Beiträge von Caius Iulius Constantius

    Bis Tiberia Calvina im Haus verschwunden war, sollten die beiden Miles noch vor der Villa stehen bleiben. Ruhig und ausdruckslos waren ihre Blicke. Gerade machten sie sich wieder abmarschbereit, ergriffen ihre schweren Schild, richteten den Sitz des Waffengurtes und hielten inne, als sie ihres Blickes gewahr wurden. Ein knappes nicken schenkte Constantius ihr noch, bevor sie schließlicha us seinem blick entschwunden war.

    Ein leichtes Schmunzeln umspielte die Lippen des Iuliers. Scheinbar fühlte sie sich ganz und gar nicht wohl in seiner Begleitung. Ihr wäre es wohl lieber gewesen, wenn er einfach schweigend und dafür ein paar Schritte weiter voraus gegangen wäre.
    Erneut schallte ein „Erstaunlich“ durch den Geist des Iuliers und er hob das Kinn noch etwas stolzer empor, als die Villa Tiberia in Sicht kam.


    „Korsika muss Ähnlichkeiten mit Tarraco aufweisen. Das anwesen meiner Familie war auch nur von weiten Feldern umgeben. Ich liebte es das Pferd meines Vaters zu entführen und die Weite zu erkunden.“


    Jedes wort des einfachen Miles schien ihr zu viel zu sein. Dieser umstand hinderte Constantius jedoch nicht mit einem höflichen, fröhlichen Tonfall fortzufahren.


    „Wir haben euer Ziel erreicht. Die Villa Tiberia. Benötigt ihr noch weitere Hilfe?“

    In der Dunkelheit, die nur wage Schatten und Umrisse außerhalb der Casa erhahnen ließ, zeichente sich der Schatten eines Mannes ab, der sich der Casa näherte. Das leise metallische Scheppern von Rüstungsteilen verriet, dass es sich um einen Miles der Cohortes urbanae handeln musste. Im nächsten Moment war der Schatten verschwunden..und ein leises Geräusch erklang im inneren der Casa, von der Porta kommend. Constantius schien heimgekehrt zu sein.

    Bericht


    Betreff: Überfall auf Secundus Petronius Mela und Iulia Livilla


    Die bisherigen Ermittlungen ergaben folgenden Tathergang
    In der Nacht des X. diesen Monats ereignete sich am Fuße ds Esquilin ein heimtückischer Angriff auf die oben erwähnten Opfer. Allem Anschein nach wurde der Angriff durch den aus der Legion unehrenhaft entlassenen Lucullus ausgeführt. Dieser wollte sich durch die Schändung der Tochter seines Vorgesetzten Iulius Numerianus an eben jenen für die Entlassung rächen.


    Nachdem sich Secundus Petronius Mela dem Täter entgegen gestellt hatte, zückte der Angreifer einen Dolch und stach sein Opfer nieder. Petronius Mela erlitt eine tiefe Stichverletzung, die jedoch gut zu verheilen scheint.
    Der Täter näherte sich daraufhin der wehrlosen Iulia Livilla und bedrohte diese. Das erneute Eingreifen des verletzten Secundus Mela verhinderte die Umsetzung der geäußerten Drohungen. In einem Zweikampf gelang es Petronius Mela den Täter bewusstlos zu schlagen.


    Beide Männer waren nicht bei Bewusstsein, als unsere Patrouille eintraf. Der Tathergang wurde aufgrund von Zeugenaussagen rekonstruiert. Der mutmaßliche Täter wurde festgenommen und sitzt in der Castra im Carcer ein. Secundus Mela erholt sich noch von seinen Wunden und Iuliua Livilla weilt in der Casa Iulia. Die Tatwaffe wurde Princeps Prior Sura übergeben.


    Caius Iulius Constantius

    Fragend sollte sich sein Blick auf Helena legen. Ein Blick der nur kurz auf seiner Schwester verweilte und schnell erkannte, dass sie bei dem Lärm vielleicht gar nicht Minervinas Frage vernommen hatte.


    „Der morgige Abend wäre mir sogar sehr Recht. Ich werde mich vielleicht etwas verspäten, da ich nie genau sagen kann, wann ich aus der Kaserne nach Hause kann.“


    Diesmal war sein Blick nicht fragender Natur, als er sich abermals auf Helena legte. Vielmehr war es die unnötige Versicherung, dass sie noch da war.


