Beiträge von Tiberius Duccius Lando

    "Schau aus dem Fenster.", schmunzelte Lando, und deutete auf das mit mit weißem Glas (klares Glas war immernoch viel zu teuer) besetzte Fenster, "durch das Anwesen, das große Tor gen Westen. Kaum zu verfehlen... der Vorarbeiter heißt Leif, er macht im Moment das, womit ich mein Leben hier im römischen Reich vor einigen Jahren begonnen habe, nachdem ich über den Rhenus gekommen bin. Ich war ein Feind Roms, genau wie du, vom Stamm der Heruten (Cherusker), und nun schau, was aus mir geworden ist... würden meine alten Leute es nicht eh schon versucht haben, würden sie mich jetzt umbringen wollen. Aber genug davon... ich werde nach dem Sklavenhändler schicken, sobald er wieder in der Stadt ist, bis dahin bist du Gast unserer Familie. Wenn es noch etwas gibt, was du brauchst, wende dich an Albin oder andere aus unserem Gesinde, sie werden dir helfen. Den alten Mann dürfte es sogar freuen, wieder jemanden aus den alten Landen zu treffen... zu bedanken brauchst du dich nicht, wir tuen in der Not anderer das, was wir uns in Zeiten unserer Not von anderen auch erhoffen würden. Du bist willkommen..."


    Er nickte dem Germanen freundlich zu, und verschwand daraufhin wieder in der Casa...



    Lando folgte, an Elfledas Seite und hinter seinem Cousin gehend, der Prozession zum Heiligtum, das Rodewinis Sippe wohl keine zehn Gehminuten vom Dorf entfernt angelegt hatte, als sie sich hier niedergelassen hatte. Sein Blick war starr nach vorne gerichtet, schließlich gingen sie hier auf einen heiligen Moment zu, das Eheversprechen wurde hier abgegeben, um Wochen später noch einmal durch die Hochzeit bekräftigt und siegelfest gemacht zu werden.


    Das Heiligtum, was sich Lando offenbahrte, war kein Musterbeispiel an germanischer Götterverehrung, aber für die Zwecke einer Sippe wie Rodewinis würde es reichen. Größere, und den gesamten Stamm betreffende Zeremonien würden sicherlich in einem größeren Heiligtum tiefer in den Wäldern abgehalten, in einem Stück Land, der ebenso frei von jedwedem territorialen Anspruch, wie auch alt an Geschichte war.


    Die Sippe versammelte sich um die kleineren Steine des Zirkels herum, während dieser nur von den Goden, den Zeugen und letztendlich dem Paar betreten wurde... Lando hatte Mühe, Elfleda nicht anzublicken, doch bei aller Faszination von der Schönheit dieser Frau war ihm dieser Moment zu wichtig, um hier Fahrlässigkeit riskieren zu können.

    Lando, der sich seit seiner Verlobung und der Diskussion in der Küche einige Selbstzweifel geleistet hatte, fand diese nurnoch verstärkt, als er einen Brief aus Rom auf dem Schreibtisch im Arbeitszimmer vorfand.
    Das was er las, war alles andere als gut, und wiederrum doch. Manchmal fragte er sich schon, wieso der Prudentius das alles für seine Familie tat. Er würde sich beizeiten für dieses Engagement in Rom erkenntlich zeigen, das war klar. Der Sache mit der verschwundenen Aquillia, auch wenn Lando nicht wirklich verstand, wie Römer sich noch in diesen Tagen rechts des Rhenus niederlassen konnten, würden sie nachgehen, sobald sie nach Magna aufbrachen. Ein kleiner Zwischenstopp in einer Sklavenhändlersiedlung, drei Tagesritte von Mogontiacum entfernt, und fast auf der Route in das Niemandsland zwischen Fosen, Cheruskern, Hermunduren und Mattiakern, würde vielleicht die nötige Aufklärung bringen.


