Beiträge von Caius Iulius Constantius

    Constantius hatte zwar noch nicht vollständig aus seiner bedrängten Position als Wortführer herausgefunden, doch schien sich der Strick, der sprichwörtlich um seinen Hals gelegt worden war, zu lockern und gewährte ihm wieder einige Einblicke als stiller Beobachter.


    Im Grunde war es nicht erstaunlich, dass der Tribun dem Gespräch offenbar nicht seine volle Aufmerksamkeit schenkte. Und auch wenn Constantius vielleicht mit seinen Gedanken voreingenommen war, so glaubte er zu wissen was der Grund sein mochte. Sicherlich würde der Tribun lieber alleine mit Helena reden. Wünschte er sich vielleicht, dass der lästige kleine Bruder verschwinden sollte?
    Constantius lächelte sanft. Ein Lächeln, dessen Ursache vielleicht nur ihm bekannt bleiben würde. Und er machte, wie wohl zu erwarten war, keine Anstalten auch nur seinen Platz zu verlassen.


    „Eine solche Neuordnung kann nur von den ranghöchsten Offizieren angesprochen werden. Es ist also nicht, was ich erreichen kann. Aber ich stimme dir zu Tribun. Eine solche Neuordnung ist dringend notwendig. Aber gleichzeitig hat sich die Lage seit der Zeit der Bürgerkriege entspannt.Doch ...“


    „Wir wären zu so viel mehr fähig als nur am helllichten Tag für Ordnung zu sorgen. Bei größeren Problemen treten die Praetorianer in Erscheinung und Nachts müssen die Vigiles die Stadt schützen. Oft erscheint es uns einfachen Miles, als ob man uns an die kurze Leine nimmt.“


    Seine Worte, so mühevoll gestartet, drohten sich am Ende gegenseitig zu überholen. Drängten aus seinem Mund heraus und wollten bisher nur angedachte Gedankengänge preißgeben. Er stockte jedoch, als er aus den Augenwinkeln den Blick Helenas wahrnahm. Es bedurfte keiner Worte damit Constantius wusste, was in Helena vor sich ging. Das besondere Band zwischen den beiden Geschwistern erlaubte dem jüngeren Bruder eine recht zutreffende Einschätzung ihrer Gedanken. Er verstummte. Beließ sein Lächeln auf seinen Lippen und versuchte mehr oder weniger geschickt das Thema zu wechseln.


    „Aber ich verrichte meinen Patrouillendienst sorgsam bis ich eines Tages vielleicht andere Befehle erhalte.“
    Er stockte kurz, suchte nach einer möglichen Fortführung des Gesprächs.
    „Ich nehme an, dass du meine Schwester in Ostia als die dortige Magistratin kennen gelernt hast. Ich hoffe es berührt keine Belange der Sicherheit des Reiches, wenn ich frage, was einen Tribun der Legio IX nach Ostia führt. Hat es mit dem Aufbau des dortigen Tempels zu tun?“

    Zitat

    Original von Decimus Artorius Corvinus
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    "Sag, Iulius Constantius, bist du an Ringkämpfen interessiert? In meiner Taberna finden bald wieder griechische Ringkämpfe statt und wir suchen noch noch starke Männer, um die Augen der Frauen zu begeistern." Ein kurzer Seitenblick, garniert mit einem Grinsen zu Hypathia folgte und er drückte ihre Hand sanft, ehe er mit beschwichtigender Stimme fortfuhr. "Das Ringen ist eine Königsdisziplin der Griechen und wir wollen diese alte Tradition wahren und fortführen. Natürlich werde ich auch daran teilnehmen, war es mir doch mein liebster Sport in Achaia. Ach und zum Ansporn wird es natürlich verschiedenste Preise geben. Was meinst du, bist du dabei?"


    Die plötzliche und unerwartete Berührung an seiner Schulter riß Constantius aus seinen Gedanken. Drohte die Maske des höflichen Gastgebers für einen Moment zu zerspringen, gewann das sanfte lächeln seine Kraft zurück, als sein Blick auf Corvinus viel.


    „Mir war nicht bekannt, dass du eine Taberna besitzt. Auch wusste ich nicht, dass dies ein passender Ort für die Austragung eines Ringkampfes ist. Aber Rom hielt bereits viele Überraschungen für mich bereit.“


    Sein Blick richtete sich kurz auf Livilla und schenkte ihr ein sanftes Schmunzeln. Daraufhin sollte sein Aufmerksamkeit wieder Corvinus gelten.


    „Ich weiß nicht ob mein Anblick die Augen irgendeiner Frau erfreuen würde, doch messe ich mich gerne im Ringkampf, Auch wenn meine Technik nicht sonderlich meisterhaft ist, werde ich mich gerne daran beteiligen. Gibt es denn bereits Gegner für mich?“

    Constantius lehnte die martialische Ausrüstung an eine entfernte Wand. Wandte sich von Schild und Speer ab und ging wieder zu Livilla herüber. Auch wenn ihm Rüstung und Gladius immer noch einen kriegerischen Anblick verliehen, sollte sein Blick weich und sorgenvoll sein. Er ließ sich vor Livilla auf ein Knie nieder sinken und legte behutsam seine Hand auf die ihre, die ängstlich ihren Oberarm umfasste.


    Im Hintergrund trat eine Dienerin mit einer Schale frischen Wassers an Constantius heran und überreichte ihm die Schale zusammen mit einem feinen, sauberen Tuch.
    Dankbar nahm er sie entgegen und platzierte sie vor seinen Füßen. Doch zunächst sollte er das feine Tuch nehmen und behutsam die Spuren der vergossenen Tränen von Livillas Gesicht abtupfen.


