Beiträge von Marcus Aurelius Corvinus

    Wie ich es Orestes versprochen hatte, hielt ich es auch. Am frühen Nachmittag desselben Tages also machte ich einen Umweg über das Heim des Verginius Esquilinius, und hoffte, dass er zugegen war. Den mich begleitenden Sklaven gebot ich bis auf Alexandros, zu warten, dann deutete ich dem Griechen, an die porta zu klopfen und mich anzukündigen. Wenn ich Pech hatte, war der Vorsitzende der Magister nicht zu Hause.


    Ein alternder ianitor öffnete und fragte, wie er helfen könne. Er leierte seinen Spruch so herunter, dass selbst mir auffiel, wie eintönig und monoton sein Dienst sein musste. "Salve! Das ist der Senator und pontifex Marcus Aurelius Corvinus, und er möchte gern eine Unterredung mit dem magister der Auguren führen. Ist er da?" Ich staunte nicht schlecht, Alexandros machte sich. Der ianitor murmelte etwas in seinen nicht vorhandenen Bart, zog dann aber die Tür weiter auf und bat uns mittels Gestik hinein. Ich entschloss mich kurzum, den Griechen mit hineinzunehmen. Und drinnen, im atrium, warteten wir dann gemeinsam auf Verginius Esquilinus, der angeblich jeden Moment kommen würde.

    Celerinas Gebet mochte zwar einfach sein, doch die Göttin mochte anhand der Intonation erkennen, wie wichtig es Celerina war, dass die Muttergöttin ihr gewogen war. Nach Celerina wollte nun auch ich einige Worte an die Göttin richten. Ganz wohl war mir dabei nicht, zumal ich an die letzte Begebenheit zurückdenken musste, bei der ich einen Tempel der Iuno aufgesucht hatte. Ich griff in das Säckchen mit der Weihrauch-Kräuter-Mischung und streute ebenfalls einige der Kügelchen über die orange glimmende Glut. Der gleichmäßig aufsteigende, fahlweiße Rauch kitzelte ein wenig in der Nase. Ich war erst vor wenigen Tagen weitgehend gesundet, musste nun aber dennoch ein Niesen unterdrücken. "mater Iuno, göttliche Himmelsherrscherin, dir sei unser Dank gewiss für die Errettung Celerinas aus den Klauen der Piraten. Dir danken wir, gütige Iuno, für deinen Großmut und deine Güte." Ich platzierte, während ich sprach, einige der Dinkelkekse auf dem foculus. Leise knisternd verschlangen derweil die Flammen ein Weihrauchkörnchen nach dem anderen. Statt es Celerina gleich zu tun und die Blüten zu zu Blütenblättern zu zerteilen, legte ich sie in ihrer Ganzen Pracht der Statue der Göttin zu Füßen, die auf dem Altar thronte. Ich hob den Blick und betrachtete das erhabene steinerne Antlitz der Statuette, die zu diesem Ehrentag gesäubert und mit Blumengirlanden geschmückt worden war. Ich wandte mich nach rechts. Die Wendung beendete das Voropfer, und der mitgebrachte Korb mit den Gaben hierfür war inzwischen leer.


    Nun kam Bewegung in Curva, denn sie begleitete uns nach draußen, wo die anderen bereits mit dem Opfertier warteten. Auf dem Weg winkte sie eine schmächtige popa heran, die ebenfalls folgte. Es war kein großes Tier, sondern ein kleines, schneeweißes Lamm, das unseren Ansprüchen genügte und meiner Meinung nach auch für die causa der Göttin angemessen sein sollte. Rechter Hand des Tempeleingangs befand sich der Opferaltar, auf den die füllige Acilia Curva nun zu marschierte. Ich konnte nicht anders, als ihr wie beinahe magnetisch angezogen auf den Hintern zu starren, riss letztendlich jedoch den Blick stets rechtzeitig los, ehe es jemandem auffallen konnte. Das kleine Schaf war mit schmalen, blutroten Wollbändern geschmückt, die einen schönen Kontrast zum weißen Fell des Tieres boten. Acilia Curva räusperte sich und nahm eine Schale vom Tisch, tauchte die Fingerspitzen hinein und verteilte dicke Tropfen der mola salza über die Umstehenden. Ich zuckte kurz mit einem Augenlid, als ein Tropfen um ein Haar mein Auge verfehlte und auf der Wange landete. "favete linguis", flötete die dickliche Priesterin, was angesichts der anwesenden Anzahl von Menschen eine gute Idee war. Es wurde sodann auch gleich merklich leiser, als alle gespannt nach vorn sahen.


