Amüsiert verfolgte auch ich den Schlagabtausch zwischen iulischem Sklave und Flavius. Amüsiert, weil der Sklave die Fragen seiner Herrin mit Nachdruck überbrachte, und amüsiert, weil Piso zunehmend gereizter wirkte - und ich daran eine unerklärlich diabolische Freude entwickelte. Nur mit Mühe konnte ich ein belustigtes Schmunzeln darob verbergen. Die Situation war einfach zu köstlich, und sie verleitete mich dazu, mich im Anschluss an die Worte des Flavius Piso vernehmlich zu räuspern und dem Sklaven folgendes vorzuschlagen: "Warum fragst du deine Herrin nicht, ob sie sich zu uns gesellen möchte? Ich bin mir sicher, dass tresvir capitalis Flavius Piso alle Fragen beantworten wird", sagte ich hilfsbereit. Ich lächelte zunächst den Sklaven und hernach Flavius Piso äußerst freundlich an. Die Farben der Flammen machten sein Gesicht wie vermutlich das meine ebenfalls zu einer flackernden Grimasse in zornesroten Tönen. Nur dass ich dabei lächelte. Ich studierte den Gesichtsausdruck des Flavius und gab mich dabei möglichst unbeteiligt.
Beiträge von Marcus Aurelius Corvinus
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Unversehens hing Celerina an meinen Lippen. Ich legte ihr eine Hand auf den Oberarm, strich kurz darüber und ließ sie dann los. Sie setzte sich mir gegenüber und studierte eingehend die Skizzen. Besonders fachmännisch waren sie nicht, immerhin war ich kein Architekt, sondern hatte mir nur meine Gedanken gemacht und anschließend aufgemalt. Aber man konnte wohl durchaus erkennen, was mir im Kopf herum gegangen war.
Als sie mir zustimmte, mich bekräftigte, war das ein gutes Gefühl. Etwas wie Zusammengehörigkeit, Verbundenheit. Ich lächelte kurz. "Das ist eben die Frage", erwiderte ich und lehnte mich im knarzenden Korbsessel zurück. Ein Sklave brachte Celerina einen Becher Wein. "Ich habe Tiberius Ahala gebeten, heute hierher zu kommen. Er soll Angebote einholen, damit wir sie vergleichen können. Eigentlich müsste er bald hier sein." Ich betrachtete meine Frau ein wenig eingehender, lehnte mich dann wieder vor und tippte auf eine Stelle auf dem Plan. "Denkst du, wir sollten hier einen Anschluss ans Peristyl anknüpfen oder direkt einen Ausgang in den Garten einplanen?"
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Als die leisen Schritte jemanden nahen verrieten, wandte ich aufmerksam den Blick vom Garten ab und zum Eingang hin. Rechts daneben glomm Kohle in einem Becken vor sich hin, denn die Abende waren noch kühl, und da die Flügel der ägyptisch gehaltenen exedra weit geöffnet waren, drang kühle Luft herein.
Celerina schwebte nymphenhaft heran, das Haar zu einer abenteuerlichen Frisur aufgetürmt, gekleidet in ein stilvolles Gewand. Ich lächelte sie an. "Guten Abend, bella." Es war das erste Mal an diesem Tag, dass wir uns sahen, und ich hatte mir fest vorgenommen, mehr darauf zu achten, diese Augenblicke zu schätzen. Ich nahm rasch die Füße vom Sessel mir gegenüber und deutete auf die Sitzfläche. "Setz dich doch. Ich wollte dir etwas zeigen. Ich hatte dir doch von der Idee erzählt, das Haus zu vergrößern." Ein prüfender Blick traf meine Frau, dann raschelte ich mit den Papyrusbogen und reichte sie ihr. "Ich habe mir überlegt, dass es auf lange Frist gesehen günstiger ist, den Stall durch einen neuen Flügel zu ersetzen. Ich hatte mich immer schon gefragt, warum eine Stadtvilla unbedingt angeschlossene Stallungen braucht, und mit den bevorstehenden Verbindungen kommt es höchstwahrscheinlich zu einem Platzproblem. Die Stallungen sind ohnehin nicht ausgelastet, und die wenigen Tiere kann man ebenso gut vor der Stadt unterbringen. Was denkst du?"
