Ad
Marcus Vinicius Hungaricus
regia Legati Augusti pro praetore zu Mogontiacum
GERMANIA
M. Aurelius Corvinus M. Vinicio Hungarico s.d.
Zunächst ist wohl eine große Entschuldigung fällig. Mein Antwortschreiben hat viel zu lange auf sich warten lassen, dessen bin ich mir durchaus bewusst. Meine Krankheit soll keine Entschuldigung hierfür sein, doch sie hielt meinen Geist mit eisernen Klauen fest und mich selbst viel zu lange ans Bett gefesselt. Nun bin ich weitgehend genesen und nehme meine Pflichten und Aufgaben wieder wahr.
Ebenfalls zu spät kommt auch meine Gratulation bezüglich der Entscheidung des Senats, nichtsdestotrotz wünsche ich dir alles Gute für den verbleibenden Rest deiner Amtszeit als germanischer Legat.
Was kann ich dir aus Rom zu berichten, dass du nicht ohnehin schon aus anderem Mund erfahren hast? Vermutlich nicht viel, ich will es dennoch versuchen. Es gab und gibt baldig einige neue Konstellationen zwischen den einflussreicheren gentes zu beobachten. Purgitius Macer, welcher sich zur Wahl der Prätoren hat aufstellen lassen, hat Albina von den Tiberiern geehelicht, von meiner eigenen Ehe berichtete ich dir bereits. Überdies wird mein Kollege und Freund Tiberius Durus demnächst mein Mündel Laevina zur Frau nehmen, und eine weitere zur Diskussion stehende Verbindung ist jene zwischen meinem Verwandten Manius Orest und dem Mündel Durus', Arvinia. Ich gebe zu, dass mir die so plötzliche und enge Verbandelung mit den Tiberiern eher weniger gefällt, kann ich mich doch noch zu gut an Tiberius Vitamalacus und seine Ansichten bezüglich Sittsamkeit und Familienpolitik erinnern, die beinahe ausnahmslos nicht mit meinen Vorstellungen und Ansprüchen konform gingen. Tiberius Durus indes, der übrigens in diesem Jahr zum consul kandidiert, scheint mir weitaus besser geeignet, das tiberische Familienschiff zu lenken. Ich habe festgestellt, dass ich einige meiner Urteile neu überdenken musste, und unter diesem Aspekt erscheint mir eine Verbindung zur Tiberia nun ganz passabel, auch wenn man es nicht übertreiben sollte.
Mein Neffe Ursus, der gegenwärtig Tribun der Ersten ist, fühlt sich in dieser Position augenscheinlich recht wohl, mir gegenüber erwähnte er, dass er sich durchaus vorstellen könnte, irgendwann ein eigenes Kommando auszuüben. Er fühlt sich zum Militär hingezogen, und seine Ernennung zum Senator ist lediglich eine verzögerte Formalie. Überhaupt kann ich nicht klagen, was das Streben der Meinen in den Senat anbelangt. Mein Neffe Tiberius Avianus, der dir zweifellos durch sein in Germanien abgehaltenes Tribunat ein Begriff sein wird, kandidiert für die kommende Amtszeit zum quaestor. Vielleicht wird sein Weg ihn wieder zurück in die Provinz. Ich selbst kann, bedingt durch diese lästige Krankheit, auf eine bestenfalls mäßige Amtszeit als Ädil zurückblicken. Dies ist auch der Grund, aus dem ich mich für das kommende Jahr wohl erneut für dieses Amt aufstellen lassen werde. Allein, um meinem Spiegelbild nicht weiterhin beschämend gegenüberzustehen, ist dies erforderlich; viel schwerer jedoch wiegt die Pflicht, der ich gegenüber Rom nicht ausreichend Genüge getan habe.
Nun, du wirst dich auch sicherlich fragen, warum dich seit geraumer Weile keine Abschrift der Acta mehr erreicht. Die Erklärung hierfür ist so bekannt wie bedauerlich: Es fehlt an Schreibern, es fehlt an Interessenten, die nicht nur lesen, sondern auch etwas beitragen wollen, und den Verbleibenden fehlt es an Zeit zum Schreiben. Anzeigen, Aushänge und Aufrufe führten bisher nicht zum gewünschten Erfolg, so dass außer der lectrix, Germanica Aelia und mir selbst nur mehr zwei weitere Autoren neben ihren üblichen Tätigkeiten versuchen, so viel Zeit als möglich für die Acta zu entbehren. Wenn du mich fragst, sehe ich auf lange Sicht schwarz für das Fortbestehen der Zeitung. Derzeit erarbeiten wir ein neues Konzept, dass hoffentlich frischen Wind hineinbringen wird. Ob es funktionieren wird, wissen allein die Götter.
Den jungen Duccier, Vala, dem du einen Besuch bei mir empfohlen hast, empfinde ich als sehr angenehmen und höflichen Menschen. Es ist somit fast bedauerlich, dass er seine Fähigkeiten als Schreiber bereits Prudentius Balbus angeboten hat, denn ich könnte mir durchaus vorstellen, mit ihm zusammenzuarbeiten. Ich denke, ich werde seine Karriere weiterhin beobachten.
Vermutlich hast du auch bereits Kenntnis davon, dass ich während meiner Amtszeit als Ädil in Zusammenarbeit mit Duccius Verus die Sanierung der städtischen Tempel Mogontiacums geplant und eine vollumfängliche Kostenübernahme zugesagt habe. Inzwischen hat er mir eine Kostenauflistung zukommen lassen. Es ist mir ein Anliegen, dass die nötigen Bauarbeiten schnellst- und bestmöglich ausgeführt werden, weshalb ich dir überaus dankbar wäre, würdest du ein Auge darauf haben.
Äußerst beunruhigend erscheint mir überdies die Absenz unseres Kaisers. Es heißt, sein Gesundheitszustand sei kritisch, andere berichten, er erhole sich allmählich. Der praefectus urbi allerdings rückt sich immer weiter in den Vordergrund. Ich will ihm nicht unterstellen, nicht unglücklich mit der Abwesenheit unseres Kaisers zu sein, jedoch scheint es ihm recht gut zupass zu kommen. Ich werde das weiter beobachten.
Sonstig bleibt mir nichts weiter, als mich nochmals für die allzu späte Meldung zu exkulpieren und zu hoffen, dass dein Aufenthalt in Germanien für diesen Winter nicht allzu schneereich ausfallen wird.
Mögen die Unsterblichen dich behüten.
Vale bene.
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- senator et pontifex -
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ROMA, PRIDIE KAL OCT DCCCLIX A.U.C. (30.9.2009/106 n.Chr.)