    Ich trat vor, empfing die Schale mit der mola salza von der sacerdos und ließ einen dünnen Strom der Dinkelschrot-Wasser-Lösung über den Kopf des kleinen Lamms rinnen. "mater Iuno, siehe, wir weihen dies prächtige Lamm deinerselbst, auf dass dich sein Wesen erfreuen und sein Leib erquicken möge. Dir zur Ehre reichen wir dir diese Gabe dar, allmächtige Himmelsherrscherin, und bitten dich, nimm dies Lamm an zum Dank, der dir gebührt. Wahrerin der Beständigkeit, Schutzherrin der Frauen. Ich bitte dich, mater regina weiche auch zukünftig nicht von der Seite Celerinas." Ein wenig beklommen fühlte ich mich. Keine Bitte bezüglich der bevorstehenden Ehe war bisher über meine Lippen gekommen. Ich befeuchtete sie mit der Spitze der Zunge und fuhr dann fort. "mater matrum. Ich bitte dich...lass diese Ehe Früchte tragen. Wir bitten dich, nimm dies Geschenk an, zum Zeichen unser immerwährenden Dankbarkeit..."


    Acilia Curva nahm dem Tier daraufhin die Wollbinden ab und legte sie beiseite, dann reichte sie mir das Opfermesser, und ich trat vor, um dem kleinen Tierlein mit dem stumpfen Messer über den Rücken zu streichen. Dann gab ich das Messer Acilia Curva zurück. Einer Betäubung bedürfte es bei einem Lamm nicht. "Agone?" fragte sie so selbstsicher, dass es mich beinahe ein wenig wunderte. Ich hatte derweil Celerinas Hand ergriffen. "Age!" befahl ich daraufhin, und schon drang die scharfe Klinge in den Hals des jugendlichen Tieres ein. Dunkelrotes Blut rann durch weiße Wolle, beinahe augenblicklich brach das Lämmchen in die Knie. Allzu viel Blut verlor es nicht, doch das, was das Tier verließ, verschwand in langen Schlieren in dem kreisrunden Loch am Boden. Acilia Curva machte sich nun bereits am Bauch des Tieres zu schaffen. Ein aufmerksamer Betrachter konnte für eine Weile nicht mehr sehen als den ausladenden Hintern der Priesterin. Ich blickte leicht pikiert zu Boden.

    Überrascht sah ich den Senator Germanicus an. "Ich weiß dies, da ich mich selbst derzeit auf eben diesen Kurs vorbereite und mich natürlich diejenigen Namen jener interessiert haben, welche den Kurs bereits erfolgreich absolviert haben - nicht zuletzt im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen. Mir stellt sich nun natürlich die Frage, wann den consul die Nachricht mit der Bitte um die Kandidatur erreicht hat", fuhr ich fort, denn gewiss war es unzulässig, wenn man seine Kandidatur einreichte, ohne jedoch den obligatorischen Kurs zuvor bestanden zu haben. "Nicht, dass ich es dem Senator nicht gönnen würde, zum Prätor zu kandidieren, doch denke ich, dass alles seine Ordnung haben sollte, und nicht zuletzt ist diese Nachweispflicht in der lex zum cursus honorum verankert."



    Sim-Off:

    Jetzt noch einmal SimOff was dazu: Wie das hier gerade läuft, finde ich nicht gelungen. Der Kurs wurde auf See abgenommen, heißt es, obwohl das Schiff da schon in Alexandrien vor Anker lag, zudem wurde während der gesamten Reise nicht einmal in einem Nebensatz erwähnt, dass betreffende ID den Kurs absolviert bzw. absolvieren wollte. In einem anderen Posting wird erwähnt, dass die Kandidatur bereits vor der Abreise ins Auge gefasst und niedergeschrieben wurde. Geht man rein nach diesen logischen Gesichtspunkten, sollte Meridius nicht kandidieren dürfen.

