Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Kurz glitt mein Blick zu Straton, denn als er eintritt, schien mir Bridhe ein wenig steifer zu sitzen als zuvor. Wahrscheinlich hatten sie gestritten, das kam in einem Haushalt wie dem unseren schließlich dauernd einmal vor, wenn man bedachte, dass er als mein vilicus letztendlich dafür zuständig war, sie zur Arbeit anzutreiben. Wem gefiel das schon? Aber es war für mich in diesem Augenblick nicht bedeutsam, denn ich ließ mich im Klang von Bridhes Stimme etwas treiben. Sie hatte wirklich Talent, und wenn ich sie erst freigelassen hatte, würde ich versuchen, ihr diesen Weg zu öffnen, damit sie selbständig ihren Unterhalt verdienen konnte. Nichts ließ einen Menschen schneller trübsinnig werden als zuviel Muße, selbst wenn diese Muße bedeutete, Hausarbeit abzuleisten, denn es hatte für einen kreativen Geist und ein künstlerisches Herz nichts mit der Erschaffung von Schönem zu tun. Selbst Callistus schien von ihrem Gesang gefangen zu sein und tat ihr das auch gleich mit eigenen Worten kund - besser hätte es nicht laufen können, und so wartete ich ab, bis sie seine Frage beantwortet hatte, sodass ich meine Anweisungen treffen konnte.


    "Danke für Dein Lied, Bridhe ... es war wirklich schön, wie stets, wenn Du von Deiner Heimat singst. Du kannst nun gehen ... Straton? Richte für meinen Vetter ein cubiculum her, er wird eine Weile in der Stadt bleiben, und lass mir dann Bescheid geben, wenn es fertig ist." Ein bisschen abgespannt sah Callistus aus und wahrscheinlich war er den ganzen Tag unterwegs gewesen - Zeit, dass er sich einmal entspannen können sollte. Es würden uns schließlich noch genug Tage in der Zukunft bleiben, in denen wir unsere alte Freundschaft würden erneuern können.

    Ich hatte nie an Geister oder das Seufzen der Ahnen geglaubt, welches man des Nachts angeblich hören sollte - wenn ich nach draußen gelauscht hatte, war es immer der Wind gewesen, der um die Ecken der villa gestrichen war, nichts sonst. Letztendlich waren die Geister, gegen die man im Inneren stets zu kämpfen hatte, immer schrecklicher gewesen als irgendwelche Trugbilder, die man mit einem überreizten Geist und einer lebhaften Phantasie des Nachts zu tausenden zu entdecken vermochte.
    Vielleicht war ich auch eher der Realist von uns beiden, als wir durch jene Straßen gingen, mit schnellem, aber nicht zu schnellem Schritt, sah ich mich vor allem nach menschlicher Gefahr um, nicht aber nach irgendwelchen schwankenden Schatten - ich dachte nicht einmal im Ansatz daran, dass Manius' Gedanken den meinen so unglaublich fern waren. Den Weg zu jenem Ort hatte ich mir gut gemerkt, und nun fehlten nur noch einige Straßen und eine enge Gasse, bis wir am Ziel sein würden - an einigen stinkenden Abfallhaufen vorbei und einem darin herumwühlenden Hund führte ich uns, dann bogen wir um die Ecke einer insula, in deren Erdgeschoss sich, wie es üblich war, ein Laden befand, der aber bereits alle Fenster mit hölzernen Läden verschlossen hatte. Ich konnte mich nicht daran erinnern, was hier verkauft wurde, und angesichts des verwaschenen Putzes wollte ich das auch gar nicht unbedingt wissen.