    Blieb da noch die Sache mit der Heirat. Sollte er wieder Verus dafür einbringen? Warum eigentlich? Seine Schwester hatte sich bei ihm klar dafür eingesetzt, dass ihr Bruder ihr noch eine Zeit lang erhalten bliebe, das konnte er verstehen... außerdem war der Mann noch nicht so fest in der mogontinischen Politik zementiert, als dass es eine politische Verbindung symbolisieren würde. Und sowieso: sollte er seine eigene Schülerin heiraten? Nein, sollte er wohl nicht... er würde sich noch einmal intensiver mit dem Sohn Gunnars unterhalten müssen, um festzustellen was bei ihm überhaupt Sinn machte. Genauso wie bei ihm... Lando kam mit der germanischen Welt immernoch besser klar, als mit der römischen, was darin gipfelte, dass er eine germanische Edelfrau heiratete, und keine Römerin von Stand.
    Auch wenn die Familie in sich einig war, unterschied sie sich doch von Person zu Person gravierend, was die Bindung zum römischen Reich anging. Lando war zwar nicht erzkonservativ wie Albin, aber es ging in die gleiche Richtung, während seine eigene Schwester Eila sich unter den Römern bewegte wie ein Fisch im Wasser, auch wenn es in ihrem Fall wohl ein Raubfisch war.
    Phelan selbst, auch wenn er eine Ausbildung in Rom absolviert hatte, und somit an die Gewohnheiten der Römer gewöhnt war, war in sich noch Naturbursche, und daher wohl auch eher ein Kandidat für eine germanische Hochzeit... der zweite Mann in der Rangliste weilte in Rom, und würde als Soldat nicht so schnell die Gelegenheit bekommen, heiraten zu dürfen. Der dritte Mann war Witjon, und da ging Lando ein Licht auf. Die Ubier waren, ihrer Geschichte wegen, schon viel länger an die Römer und ihre Eigenarten gewöhnt.


    "WITJOOOOOOOOON!!!!!", erklang es dann auch, als Lando zur Tür schritt, diese öffnete und den Namen des jungen Ubiers in die Flure der Casa hinausbrüllte...

    "Ich kann es dir nicht verdenken...", winkte Lando ob Rodriks Entschuldigung ab, "Sie ist... besonders, wenn du es so sehen willst. Aber genug von meiner Zukünftigen... wie kommt es, dass wieder eine verwandte Seele aus den tiefen Wäldern Magnas zu uns stößt? Bisher wussten wir nicht einmal, dass Hagen vor... naja... vor seiner Einkehr ins Reich überhaupt nach den Rechten unserer Väter verheiratet war. Magst du mir nicht etwas darüber erzählen...?"


    Lando blickte Rodrik ernst an, immerhin war dessen Vater nicht unbedingt ein unbeschriebenes Blatt, mit seiner Clara-Geschichte, die später noch für viel Ärger sorgen sollte...

    Lando kam, als er die Küche verließ, nachdenklich durch das Atrium geschlurft, und bemerkte zuerst die Gestalt garnicht, die so interessiert in den Himmel starrte, so tief war er in seinen eigene Gedanken versunken. Erst, als er mitten auf der Freifläche stand, auf dem die letzten Reste Eis, Albin war der Meinung, dass es sich sowieso nicht lohnte jeden Tag das Atrium vom Schnee zu befreien, dem beginnenden Tauwetter nachgab, bemerkte er den jungen Neuzugang der Familie, der beim Frühstück gleich so eine Nummer präsentiert hatte...


    "Interessante Art, dich vorzustellen, Rodrik, Sohn des Hagen. Und noch interessanter, dir so deine Familie bekannt zu machen..", meinte Lando schließlich mit schmalem Lächeln, als er sich dem Jungen näherte.

    "Dein Wort in der Götter Ohren..", murrte Lando, der sich in seiner Haut sichtlich unwohl fühlte, "Das letzte Mal sah ich so aus, als wir uns mit den Brugeriz (Brukterern) angelegt haben, und wir vorher ein großes Opfer zelebriert haben, damit möglichst viele von uns lebend wieder zurückkamen... ist das zu vergleichen? Ziehe ich in den Krieg...?"


    Er schmunzelte, und klopfte seinem jungen Gesellen auf die Schulter.


    "Nun, so gehe ich die letzten Schritte in Freiheit. Auf geht's..", sprach Lando, und gesellte sich mit Phelan in die Dorfmitte, wo die komplette Bevölkerung des Dorfs schon versammelt war, um der Verlobung beizuwohnen. In der Mitte wurde ein Kreis freigelassen, in dem die Zeugen für die Verlobung und das Paar selbst stehen würden, nebst den Goden, versteht sich... Als Lando in den Kreis trat, hatte er ein dumpfes Gefühl im Magen, eigentlich sollte sein Vater hier an seiner Seite stehen,

    Lando überlegte einige Sekunden ernst, ob er Sontje jetzt persönlich zurechtweisen sollte, oder ob er ihrem Bruder eine zweite Chance gab, dies zu tun. Ernst blickte er gerade aus, niemanden anblickend, denn das Verhalten von Sontje verwirrte ihn schon: sie war eine der Personen gewesen, der der von den Heiratsplänen erzählt hatte, und sie war es gewesen, die sich gegen eine Verheiratung ihres Bruders ausgesprochen hatte. Nicht, dass ihre Meinung in dem Prozess irgend ein Gewicht gehabt hatte, schließlich hatten die Nornen das Urteil nur allzudeutlich selbst gefällt, aber dass sie ihm jetzt vorwarf, sie übergangen zu haben, ließ ihn stirnrunzeln. Vor allem, weil die Familie keine Demokratie war, Dinge, die die Heirat angingen, wurden seit je her von den ältesten der Sippe getroffen. Aber wahrscheinlich waren Phelan und Sontje so fern jeder Sippengemeinschaft aufgewachsen, dass sie dies nicht wussten. Hier lag einiges im argen, und weder das Verhalten von Sontje, noch das von Eila waren tolerierbar.