    Auf die Rede des Flavius Aristides hatte ich mit Interesse gewartet. Epicharis hatte am gestrigen Tage im Redaktionsgebäude beinahe dauerhaft davon gesprochen und mich natürlich durch die Blume gebeten, für ihn zu sprechen. Aufmerksam verfolgte ich nun die Worte des Flaviers, konnte nicht umhin, an einigen Ecken zu schmunzeln, und glaubte gar, hin und wieder eine Formulierung zu erkennen, die mich an den Stil der lectrix erinnerte. Nichtsdestotrotz konnte ich hier nicht anders, denn meine Zustimmung geben, da hätte es des Zuspruchs seitens seiner Ehefrau nicht einmal benötigt.


    "Flavius Aristides ist ein kampferprobter und mehrfach ausgezeichneter Veteran des Parthienkrieges. Wer sonst sollte geeigneter sein als ein Mann wie er, der noch dazu aus einer angesehenen Familie stammt, das Amt eines triumvir zu bekleiden? Es ist überaus löblich, dass er sich nun auch in die Politik wagt. Flavius, meine Stimme ist dir sicher", sagte ich, nachdem ich mich erhoben hatte. Anschließend nahm ich wieder Platz.

    Augenscheinlich war die Flavia mit mehr ambitionierten cursus honorum Willigen gesegnet als meine eigene Familie dies von sich behaupten konnte. Wie praktisch, dass wir uns ergänzen konnten.
    Nur war es äußerst schade, dass Gracchus' Bruder keinerlei Interesse daran zeigte, zu heiraten. Das machte es nicht leichter für mich, der ich bereits über den Schatten gesprungen war, den das Patrizierdasein auf uns warf. Keines meiner Mündel sollte sich später begeistert von dieser Entscheidung zeigen, so schwer sie mir selbst auch gefallen war. Es war stets mühselig, für etwas einzustehen, dass man selbst nicht unbedingt guthieß, doch wenn es die einzig richtige Möglichkeit darstellte...


    "Ich würde in dieser Angelegenheit zunächst gern Rücksprache mit den Damen halten. Es wird gerade Prisca nicht leicht fallen, Caius' plötzliches Untertauchen zu verarbeiten. Sie hing an ihm", erklärte ich Gracchus. Vielleicht würde er verstehen, dass ich nur das Beste für meine Schutzbefohlenen und zumindest in einem Gespräch suggerieren wollte, dass sie eine Art Entscheidungsrecht hatten, was die Wahl ihres Zukünftigen betraf. "Dennoch danke ich dir zunächst für die Verknüpfungspunkte unserer beider Familien, die du in Aussicht stellst. Es wäre mir Freude wie Ehre gleichermaßen, könnten wir das Netz fester weben, das uns verbindet. Wie alt ist dein Neffe, wenn ich fragen darf?"


    Gracchus erhob sich inzwischen und schenkte uns beiden hellroten Wein ein. Angesichts der Tageszeit war das vollkommen ausreichend. Ich nahm das fein gearbeitete Trinkgefäß an mich und betrachtete die feinen Ziselierungen darauf einen Augenblick. Gewiss bezogen die Flavier ihre Glaswaren auch aus Ägypten. Ich kannte keinen Glasbläser in Rom, der seine Kunst nicht in der südlichsten Provinz erlernt hatte, doch die wirklich perfekten Arbeiten stammten aus Alexandrien selbst. Ich dankte Gracchus und nahm einen Schluck, dann platzierte ich das Glas auf dem Schreibtisch vor mir. "Und dies dürfte eine überaus schwierige Angelegenheit sein, wie mir scheint. Erlaube mir die Frage, ob sich der pontifex maximus bei jeder contio aufs neue eher verhalten gibt", stellte ich eine indirekte Frage als Antwort auf die Angelegenheiten Fabius Antistes umrankend. Gerade bei den Flaviern schien ich eher richtig adressiert, was kritische Worte den Kaiser betreffend anbelangte, als bei den Tiberiern, und doch hatte ich bei Gracchus weitaus größere Probleme, meine Meinung zu sagen, als bei Durus. "Oder waren es lediglich die Themen, die ich mitbrachte, welche ihn langweilten?"