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Ich nickte. Etwas anderes zu tun blieb mir auch nicht. Es gab keinen Trost, der ausgesprochen zugleich auch Linderung verschaffte, keine Worte, die entlasteten. Ich wusste das nur zu gut. Bei mir hatte die Zeit die meisten Wunden geheilt, allen voran jene , die beim Verlust meiner Eltern gerissen worden waren. Doch dies hier war anders, denn die Mörger meines Bruders mochte vielleicht noch meuchelnd herumziehen, während es bei meine Eltern Krankheit und ein Freitod gewesen waren. Ich war froh, als mein Neffe ablenkte.
"Du kannst dir sicher sein, dass ich dich nicht im Stich lassen werde, Tiberius. Nur..." Ich schmunzelte, auch wenn das Lächeln in dem Bestreben, die Situation zu lockern, doch zunächst nicht meine Augen erreichte. "Du solltest du zuvor die Haare schneiden. Bevor du vor den Senat trittst, meine ich. Sie sind doch recht lang geworden." Für einen Germanischstämmigen gewiss normal, für einen Senator - oder zukünftigen Senator - nicht akzeptabel.
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Während ich also die Umschreibung des Buchhandels vollzog, unterhielten wir uns nebenher weiter. "Ja, das wäre mir sehr recht, wenn du einen Termin arrangieren könntest. Ich kann mir im Übrigen nicht vorstellen, dass er dich als Konkurrenz betrachten würde. Immerhin besitzt er selbst keine taberna medica, oder doch?" fragend sah ich Seiana an, dann schrieb ich weiter. "Ich hege die Hoffnung, dass Iuno meiner Frau und mir bald Nachwuchs schenkt", fuhr ich dann fort. "Du kannst nicht zufällig auch kompetente Hebammen empfehlen?" Um eine Amme musste man sich dann Gedanken machen, wenn es soweit ist. Schließlich sollte eine solche Frau dann auch in der Lage sein, das Kind zu stillen. Für eine Patrizierin gehörte sich das nun einmal nicht. Kurz darauf siegelte ich das Dokument.
Nachdem ich das Siegel beiseite gelegt und die Hände über dem Dokument schwebend locker zusammengefaltet hatte, betrachtete ich Seiana einen Moment intensiver. "Ich würde gern noch etwas mit dir besprechen. Es ist bei weitem nicht spruchreif und ich habe mich nicht leicht getragen mit dieser Entscheidung, doch ich möchte den Posten des auctor gern abtreten. Dem Senat werde ich diesen Entschluss allerdings erst bekannt machen, wenn ich einen Nachfolger gefunden habe. Ich dachte dabei an dich, Seiana, sofern du dir diese Position aufbürden möchtest, denn du weißt selbst, dass es derzeit alles andere als rund läuft." Ich sah sie ernst an. "Ich würde es dir gewiss nicht nachtragen, wenn du ablehnst."
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Alles neu machte der Mai. Nun ja, vielleicht nicht alles, doch manches.
Ich hatte die Skizzen vor mir auf dem Tisch liegen, die auch Pegasus schon entdeckt hatte, schwenkte gemütlich einen halbvollen Weinbecher und wartete. Es war früher Abend, erst später würde es Zeit für die cenasein. Vorher blieb noch genügend Zeit, mir Gedanken über das Vorhaben zu machen, das ich ersonnen hatte, als Ursus noch hier gewohnt hatte. Nun erschien es mir beinahe sinnfrei, das Haus entsprechend umbauen zu lassen, denn mit dem Auszug seiner Familie war wieder mehr Platz im Haus. Dennoch, ich sollte wohl auch daran denken, dass Lupus und Orest bald heiraten mochten, und so die Götter und er selbst es wollten, auch Avianus. Nicht zu vergessen Pegasus - und spätestens dann würde hier wieder ein Platzmangel herrschen und ich wieder über diese Baumaßnahmen nachdenken. Im Grunde war ich mir also sicher. Ich wollte diesen Umbau. Und Tiberius Ahala sollte mir beim Einholen von Angeboten der ortsansässigen Architekten helfen.Gemütlich legte ich die Beine hoch, auf einen gegenüberstehenden Korbsessel, und ebenso gemütlich schwenkte ich den roten Rebensaft im Becher herum, den Blick aus den nach außen geöffneten Flügeln hin in den Garten gerichtet, der dringend mehr Pflege nötig hatte. Ich wartete, auch wenn es wohl noch ein Weilchen hin sein würde, bis mein scriba eintreffen würde. Ich hatte einen Sklaven gebeten, auch Celerina auszurichten, dass ich in der exedra saß, denn ich hatte mir fest vorgenommen, meine Frau mehr in solche Entscheidungen einzubinden. Sie sollte ein Mitspracherecht haben, wie es sich gehörte. Dass ich diesen Umbau im Kopf hatte, wusste sie bereits, doch die einfachen Skizzen meiner Vorstellungen hatte sie noch nicht gesehen.
