Ich stand noch immer hoch aufgerichtet mit dem Rücken zu Aquilius, wenngleich andere Dinge dies nicht mehr taten. Meine Arme blieben vor dem Körper verschränkt, während mein Blick ins Leere ging und meine Kiefer aufeinandermahlten. Ich dachte nach. Wäre es verdächtig, wenn ich Aquilius nun in mein cubiculum führte? Oder ins balneum? Wenn er generell noch einmal die villa betrat und mit mir allein im gleichen Raum war? Calvinius würde nichts sagen, dazu war er zum einen zu treu und harmonieliebend und zum anderen wusste er nicht, wie er mit dieser eben vorgefundenen Situation umgehen sollte. Das war meine Vermutung. Ich sog die Luft ein und hielt sie an.
In diesem Moment schlug Aquilius vor, mit dem Essen fortzufahren. Die anderen Worte fanden vorerst keinen Weg in meinen Geist. Beinahe hätte ich ihn verdutzt angeschaut. Wie konnte er in dieser Situation nur ans Essen denken? Wäre er ein fettleibiger, alter mann gewesen, so hätte die Antwort bereits auf der Hand gelegen. Aber bei diesem Adoniskörper? Bei dieser Männlichkeit? Hungrig war es auch, doch inzwischen nach etwas vollkommen anderem als Hühnchen und Muscheln. Ich atmete langgezogen aus. Langsam nahm der beständige Druck in den Lenden ab, die Säfte zogen sich zurück dorthin, wo sie hergekommen waren. Dann wurde mir klar, dass Aquilius nicht um des Essens Willen nach dem Beenden der cena gefaragt hatte, was seine Worte, die mir nun wieder in den Kopf kamen, auch bestätigten. Es war, weil er sowohl die Situation als auch die Etikette wahren wollte. Ein kluger Schachzug. Auf diese Weise würden wir uns anderentags oder anderenort erneut in die Begierde hereinsteigern. Auch, wenn es teilweise quälte, so war dies doch das aufreizende daran.
Nun wagte ich, mich herumzudrehen. Ich ließ die Hände sinken und wandte mich um. Mein Blick bohrte sich kurz in den seinen. Nach weinigen Augenblicken wandte ich den Blick auf die Liege und begab mich langsam dort hin.
"Er wird nicht reden", sagte ich und griff nach einer Muschel, um wenigstens etwas zu tun zu haben. Ich pulte die Schale auf und setzte das Teil an meine Lippen. Langsam schlürfte ich das weiche Fleisch heraus und leckte mir danach über die salzigen Lippen. Ganz bewusst vermied ich es, zu Aquilius zu sehen. Ich hätte nur wieder Reaktionen gezeigt auf seinen Blick, die ich besser nicht mehr zeigen sollte heute. So schluckte ich und legte die Muschel fort, ehe ich es schließlich doch wagte, ihn anzublicken.
"Ein unverhofftes Ende für den Beginn eines so... intensiven Gesprächs", meinte ich zweideutig und schmunzelte leicht.