    Ich griff nach meinem Glas, mehr, um meinen Händen etwas zu tun zu geben, denn aus Durst. Langsam drehte ich das Gefäß mit dem herben, hellroten Wein darin, bis plötzlich Gracchus mit einer Neuigkeit heraus rückte, die dazu fuhrte, dass ich ob der abrupten Einstellung der Bewegung beinahe die Rebensaft-Wasser-Mischung auf meine toga schwappen ließ. Ich war überrascht - das war ich wirklich - und sah Gracchus dementsprechend an. Man wollte mich im collegium pontificium sitzen haben? Nicht, dass ich nicht gehofft hätte, irgendwann einmal in die Reihen der höchsten Priester aufgenommen zu werden. Doch so plötzlich? Ich war erst einmal sprachlos, und ich hatte genügend damit zu tun, meine Überraschung soweit niederzuringen, dass ich Gracchus nicht allzu entgeistert anstarrte. "Das...kommt überraschend", sagte ich schließlich, und eine Vermutung keimte in mir auf. "Habe ich dir die Fürsprache zu verdanken?" wollte ich wissen. Letztendlich würde dies bedeuten, dass ich in Gracchus' Schuld stehen würde, ganz gleich, wie sehr er seine Beteiligung an dieser Sache auch vielleicht herunterzuspielen versuchte.


    Bei der Erklärung bezüglich seines vermeintlichen Fauxpas nickte ich nur. Für mich war es weder eine Option gewesen, ihn vorzuführen noch ihm Kleingeistigkeit vorzuwerfen. Genau genommen hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet, dass Gracchus mutwillig die Information den geschiedenen Opferkönig betreffend ignoriert haben mochte. Schließlich war mir bekannt gewesen, dass ihn diese sonderbare Krankheit fest in ihrem Griff gehabt hatte. Ich winkte daher ab und sagte die Wahrheit. "Es wird dir niemand zum Vorwurf machen, dass du mit den Gedanken an gänzlich anderer Stelle warst. Jeder hätte in der gleichen Situation andere Prioritäten gehabt. Ich kann nachvollziehen, wie es gewesen sein muss, auch wenn ich es nicht nachempfinden kann." Und Gracchus trug eine Narbe dieser ominösen Krankheit immer noch mit sich herum, zwar nicht offensichtlich, doch deutlich hörbar, sobald er sprach. Für einen orator ein schlimmer Kratzer auf der dem Senat zugewandten Oberfläche. Bisher hatte Gracchus sich unbeeindruckt davon gezeigt, doch tief im Inneren mussten ihn diese verschluckten Buchstaben zermürben. Ich nahm noch einen Schluck Wein und betrachtete mein Gegenüber. "Wie geht es deinem Sohn? Ich hoffe sehr, dass ich nächstes Jahr um diese Zeit einen ebenso stolzen Blick haben werde, sobald mich jemand auf meinen Erben anspricht", fragte ich dann und schob sogleich den zweiten Satz nach, nicht ohne vage zu schmunzeln.

    Umnachtet, wie ich war, bemerkte ich Siv erst, als das fahle, honigfarbene Licht ihr Gesicht neben meinem Bett erhellte. Ich blinzelte leicht geblendet und seufzte. Meine Hüfte kippte leicht nach außen, als sie sich setzte und damit das Bett einseitig dazu zwang, ihr Gewicht zu tragen. Den Unterarm hatte ich immer noch über die Stirn gelegt, aber er kühlte schon lange nicht mehr. Ihre Finger waren dafür umso willkommener, und als ich das nächste mal aufseufzte, war es ob der angenehm kühlen Berührung ihrer Finger. Lahm angelte ich nach ihrer Hand und platzierte die ganze Handfläche auf der Stirn. Binnen weniger Herzschläge allerdings hatte sich die wunderbare Kühle meiner Temperatur angeglichen, und ich ließ sie los.


    "Kein Hunger", antwortete ich ihr kurz und knapp auf die Fragen, die mir wie eine Aneinanderreihung erschienen und auf mich hinunter prasselten. Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen und schloss die Augen wieder. Es war angenehmer, vom Dunkel umwölkt und bewegungslos da zu liegen, als die Augen anzustrengen, etwas im schwachen Schein der Öllampe zu erkennen. Wieder hob ich die eigene Hand und legte sie auf die Stirn, doch Abhilfe verschaffte das keine. Sivs Stimme schien aus weiter Ferne zu kommen und war wie in Watte verpackt. Ich seufzte erneut. Keinen klaren Gedanken vermochte ich zu fassen, doch dann und wann schienen Schemen einen Reigen hinter meinen Lidern zu tanzen. Hoffentlich redete ich nicht wirr, wenn ich schon wirr dachte. Oder träumte ich?