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Seuthos
[Blockierte Grafik: http://farm4.static.flickr.com/3053/3611607297_329725307f_m.jpg]Es ruckte. Seuthos hatte das Netz nicht schnell genug beiseite zerren können, um dem anderen zu folgen. Stattdessen riss das gladius des secutor zwei Maschen entzwei. Hastig zog Seuthos sein Netz zurück und bewegte sich tänzelnd zur Seite. Kritisch musterte er seinen Gegner. Der hatte scheinbar sein Schwert geschärft. Am Vorabend, dessen war er sich sicher, hätte er nicht mit dieser kleinen Bewegung aus dem Handgelenk zwei Maschen zerfetzen können. Ein Raunen ging durch die Menge, als Ursus Seuthos nachsetzte. Der retiarius drehte sich im augenscheinlich letzten Moment zur Seite. Er konnte den Luftzug des Schwertes fühlen, das vor seiner Brust nach unten sauste.
Einige Damen keuchten erschrocken, Seuthos machte einen unbeholfenen Satz zurück und wäre um ein Haar gestauchelt. Er ärgerte sich darüber, vergeudete jedoch keine Zeit - sobald er wieder festen Stand hatte, schoss der Dreizack vor. Seuthos stocherte nach der ungeschützten Schwertseite seines Gegners, nach der Achsel, hielt zugleich das Netz parat, um es nach dem Schwert zu werfen, das Ursus noch nicht wieder nahe genug an den Körper heran gebracht hatte. Wieder versuchte er, dem secutor das Schwert zu entreißen.
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Sie wollte nicht, dass ich ging. Ich wollte es ja selbst nicht. Noch stand ich da und hielt sie fest, so fest, als würde ich sie niemals mehr loslassen können. Siv hatte die perfekte Größe. Sie war eine Winzigkeit kleiner als Celerina, ich überragte beide um etwa einen Kopf, und beide passten damit fast perfekt unter mein Kinn, wenn sie standen und sich anlehnten. Doch konnte ich nicht ewig hier bleiben, sie nicht ewig so halten und mich auf seltsame Weise geflickt dabei fühlen. Irgendwann, das wussten wir beide, musste eine Entscheidung getroffen werden. Und ich war derjenige, der sie fällen musste. Siv mochte sich ohnehin längstens entschieden haben. Und ich konnte sie nicht länger in dieser Schwebe lassen. Sie musste wieder zurück kommen. Nach Hause. Ungeachtet der Schwierigkeiten, die mir diese Entscheidung bescheren würden.
Wieder ließ ich die Arme sinken, und diesmal schob ich Siv an den Schultern eine halbe Armlänge von mir fort, damit ich sie ansehen konnte. Einen Moment lang versuchte ich, meine Gedanken zu sammeln. Ich sah sie dabei nicht an, sondern blinzelte, mit dem Blick auf ihre Schulter geheftet, vor mich hin. "Komm nach Hause", sagte ich dann und sah Siv an. "Komm zurück. Bitte." Ich machte ein ernstes Gesicht, als ich das sagte - ohne eine Lösung zu haben, ohne mir Gedanken um die Konsequenzen zu machen. Kopflos und undurchdacht, etwas, das ich nicht schätzte und selbst sonst nicht tat. Doch es war mir einfach nicht möglich, sie gehen zu lassen. Oder es Celerina zu sagen. Bei dem Gedanken an meine Frau riss ich den Blick von Sivs blauen Augen, schloss die meinen dann. Das war ein unhaltbares Gefühl, nicht zu wissen, was das Richtige war. Oder es zu wissen, doch nicht tun zu können, denn das Richtige wäre gewesen, Siv zu vergessen und mich an meine Frau zu halten.
