Beipflichtend nickte ich meinem Gast zu. Es wäre nicht nur schade, sondern auch eine Schande, wenn er sich das Kapitol nicht anschauen würde. Das, was Vala anschließend über seine Erfahrung mit dem römischen Lauf der Dinge berichtete, kam mir selbst nur in Teilbereichen bekannt vor. "Ich kann nachvollziehen, was du da sagst, auch wenn das bei mir anders war. Ich habe schon früh gelernt, mich in diesen Dingen zurechtzufinden, und war bereits kurz nach dem Ablegen meiner bulla Magistrat der norditalischen Stadt Mantua. Damals befand sich unser Familiensitz dort. Andererseits weiß ich genau, was du meinst, denn gegenwärtig beschäftige ich mich mit unserem Rechtssystem und finde mich dabei nicht immer so zurecht, wie ich es gern täte. Es gibt viele Eventualitäten und Ausnahmen, und die Dinge erschließen sich mir nicht unbedingt immer sofort. Ähnlich muss es dir gehen. Aber wie du sagst, wird dir dein Arbeitgeber sicherlich gut weiterhelfen können." Ich überlegte, ob ich ihm meine Hilfe anbieten sollte oder nicht, entschied mich aber vorerst dagegen, da er in erster Linie in Balbus' Pflicht stand und jener ihm sicher gut weiterhelfen konnte.
Ein mildes Lächeln entstand auf meinen Zügen, als Vala seinen Scherz mit dem Reichtum machte. "Ah, du hast mich nur unvorbereitet erwischt", erwiderte ich den Flachs und schmunzelte. "Du wirst mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit auch Römern begegnen, die bereits von weitem glitzern und funkeln und somit versuchen, ihr geringes Selbst aufzuwerten. Aber eigentlich dürftest du tatsächlich nicht enttäuscht sein, wenn ich es recht bedenke. Du dürftest Decimus Duccius Verus kennen, und er kennt mich und hat schließlich seine Ausbildung in Rom vollendet. Da hat er dir gewiss das ein oder andere erzählt?" Auf diese Weise würde ich nun sicher auch erfahren, wie Verus und Vala verbunden waren und vielleicht auch, wie es ihm erging. "Ich schätze deinen Verwandten sehr. Er ist verantwortungsbewusst und zielstrebig. Wenn ich es recht bedenke, habe ich bisher noch keinen Duccier getroffen, der das nicht wäre", überlegte ich vor mich hin.
Ich hob abwehrend die Hände und lachte dabei. “Oh, immer langsam. Der Kaiser ist gegenwärtig nicht in Rom, das ist richtig. Er hält sich in Misenum auf. Was er dort tut und weshalb er dort ist, kann ich dir nicht sagen“, führte ich aus, obwohl das nicht ganz den Tatsachen entsprach. Als auctor erfuhr man einiges mehr als andere, doch bedeutete dies nicht, dass man das, was man wusste, allen weitererzählen durfte. “Der Stadtpräfekt…Vescularius….versucht, in Abwesenheit des Kaisers die Geschicke des Reiches so gut als möglich zu lenken. Einige empfinden seine Maßnahmen dabei vielleicht als unorthodox oder zu radikal...“ Ich schwieg und runzelte die Stirn. Ich überlegte, ob ich dem jungen Mann sagen sollte, wie ich selbst dazu stand. “Vescularius Salinator und unser Kaiser sind durch eine tiefe Freundschaft miteinander verbunden, heißt es. Nur so kann ich mir erklären, weshalb er seinem Stadtpräfekten über eine so lange Periode absolut freie Hand lässt. Ich persönlich sähe es nur zu gern, wenn der Kaiser gesunden und seinen Platz hier in Rom wieder selbst einnehmen würde.“ Das war diplomatisch genug ausgedrückt, um es zu verstehen, es aber auch gleichzeitig nicht gegen mich verwenden zu können.
“Was die beiden Senatoren anbelangt, kann ich dir leider auch nicht viel mehr erzählen, als mir erzählt wurde. Ich war einige Zeit lang gesundheitlich nicht auf der Höhe, weshalb einige Sitzungen im Senat ohne mich stattfanden. Aber einige Klienten haben mir erzählt, dass es wohl einen Prozess gegeben hat aufgrund verleumderischer Äußerungen, und dass das Urteil dieses Prozesses dergestalt ausfiel, wie du es wohl erlebt hast. Es sollte eine öffentliche Aussöhnung mit Opfer sein. Wie lange sie etwas bringt, wird man sehen. Aber du hast recht, das hätte nicht unbedingt öffentlich sein müssen, da bin ich mit dir einer Meinung. Allerdings – so macht man auch von sich reden.“ Ich grinste.
Ich überlegte. In der domus der Duccier war ich bisher nicht gewesen. Ich konnte mich allerdings daran erinnern, wie sie von außen aussah. So heruntergekommen hatte sie auf mich nicht gewirkt. Aber vielleicht hatte ich das Haus auch schlecht in Erinnerung. “Habt ihr schon mit dem Gedanken gespielt, es zu verkaufen? Unsaniert, meine ich? Soweit ich mich erinnern kann, liegt das Grundstück nicht schlecht. Es dürfte einige Interessenten dafür geben, vom Haus einmal abgesehen. Und wenn deine Familie nicht oft in Rom weilt, ist es auf Dauer sogar günstiger, das Haus abzustoßen und bei den wenigen Gelegenheiten bei Freunden oder in einem Gästehaus unterzukommen.“