    Wichtig war nur, dass ich Manius im Straßengewirr nicht verlor, dass uns nicht irgendwelche Verrückten angriffen und dass wir unser Ziel erreichen würden, bevor es vielleicht noch regnete - Regen verdarb doch jeden Ausflug zuverlässig, selbst wenn er nur innerhalb Roms stattfand. Und das war, als wir die enge Gasse, in der man fast die Hand vor Augen nicht mehr richtig erkennen konnte, weil sie so dunkel war, endlich der Fall: Vor meinen Augen (und denen meines Vetters) tat sich ein kleiner Laden auf, der weitab vom Schuss lag und doch unter Kennern und Sammlern einen gewissen Rang besaß. Mit einfachen Holzläden gab man sich hier nicht zufrieden, die Fenster waren vergittert, und als ich den Schlüssel aus der Tasche zog, der zur Eingangstür gehörte, konnte man schon vom etwas trockenen Geschmack der Luft erahnen, wohin ich ihn geführt hatte. Eine entzündete Öllampe später fiel das Licht derselben auf raumhohe Regale, in denen Schriftrollen gelagert waren, aufgeteilt in römische Autoren der Kaiser- und Republikzeit, griechische Autoren, selbst Papyri mit parthischer und ägyptischer Schrift wurden hier vermögenden Kunden angeboten. Freilich kamen diese selten genug hierher, sandten eher ihre Sklaven, aber an der Exclusivität des Angebots änderte sich nichts dadurch.


    "Ich habe mir gedacht, dass Du neben all Deiner Arbeit vielleicht ein wenig neuen Lesestoff zu schätzen würdest wissen, und da ich weiss, dass das stöbern und aussuchen stets das meiste Vergnügen bereitet, habe ich den Laden gemietet - Du kannst also so lange lesen und Dich umsehen, wie Du nur willst, bis morgen früh," sagte ich in weichem, zärtlichem Ton zu dem neben mir stehenden Manius und lächelte dann. Es war ein Geschenk, das man nicht unbedingt in Händen halten konnte, das man sich auch nicht wie ein Schmuckstück um den Hals zu legen pflegte - aber es war ein Geschenk, von dem ich wirklich hoffte, dass es ihn im tiefsten Inneren erfreuen würde.

    Breit grinsend beobachtete ich Manius bei der Ausübung seiner Amtsgewalt - böse Zungen konnten das auch Erschleichung eines Mittagessens auf Kosten eines Steuerzahlers nennen - und sann darüber nach, was ich wohl an seiner Stelle getan hätte - wahrscheinlich ein gutes Stück öfter kontrolliert, als es mein Vetter tat und mir damit die unverbrüchliche Liebe der Wirte Roms eingehandelt. Aristides' Flüstern lenkte mich allerdings wieder vom Geschehen ab, dann seufzte ich unterdrückt und leise. Manius' allgemein nicht gerade herausragender Gesundheitszustand fiel also schon auf, und nicht nur mir allein, der ich mir ohnehin schon bei jedem Niesen Gedanken um sein Wohlergehen machte.
    "Er arbeitet wie immer zuviel, auch diese ständigen Aktensachen und die Vorbereitungen für das Theaterstück scheinen ihn sehr in Atem zu halten - aber Du kennst ihn ja, wir werden noch jahrelang auf ihn einreden können wie auf einen Esel, es wird sich nichts ändern. Er ist einfach sehr pflichtbewusst .. manchmal könnte man wirklich meinen, er sei gänzlich aus unserer faulen Art geschlagen." Ich sagte dies nicht ohne eine gewisse Selbstironie - gegen Manius sah einfach jedes andere Familienmitglied im Hinblick auf Strebsamkeit und Zuverlässigkeit richtig alt aus, mich selbst mit eingeschlossen. Es war kein Wunder, dass er bereits im Senat saß.