    Noch immer gewährte er ihr einen Moment der Ruhe, auch wenn es ihm auf der Seele brannte zu erfahren, was wirklich geschehen war.


    „Alles wird wieder gut, Livilla“, sprach er lediglich in einem warmen Flüsterton

    Constantius nickte auf die Worte des Sergiers hin.
    „Ja ich verehre die Mutter unserer Gens, die Göttin Venus. Sie ist die Mutter des großen Aeneas welcher einer der großen Ahnen unserer Familie ist. Ihr Liebe und ihr wohlwollen haben den Iuliern viele Siege beschert. Nicht umsonst ließ der große Caesar selbt ihr zu Ehren den prächtigen Tempel errichten.“

    Das schwere Rumpeln eines Marktkarrens, der schon bessere Zeiten erlebt hatte, war lange vorher zu vernehmen, bevor sich auch schließlich die Umrisse dreier Mänenr in der Dunkelheit abzeichneten. Im Laufschritt näherten sie sich und einer von ihnen trug die Uniform der Cohortes Urbanae.
    Als der Wagen schließlich das Tor der Castra erreicht hatte, zeichneten sich bereits drei weitere Gestalten in der Dunkelheit ab. Auch zwei jener Männer trugen die Uniform der Cohortes Urbane und führten einen gefesselten Mann vor sich her.


    Der Miles, der den Karren begleitete, richtet als erster das Wort an die vielleicht etwas verdutzte Torwache.
    „Salve. Wir haben zwei Verwundete. Einen Bürger und einen Angehörigen der Legion, welcher scheinbar durch eine Klinge verletzt wurde. Wir müssen sie dringend ins Lazarett bringen und benötigen die Anwesenheit eines Medicus. Miles Constantius wir in Kürze ebenfalls hier eintreffen und dem Wachhabenden Bericht erstatten. Er eskortiert noch ein weibliches Opfer nach Hause und ergründet den Umstand des Vorfalls.“
    Der junge Miles schien die Wache ungeduldig anzublicken und hoffte darauf, dass das Tor schnell geöffnet werden würde.

    Der Weg durch die dunklen Gassen war heute weitaus bedrückender als in den letzten Nächten gewesen. Da erschien der fahle Umriss in der schwärze der Nacht der vertrauten casa, wie der der sichere Hafen vor einer unruhigen See. Nachdem sie geschwind die Porta passiert hatten, instruierte Constantius ein paar Sklaven neue Kleidung für Livilla zu bringen. Außerdem sollten Wasser und etwa zu essen gebracht werden.
    Weiterhin in ihrer Nähe verharrend, gewährte Constantius Livilla einen Moment der Ruhe und schwieg.

    Es entsprach nicht im Geringsten der Dienstvorschrift, doch verstand er Livillas Wunsch nur zu gut. Nach einem solchen Vorfall sehnte man sich förmlich nach einem vertrauten, sicheren Ort an den man sich zurückziehen konnte. Und es war dem jungen Miles mehr als Recht seiner Cousine die kalten, kargen Wände der Castra zu ersparen.
    Was war nur die beste Lösung für dieses Dilemma?


    „Novatus, suche in den umliegenden Häuser nach einer Trage, einem Brett oder zwei festen, langen Stäben. Sollte man dich abweisen, verschaffe dir Zugang zu den Häusern. Ich übernehme die Verantwortung für alles.“


    Seine Stimme erklang laut in dem Zwielicht der Gasse. Verkündete unverkennbar, dass er keine Einwände zulassen würde. Und so geschah es, dass der eben angesprochene Miles losging und mit Vehemenz an den verschlossenen Türen hämmerte und lautstark im Namen der Cohortes Urbanae Einlass verlangte.


    Unterdessen wandte sich Constantius an Livilla. Hielt ihre Hand fest und half ihr sich vom dreckigen Boden zu erheben.


    „Ich werde dich nach Hause bringen“, bestätigte er ihren Wunsch mit gedämpfter Stimme.
    „Doch du musst mir dann sagen, was geschehen ist. Wieso sollst du schuld daran sein, dass er sterben muß? Wer ist er und was macht ihr hier draußen. Und wer ist der andere Mann. Was ist der Grund für dieses Ereignis.“


    Die aufkeimende Panik in Livillas Stimme blieb Constantius nicht verborgen. Weshalb er sie direkt anschaute und sie aufforderte ihm in die Augen zu blicken.


    „Er wird nicht sterben. Wir bringen ihn zu einem Medicus. Er wird durchkommen. Ich verspreche es dir.“


    Constantius wusste nicht im Geringsten ob er sein Versprechen würde halten können, doch war es im Moment eine erlaubte Notlüge, um die Panik aus Livillas Augen zu vertreiben. Er blickte sie noch einen Moment entschlossen an, bevor ein Rumpeln in nicht großer Entfernung seine Aufmerksamkeit erregte.
    Es war der ausgesandte Miles Novatus, der mit einem alten Marktkarren und zwei kräftigen Sklaven näher kam. Ein der Situation nicht ganz angepasstes Lächeln zierte sein Gesicht.
    „Ich habe etwas Besseres als eine Trage gefunden. Und ziehen müssen wir das Ding auch nicht. Die Uniform der Cohortes Urbanae kann doch noch manchmal nützlich sein“


    Constantius seufzte innerlich. Es würde sicherlich die Liste seiner Verstöße in dieser Nacht um einen weiteren Punkt erweitern, doch was es gleichzeitig die Lösung seiner momentanen Probleme.