    „Aber Iulia Helena wird sicherlich anwesend sein und meine Cousine Iulia Livilla wird ebenfalls in der Casa sein. Sie wird sich auch freuen dich kennen zu lernen.“


    „Und mich werdet ihr schon vom Weiten am Scheppern meiner Rüstung nahen hören können,“ fügte er schmunzelnd an.


    „Und den Weg zu uns findest du recht einfach. Die Casa der Iulier liegt in der Nähe de Tempels des Divus Caesar, welcher wiederum gegenüber der Rostra am östlichen Ende des Forum Romanum liegt. Du musst dich lediglich eine Weile gen Osten richten und an dem Tempel vorbei weiterschreiten. Dann kannst du es im Grunde nicht verfehlen. Doch wenn es dir lieber ist, können wir auch einen Sklaven entsenden, der dich und deine Begleitung zu unserme Heim führt.“

    Als sie langsam wieder ihren Weg fortsetzen, sicherte Constantius den Weg vor Tiberia Clavina, in dem er einen Schritt voraus lief. Unterdessen sorgte der Miles Novatus dafür, dass sich niemand mehr von Hinten nähern konnte, indem er näher aufschloss und doch noch einen respektvollen Abstand hielt.


    Den Weg für die Calvina zu bahnen, fiel dem großen Iulier nicht sonderlich schwer. Hier und dort wurden träumende Passanten freundlich aber bestimmt zur Seite geschoben.


    „Es gibt zahlreiche sehenswerte Gärten. Ich selbst bevorzuge den Horti Lolliani, da dieser nicht weit von unserer Kaserne entfernt ist. Ich denke es ist wohl nicht der Park, den du dir erwünschst. Allerdings liegt die Villa Tiberia an dem Ort, an dem die beste Luft der Stadt und der beste Ausblick über die Stadt zu finden ist. Ich hörte auch nur, dass es in den Wohngebiet der Patrizier die schönsten Gärten zu finden sind“


    Natürlich kannte er diese Gärten. Zu oft hatte er diese schon bestaunt, aber das musste er ihr ja nicht unbedingt auf die Nase binden.


    Wieder musste Constantius einen Mann aus dem Weg schieben, der erstaunt vor dem Miles stehen geblieben war. Weshalb er auch seine kleine Ansprache über die Stadt Rom unterbrechen musste. Erst als sie wieder unbehelligt weiterzogen, blickte er sich wieder zu ihr um und fügte an:


    „Auf was du in Rom achten musst? Gehe nicht bei Nacht auf die Straße, vertraue keinem noch so höflichen Lächeln und lasse niemanden in deinen Rücken. Dies ist die Stadt des Lichts und der Glorie. Doch birgt sie auch Schatten und Heimtücke. Niedertracht und Egoismus sind hier ebenso verbreitet.“


    Die Straßen, oft von Unrat übersät, wurden breiter und sauberer. Die kunstvoll verzierten Fassaden kündeten davon, dass sie nun einen vornehmeren Stadtteil betraten.


    „Wir haben gleich euer Ziel erreicht. Es wird nicht mehr lange dauern.“

    Constantius verschränkte abermals die Arme vor der Brust und nickte sachte auf seine Worte hin


    „Ich werde ihr von dir berichten und ihr deine Nachricht überbringen.“


    Wieder gönnte sich der Iulier einen Moment des stillen Schweigens und des musternden Blickes.
    „Mir wäre es auch lieber gewesen, hätte ich dich unter anderen Umständen kennen gelernt. Vor allem hätte ich mir gewünscht, dass du dich im Hause der Iulier vorstellst, bevor du Livilla ausführst. Wäre dieser Abend schlimmer verlaufen, hätte ich nicht einmal gewusst warum sie fort ist, wohin sie unterwegs war und mit wem.“


    „Solltest du etwas brauchen, Getränke, Speisen, lass es den Medicus oder einen Miles wissen. Wir werden dir das benötigte bringen. Kurier dich aus. Derweil werde ich meine Berichte schreiben.“


    So leise wie er gekommen war, ging Constantius auch wieder.