    Ich nahm schließlich am Tisch meiner Vettern Platz - nach Aristides, denn sollte er Hilfe dabei brauchen, sich hinzusetzen, so wollte ich sie ihm geben können und nicht noch einmal aufstehen müssen - und streckte dann gemütlich die Beine aus, während ich innerlich mir auch etwas Entspannung zugestand. Es tat gut, wieder mit meinen beiden Vettern unterwegs zu sein, nachdem so viel Zeit seit dem letzten Mal vergangen war.
    "Italia macht vor allem dann Laune, wenn man Speisen- und Getränkeverkoster des Staates ist, auch wenn dieser segensreiche Zustand nur einen Tag andauern wird ... Du hast nicht noch zufällig ein paar andere Betriebe auf Deiner Kontrolliste, Manius?" Ich lächelte höchst unschuldig und vertrieb den Gedanken an ein schönes, nettes, privates Bortell samt angeschlossenem Speisebetrieb schnell aus meinem Hinterkopf, ließ die Phantasie eines versoffenen Resttags aber der Nostalgie halber bestehen. Vielleicht ließ er sich ja doch dazu überreden, wenn wir ihn lange genug damit nervten, und ein ordentlicher Rausch trieb normalerweise auch die dunklen Gedanken aus dem Kopf, etwas, das bei Manius nie verkehrt war. "Es tut auch gut, Dich wieder hier zu haben, Aristides, Du glaubst nicht, wie sehr Du gefehlt hast."

    "Nun, der fehlenden Erfahrung werden wir heute abhelfen - letztendlich geht es um das gesamte Opfer, nicht nur um den blutigen Teil alleine. Komm, gehen wir gleich zum Altar, er wird später sicherlich gebraucht werden, also müssen wir uns die frühen Morgenstunden für das Üben freihalten, damit wir niemanden stören." Zudem, wenn er zuhause übte, konnte ich ihn schlecht überwachen oder Anleitung geben, wenn er dessen bedurfte, und so führte ich ihn vom Treppenaufgang zum Tempel hinauf in Richtung des etwas abseits des Hauptweges liegenden Altars, der sauber geschrubbt im Licht der Morgensonne glänzte.
    "Beschreibe mir doch erst einmal allgemein den Ablauf eines blutigen Opfers, von Anfang an, damit ich sehe, was Du bereits weisst und woran wir noch arbeiten müssen." Wenn er bereits größere Opfer miterlebt hatte, sollte dieser Teil ihm keine großen Probleme bereiten und ich hatte die nicht unberechtigte Erwartung, dass er mir eine gute Antwort geben würde. Einer der jungen camilli vom Tempel zeigte sich an den Säulen und linste zu uns herunter, wohl um abzuschätzen, ob Ticinius Kundschaft oder Schüler war, trollte sich dann aber recht schnell wieder, als er merkte, dass es hier vorerst noch nichts zu tun gab. Oder aber, er floh rechtzeitig, bevor die Arbeit beginnen konnte ...so genau war das nicht zu erkennen.


    Der frische, kühle Morgen weckte meine Lebensgeister gründlicher und schneller, als ich es mir ausgemalt hatte - und als wir endlich aus Rom hinaus waren, schien mir eine Zentnerlast an Verantwortlichkeiten und Pflichten von den Schultern zu fallen. Der letzte Ausflug nach Ostia schien eine halbe Ewigkeit her zu sein, und doch konnte ich mich an jedes Detail so genau erinnern, als sei es erst gestern geschehen - und dieser Ausflug mit Aurelia Prisca war mit auch einer der Gründe, warum ich mich heute abermals zu Roms Hafen begab. Lapsus' kräftige Muskeln zwischen meinen Schenkeln arbeiten zu fühlen ließ mich an jene stundenlange Ausritte denken, die ich einstmals unternommen hatte, in einer Zeit weit vor meinem Fieber, vor der damit einhergehenden Verzweiflung, dem verlorenen Leben, den verwischten Erinnerungen und dem mühsamen Neuentdecken, Wiederentdecken meiner Identität. Der weite Blick auf das Rom umgebende Land ließ mich aufatmen, und ich ließ die inneren Fesseln mit einem leisen, ebenso innerlichen Juchzen zurück. Manius würde wohl nie verstehen können, warum ich mich in Rom unfrei fühlte, aber wenn man die schroffe Herzlichkeit Hispanias gewöhnt war, würde man niemals Roms unterwürfige Art zu schätzen wissen, und ebensowenig den Dolch, den man dort schnell in den Rücken gerammt bekam.