    "Das hast du nun davon...", grollte Lando seiner Schwester zu, der er direkt die Verantwortung für diesen Ausfall gab, die junge Frau machte mit ihrem Vorbild Sontje nur verrückt.

    Zitat

    Original von Aulus Flavius Piso
    Sonst waere ich auch fuer Britannia, ich denke, das wuerde sich durchaus anders spielen als Germania (ich hoffe, wir kennen alle den Unterschied zwischen Kelten und Germanen?).


    Allerdings auch die Gemeinsamkeiten, die eine Provinz Britannia in etwa so different zu Germania machen würden, wie Hispania zu Italia.
    Da gibt es nicht viel zu holen, imho.

    Zitat

    Original von Ioshua ben David


    Quark.


    Vollkommen richtig. Und gerade diese 10 Jahre Geschichte zeigen, dass authentische Historifizierung und flüssige Spielsystematik sich nicht gegenseitig ausschließen. Es gibt genügend Instrumente im Spiel, um Änderungen simon durchzusetzen.


    Die Leute, die dieses Spiel machen, und das sind beileibe nicht nur die SL, sondern jeder einzelne Spieler, der zu diesem Bollwerk beiträgt, sind (meist) keine Deppen, was darin sichtbar wird, dass das Spiel nach zehn Jahren immernoch funktioniert.


    Und historische Elemente sind auch nur aus einem Grund historisch: weil sie in der für uns relevanten Zeit funktioniert haben.

    Was ein Tag. Bevor Lando sich wieder auf den Dorfplatz begab, ließ er den Tag noch einmal Revue passieren, und machte sich klar, was für eine dreiste Hinterhältigkeit er entwickelt hatte. Nicht, dass ihm den Rest seines Lebens versaut hätte, hätte nun Phelan Elfleda geheiratet, aber die Art und Weise, wie er damit umging, war im Nachhinein recht übel... allerdings, und das rettete den Rest seiner Selbstachtung, hatte er die Würfel entscheiden lassen, die ihn mit deutlicher Spur abgewatscht hatten. Vielleicht hatten die Nornen noch anderes mit dem Jungen Priester vor... sollte er es ihm sagen?
    Er entschloss sich, mit dem Jungen nach der Verlobung auf der Heimreise ein paar Worte über das Thema zu wechseln, letztendlich musste er sich daran halten, was die seinen für Wünsche hatten, was wohl eine der Neuerungen war, die Lando zu verkraften hatte. Die Sippe an sich, deren Haupt er war, war in sich geeint, allerdings war dies noch lange kein Grund, sie wie eine Kohorte von Legionären zu führen.


    Als Lando aus dem Langhaus auf den Dorfplatz trat, blinzelte er in die tief stehende Sonne, die mit einer Klarheit aufwartete, die Lando an diesen Tagen nicht erwartet hätte.


    "Jaja, schon gut... ich hab's verstanden.", murrte Lando, dem die ganzen göttlichen Zeichen langsam auf den Zeiger gingen, es war ja nicht so, als wäre er blind, oder einfältig.


    Nach einer Weile entdeckte er auch endlich den jungen Phelan, und steuerte zielstrebig auf diesen zu: "Wo warst du die ganze Zeit? Wird das eine Verlobung, oder das größte Opfer, dass die freien Stämme jemals gesehen haben?"

    Eben. Die Vergabe von Ämtern war nie das Problem... wir hatten sogar einen äußerst kreativen Fall von Korruption in Hispania, was man sich in anderen Provinzen in Bezug auf den Lebenslauf garnicht traut.


    Ämter alleine dienen nicht als Attraktivitätsbonus, genauso wenig tuen es rein historische Gegebenheiten wie der Unterschied zwischen senatorischer und kaiserlicher Provinz.
    Das, was eine Provinz attraktiv macht, ist eine Synergie aus Karrieremöglichkeiten, kultureller Vielfalt/Gegensätzlichkeit und politischer Diversität. Nicht zuletzt sind die Provinzen erfolgreich, die sowohl kulturelle Vielfalt bieten, zivile wie militärische Karrieremöglichkeiten und eine Spitze, die in Rom auch eine gewisse Bedeutung genießt.