    „Novatus, Nobilior ladet den Verwundeten auf den Karren. Novatus du begibst dich mit dem Karren und den Sklaven im Laufschritt zur Castra und zum Medicus. Nobilior und Felix, ihr führt den anderen zusammen ebenfalls zur Castra und stellt auch ihn dem Medicus vor. Ich bringe derweil meine Cousine in die Casa Iulia und komme dann umgehend nach und werde dem wachhabenden Bericht erstatten.“


    Constantius fühlte die Blicke aller seiner Kameraden auf sich ruhen. Es war ein Verstoß gegen die Dienstanweisung, das wussten sie alle, doch erhoben sie keine Einwände, sondern machten sich daran die Verwundeten abzutransportieren, während Constantius Livilla in die Casa führte.

    Das anstehende Rennen war eine willkommene Abwechslung in den zahllosen unangenehmen Begebenheiten und Ereignissen der letzten Tage. Dieser Tag versprach die Zerstreuung, die ein belasteter Geist benötigt, um in wenigen Stunden den Belastungen des Lebens wieder standhalten zu können. Das brennende Gefühl nach Samira, die Sorge um Livilla, die Unzufriedenheit über die Aufgaben seines Dienstes waren für ein paar Stunden zweitrangig. Nun galt nur der Moment. Der Moment, den er mit seiner Schwester verbringen durfte. Mit stolz erhobenem Haupt begab er sich an ihrer Seite zu seinem Platz auf der Zuschauertribüne. Hier und dort schenkte er Helena ein sanftes Lächeln und zwinkerte ihr gutmütig zu. Es war einfach ein beruhigendes Gefühl sie nehmen sich zu wissen. Dies war nicht alleine darauf zurückzuführen, dass er somit seinen Wachinstinkt besänftigen konnte, sondern auch weil ihre Begeisterung für die Wagenrennen der seinen in nichts nachstand.
    Am liebsten hätte der junge Iulier dem Sklaven Wonga, der hinter ihnen Stellung bezogen hatte, die Fahne der Veneta aus der Hand genommen und sie stolz hin und her geschwenkt.
    Doch im Moment sollte es Wonga vergönnt bleiben die Blaue Fahne zu halten. Und es schien den Sklaven erstaunlicherweise sichtlich zu erfreuen. Die weißen Zähne des Nubiers blitzten immer wieder auf, wenn er spielerisch die Fahne im böigen Wind schwenkte. Ein Umstand, der auch Constantius schmunzeln ließ.


    Verspätet blickte er deshalb in die Richtung, in die Helena so freudig winkte. Es sollte ihm dann auch nicht mehr schwer fallen zwei bekannte Gesichter auszumachen. Respektvoll neigte er sein Haupt, so dass es auch über eine Entfernung noch zu erkennen war, vor den beiden Männern.


    „Steht es fest, dass Hermes nicht starten wird?“, sprach er neben Helena stehend, als sein Blick interessiert über die Rennbahn streifte.

    Ihre Augen, die vor einigen Stunden noch fröhlich und glücklich in der heimischen casa gestrahlt hatten, waren nun von Panik und Angst erfüllt.
    Abwartend blickte er sie an. Erwiderte ihren ängstlichen, ungläubigen Blick mit der Ernsthaftigkeit eines Miles und der Sorge eines Cousins.
    Constantius erkannte, dass es wenig Sinn im Moment hatte sie weiter nach dem Tathergang zu befragen. Zu sehr hatte der Schock von ihr Besitz ergriffen. Zu sehr schien die Angst sie zu fesseln.
    Ohne eine Antwort mehr von ihr zu erwarten sprach er lediglich mit gedämpfter Stimme auf sie ein, als er sich daran machte seinen Umhang von den Schultern zu lösen.


    „Livilla. Es ist vorbei. Es kann nichts mehr geschehen. Wir bringen die Verwundeten in unsere Kaserne. Sie werden dort versorgt werden. Danach bringe ich dich nach Hause. Ich werde dich nun nicht mehr alleine lassen.“


    Er wiederholte seine Worte noch ein einige Male in der Hoffnung der Klang einer vertrauten Stimme würde sie mit der Zeit beruhigen. Den Umhang, den er unterdessen abgelegt hatte und in seinen Händen hielt, legte er um den zitternden Leib Livillas. Der verängstigte Anblick den sie darbot, ihre panischen Blicke bekümmerten Constantius, ließen ein Gefühl der Unsicherheit und der Hilflosigkeit in ihm aufkeimen. Wie konnte er ihr nur helfen. In seiner Hilflosigkeit legte er deshalb kurzerhand seinen Arm um ihre Schulter und verharrte still neben ihr kniend. Sekunden vergingen..


    „Constantius. Die Blutung ist gestoppt. Mit etwas Glück können wir ihn transportieren ohne das er uns auf dem Weg verstirbt.“


    Die Stimme des Miles Felix erklang nun ebenfalls im Hintergrund.
    „Dieser hier atmet auch noch und kommt mehr oder weniger zu sich. Den kriege ich auch schon noch zum Laufen“