    Prätor... cursus iuris...was war da nur? Ich glaubte, mich an etwas zu erinnern - oder eben nicht daran zu erinnern. Erst neulich war ich mit einem Schreiber in der schola gewesen, um mir in der Bibliothek die neuesten Gesetzestexte zur Kopie auszuwählen, die mir als Vorbereitung für eben diesen Kurs dienen sollten. Doch Meridius' Namen hatte ich dort auf der Liste der Absolventen nicht gelesen. Ich sah zu Senator Germanicus Avarus und wollte eben etwas sagen, als Vescularius sich wieder einmal unmöglich benahm. Nun gut, diesmal musste ich ihm im Großen und Ganzen recht geben. Niemand wusste so genau, wo sich Meridius aufhielt und ob er rechtzeitig zurück sein würde, weder um hier Fragen zu beantworten, noch um sein Amt antreten zu können. Dennoch... Er benahm sich schlichtweg unangemessen für einen Mann seiner Stellung.


    "Verehrte Kollegen, abgesehen von dem Wahrheitsgehalt in den Worten des praefectus urbi möchte ich beantragen, dass geprüft wird, ob der Name des Decimus Meridius auf den Absolventenlisten des cursus iuris zu finden ist. Ich habe ihn nicht in Erinnerung. Vielleicht kann uns Germanicus Avarus auch augenblicklich Klarheit diesbezüglich verschaffen", sagte ich, nickte in Avarus' Richtung und setzte mich wieder.

    Bereits Tage vor der aurelisch-flavischen Hochzeit war hektisches Treiben im ostiensischen Hafen zu beobachten. Die noch jungfräuliche Nordwind wurde gewienert und geschrubbt, Aus unordentlichen Seemannsknoten in der Takelage wurden ordentliche Knüpfungen und der Bauch des Schiffes wurde gefüllt. Da kamen dunkelrot bespannte Liegen an, Fässer mit eingelegtem Fisch, Lampenöl und Oliven wurden geliefert und verladen, Amphoren mit Falerner und Mulsum, mit rotem Iberer und herbem Met wurden eingelagert und verzurrt. Kleine Säcke mit Gewürzen brachte man in die Kombüse, Kisten voller Datteln und Äpfel stapelten sich unter Deck.


    Melancomas strich über das Holz der Reling und hatte alles gut im Blick. Er beobachtete gerade zwei Sklaven, die einen Stab über die breite Planke aufs Schiff trugen. Von der Stange baumelten drei saftige Schinken. Vielleicht sollte er später testen, ob die Ware auch wirklich frisch war, nicht dass man den Hochzeitsgästen vergammelte Ware anbot, überlegte er sich. Melancomas grinste. ja, das würde er machen. Dem Schinken folgten einige Gemüsekisten. "Käpt'n, Alle Liegen an Bord, Käpt'n", meldete ihm der lästige kleine Schiffsjunge mit den unterschiedlich gefärbten Augen. Melancomas würde sich daran niemals gewöhnen können. Der Junge war ihm unheimlich. Sicher brachte er Unglück. Er knurrte eine Antwort und scheuchte den Bengel dann fort. Es gab noch viel zu tun. Melancomas machte es sich bequem und sah dabei zu, wie die anderen schufteten.

    Gewandet in die übliche Kandidatenkleidung, erhob ich mich, nachdem der consul Aelius mir das Wort erteilt hatte. Wie auch bei meiner letzten Kandidatur, hatte ich keine Rede vorbereitet, welche über die Aufgabenbereiche des angestrebten Amtes informierte, schließlich wussten die Senatoren gut genug, was ein Ädil zu tun hatte. Ich beschränkte mich erneut auf wenige Worte, und Fragen würden ohnehin kommen und einen Dialog aus dem Monolog machen, was ich deutlich mehr schätzte.