    Diese Frau war erstaunlich in ihrer Art und Weise. Constantius fühlte sich fast unwohl in ihrer Nähe, obwohl sie kaum ein wirklich abfälliges Wort sprach. Doch ihre Blicke, das Zögern in ihrer Stimme, all das, was eben zwischen den Zeilen nicht gesagt wurde, sprach Bände.
    Doch nicht minder erstaunt war Constantius über sich selbst. Ein Teil von ihm wünschte sich die sehr stolze – und stolz war merkwürdigerweise in diesem Moment keine sonderlich positive Umschreibung in seinen Gedanken – Frau in einer Menschenmenge durch Zufall zu verlieren, während ein anderer Teil mit Vehemenz und gekränkter Würde darauf hinwies, dass es einmal eine Zeit gegeben hat, in der es niemand gewagt hätte einen Iulier von oben herab zu behandeln. Doch all die verschiedenen Gedanken sollten im Grunde zweitrangig sein, denn die erlernte militärische Disziplin ließ Constantius nicht aus dem Ruder laufen, sondern wie ein braver, dressierter Miles an der Seite der Dame schreiten.


    Während Novatus sich merkwürdigerweise ein Stücken zurückfallen ließ und schweigend in einem gebührenden Abstand hinter den beiden daher schritt und ohne Aufforderung die Nachhut bildete, lauschte Constantius höflich lächelnd, den knappen Ausführungen der Frau, die er begleiten durfte.


    „Korsika...es soll dort sehr schön sein. Doch ist es nicht zu vergleichen mit dem großen Rom. Dem Herz des Reiches. Sitz der Imperatoren Iulius Caesar, Augustus, und Ulpius Iulianus.“


    „Doch du solltest in Rom acht geben. Trotz der Cohortes Urbanae gibt es viel zwielichtiges Gesindel in der Stadt. Am Tage können wir sie meist zurückhalten, doch in der Nacht ist es sehr gefährlich. Du solltest in der Nacht die Straßen meiden und am Tage nicht ohne Begleitung durch die Straßen...“


    „Erstaunlich“, dachte sich Constantius, als er dem kleinen Burschen nur noch nachgucken konnte. Er hatte nicht einmal mehr Zeit gehabt die Frau vor den Gefahren der Stadt zu warnen, da machte die Stadt ihrem schlechten Ruf alle Ehre. Obwohl Novatus dem kleinen Burschen noch nachsetzte, war es ein Ding der Unmöglichkeit seiner habhaft zu werden.
    Niedergeschlagen kam er mit leeren Händen zurück und hob resigniert die Schulter.
    „Was für ein Tag“, schoß es dem Iulier durch den Kopf


    Er straffte seine Körperhaltung und hob das Kinn an.
    „Diesen Vorfall bedauere ich sehr, Solltest du Beschwerde bei meinen Vorgesetzten Princeps Prior Sura einreichen wollen, mein Name lautet Caius Iulius Constantius.“


    Trotz seines augenscheinlichen Bedauerns über den Vorfall, gelang es ihm den Namen seiner Gens mit Stolz auszusprechen

    Constantius, der von den Göttern statt mit der Redekunst der Iulier mit einem großen, athletischen Körperbau gesegnet worden war, mochte in der Tat kaum älter als 21 Sommer wirken. Es gab immer noch jene Momente, in denen statt des weisen Blickes eines erfahrenen Mannes, das spitzbübische Funkeln eines nicht ganz so weisen Jünglings in seinen Augen auszumachen war. Auch wenn die Wochen in Rom diesen unbeschwerten Glanz in seinen Augen bereits etwas getrübt hatten. Die militärische Ausbildung, der körperliche Drill, die schmerzhaft erlernte Disziplin, ein tiefer Herzschmerz, all das hatte seine Spuren in der Seele des jungen Mannes hinterlassen. Vielleicht hätte ein einfacher Geist es treffender Weise wie folgt formuliert.
    „Er war nicht mehr so grün hinter den Ohren, wie noch bei seiner Ankunft in Rom“
    Doch noch immer sah man den groß gewachsenen, kräftigen, jungen Iulier meist lächelnd seine Wege ziehen. Und so erscheint es nicht verwunderlich, dass er auf Minervinas Worte hin erneut mit einem Lächeln reagierte.


    „Du lebtest ebenfalls in Tarraco?“, eine vergnügte Verwunderung beschlich sein Gesicht.
    „Ich habe dort eine Ewigkeit verbracht. Bin durch die Felder gestreift und habe die Weite des Landes genossen. Es ist ein wundervoller Ort. Aber nun bin ich fast 2 Monde bereits in Rom und nichts wird mich aus dieser Stadt vorerst wieder weg bewegen können.“


    Fast nichts, wäre vielleicht eine treffendere Formulierung gewesen. Eine Sache gab es, die ihn hätte dazu bewegen können Rom zu verlassen. Doch zur Zeit stand dieser Weg nicht zu Debatte. Noch nicht.