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Ich überging bewusst die neuerliche Entschuldigung, schmunzelte stattdessen schräg und dachte an die Dummheiten, die ich selbst wegen zu viel Wein angestellt hatte. Zu den bedeutenderen zählte wohl die Offenbarung der Liebe zu meiner Schwester. Doch das lag Jahre zurück und war damit in Vergessenheit geraden, was mir nur recht war. Diese wenig rühmliche Episode in meinem Leben wollte ich, genau wie manch anderes auch, tief in mir verborgen halten.
"Das kommt ganz darauf an, wie schnell du bist, Aedan. Ich habe nachher noch eine Senatssitzung. Bis dahin werde ich wohl entweder in meinem Arbeitszimmer sitzen oder im Garten sein", erwiderte ich. Noch konnte ich mich nicht entscheiden. "Ich bin im Haus bis zur sechsten Stunde, danach erst wieder gegen Nachmittag. Keine Sorge, du wirst mich schon finden." Es gab immer einen Sklaven, der wusste, wo ich steckte - oder glaubte es zu wissen. Im Zweifelsfall konnte zumindest Leone mitteilen, ob ich im Haus oder noch unterwegs war. "Also dann. Enttäusche mich nicht." Diese kleine Spitze musste sein. Ich nickte ihm noch einmal zu und wandte mich hernach zum Gehen. Vorerst würde es wohl tatsächlich das officium sein, in dem ich mich der Arbeit widmen würde.
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"Corvinus", berichtigte ich ein wenig pikiert. Andererseits war er Gallier, und damit war ihm mein Name und dessen Bedeutung vermutlich ebenso fremd wie der seine mir selbst. "Es bedeutet 'kleiner Rabe'", fügte ich aslo erklärend an. Womöglich nahm er nun an, in einen Zoo geraten zu sein. Und wer könnte ihm das verübeln? In der Tat konnten wir neben einem Raben mit einem Bären und sogar einem Wolf auftrumpfen. Ich lächelte schief bei dem Gedanken daran.
"Ja, das kann ich. Es war äußerst unbedacht und stupide, aber das muss ich dir vermutlich nicht erklären", erwiderte ich, nachdem ich meine Verwunderung ob dieser offensichtlich selten dummen Tat hatte bezwingen können. "Ich hoffe um deinetwillen, dass du solche Gedanken nicht mehr hegst, Aedan. Denn sonst dürftest du schneller auf dem Boden der Tatsachen landen, als dir lieb ist." Mit anderen Worten: Solltest du der Meinung sein, hier zu rebellieren, wirst du auch dafür die Konsequenzen tragen. Eine höfliche indirekte Drohung. "Ich würde mir wünschen, dir auch zukünftig solchermaßen vertrauen zu können, dass du Botengänge dieser Art erledigen kannst. Geh jetzt, Aedan. Dieser Termin ist wichtig, und je eher wir den consul sehen, desto besser. Ich erwarte, dass du mich gleich danach aufsuchst."
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"So?" erwiderte ich verwundert auf die Information hin, man hätte ihm gesagt, er solle niemanden direkt ansehen. Mit einem Kopfschütteln wischte ich die Überlegung bezüglich dieses Informaten fort. "Für mich ist es ein Zeichen des Respekts, wenn man mich ansieht während einer Unterhaltung, Aedan. Andere mögen das anders sehen. Ich für meinen Teil lege größeren Wert auf Loyalität und Kompetenz denn auf Demut, und beides kannst du nun unter Beweis stellen." Mit einem Sklaven, der lieber in Demut schwieg, statt auf einen offensichtlichen Fehler hinzuweisen, konnte ich nicht viel anfangen.