    Ich wandte den Kopf zu Bridhe, die lebendiger wirkte als die ganze letzte Zeit zusammen, und musste unwillkürlich lächeln. So viel schöner war sie auf diese Weise, und ich rief ihr zu: "Wie schnell kannst Du reiten, Bridhe? Lass uns ein kleines Rennen versuchen, noch ist die Straße frei genug!" Mit einem leichten Grinsen auf den Lippen trieb ich Lapsus voran, der vorfreudig schnaubte - er war immer erst dann glücklich, wenn er an seine Grenzen geführt wurde, und nachdem wir ohnehin nicht am gleichen Tag zurückkehren würden, konnten wir uns kleine Renneskapaden durchaus einmal gönnen. Je weiter wir schnell von Rom weg waren, desto besser, am liebsten wäre ich einige Tage, wenn nicht Wochen ferngeblieben, aber dies war ebensowenig möglich wie ein anderes Leben für mich in Frage kam als jenes, das ich mir bereits gewählt hatte.
    Der würzige Duft früher Gräser lag in der kühlen Luft, und es fehlte nicht viel, ich hätte zu singen begonnen (wäre ich darin irgendwie begabt gewesen), auf jeden Fall war mir sehr danach und ich hatte mir so einiges für diesen Tag erhofft - und seien es nur einige Stunden, in denen ich einfach nur ein Mensch sein konnte, der mit einem anderen Menschen gemeinsam auf reisen war und dieses genoss.

    "Salve, Matinius Ticinius," erwiederte ich seinen Gruß wohlwollend - ich mochte Pünktlichkeit, vor allem enthob sie mich der Notwendigkeit, noch länger herumzustehen wie bestellt und nicht abgeholt. "Für heute habe ich uns Ferkel besorgt, damit die Übung auch realistisch wird - wahrscheinlich wird sich Tiberia Camilla verspäten, was bedeutet, wir legen gleich los. Hast Du Erfahrung im opfern von größeren Tieren?" Mit einem fast gehässig gutgelaunten Lächeln bedachte ich meinen Schüler, mich ganz genau entsinnend, wie sehr mir das Herz in die tunica gefallen war, als mein Vater mich damals zu den ersten Opferübungen gezwungen hatte. Kleines Federvieh opfern, dem man zur Not den Hals umdrehen konnte, war einfach - aber Ferkel waren nicht so leicht totzukriegen und würden vor allem elendig laut quieken, wenn man sie nicht gleich erwischte. Tausend und eine Möglichkeit, sich als discipulus zu blamieren.


    Sim-Off:

    Tiberia Camilla ist derzeit wg. Prüfungen abgemeldet - wir fangen einfach schonmal ohne sie an ;)

    Die Erleichterung hatte sich meiner inzwischen gänzlich bemächtigt - und die Vorfreude auf ein langes Bad samt Massage ebenso, heute hatte ich sie mir wirklich verdient. "Wir alle haben nur unsere Pflicht getan, und ich muss gestehen, es war auch eine lehrreiche, neue Erfahrung. Ein abgelehntes Opfer passiert einem nicht alle Tage, und ... letztendlich ist es, wie so vieles andere auch, wohl auch eine Prüfung des Charakters." Ich warf einen Blick auf die herumwuselnden Jungen, die nun auch von Tempelsklaven tatkräftig darin unterstützt wurden, die ersten Aufräumarbeiten zu beginnen, dann nickte ich meinem patronus wohlwollend zu. "Diesen Tag werde ich ganz sicher nicht so schnell vergessen, das ist wahr," erwiederte ich und schmunzelte. "Aber nun musst Du mich entschuldigen, es gibt noch das ein oder andere zu tun und ich bin mir sicher, auch Du hast nicht damit gerechnet, dass es so lange dauern würde mit dem Opfer." Irgendwann wollte man schließlich auch nach Hause, und für ausschweifende Gespräche würde sicherlich ein andermal Zeit bleiben. In einem glaubte ich meinen Patron schon kennengelernt zu haben - dass er genau wusste, wann die Zeit für das Handeln, und wann die Zeit für Gespräche passend war.

