Verärgert runzelte ich die Stirn, als Pegasus ungeduldig wurde und mich anfuhr. Was glaubte er eigentlich, wer er war? Seine Aggressivität fand in der meinen einen guten Nährboden. Allein deswegen mochte ich bereits glauben, dass wir vom gleichen Blute waren. Zornig presste ich die Kiefer aufeinander. Dass Prisca den Raum betrat, obwohl ich sie auf später vertröstet hatte, ging im ersten Moment an mir vorüber. "Denkst du, einem von uns fällt es leicht, dich in der Schwebe zu wissen? Wäre es dir lieber, mit Freuden aufgenommen zu werden, um dann umso härter zurückgewiesen zu werden, sollte sich herausstellen, dass deine Geschichte sich nicht bewahrheitet? Und selbst wenn - du wärest der uneheliche Sohn meines Bruders, was denkst du, wie sich dieser Umstand in der Öffentlichkeit auswirken wird - auf dich, auf uns alle?" konterte ich scharf und fixierte ihn dabei mit dem Blick. So oder so, die Angelegenheit um sein plötzliches Auftauchen war delikat, und weder für ihn noch für uns einfach zu behandeln. Ich wollte eben noch etwas weiteres anfügen, als ich nun doch Prisca gewahr wurde. Meine Verärgerung richtete sich nun auch gegen sie, was sie gewiss an dem Stirnrunzeln ablesen konnte.
Sie reichte Pegasus ziemlich unwirsch ein Dokument. "Prisca", sagte ich. "Das ist kein guter Zeitpunkt. Ich hatte dich doch gebeten..." Ich verstummte, als ich merkte, dass sie keinem von uns in die Augen sah. War sie verlegen? Ich runzelte die Stirn erneut und sah zu Pegasus, dessen Ausdruck Fassungslosigkeit widerspiegelte. Prisca wollte nun offensichtlich wieder gehen. Ich hob die Hand. "Warte", sagte ich schlicht, aber streng. Dann nahm ich das Dokument, riss es Pegasus fast schon unwirsch aus der Hand. Ich fragte mich, was das alles zu bedeuten hatte. Es wurde mir klarer, als ich Zeile um Zeile las.
Schließlich ließ ich das Schriftstück sinken. Es war die Schrift meines Bruders, ich erkannte sie wieder. Dazu das Siegel. Keiner hätte diesen Beweis fälschen können, nicht einmal ein Aurelier. Marius Iustus wäre, ging man von seiner Schrift aus, ein Mediziner werden können, und er hatte eine eigentümliche Art gehabt, das große T zu schreiben. Skeptisch sah ich Pegasus an, dann Prisca - vorwurfsvoll. "Nun", sagte ich steif. "Das dürfte einiges hinfällig machen." Und das war vorerst alles, was ich sagte. Ich konnte Prisca nicht rügen, nicht fragen, warum sie nicht eher diesen Brief vorgelegt hatte, um Pegasus' Abstammung zu verifizieren, seine Geschichte zu bestätigen. Ich konnte auch meinem Neffen nicht um den Hals fallen und ihn herzlich in der Familie willkommen heißen. Denn ich war einfach nur perplex. Ich musste aufstehen, einige Schritte gehen, nachdenken. Der Brief lag auf dem Tisch. Dann sah ich Pegasus an. "Ich erkenne dich als mein Neffe an. Verhalte dich entsprechend." Angesichts der Situation war ich ernst, und vielleicht weniger herzlich, als Pegasus es verdient hatte. "Ich hoffe, du verstehst meine Beweggründe. Ich konnte dich nicht einfach aufnehmen, ohne zu wissen.... Mein Neffe." Ich gluckste verwundert, dann wandte ich mich Prisca zu. "Danke. Nur warum kommst du erst jetzt? Du hättest deinem...deinem Bruder einiges an Ärger ersparen können." Und mir auch.