    In der Nacht vor Helenas Abreise, hatte der kleine Constantius fieberhaft an dem kleinen Gegenstand gearbeitet, in den der kleine Junge seine größte Hoffnung investiert hatte. Er sollte immerhin dafür sorgen, dass Helena kein Leid widerfahren würde, sie den kleinen, dickköpfigen Bruder nicht vergessen würde und sie in der Stunde der größten Not daran erinnern, dass es einen Helden, wenn auch einen sehr kleinen, gab, der jederzeit und überall bereit war für sie einzustehen. So viele sehr wichtige Aufgaben für einen kleinen von Hand gefertigen Anhänger. Einen Anhänger, der deshalb auch ganz besonders werden musste. Angetrieben von diesem Ziel zog sich Constantius in jener Nacht in einen kleinen Raum in der Casa zurück. Schnitze im fahlen Licht einer kleinen Kerze. Ließ sich selbst nicht beirren, als bereits alle Erwachsenen zu Bett gegangen waren und die Case unheimlich still geworden war. Von Stunde zu Stunde musste er nicht nur gegen das widerspenstige Holz ankämpfen, dass sich nicht so formte, wie es der unbeugsame Geist des sehr jungen Iulier es wollte, sondern musste auch gegen die Heimtücke des Schlafes bestehen.
    So sehr sich der Junge auch anstrengte, sich beeilte und antrieb, er sollte später dem Schlafe erliegen. Zusammengekauert neben einer erloschenen Kerze fand ihn seine Mutter, die ihn die ganze Nacht wortlos beobachtet hatte und ihn gewähren ließ. Es war wohl ihrem besonderen Einfühlungsvermögen zu zuschreiben, dass sie den Jungen nicht in sein Bett trug, sondern lediglich sorgsam eine Decke über ihn legte.
    Denn wäre Constantius in seinem Bett erwacht und nicht neben der Kerze mit seinem Schnitzmesser in der Hand, wäre die Trauer, die er am nächsten Tag sowieso empfand, noch größer gewesen. Die Götter waren ihm nicht hold gewesen in dieser Nacht. Lediglich eine Schwinge der kleinen taube war ausgearbeitet worden. Und nur ein müde eingeritztes C war zu erkennen.
    Die Trauer des Jungen war groß, als Helena aus seinem Blick entschwunden war. Er war gescheitert, war am Boden zerstört und schnitzte doch die folgenden zwei Nächte weiter an dem nun sinnlos gewordenen Anhänger. Dieses kleine Stückchen Holz hatte ihn von diesme Zeitpunkt stets begleitet.


    Sicherlich kam ihm zwischendurch der Gedanke, dass er dieses Überbleibsel einer fixen Idee eines kleinen Jungen fortwerfen sollte. Doch wurde dieser Gedanke niemals in die Tat umgesetzt. Stattdessen hatte das einstige Geschenk nun sein Ziel erreicht. Zwar um Jahre verspätet, doch scheinbar nicht zu spät. Der wässrige Glanz in den Augen Helenas, das gerührte Zittern in ihrer Stimme, das besondere Lächeln auf ihren Lippen füllten den kleinen Bruder mit Erleichterung und einem Gefühl des Glücks an, dass einer göttlichen Gabe gleich kam. Der kleine Junge, der immer noch ein Teil Constantius war, weinte innerlich Tränen des Glücks, so dass das sanfte Lächeln des erwachsenen Constantius vor Rührung leicht zitterte.


    „Es ist nur eine Kleinigkeit..“, begann er vorsichtig und gerührt seine Stimme zu erheben. Der Glanz in seinen Augen strafte ihn Lügen, denn es war eindeutig keine Kleinigkeit mehr für ihn. Das sich Helena so würde freuen, hatte er sich nicht einmal erträumt.


    „Dieses kleine Symbol soll dich daran erinnern, dass die Liebe deines kleinen Bruders niemals enden wird. Es ist der Beweis für ein besonderes Band….etwas das niemals reißen wird.“


    Ein feierlicher Unterton schwang in seiner Stimme mit. Ein Unterton, der diese Worte wie einen Schwur erklingen ließen. Einen Schwur, so feierlich und aufrichtig vom Herzen kommend, wie es wohl nur in diesem einem Moment möglich war

    Zitat

    Original von Iulia Livilla


    "Verzeih mir, aber so manches Pergament, lies mich nicht los, obwohl mich die Dienerin so oft ermahnte."


    Das Atrium füllte sich beständig mit eintreffenden Gästen. Scheinbar war dieser Umstand allen Anwesenden nicht annähernd so unangenehm wie Constantius. Er bemührte sich zwar dieses Gefühl des Unwohlseins zu verbergen, was ihm auch eigentlich gelang, doch es zu unterdrücken vermochte er nicht. Im Moment nur das Notwendigste sprechend, beobachtete er deshalb meist die Gäste. Nickte hier und dort und offenbarte manchmal sogar ein höfliches Lächeln.
    Als Livilla an seine Seite trat, verspührte er eine gewisse Erleichterung. Jemand vertrautes in der Nähe zu wissen gab ihm ein Gefühl der Sicherheit. Er blickte zu ihr und lächelte sie sanft an. Im Grunde hätte er es auch verstanden, wenn sie noch später erschienen wäre- Wenn es nach ihm ginge, würde er selbst nun in einer Kammer eingeschlossen warten, darauf hoffend, dass man ihn nicht vermissen würde. Doch dies waren Gedanken, die man nicht laut aussprach.


    „Es ist nicht schlimm Livilla. Es sind noch nicht alle Gäste eingetroffen. Du erscheinst somit zum richtigen Zeitpunkt.“


    Auch wenn er ihr gerne noch mehr gesagt hätte, wurde seine Aufmerksamkeit wieder auf einen neuen Gast gerichtet.


    „Ich habe bisher nur Gutes von dir gehört Lucius Caecilius Catilius. Ich bin erfreut dich hier in der Casa begrüßen zu dürfen und danke dir für dieses köstliche Geschenk. So lerne ich den Mann kennen, der das Vergnügen hat mit meiner Schwester arbeiten zu dürfen.“


    Ein sanftes Lächeln huschte über sein Gesicht und er blickte kurz zu Helena.