    Zur Überwindung von Schüchternheit gab es nur einen einzigen wirklich passenden und plausiblen Weg - man musste sich daran gewöhnen, vor Fremden zu sprechen, zu singen, überhaupt ein bisschen aus dem persönlichen Schneckenhaus herauskommen, und genau dazu hatte ich Bridhe nun gezwungen. Nett war das sicher nicht gewesen, aber mit nett kam man bei den meisten Menschen nur sehr bedingt weiter - und würde sie weiterhin damit fortfahren können, sich zu verkriechen, würde aus einer sehr hübschen und netten Frau irgendwann eine sauertöpfische alte Jungfer werden, was ich nicht unbedingt erreichen wollte.


    So lehnte ich mich lächelnd zurück, spielte den wohlwollenden, vom Gesang seiner Sklavin begeisterten Herrn weiter und nickte zufrieden, als sie mit ihrem Vortrag begann - ein bisschen aufmunternd, ein bisschen antreibend, wie dies Eltern mit ihren Kindern auch zu tun pflegten, wenn diese ihr erstes selbstgeschriebenes Gedicht deklamierten. Genau so hatte es meine Mutter mit mir auch gemacht, und es hatte mich immerhin bis auf die rostra des forum romanum geführt. Zudem, ich war nicht einmal ausgebuht worden. Als ich Straton bemerkte, bedeutete ich ihm, näher zu kommen, und sah dann wieder zu Bridhe, abwartend, im gewissen Sinne auch hoffnungsvoll, dass sie ihre anfängliche Nervosität überwinden würde und sich ganz der Musik überließe. Spätestens dann sollte es alles klappen. Sie konnte schließlich singen, sie musste nur den inneren Schweinehund zu überwinden lernen - und spätestens, wenn sie für einen gelungenen Vortrag Beifall erhalten würde, würde es ihr ein wenig leichter fallen, bis sie sich irgendwann gar keine Sorgen mehr machen würde, was ihren Gesang betraf. Soviel zur Idealvorstellung. Callistus jedenfalls schien ihrem Vortrag ebenso freudig entgegen zu sehen, der erste Schritt war also getan.

    Da war sie also, Bridhe mit der heute einmal nicht sauren Miene - sie schien sogar recht guter Dinge, wenn ich ihren Gesichtsausdruck richtig interpretierte, und das war ein recht gutes Vorzeichen für den kleinen Ausflug nach Ostia. Zudem schien sie sich passend gekleidet zu haben, und nachdem sie mich begrüßt hatte, drückte ich ihr auch gleich den Zügel für ihr Pferd in die hand. "Guten Morgen, Bridhe," sagte ich und schwang mich schon auf den Rücken von Lapsus - ganz froh darüber, dass ich weder ausgerutscht noch abgerutscht war, ich war zwar ein guter Reiter, aber kein Mensch war vor unangenehmen Zwischenfällen sicher, und ich schien sie bisweilen direkt anzuziehen. "Lass uns gleich aufbrechen, wir haben noch ein gutes Stück Weg vor uns, frühstücken können wir auch unterwegs noch - es gibt einige Gasthäuser auf dem Weg nach Ostia, die direkt an der Straße liegen." Und die damit auch noch ein unverschämt gutes Geschäft machten, aber das sagte ich nicht laut. Wenn man uns Römern eines klar nachsagen konnte, dann, dass wir ein ausgesprochen geschäftstüchtiges Volk waren, das wohl auch noch Wetten über den Todestag der eigenen Großeltern abschließen würde, wäre es nicht allgemein als pietätlos verschrien (aber wahrscheinlich gab es doch den ein oder anderen, der sich nichts daraus machte und dennoch wettete).