    Auch wenn er Helenas Stimme nur schwach vernahm, konnte er doch erhanen, was sie so laut und doch so leise im Vergleich zu den Zuschauerchören ausrief. Er nickte zustimmend.
    „Du bist jederzeit in der Casa der Iulier willkommen.“

    Wieso hatte Constantius nur das Gefühl beschlichen, dass ihre höfliche Bitte um eine Eskorte einem Befehl gleich kam? Kurz stahl sich ein schelmisches Funkeln in seine braunen Augen, als er sich des Gedankens nicht erwehren konnte, dass sie vielleicht noch eine Sänfte von ihm verlangen würde.
    Ja es bestand kein Zweifel mehr. Entweder war sie ebenfalls eine Angehörige der Gens Tiberia, oder eine Bekannte der Familie, die sich auch in den höheren Kreisen bewegte.


    „Wenn du eine Eskorte bis zur Villa Tiberia wünschst, werde ich dich natürlich dorthin begleiten.“


    Ohne große Mühen nahm der kräftige Soldat das schwere Scutum in seine linke Hand und machte sich abmarschbereit. Wäre nicht sein Kamerad gerade in diesem Moment aus einer Seitengasse wieder aufgetaucht, hätte er sich wohl noch auf die Suche nach ihm begeben müssen. Doch der Zufall wollte es, dass sich dieses Problem von alleine lösen sollte. Auch wenn dieser mit schweigsamer Verwunderung Constantius anblickte, nahm auch er lediglich sein Scutum auf und machte sich ebenso abmarschbereit.


    Derweil antwortete Xonstantius auf ihre Frage bezüglich der Länge der Wegstrecke:


    „Es ist noch ein kleiner Fußmarsch bis zur Villa Tiberia. Wir werden die gro0en Menschenmengen auf dem Forum umgehen und den Markt und besagtes Forum meiden. Aber auf den großen Straßen sollten wir gut vorankommen, so dass ihr recht bald euer Ziel erreichen werdet. Es ist euer erster Besuch in Rom“


    Hätte Constantius nicht spontan nach einer möglichen Umgehung eines möglichen schweigens gesucht, hätte er gewusst. dass er einer so hohen Frau keine so profane Frage stellen durfte. Aber nun hatte die Frage bereits seine Lippen überquert.

    Constantius, der fast lethargisch die Menge beobachtet hatte, schreckte aus seiner entspannten Körperhaltung förmlich auf und nahm eine gestraffte Körperhaltung an, als ihn Tiberia Calvina ansprach. Im ersten Moment, war sogar eine Spur von Verunsicherung auf seinem Gesicht auszumachen, als der leicht befehlende Tonfall an den antrainierten Gehorsam des Miles appellierte.
    Es war ein innerlicher Kampf zwischen dem Stolz eines Iuliers und dem schmerzhaft erworbenen Gehorsam.


    Allerdings konnte das Training, das in diesem Moment den stolzen Dickkopf des jungen Soldaten zurückhielt, nicht verhindern, dass seine Antwort nicht völlig flüssig und frei von Unterbrechungen erklingen sollte.


    „Salve!“
    Im Grunde hatte er nun bereits das erste Problem, da er sich nicht für eine passende Anrede entscheiden konnte. Sie war eindeutig keine einfache Bürgerin. Doch da er in dieser kurzen Zeit dieser Frage nicht weiter nachgehen konnte, beließ er es bei der Einfachsten der möglichen Grußformeln.


    „Zur Villa Tiberia?“
    Wenn er sich nicht völlig irrte, war es noch ein recht anständiger Fußmarsch, bevor sie ihr Ziel erreichen würde. Kurz dachte er darüber nach, wie er ihr den Weg am besten beschreiben könnte und gelangte zu einer neuen Problemstellung, die eine vorsichtige Nachfrage erforderte.


    „Wünschst du eine Wegbeschreibung oder eine Eskorte?“

    Constantius verschränkte in einer ihm eigenen Geste die Arme vor der Brust und lauschte den Ausführungen Melas. An einigen Stellen seiner Erzählung nickte er schwach und bekundete somit, dass er immer noch aufmerksam zuhörte.