"Ja, genau das ist die Aufgabe, die ich dir stelle. Und nein, ich habe keine Angst, dass du fort läufst. Dir sind die Konsequenzen sicherlich bewusst, die eine Flucht unweigerlich nach sich ziehen wird." Sklaven waren auswechselbar. "Du bist Gallier, nicht wahr? Wie bist du in die Sklaverei geraten?" Denn dass er Sklave seit Geburt war, glaubte ich nicht. Dafür verhielt er sich nach meinem Geschmack zu unsicher.
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"Ich bin Marcus Corvinus, Aedan. Ursus ist mein Neffe", klärte ich ihn auf und benutzte gleichsam seinen korrekten Namen. Dass zumindest mein Name bekannt war, allein schon durch den Umständ geprägt, dass Celerina als meine Frau ihn gewiss einmal fallen gelassen hatte, davon war ich ausgegangen, wenngleich er mein Gesicht nicht zuordnen konnte. Er sagte mir seine Hilfe zu. Davon war ich ausgegangen, deswegen nickte ich nun zufrieden. Doch Aedan sah noch immer nicht auf. "Hat es einen Grund, aus dem du lieber meine Sandalen betrachtest als mir ins Gesicht zu sehen?" erkundigte ich mich. Hier im Haushalt wurde kein allzu strenges Regiment geführt, was Demut betraf. Ich persönlich legte weitaus größeren Wert auf Loyalität und Kompetenz, und ich schätzte es, mich mit den Sklaven meines Vertrauens weitgehend auf derselben Ebene unterhalten zu können. Auch wenn ich den Standesunterschied niemals vergaß. "Nun ja, die villa der Flavier steht nicht allzu weit entfernt... Du dürftest keine sllzu großen Probleme haben, sie zu finden. Mein Vetter und ich brauchen einen Termin bei consul Flavius Furianus. Das ist alles. Ich möchte, dass du einen Termin mit ihm vereinbarst. Ich richte mich nach ihm, was die Wahl des Datums anbelangt. Wirst du das für mich tun?" fragte ich den Sklaven meiner Gemahlin. An und für sich war es keine sonderlich schwere oder gar unlösbare Aufgabe. Ich erwartete natürlich, dass der Gallier nicht gleich die erstbeste Fluchtmöglichkeit ergreifen oder sich als inkompetent erweisen würde. Doch bisher machte er mir einen recht passablen Eindruck.
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"So ist es", erwiderte ich bestätigend. In den darauf folgenden vier Sekunden sah ich den Sklaven lediglich musternd an. Er hatte ganz offensichtlich eine gute Muskulatur und interessante Augen, auch wenn er sie demütig gesenkt hielt. Vielleicht war er ein guter Sklave. Das würde sich zeigen. "Genau genommen habe ich dich gesucht. Ich habe eine Aufgabe für dich, sofern meine Frau dich nicht braucht, was offensichtlich gerade der Fall ist... Du kannst einen wichtigen Botengang für mich erledigen." Ich betrachtete den Sklaven prüfend. Ein Urteil würde ich mir erst erlauben, wenn ich eine Grundlage hierfür hatte. "Dein Name war Eidan? Kennst du dich in Rom ein wenig aus?" Vermutlich wirkte ich wenig freundlich, doch angesichts der kürzlichen Umstände meine Frau im Speziellen und unsere Ehe im Allgemeinen betreffend, mochte es dem ein oder anderen durchaus plausibel erscheinen, dass ich neuen Sklaven nicht um den Hals fiel. Insbesondere dann nicht, wenn sie persönliche Sklaven meiner Frau waren, die ihr damit sehr nahe standen.
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"Unser iatros ist ein Grieche. Ich bin nicht genau informiert, aber ich glaube, auch er hat in Alexandrien studiert", erwiderte ich der Iunia. Bezüglich Flavius Furianus enthielt ich mich eines Kommentars. Es mochte ebenso gut sein, dass das mildere, wärmere Klima den Senatskollegen geheilt hatte.