    Als wäre die Situation nicht bereits schon unüberschaubar genug, ereigneten sich die weiteren Geschehnisse simultan, drohten den jungen Miles Constantius zu überfordern, der sich tapfer dem Chaos entgegenstellte.


    Noch während er gegen sein Erstaunen ankämpfte, seinen Sinnen misstraute, die ihm vorgaukelten, dass seine Cousine Livilla sich an diesem gefahrvollen Ort befand, verlangten die anderen Miles nach seiner Aufmerksamkeit.


    „Er blutet stark. Er muß dringend anständig verarztet werden. Es wäre ratsam für ihn zu beten und ihm einen Medicus vorzuführen“


    „Dieser ist ebenfalls übel zugerichtet. Was soll ich mit ihm machen?“
    Ihre Stimme waren beherrscht, doch offenbarten sie ein Unwohlsein, das durch den Mangeln an Erfahrung bedingt wurde.
    Constantius, selbst noch nicht in eine solche Situation verwickelt, antwortete ihnen mit nicht minder beherrschter Stimme, die auch das gleiche Unbehagen offenbarte.


    „Am besten wäre es, wir würden beide in die Kaserne bringen. Der Medicus kann sie dort im Lazerett versorgen und im Zweifel haben wir dort auch genug Zellen bereitstehen. Doch wir können zu dritt nicht zwei Verwundete tragen.“


    Dies war in der Tat ein Problem. Gewiss waren sie nicht zu dritt sondern zu viert, aber Felix war zum Tragen verwundeter Männer nicht geeignet. Was war also die Lösung für dieses Problem? Was wäre der beste Weg?


    „Nobilior und Novatus, ihr tragt den schwerer verwundeten Mann in die Castra sobald die Blutung versiegt. Felix, kümmere dich um den anderen und versuche ihn wach zubekommen. Sollte er aufwachen, fesselst du seine Hände und führst ihn zur Castra. Sollte er nicht aufwachen werde ich ihn tragen und du schleppst die Ausrüstung von uns dreien!“


    Felix, der völlig perplex einen Schritt vor der Frau zu seinen Füßen zurückgewichen war, gab diesmal keine Widerworte und nickte lediglich zu Constantius Worten. Selbst wenn er einen Einwand geäußert hätte, wäre dieser wohl ungehört verklungen. Die beiden jungen Miles kümmerten sich bereits um Mela und Constantius kniete neben Livilla nieder.


    „Livilla!“, seine Stimme war ruhig und doch nicht ohne Nachdruck erklangen seine Worte
    „Livilla. Hörst du mich? Ich bin es. Constantius. Was ist hier geschehen. Ist dir etwas passiert? Was machst du hier draußen?“


    Auch auf die Gefahr hin, dass sie erneut zurückweichen würde, ergriff er vorsichtig die Handgelenke seiner verstört wirkenden Cousine.
    Nur kurz löste er den Blick von ihr, um Felix mit einem strengen Kopfbewegung anzudeuten, dass er sich endlich um den Täter kümmern sollte.


    „Livilla. Du bist in Sicherheit. Ich bin bei dir!“
    Seinem blick fehlte die ihm eigene Ruhe. Vielmehr suchten Augen immer noch nach Anzeichen einer Verletzung, die Livilla davon getragen haben könnte

    Das Thema, welches als Gegenoffensive gedacht war, um ihn selbst die Peinlichkeit des Schweigens zu ersparen, war, spontan gewählt worden, doch eines, das dem Iulier sehr am Herzen lag. Vielleicht war das auch der Grund, warum er dieses Thema so schnell angesprochen hatte. Es brannte ihm förmlich auf der Seele. Auch wenn seine Kameraden ihn oft verhöhnt hatten, weil für einen nächtlichen Patrouillendienst einstand, so war er mehr als bereit auch die Gefahren des nächtlichen Dienstes zu erdulden. Warum nur zog man sich nur in die befestigte Castra zurück? Warum wich man vor den im Dunkeln lauernden Dieben und Mördern? War es nicht an der Zeit dem Feind die Stirn zu bieten? Oder fürchtete man zu hohe Verluste. Die geringe Zahl der Soldaten der Cohortes Urbanae wäre sicherlich nicht ausreichend um die gesamte Stadt zu sichern. Doch zumindest sollte es doch möglich sein die wichtigsten Straßen zu sichern....


    Gedanken eines Miles. Gedanken eines unbedeutenden miles. Wer würde schon auf sie hören. Aber es war erbaulich, dass der Tribun scheinbar in dieselbe Richtung dachte.


    „Ich wäre nur zu bereit auch bei Nacht die Straßen Roms zu sichern. Doch unsere Befehle lauten nun einmal anders. Und über diese kann und darf ich mich nicht hinwegsetzen. Doch würde ich hoffen, dass uns wenigstens die Sicherung der größeren Straßen erlaubt werden würde. Gewiss ließe sich so das eine oder andere Leben schützen oder gar retten.“


    Es war wohl der Vorteil der Legio, dass man sich eher über zu viele Aufgaben beklagte, als über zu wenige. In der Cohortes fühlte sich Constantius manchmal zu sehr ausgebremst. Gewiss ist der Tatendrang junge Männer, die den Traum des Heldentums noch nicht völlig abgeschrieben haben, oft größer als es gut wäre, doch etwas mehr Einsatz wünschte sich der Miles schon. Und dieser Umstand schien ihn sehr offensichtlich zu missfallen, auch wenn er es vor einem Offizier niemals laut aussprechen würde.