    „Ich verstehe“, erwiderte er zunächst knapp. Als Mela geendet hatte.


    Sinnierend löste er seine verschränkte Körperhaltung auf und führte seine Hand zum Kinn.


    „Den Vorwurf, dass du sie nicht rechtzeitig nach Hause gebracht hast, muß ich dir machen, doch ebenso muss ich dir danken, dass du sie unter Einsatz deines Lebens verteidigt hast. Ich befand mich mit der Patrouille der Cohortes urbanae nur durch Zufall in der Nähe, da wir verspätet auf dem Weg zurück in die Kaserne waren. Normalerweise hätten euch höchsten die Eimerträger der Vigilen geholfen.“


    Sein Blick richtete sich nun direkt auf Mela.


    „Ich werde Numerianus über die Geschehnisse informieren und über deinen Gesundheitszustand. Ebenso werde ich einen abschließenden Bericht meinen Vorgesetzten zukommen lassen. Ich bin sicher, dass du nach deiner Genesung die Castra wieder verlassen darfst.“


    Er entfernte sich einen kleinen Schritt von dem Krankenlager und hielt erneut nachdenklich inne.


    „Secundus Petronius Mela, du hast mich vor einem großen Verlust bewahrt. Ich danke dir aufrichtig dafür, dass du Livilla beschützt hast. Auch wenn euer beider Leichtsinnigkeit fast eine Katastrophe heraufbeschworen hätte. Ich werde für deine Genesung den Göttern ein Opfer darbringen.“

    Der gebannt nach vorne gerichtete Blick, löste sich abermals von der Rennbahn und schweifte zu Minervina. Er musste sich ein Stücken zu ihr hinab beugen, um ihre Worte unter den Anfeuerungsrufen zu vernehmen.


    Unter einem Nicken entgegnete er ihr lächelnd.


    „Ja in der Tat. Ich bin in Tarraco aufgewachsen. Auf dem dortigen Anwesen der Iulier. Iulia Helena kann sich sogar noch an ihre Zeit in Rom erinnern, bevor unsere Familie nach Hispania gegangen ist. Doch für mich ist Rom eine unbekannte Stadt gewesen, als ich hier eingetroffen bin. Die Götter haben es dem jüngsten Sprössling verwehrt in Rom aufwachsen zu dürfen. Aber die weiten Felder Hispaniens waren eine gute Entschädigung. Doch nun bin ich froh wieder im Herzen des Reiches leben zu können.“


    Kurzzeitig wanderte sein Blick wieder auf die Rennbahn. Scheinbar hatte sich nichts an der Führung der Veneta verändert, weshalb er sich wieder lächelnd Minervina zuwenden konnte.


    „Warst du schon einmal in Hispanien?“

    Erstaunlicherweise veränderte sich der Gesichtsausdruck des Miles nur kaum bis gar nicht. In seiner ruhigen Art und Weise reichte er Mela den Kelch mit Wasser sehr vorsichtig. Diesmal gewährte er es ihm den Kelch selbst zu seinem Munde zu führen.
    Still verharrte er wieder an seiner Seite und wartete geduldig, bis er einen Teil seines brennenden Durstes gestillt hatte.


    „Mich erstaunt wie viele Schuldige es für diesen Vorfall geben soll. Nur der, der ein unbequemeres Quartier zugewiesen bekommen hat, behauptet, dass er nichts getan hätte.“


    Ruhig nahm er den Kelch abermals entgegen als dieser geleert war.


    „Ich kann dir versichern, dass du nicht in diesem bequemen Bett liegen würdest, sehe ich in dir den Hauptschuldigen. Gewiss hättest du wohl die Augen auch nicht wieder aufgeschlagen.“
    Obwohl sich sein ruhiger Tonfall nicht veränderte, gab es keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Worte.