Iunia Axilla schien nicht besonders angetan von meiner Bemerkung, das Bild bezahlen zu wollen. Ich nickte auf ihre Worte hin. Dass sie mir ein Bild schenken wollte, erschien mir leicht befremdlich. Es gab eigentlich keinen Grund hierfür - zumindest keinen, der mir einleuchtend erschien, abgesehen von der Tatsache, dass sie sich vielleicht verlegen fühlte bezüglich der Ereignisse auf Ursus' Hochzeit. Andererseits strahlte sie mich regelrecht an, was mich selbst zu einem keinen Lächeln veranlasste. Ich kannte die Frau einfach zu wenig, um mir ein näheres Urteil über sie zu erlauben, und derzeit überwogen die Negativeindrücke schlichtweg.
"Das bringt das Ädilat mit sich", erwiderte ich schmunzelnd und sah ihr dabei zu, wie sie ihre Formulare zusammenklaubte. "Es freut mich, dass ich dir weiterhelfen konnte, Iunia. Du findest hinaus?" Ansonsten würde ein Sklave sie begleiten und dafür sorgen, dass sie den Weg fand. "Vale, Iunia Axilla."
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Von meiner Unterredung mit Lupus kommend, war ich auf der Suche nach dem neuen Sklaven meiner Frau. Sollte er sich ruhig bewähren. Ich fragte Sofia, wo ich ihn finden konnte, und sie schickte mich in Richtung des atrium, weil sie ihn dort kurz gesehen hatte, als sie einen Korb voller Wäsche in den Hof trug. Das war er also. Erdan oder so ähnlich. Ich näherte mich dem impluvium und damit dem Sklaven, den ich im Näherkommen musterte. Es war keine Eifersucht, die in mir aufflammte, es war vielmehr die Sorge, Celerina konnte sich diesen Sklaven gekauft haben, um Phraates damit zu ersetzen. Ich würde aufpassen wie ein Luchs, dass sie mir nicht ein zweites Mal Hörner aufsetzte. "Du bist der neue Sklave meiner Frau?" fragte ich zunächst prüfend, um mir sicher sein zu können. Ich ging automatisch davon aus, dass er wusste, wem er gegenüber stand.
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Zitat
„Gib ja gut acht auf dich und lass dich nicht in meiner Abwesenheit an irgend einen Mann verscherbeln, hörst du.“
"Auf diese Idee würde ich niemals kommen, Septima", erwiderte ich, halb im Spaß, halb todernst. Den letzten Rest ihrer Worte hatte ich noch mitbekommen, als ich aus dem Haus getreten war - durch die Tür, die Aedan so fachmännisch repariert hatte. Ich gesellte mich zu den anderen hinzu, die sich bereits versammelt hatten, um sich zu verabschieden. "Ich wünsche euch eine gute Reise. Und ich erwarte selbstverständlich regelmäßig Briefe", wünschte und ermahnte ich zugleich mit einem schrägen Lächeln. Ich bezog einen Platz neben Celerina, die es sich natürlich auch nicht hatte nehmen lassen, Ursus und Septima zu verabschieden.
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"Nein", sagte ich und hob die Brauen. "Das hatte ich noch nicht gehört." Ich selbst hatte am Palast ohnehin kaum etwas zu tun, aber mein Informant dort war ganz offensichtlich eine Schlaftablette, wenn er mir nicht einmal eine Ernennung mitteilte, die meine eigene Familie betraf. "Herzlichen Glückwunsch", sagte ich und nickte ihm lächelnd zu. Legat, das war schon etwas. Dennoch eine Position, die ich für mich nicht hätte haben wollen. Mir lag das Miitärische schlichtweg nicht. Offenbar nicht so sehr wie Ursus, zumidnest. Dann sickerte die damit verbundene, unausgesprochene Information ebenfalls in meinen Geist. Wenn Ursus in Mantua stationiert war, dann würde er seine Frau und seine Sklaven gewiss nicht zurückassen - oder doch? "Ich nehme an, dass Septima dich begleiten wird?" fragte ich daher, um Klarheit zu erlangen.
