secundus abgelehnt? Wer war Secundus? Jener der schwer verwundet am Boden lag? Und wer war dann der andere?


    Auch wenn diese Antwort bisher keine Antwort auf seine Fragen gewesen war, so gab sie jedoch eine möglich Antwort auf die Fragen der vergangenen Tage. Secundud musste also jener Grund aus Germanien sein, warum Livilla manches mal so betrübt ausgesehen hatte..


    Das Puzzle, das Mysterium des heutigen Abends hatte sich bisher nicht lösen lassen.


    „Livilla. Bitte schau mich an“, sprach er in seinem immer noch gedämpften Tonfall zu ihr.
    „Du hast dich also mit Secundus getroffen.“
    Es war nur eine Feststellung. Bisher lag kein Vorwurf oder gar eine Anklage in seiner Stimme.
    „Doch wer hat euch angegriffen? Warum hat man euch angegriffen?“


    Noch immer hielt er ihre Hand. Versuchte ein Band der Nähe, des Vertrauens zwischen ihnen zu halten. Ein Band, das die letzten Tage so stark zu sein schien und nun scheinbar zu reißen drohte.

    Eine alte, fast verblasste Erinnerung schlich sich in den Geist des jungen Iuliers. Vor einiger Zeit hatte er tatsächlich Helena auf dem Formu Romanum gesehen. Hatte noch geschmunzelt, als sie einen der dortigen Redner mit ihrer meisterhaften Rhetorik und messerscharfen Argumenten in Bedrängnis brachte. Doch ob der jetzige Gast der Redner war oder ein anderer, war für ihn nicht mehr zu ergründen. So viele Redner hatten sich auf dem Forum vor der Wahl getummelt. So viele…..hoffentlich würden sie nun nicht alle früher oder später ebenfalls an die Porta klopfen. Ein beunruhigender Gedanke, den Constantius sogleich auch wieder mit einem vorsichtigen Lächeln verdrängte.
    Beim Gebet hatten sie sich also zufällig getroffen. Ja Zufälle gab es in Rom immer wieder. Die Götter schienen einen Gefallen daran gefunden zu haben, die Menschen in Rom täglich mit sonderbaren Zufällen zu erfreuen. Constantius stutzte einen Moment. Im Grunde klang alles so einleuchtend und doch schienen einige Detail nicht in das Bild zu passen. Und hätte er diese Schönheitsfehler fast übersehen, konnte er nicht umhin eine Augenbraue erstaunt zu heben, als der Tribun Helenas Antlitz sehr sachlich umschrieb.


    „So nehme ich an, dass du den Standpunkt vertrittst, dass Frauen sich aus der Politik zurückziehen sollten.“


    Kurz glitt sein Blick zu Helena. Wenn diese beiden also in dieser strittigen Frage so weit auseinander lagen, wie sich eben Frau und Mann voneinander unterschieden, warum nur war der Tribun derart erfreut gewesen sie Tage später wieder zu sehen? Sollten sie sich nicht eigentlich aus dem Weg gehen?


    Er verfolgte das Gespräch über den Tempel in Ostia. Ließ seinen Gedanken freien Lauf und brachte sich auch in dieses Thema ein.


    „Ich habe den Zustand des Tempels in Ostia noch nicht mit eigenen Augen gesehen. Ist es so schlimm wie man es sich erzählt?“


    „Oh Tribun. Hattest du bereits die Gelegenheit die prachtvollen Tempel Roms zu besuchen? Den Tempel des Mars und den großen Tempel der Venus, der einst von unserem Ahnen Iulius Caesar erbaut worden war?“

    Die Zeit war inzwischen recht weit fortgeschritten und so sollte das urplötzliche Aufreißen der Türe zum Valetudinarium die nächtliche Ruhe durchbrechen. Ungeachtet der bereits anwesenden Verwundeten, trugen zwei Miles einen verwundeten Legionär zwar behutsam aber nicht sehr leise herein.


    „Wir legen ihn dort vorne auf eine Liege.“


    „Wo steckt eigentlich der Medicus um diese Uhrzeit?“


    „Keine Ahnung, wahrscheinlich wird er friedlich schlafen.“


    „Dann rennst du gleich mal rüber und holst ihn aus den Federn“


    „Ich?. Wieso ausgerechnet ich? Du könntest dir doch auch den Anschiß abholen, wenn du ihn zu so später Zeit noch störst.“


    „Na weil ich hier aufpassen muss, dass er uns nicht unter den Händen wegstirbt. Sonst bekommen wir noch größeren Ärger“


    Das Gespräch zwischen dem Miles Novatus und Nobilitas ging nach einer Weile in ein gedämpftes Flüstern über, als sie Melas auf eine der freien Pritschen legten. Auch wenn Novatus mit knirschenden Zähnen davon eilte, um den Medicus zu holen, so führte er seine Aufgabe recht zügig im Laufschritt auf.


    Fast wäre auch deshalb mit den zweiten eintreffenden Verwundeten zusammengestoßen, als Felix diesen recht unsanft durch die Tür beförderte.
    „Setz dich da hin und warte auf den Medicus“, raunte Felix seinen Schützling an. Deutlich war der Zorn in der Stimme des Miles zu vernehmen. Immerhin hatte er aufgrund dieses Zwischenfalls seinen abendlichen Wein verpasst. Da würde Constantius sich noch anstrengen müssen, um das auch nur wieder ansatzweise wieder gut zu machen.


    Minuten zogen in das Land und Ruhe kehrte wieder ein.


    „Wo bleibt nur Novatus mit dem Medicus“, unterbrach Nobilitas nur einmal die schwere, düstere Stille.

    In seiner kniende Position verharrend, beobachte Constantius Livilla lediglich. Das was er jedoch erblickte erfüllte sein Herz mit Gram. Was immer auch geschehen sein mochte, was Livilla so mit Schuldgefühlen und Angst heimsuchte, würde gerächt werden müssen. Würde bestraft und geahndet werden. Würde von ihm, Constantius verfolgt werden.


    „Woran sollst du Schuld haben, Livilla? Du musst mir erzählen was geschehen ist, nur so kann ich dir helfen. Doch warst du es doch nicht, die das Messer benutzt hat. Du hast niemanden geschlagen, niemanden angegriffen. Es kann also nicht deine Schuld sein!“

    Es hielt Constantius nicht mehr auf seinem Platz. Als der Fahrer der Veneta in Führung ging, ging auch ein Ruck durch den jungen Iulier. Mit seinen kräftigen Beinen stemmte er sich der Schwerkraft entgegen und schoß förmlich in die Höhe. Die rechte Hand zur Faust geballt, streckte er sie in die Höhe.


    „Ja.VENETA!“, entfuhr es seiner Kehle. Voller Begeisterung blickte er auf die Rennbahn und schien die Welt um scih herum zu vergessen. Leider, denn sonst hätte er wohl Wonga die Fahne aus den Händen gerissen und sie selbst wild hin und her geschwenkt.