    Constantius nickte bei dem Worten des Tribuns. Es war im Grunde die Antwort eines Politikers. Eine Antwort, die der Cohortes versicherte ebenso gut ausgebildet zu sein wie die Legion, oder zumindest so nützlich zu sein, und der Legion doch das Gefühl beließ, die besseren militärischen Einheiten zu sein. Aber was sollte man sagen, der Tribun hatte Recht. Für ihre Aufgaben waren alle ausreichend ausgebildet.
    Und Constantius patrouillierte nun mal durch die Gassen Roms und nicht durch die Wälder Germaniens.


    „Ich stimme euch zu“
    Wie vermessen sich doch diese Worte anhörten. Welch bitteren Nachgeschmack sie auf der Zunge des Iuliers hinterließen. Er stimmte einem Tribun zu? Natürlich stimmte er ihm zu. Sein militärisches Verständnis überstieg das Wissen eines einfachen Miles bei weitem.


    „Doch glaube ich, dass der Umgang mit dem Pilum einem Miles der cohortes Urbanae ebenso vertraut sein muß wie einem Legionär. Stellen wir doch die letzte Verteidigungslinie der ewigen Stadt dar. Auch wenn diese Linie schon lange nicht mehr getestet wurde.“


    Einen Schluck aus dem Becher nehmend blickte er kurz zu Helena.


    „Des Nachts schickt man uns nicht durch die Stadt. Nachts gehört die Stadt den Vigilen und dem Gesindel. Die Geräusche der Stadt nimmt lediglich auf den Mauern der Castra wahr, wenn man zum Wachdienst eingeteilt worden ist.“


    Constantius lächelte in einer höflichen Geste. Nun sollte er wohl besser schweigen. Kritik vor einem Tribun zu äußern, auch wenn er ein Tribun der Legion war, gehörte sich nicht und könnte außerdem gefährlich werden.

    Im Gegensatz zu den Hilferufen, die die Soldaten zu einem schnellen Laufschritt veranlasst hatten und nun verstummt waren, gewann das Scheppern der Rüstungsteile der nahenden Soldaten immer mehr an Intensität.


    Schwer atmend rannten die Soldaten in die Richtung, in der sie den Ursprung der Hilferufe vermutet hatten. Doch die einsetzende Stille und die Dunkelheit erschwerten den Soldaten die Lokalisierung ihres Ziels. Keuchend und nach Luft ringend hielten sie inne, als der Weg sich vor ihnen gabelte.


    „Wohin?“, keuchte einer der jüngeren Männer
    Hastig blickte Constantius zwischen den beiden möglichen Wegen hin her. Welcher war nur der Richtige? Kamen sie vielleicht eh zu spät? Hatten sie einmal mehr heute nichts ausrichten können?
    „Die Götter hassen jene die zaudern“, erklang es im Geiste des Iuliers und er deute auf die linke Gasse.


    „Wir nehmen diesen Weg“, rief er laut aus und hatte sich bereits wieder in Bewegung gesetzt.
    „Sollten wir uns nicht besser aufteilen?“, warfen die immer noch verschnaufenden Soldaten ein und gaben sich selbst, als sie schließlich auch wieder in einen schnellen Laufschritt verfielen, die Antwort auf ihre Frage.
    „Nein bei Nacht teilen wir uns in dieser Gegend besser nicht auf.“


    Es war bereits zu Beginn ein Tag der sonderbaren Zufälle gewesen. Zufälle, die von den Göttern so arrangiert worden sein mussten. Denn es sollte nicht lange dauern, bis das Zwielicht, das die Gasse nun völlig beherrschte, den Tatort offenbarte. Einen Ort des Grauens und des Chaos. Zwei Männer lagen auf dem Boden, der eine bewusstlos, vielleicht sogar schlimmeres. Der andere, auch nicht bei Bewusstsein und stark blutend. Daneben, eine junge Frau, verstört, heulend, zusammengekauert. Was mochte hier geschehen sein? Ein Streit unter zwei Verehrern vielleicht? Oder doch nur ein einfacher Überfall?


    Ohne zu Zögern deute Constantius zunächst auf den Verwundeten und dann auf den bewusstlosen Mann. Wortlos verstanden die folgenden Miles diese Geste und führten die erteilten Aufgaben ohne zu zögern aus. So kniete sich ein Miles neben Mela und machte sich daran die Blutung zu stoppen. Viel Stand dem Miles dabei nicht zur Verfügung. So musste ein eilig herausgerissener Stofffetzen zunächst reichen um als provisorischer Druckverband zu dienen.
    Der zweite Miles kniete unterdessen neben den bewusstlosen Mann nieder und begann diesen ebenfalls zu untersuchen.


    Während nun auch die schlürfenden Schritte des völlig entkräfteten Felix zu vernehmen waren, kniete Constantius neben der jungen Frau nieder. Ließ seinen Blick abschätzend über sie gleiten und suchte nach möglichen Verletzungen. Nachdem er keine offensichtlichen Wunden erkannt hatte, erhob er behutsam die Stimme.