    „Du dienst also in der Legio IX. Soweit ich weiß dient Iulius Numerianus ebenfalls dort. Er ist der Vater von Livilla und mein Onkel, aber das ist dir vielleicht sogar bekannt. Ich werde ihn so bald ich erfahren habe, was geschehen ist, über den Vorfall unterrichten.“


    Er hielt kur inne und ließ einen musternden Blick über Mela gleiten.
    „Trotz meiner Versuche die Wahrheit aus…dem Angreifer heraus zu prügeln, tappe ich immer noch etwas im Dunkeln. Livilla ist körperlich unversehrt, doch noch immer ist ihr Geist von dem Vorfall verschreckt. Ich weiß, dass es um eine angebliche Suspendierung geht, doch werdet ihr mir berichten müssen, was geschehen ist. Und ich will nicht hören, dass ihr der Schuldige seid. Sondern lediglich die Fakten. Was hat sich an dem Abend zugetragen?“

    Ohne Hast stellte Constantius den Kelch wieder auf einem der nahen Tische ab. Wandte sich ausgesprochen langsam wieder Mela zu und verharrte einige Augenblicke schweigend, sinnierend, ihn nur anblickend.


    Seine Stimme sollte schließlich ruhig und besonnen erklingen.


    „Iulia Livilla ist in Sicherheit. Ihr ist kein Leid zugefügt worden. Was wir wohl dir zu verdanken haben, nehme ich an.“


    Constantius trat einen Schritt näher an das Krankenlager heran und blickte auf Mela herab.


    „Du befindest dich im Castra Praetoria. Um genauer zu sein, im Valetudinarium der Cohortes urbanae. Wir fanden dich durch Zufall vor zwei Nachten blutend in einer Seitengasse. Du kannst von Glück sagen, dass wir die Hilerufe vernommen haben. „


    „Wünschst du noch mehr zu trinken? Bist du in der Lage zu sprechen? Wir müssen noch mehr über den Tathergang erfahren. Ich nehme an, dass Secundus Petronius dein Name ist, oder?“


    Constantius wandte sich ab und füllte den Kelch erneut mit Wasser an. Noch während er Mela den Rücken zukehrte, fügte er an.


    „Ich bin Caius Iulius Constantius, Miles der Cohortes Urbanae, Cousin von Iulia Livilla.“

    Wie so oft in den letzten zwei Tagen führte der Weg des Iuliers in das Valetudinarium. Oft hatte er lediglich am Eingang des Krankenlagers gestanden und den Medicus schweigend zugeschaut, wie dieser die blutigen Verbände wechselte. Erstaunlicherweise schien Constantius mit den meisten Leuten eine schweigende Form der Kommunikation aufzubauen. Denn ein einfaches Kopfschütteln des Medicus reichte aus um ihm mitzuteilen, dass der Verwundete noch nicht wieder bei Bewusstsein sei.


    Heute an diesem Tag war der alte, oft mürrische Medicus nicht anwesend, als Constantius eintrat. Es war erstaunlich still in den Raumen, wenn man von gelgentlichen Husten und Stöhnen absieht.


    Es war sicherlich kein Gefühl der Angst oder der Vorsicht, das constantius dazu bewegte nur langsam an das Krankenbett Melas zu treten. Vielleicht war es eher ein Gefühl von Respekt, dass sich durch sehr leise Schritte in den Räumlichkeiten des Lazaretts offenbaren sollte.


    Ruhig und besonnen ruhte der Blick des Iuliers auf Secundus Mela und vernahm den Namen, den er schwach aussprach. Ebenso vernahm er die Bitte des Mannes nach einem Glas Wasser.
    Eine Bitte, die er ihm nicht verwehren konnte und wollte.


    „Hier. Trinkt langsam. Ihr seid noch sehr schwach“, sprach er mit der ruhigen Stimme eines Miles. Sie war nicht abweisend, doch offenbarte eine gewisse distanzierte Haltung,
    Den Kelch mit Wasser führte er vorsichtig an die Lippen des Verwundeten und ließ ihn die ersten, vorsichtigen Schlücke des frischen Wassers kosten.

    Zitat

    Original von Iulia Livilla


    "Ich wusste gar nicht das du solche Interessen vertrittst, aber es tut gut wenn man gewinnt und im Ruhm badet. Ich glaube fest an meinen lieben Cousin." flüsterte ich ihm scherzend zu,.


    Ihre Worte trieben ihm unweigerlich ein Lächeln auf die Lippen. Ruhm, ja danach strebte er in der Tat. Aber gab es bei diesen Ringkämpfen Ruhm zu erreichen? Er war vielleicht kein Meister des Ringens, doch ein Neuling in diesem Kampfstil war er hingegen auch nicht. Im Moment, da er seit seiner Ankunft in Rom sein Training im Ringen vernachlässigt hatte, war das Turnier eine willkommene Gelegenheit für den jungen Mann seine Kräfte zu messen.