    "Verehrte Kollegen, ich stehe heute hier vor euch, weil ich mich für das Amt des aedilis curules bewerben möchte. Die Pflicht eines Senators ist es, das Reich nach bestem Vermögen zu stärken und zu unterstützen, wo immer es möglich ist. Was böte sich besser an, als den Weg fortzusetzen, den unsere Väter und Vorväter bereits gegangen sind, jenen Weg, der mich hierher, in eure Mitte, geführt hat?
    Jüngst wurde ich in das collegium der pontifices berufen, und ich gedenke nicht, unseren Kaiser oder die Götter in diesem neuen Aufgabenbereich zu enttäuschen. Ebenso will ich mich als Ädil für die Stabilität und Konformität der Märkte einsetzen, denn die Ordnung und das Gesetz sind es, die unser Volk im Innern stark machen. Ich habe mir bereits Gedanken bezüglich meiner Vorhaben gemacht, und so ihr, verehrte patres conscripti, mir eure Stimme geben mögt, werde ich den Gedanken Taten folgen lassen. Ich bitte euch um euer Vertrauen, Senatoren, und um eure Stimme."


    Ich überlegte, ob ich gleich verraten sollte, worüber ich mir Gedanken gemacht hatte, entschied mich aber vorerst dagegen. Gewiss würde eine Frage in dieser Richtung gestellt werden, und ich vermutete, dass Purgitius Macer derjenige welcher sein würde.

    Hier hatte es der Bote schon etwas schwerer gehabt, denn wer wusste schon, ob die Nachricht, die er dem wachhabenden Soldaten gegeben hatte, auch beim Richtigen ankam?
    "Flavia Celerina und Aurelius Corvinus würden sich freuen, wenn Decimus Verus und seine Begleitung zur Hochzeit kommen könnten, bitte gibt das weiter", hatte er dem Wächter gesagt und ihm die Einladung übergeben, ehe er sich wieder auf die Socken gemacht hatte.



    Der Sklave aus dem Hause der Aurelier, klopfte als nächstes beim Patron des Neffen des Bräutigams und dessen Senatskollegen an, um dem ianitor eine Einladung in die Hand zu drücken.
    "Der ehrenwerte Purgitius Macer und seine Begleitung sind herzlichst zur Hochzeit geladen", betonte er, verbeugte sich und verließ dann das Haus der Purgiter. Alles weitere beinhaltete die Einladung.



    Auch hier kam der Sklave aus dem Hause der Aurelier an jenem Morgen vorbei, nachdem er die Wache passiert hatte, und klopfte, um dem ianitor eine Einladung in die Hand zu drücken.
    "Der ehrenwerte consul Aelius Quarto und seine hinreißende Frau sind herzlichst zur Hochzeit geladen", betonte er, um sich dann zu verneigen und den Palatin hinte sich zu lassen.



    [Blockierte Grafik: http://img158.imageshack.us/img158/4099/pyrrusqa0.jpg] | Livius Pyrrus



    Livius Pyrrus war gelaufen. Er lief meistens, denn eine eigene Sänfte konnte er sich nicht leisten und eine seines Arbeitgebers dürfte er für Botengänge nicht benutzen. Eine traurige Angelegenheit war das! Aber er hatte sich damit abgefunden, und wie ein Soldat bekam auch Pyrrus hin und wieder Nagelgeld, auch wenn er das nicht für neue Schuhe ausgab, sondern für sein Vergnügen. Und zudem lag die villa Flavia auch gar nicht weit entfernt.


    Mit einem Stapel Einladungen unter dem Arm erreichte er an diesem frühen Nachmittag das Haus der Flavier und klopfte an. Den mürrischen Türsklaven kannte er bereits von einigen Besuchen in diesem Hause, und so ließ er sich nicht beirren von der unfreundlichen Art des Sklaven. "Salve, Livius Pyrrus mein Name, scriba personalis des Senators Aurelius Corvinus. Ich komme mit einer Botschaft. Diese hier sind zur Verteilung an die Klienten eurer Familie gedacht, also, an die, die zur Hochzeit geladen werden sollen. Am besten gibst du sie deiner domina Flavia Celerina. Mein Herr empfiehlt sich und wünscht noch einen schönen Tag." Daraufhin drückte Pyrrus dem Türhüter die Einladungen in die Hand, tippte sich an die Schläfe, wandte sich um und ging von dannen.