    „Ihr seid in Sicherheit. Die Wache ist eingetroffen. Nun kann dir nichts mehr geschehen. Bist du verletzt worden. Bist du in der Lage mit zu sagen was geschehen ist?“

    Land auf, Land ab wird es ebenso viele erstaunte, verdutzte Gesichter geben, wie es überraschende Ereignisse gibt. Allzu gern wird dabei der erstaunte Gesichtsausdruck durch besonders geweitete Augen in Geschichten und Erzählungen umschrieben.
    Doch in der Casa Iulia wäre diese Art der Umschreibung wohl nicht gerechtfertigt, als Helena ihren Bruder sehr deutlich zu einem Gespräch mit dem Tribun zwingen wollte. Nein sie war deshalb nicht gerechtfertigt, da sie den erstaunten, perplexen Gesichtsausdruck des Iuliers nur sehr unzureichend beschrieben hatte. Ein wohl geübter Schriftsteller hätte, wollte er diesen sonderbaren Moment beschreiben, wohl ein neues Wort erfinden müssen.


    So schnell konnte man also in die Enge getrieben werden. So schnell verlor man das Heft aus der Hand, obwohl man doch nur die Rolle eines aufmerksamen Beobachters einnehmen wollte.
    Was dachte sich Helena nur. Vor ihm saß immerhin ein Tribun. Ein Miles richtet nicht unaufgefordert das Wort an einen Tribun. Wenn überhaupt salutiert man pflichtbewusst und macht sich schnellstens aus dem Staub, wenn ein so hoher Offizier nahte. Und gewiss löcherte man ihn nicht mit einfachen, neugierigen Fragen. Und sollte er wirklich glauben, dass dieser Tribun hier her gekommen ist um dem Miles Rede und Antwort zu stehen? Wäre Constantius nicht so perplex gewesen, hätte er wohl kurz höhnisch aufgelacht. Warum schaute dann jener Besuch nur beständig zu Helena? Nein, Constantius war vielleicht kein Offizier, doch dumm war er nicht.


    Es dauerte einen Moment, bis sich die Gesichtsmimik des jungen Mannes langsam wieder um ein sachtes Lächeln bemühte.


    „Mir war nicht bewusst, dass du den werten Tribun eingeladen hast, damit er mir Fragen beantworten kann.“


    Wie würde er sich nur wieder aus seiner Zwickmühle befreien können. Was waren die passenden Worte oder was war die passende Frage? Wie reagierte man auf offensive Worte?
    Ein leichtes Ein- und Ausatmen, leise und doch nicht zu verbergen, verriet, dass er um die richtigen Worte rang.
    Die Antwort auf eine Offensive, war eine Gegenoffensive, wenn man vergessen hatte einen Hinterhalt zu legen. Und die Zeit hatte nicht einmal gereicht, um auch nur an ein solch taktisch kluges Manöver zu denken. Es war also Zeit für eine Gegenoffensive.


    „So gestattet mir eine Frage Tribun. Es gibt Gerüchte, dass die Ausbildung der Legionäre die der Cohortes Urbanae bei weitem übertrifft. Anderen Gerüchten zur Folge soll die Cohortes urbanae kein hohes Ansehen in der Legion genießen. Sagt man doch angeblich, dass wir nur zum Halten eines Scutum und zur Bildung einer Reihe geeignet wären und somit in einer Schlacht nur die letzte Reserve darstellen würden.. Wie unterscheidet sich die Ausbildung der Legionäre von den Soldaten der Cohortes Urbanae?“

    Für einen Moment fühlte sich Constantius an seinen Tribun Dragonum erinnert, als dieser dem vorlauten Probatus Constantius die Vorteile der Latrinenreinigung näher brachte. Es war ein ähnlicher musternder Blick. Ein Blick, der durch die äußere Gestalt hindurchging und versuchte die Wesenszüge des untersuchten Objekts zu erfassen.
    Vielleicht war es ein Blick, den man als Tribun einfach besitzen musste. Etwas über das Constantius später sicherlich noch nachdenken würde.
    Im Moment galt es dem Blick des Tribuns zu widerstehen, seine Prüfung zu bestehen. Nicht wie bei Tribun Dragonum mit entschlossener Gleichgültigkeit, sondern mit dem dezenten freundlichen Lächeln eines Hausherrn.


    „Ja ich versehe meinen Dienst in der Cohortes Urbanae. Die Ausbildung ist für unsere Aufgaben angemessen. Princeps Prior Sura bereitet uns gründlich auf die kommenden Ereignisse, so gründlich wie es möglich ist.“


    Dies war wohl nicht der Moment um zweifelnde Worte anzubringen. Im Grunde waren die Worte des Tribuns wohl auch nicht mehr als eine Floskel gewesen. Er hätte ja schlecht sagen können, dass die Ausbildung der Cohortes Urbanae sich nicht mit der Legion messen konnte. So wie es gerüchteweise unter den Miles die Runde machte. Außerdem was hatte ein Tribun schon mit einem einfachen Miles zu besprechen. Er war ja nicht hier um Constantius zu sehen. Nein, er war hier um Helena zu sehen, was seine Blicke eindeutig bewiesen.
    Constantius straffte seine Haltung. Die angespannte Nackenmuskulatur bescherte ihm eine sehr aufrechte Haltung. Vor einem Tribun wollte er sicherlich nicht wie ein Häufchen Elend sitzen.


    Sein Blick wanderte zu Helena. Bedankte sich mit einem warmen Lächeln wortlos für den gereichten Wein.


    „Ich glaube kaum, dass der Tribun unbedingt die Fragen eines Miles zur Legion hören möchte.“


    Er fügte eine kleine Pause ein um einen Themenwechsel zu ermöglichen.