    Sachte flüsterte er deshalb Livilla entgegen.


    „Wahrscheinlich wird man mich in der ersten Runde aus dem Ring schleudern und du wirst deinen armen Cousin nach Hause tragen dürfen.“


    Als Sev den Weinbecher erhob, folgte auch Constantius dieser Geste und hob seinen Weinkelch ebenfalls an.


    „Auf die Veneta. Auf das wir siegreich sein werden.“

    Einmal mehr richtete Constantius seinen Blick auf den Miles Cato. Schien diesen einen Moment von oben bis unten zu mustern.
    Nach Beendigung dieser prüfenden Prozedur warf er schließlich dem zweiten Wachsposten einen fragenden Seitenblick zu und erst als dieser unschlüssig die Schultern hob, blickte Constantius wieder zu Cato.


    „Ich weiß nicht ob der Befehl Angehörige der Cohortes Urbanae einschließt. Irgendwie hast du ja von diesem Vorfall Wind bekommen. Vielleicht solltest du dich lieber beim Princeps Prior melden und weitere Befehle erfragen. Nicht das dir nachher jemand einen Strick daraus dreht, dass du ohne Befehle hier aufgetaucht und wieder verschwunden bist“


    Constantius straffte seine Haltung und gab somit den Weg durch die Tür frei.

    Die Zeit verstrich und die beiden Miles an der Porta kamen ihren Befehlen bisher pflichtbewusst nach. Niemand wurde von ihnen hinein oder heraus gelassen aus dem Haus, das zum Schauplatz eines Verbrechens geworden war. Dabei kam ihnen der umstand, dass gar niemand herein oder heraus wollte, hilfreich entgegen bei der Erfüllung ihrer Pflicht. Fast etwas lässig stützten sich die beiden Miles, die so aufmerksam die Tür bewachten, auf ihr Pilum und beobachten den nahenden Schatten.
    Wachsame Augen suchten nach einem Rangabzeichen an der Uniform des nahenden Miles, die eine Auflösung der lässigen Körperhaltung und einen zackigen Gruß erforderlich gemacht hätten. Doch als sie nichts dergleichen entdecken konnten, verharrten sie in ihrer Körperhaltung und lauschten den Fragen des Mannes.
    Ein leichtes Zucken der Schultern, sollte die Unkenntnis des Iuliers unterstreichen, als er zu einer Antwort ansetzte.
    „Ich weiß nicht was hier geschehen ist. Angeblich ein Mord. Aber der Tribun und der Princeps Prior sind am Tatort. Die einzigen Befehle, die wir erhalten haben sind, dass wir hier niemanden herein oder heraus lassen sollen.“

    Schweigend bezog Constantius seinen Wachposten vor der Tür. Der Befehl des Princeps war eindeutig gewesen. Niemand sollte das Haus betreten oder verlassen. Was immer hier vor sich ging, schien den Princeps sichtlich zu beschäftigen. Das Gesicht des Vorgesetzten konnte eine gewisse Anspannung nicht verbergen, als er seine Befehle erteilte.
    Als nun auch der Tribun eintraf, salutierte Constantius zackig und gewährte ihm selbstverständlich sofort Einlass. Doch kaum war der Tribun ebenfalls im Gebäude verschwunden, sollte die Gerüchteküche ihre Halbwahrheiten verbreiten.


    „Weißt du was geschehen ist, Novatus?“, fragte Constantius seinen eher schweigsamen Kameraden, der mit ihm zusammen die Tür bewachte.
    Dieser reagierte zunächst mit einem Achselzucken und ließ recht spät erst ein paar Worte folgen.
    „Weiß nich...angeblich nen Mord. Soll gehäuft passieren in letzter Zeit“
    „Es gibt vermehrte Morde in der letzten Zeit“, hakte Constantius erstaunt nach.
    „Ja..Felix erzählte er hätte von weiteren Mordfällen gehört..2 oder 3..oder vielleicht 4 in den letzten Tagen. Scheint so als gäbe es entweder einen Massenmörder mehr in Rom oder einen Bandenkrieg..oder die Leute haben in letzter Zeit einfach nur Pech, was weiß ich schon..“


    Erstaunt verfolgte Constantius die spärlichen Informationen. Ein beunruhigendes Gefühl beschlich ihn in der Magengegend. Er würde Helena und Livilla bei Nacht nun ganz gewiss nicht mehr vor die Türe lassen.