    Hispania fehlte vor allem die militärischen Möglichkeiten und die kulturelle Differenz (die es sicherlich gab, aber sowas muss auch einem Menschen zugänglich und bekannt sein, der nicht gerade Geschichte studiert, und sein Bild von der Geschichte nur aus dem Unterricht und den Medien bezieht).


    Dass es gereicht hat, um die Provinz versauern zu lassen, sieht man ja...

    Oder die Nornen trieben ein übles Spiel mit ihm, was auch möglich war. Nichtsdestotrotz, es gab Grund zum Optimismus... er blickte sich um, und suchte seine zukünftige Ehefrau, konnte sie aber nirgends erblicken, und immernoch sahen ihn immer wieder Leute an, als wäre er in Gold gegossen. Oder so...


    "Naja, wenn du mich entschuldigst, ich glaube ich muss mich umziehen, diesen Lappen sollte ich bei meiner eigenen Verlobung wohl eher nicht tragen.", meinte Lando mit schiefem Blick auf seine braune Hose und das grüne Wollhemd, über das er bei der Kälte einen einfachen grauen Mantel geworfen hatte. Er verabschiedete sich von Rodewini, und ging zurück zum Langhaus, in dem er und Phelan ihre Schlafstatt hatten, wo auch ihr karges Reisegepäck lag.


    Kurz darauf hatte Lando seine Festkleidung herausgeholt, ein fein gesponnenes dunkelblaues langes Hemd, um das ein mit wenig Silber (er hatte ein Faible für Silber, Gold wirkte ihm zu dekadent) besetzter Gürtel gezogen wurde, darüber ein roter Mantel, und eine einfache Hose. Das Gewand eines Germanen, der seine Unschuld im Kampfe schon verloren hatte. Lando hatte seine Art sich bei offiziellen Anlässen zu kleiden seit seiner Flucht aus seinem alten Stammesgebiet nie geändert, außer wenn er sich in der Stadt den Sachzwängen ergab. Seine Kleidung stellte das dar, als was Lando sich selbst sah: einen nicht armen Speerträger (die Würde, ein Schwert zu tragen, hatte Lando sich erst im römischen Reich unter Sarolf und Farold erworben, und von nicht-zweckmäßigem Schmuck hielt Lando garnichts), der loyal zu seiner Sippe stand. Kein Edelmann, aber auch kein Niemand. Höchstwahrscheinlich für Rodewini ein Affront, konnte Lando sich vorstellen, dass der Sippenführer Lando seinen Leuten als mogontinischen Edelmann verkauft hatte. Andererseits würde nach diesem Gebot eh niemand mehr daran zweifeln...


    So stand er nun in dem Langhaus, vor dem Haufen seiner Festgewandung, und zog ohne mit der Wimper zu zucken komplett blank. In Mogontiacum war dies nicht möglich, hatten die Römer doch ein gewisses Pietätsgefühl, dass den Germanen, die den menschlichen Körper als Teil der Natur ansahen, absolut fremd war. Hier brauchte er sich keine Gedanken darum zu machen, schließlich waren dies Leute, die unter der selben Prämisse lebten, wie er es früher getan hatte, und auch noch heute versuchte...

    Brandolf von Confluentes
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    "Japp, japp, japp.", meinte Brandolf mit vergnüglichem Blick, "Es ist wirklich interessant... vor allem wenn man bedenkt, dass dies eigentlich doppelt geprägt ist. Die Civitates haben ihre Ordones der Decurionen, aber das offizielle Beratungsinstrument ist immernoch das Thing. Ich glaube nicht, dass die Römer nicht wissen, dass wir diese Treffen pflegen. Ich glaube sie lassen uns machen, weil sie wissen, dass das Thing eine friedensstiftende Institution ist. Ich will nicht wissen, wieviele Fehden schon durch das Thing gelöst wurden, weil sich die Probleme nicht mit auf einem Gerichtstag in den Städten übertragen ließen... naja, nun erzähl von dir, wie geht es dem Herrn Duumvirn? Ich meine, Mogontiacum ist sicherlich noch ein ganzes andere Pflaster als Confluentes... vor allem die Römer."

    "Irgendwann?", schaute Lando seine Schwester verwirrt an, die Frau war schon jetzt über dem Heiratsfähigen Alter, und sagte trotzdem noch locker 'irgendwann. Lando breitete hilflos die Arme aus, blickte an die Decke, und sprach mit verstellter Stimme: "Vater, schau mich an, hilflos liege ich hier, unwillig, eine Frau, die deiner würdig wäre, anzunehmen, und unfähig, deine kleine biestige und bockige Tochter in die Hände eines Mannes zu geben, der ihrer würdig wäre! Was soll ich tun? Was soll ich tun?"