    „Ich hoffe auch, dass der heutige Abend Livilla wieder lächeln werden lässt. Sie wird so gewiss auf andere Gedanken kommen.“

    Dieser Abend wartete bereits zu Beginn schon mit Überraschungen auf. Der Anblick von Decimus Artorius Covinus und seiner Gattin Hypathia war sicherlich dabei eine freudige Überraschung. Aber auch freudige Ereignisse können einem jungen Mann die Sprache verschlagen. Vor allem dann, wenn sie mit einer freundlichen Umarmung aufwarten. Freundlich lächelnd, denn ihre Ankunft war wirklich ein Grund zur Freude, ließ er die stürmische Begrüßung sprachlos über sich ergehen.
    Es bedurfte einiger Sekunden bis er zu einigen Worten fand, die einen verständlichen Satz ergaben.


    „Ich freue mich sehr, dass ihr der Einladung gefolgt seid und mit uns speisen werdet. Mir ist es recht gut ergangen. Ich hoffe dir ebenso. Inzwischen habe ich die Grundausbildung überstanden und darf für die Sicherheit auf den Straßen Roms sorgen. Wie ist es dir ergangen?“


    Nun war es Zeit für die nächste Überraschung. Eine nicht so erfreuliche, doch auch eine, die Constantius wieder die Sprache verschlug. Der Anblick des hünenhaften Kelten warf ihm für einen Moment aus der Rolle des höflichen Gastgebers und ließ den wachsamen Miles an seine Stelle treten. Die Umstände des Attentats waren immer noch ein Rätsel und der Anblick des Kelten ließ diese Rätsel einen Moment wieder sehr real werden. Einen Moment, der recht schnell wieder endete und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wurde. Mit dem höflichen Lächeln ausgestattet, dass er zuvor noch offenbart hatte, begrüßte Constantius nun auch Hypathia.


    „Ich freue mich sehr dich wieder in der Casa der Iulier begrüßen zu dürfen.“

    Wieso nur beschlich Constantius der Wunsch nach der Unsichtbarkeit seiner Gestalt? Die Position des stillen Beobachters war bei weiten angenehmer als die Rolle als involvierte Gesprächspartner. Zu schnell verlor man einfach den Anschluss und den Blick für das Detail, nur weil man nach den richtigen Worten suchte.


    Doch für die heutigen Abend waren die schweigsamen Momente wohl vorbei. Ein paar Sekunden schindete Constantius jedoch noch heraus, als er sich nur langsam aus dem Hintergrund löste und mit einem bedacht höflichen Lächeln auf den Lippen neben Helena trat.


    „Willkommen in der Casa der Iulier Vibius Valerius Victor. Es freut mich dich hier begrüßen zu dürfen. Ebenso freue ich mich, dass du unserer Einladung gefolgt bist und mit uns speisen wirst.“


    Dieser Satz erforderte eine Pause zum Luftholen. Eine Pause, die sich auch in seine Worte einschob. Glücklicherweise waren seine Gedanken nicht in der Zwickmühe die Worte zu finden, die einen Fortgang des Gesprächs gewährleisten würden. Immerhin hatte der Gast selbst erstaunlicherweise schnell ein Thema gefunden. Ein Thema, dass so weit von dem Knistern, das eben noch den Raum erfüllt hatte, entfernt war, wie Germanien von der Zivilisation.


    „Nein davon habe ich noch nichts vernommen. Und dabei schreite ich doch täglich durch die Stadt. Ich muss wohl meine Sinne schärfen. Es tut mir leid zu hören, dass Hermes nicht starten wird. Eine Teilname in der Finalrunde würde ich ihm gönnen und wünschen. Doch sollten die Veneta mit allen drei Gespannen das Final erreichen, werde ich den besten Wein des Hauses öffnen lassen und dich anschließend dazu einladen, Vibius Valerius Victor.“

    Er nickte respektvoll Vitamalacus zu und für die Dauer eines Wimperschlages gesellte sich Verlegenheit zu seinem Lächeln. Er wusste, dass der Stolz in der Stimme seiner Schwester aufrichtig und uneingeschränkt gültig war, obwohl er nur ein einfacher Miles war, der wie so viele andere durch die teilweise sehr dreckigen Gassen Roms patrouillierte. Nichts im Vergleich zu dem hohen Gast, der seinen Weg in die Casa gefunden hatte. Erstaunlicherweise waren es stets verdiente Männer, die ihren Weg in die Räumlichkeiten der iulier fanden. Oder besser gesagt, den Weg zu Helena fanden.
    Doch wie schon so oft, ließ sich der junge Iulier nicht von Titeln und Anreden innerhalb der eigenen Wände beirren und behielt sein höfliches Lächeln bei.


    „Du nimmst richtig an, ich bin Caius Iulius Constantius. Es ist mir eine Ehre dich hier begrüßen zu dürfen.“


    Die ersten Worte waren gesprochen. Worte, die einwandfrei einem hart erlernten und doch recht beschränktem Sortiment an Begrüßungsfloskeln entliehen waren. Dankbar darüber, dass die Hürde der Fortsetzung der Konversation noch einen Moment hinausgeschoben werden konnte, setzte sich Constantius neben Helena auf dem ihm zugewiesenen Platz.
    Sein Blick galt einen Moment wieder Vitamalacus, als der Iulier über die Frage seiner Schwester bezüglich eines Getränks sinnierte. Sicherlich war es unhöflich einen Gast alleine etwas trinken zu lassen. Außerdem wäre ein Weinkelch immerhin etwas, an dem man sich festhalten und in entscheidenden Momenten auch durch den Raum werfen konnte.


    „Etwas gewässerter Wein wäre sicherlich recht angenehm zu trinken.“


    Er ließ seinen Worten eine kleine Pause folgen und richtete sich mit seinen folgenden Worten ohne expliziten Adressaten an beide..
    „Ich hoffe ich habe euer Gespräch nicht unterbrochen“