"Nun ja, die Mühlen der Bürokratie..." Ich hob die Schultern. "Der Stadtpräfekt ist immerhin nicht der Kaiser, so gern er es wohl auch wäre." Ursus war sehr lange untätig gewesen, sah man von der geringfügigen Beschäftigung als praeceptor der Schule ab. Es war gut, dass er endlich wieder eine anspruchsvolle Aufgabe hatte. "Ich nehme an, du wirst deine Arbeit für die schola niederlegen? Oder besitzt Mantua eine Zweigstelle?" Ich hatte keine Ahnung. Und was die Acta Diurna betraf, mochte Ursus mit einer neuen Tätigkeit vermutlich noch weniger Artikel einreichen als bisher. Ich rieb mir über die Stirn. "Ich hätte dir gern die villa rustica in Mantua zur Verfügung gestellt." Doch die hatte Laevina zur Mitgift erhalten, weswegen sie nun Tiberius Durus gehörte. "Wann wirst du abreisen?" hörte ich mich fragen.
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Ich nickte bestätigend. Wenn Lupus es so wollte, würden wir die Flavier gemeinsam aufsuchen. "Das lässt sich einrichten. Wir sollten den Termin dann recht bald einplanen. Je früher, desto besser. Und die kommende Amtszeit ist nicht mehr fern. In ein paar tagen werden die neuen Magistraten vereidigt", erwiderte ich. Es würde sich in Kürze gewiss ein Termin finden lassen. "Ich werde einen Boten schicken und um einen Termin beim künftigen consul ersuchen lassen." Sollte der neue Sklave Celerinas das übernehmen. So würde er gleich die Gelegenheit erhalten, sich zu beweisen.
"In Ordnung. Dann solltest du dich an Tiberius Avianus wenden. Meinen Neffe", erklärte ich. "Er ist derzeit der magister unseres Gremiums. Es wäre taktisch klug, wenn du zunächst ihm dein Anliegen mitteilst." Avianus würde dann alles weitere einfädeln, auch wenn einigen die Aufnahme eines weiteren Aureliers gewiss befremdlich erscheinen würde. "Was die Kollegien betrifft, muss ich gestehen, ein wenig uninformiert zu sein derzeit. Die letzte Zusammenkunft der pontifices ist bereits ein Weilchen her." Und eine Nachricht, dass demnächst eine weitere anstehen würde, hatte ich bis dato nicht erhalten. Insofern hatte ich diesbezühlich keine Informationen für Lupus. "Ich kann mich gern umhören. Solltest du allerdings zufällig einem Manius Tiberius Durus über den Weg laufen, tätest du gut daran, dich von deiner besten Seite zu zeigen. Er führt in Abwesenheit unseres Kaisers den Vorsitz in sämtlichen religiösen Belangen." Ich ließ mir nun doch einen Becher Wein einschenken, wartete, bis er mir angereicht wurde, und nippte kurz daran. "Selbstredend würde ich dir eines der Kollegien empfehlen. Der Dienst in den Tempeln ist vielleicht interessant, doch weniger prestigeträchtig."
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Ich verabschiedete mich mit einem simplen "Vale." und sah dem Flavier nach. Auch als er bereits verschwunden war, starrte ich noch auf die Stelle, an der er ins Haus geschlüpft war. Erst als der Sklave zurück kam und berichtete, dass Flavius Piso das Haus verlassen hatte undich ihm nickend gedankt hatte, gab ich mir einen Ruck. Ich wollte Prisca aufsuchen und mehr über diesen Zwischenfall erfahren, um gegebenenfalls weitere Maßnahmen gegen Flavius Piso einzuleiten - sollte er meine Nichte tatsächlich gegen ihren Willen belästigt haben, wonach die ganze Sache für mich definitiv ausgesehen hatte.
~ finis ~
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Pergament und Papyrus brannte erstaunlich gut, wie ich gerade feststellte. Um das Feuerfangen dennoch zu beschleunigen, hatten einige fleißige Helfer Öl verwendet, und so war es wohl nicht verwunderlich, dass der Bücherhaufen rasant Feuer fing und alsbald das Knistern und Prasseln hungrig leckender Flammen auf dem ganzen forum zu hören war. Weißgrauer Rauch erhob sich zu einer schiefen Säule, die am oberen Ende vom Wind nach Nordosten gebogen wurde. Diese Rauchsäule würde man womöglich noch in der subura sehen können. Macers Worte ließen mich schmunzeln. Nun galt es zu warten, bis der Haufen zumindest ein wenig heruntergebrannt war. Und dann wartete auch bereits der nächste Termin.