    So wartete ich noch, bis sie aufgestiegen war und lenkte dann mein Tier zum Hoftor, an dem einer der Jungen wartete, die schon von Geburt an Sklaven der Flavier gewesen waren. "Sie heißt übrigens Carmelina," sagte ich und deutete auf Bridhes Stute. "Wenn Du gut mit ihr umgehst, wird sie es Dir lohnen." Kurz hoben sich meine Mundwinkel zu einem angedeuteten Lächeln, dann nickte ich dem Jungen zu, damit er uns das Tor öffnete - und nach etwas Ächzen und Schnauben tat er es dann auch. Ein kühler Morgenwind erfasste uns, der von der Straße her herein zog, und ich schauderte kurz - an kaltes Wetter konnte und wollte ich mich nicht recht gewöhnen, letztlich hatte ich auch einfach zuviele Jahre im sonnigen Süden verbracht, sei es nun in Hispania oder Achaia gewesen - bevor ich Lapsus bedeutete, er möge sich in Bewegung setzen. Langsam ritt ich hinaus und fühlte mich fast sofort besser, als ich die villa hinter mir lassen konnte. Letztendlich war es vielleicht ein Ort zum wohnen, den ich seit mehreren Jahren nutzte, aber wirklich zuhause fühlte ich mich dort nicht. Wahrscheinlich würde es niemals einen Ort geben, an dem mir diese Entspannung vergönnt sein würde.

    Unten auf der Bühne ging das Spektakel weiter. So, wie sich die Schauspieler bewegten, hatte das Stück wohl auch seinen Höhepunkt erreicht, und obwohl ich die gesprochenen Worte sehr wohl hörte, kam mein Kopf nicht wirklich mit. Dann begannen die Leute zu klatschen und ich realisierte, dass ich noch immer nicht genau wusste, worum es bei dem Stück eigentlich gegangen war - die Hauptdarsteller hatten sich am Ende geküsst, also war es wohl gut ausgegangen, die Zuschauer schienen begeistert, so klatschte ich einfach mit und hoffte, dass es ein gutes Stück gewesen war.


    :app:


    Zudem hatte Gracchus es ausgesucht, es kam also im Grunde nicht in Frage, dass es ein schlechtes Stück sein könnte - tief durchatmend blinzelte ich mehrere Male, hoffend, dass sich damit auch dieses schummerige Gefühl legen würde, das mich in Priscas Nähe befallen hatte. So schlimm hatte sich mein ewig nicht zu stillender Hunger schon lange nicht mehr ausgewirkt, nicht in einem solchen, ungreifbaren Maß, bei dem ich schon fast glauben musste, neben mir zu stehen und nichts von dem mehr greifen zu können, woran ich mich sonst hielt. Bona dea, würde ich denn davor niemals meine Ruhe haben? So erwiederte ich still ihr Lächeln und war mit einem Mal froh drum, unter tausenden von Menschen zu sein.


    Wenigstens hier musste ich mich bezähmen, unter den Augen Roms. In der Ferne mochte ich Gracchus noch auf der Empore erahnen, wie sehr hätte er jetzt sicherlich den Kopf geschüttelt, hätte er gewusst, wie es um mich stand. Wenn ich ihm auch nie einen Mann vorgezogen hatte, so waren doch meine weiblichen Liebhaber vielgestaltig und vielzahlig gewesen, eine jede hatte ich genossen, und sie mich wohl auch - und es hatte Linderung verschafft, den Hunger für einige Tage, Wochen gedämpft. Und jetzt ...
    "Ein herausragendes Stück, wie ich meine," sagte ich ernsthaft in Richtung der anwesenden Aurelier und meiner Nichte. "Ich bin mir sicher, damit hat Gracchus abermals eine ruhige Hand bewiesen und wird als Magistrat sicherlich in Erinnerung bleiben. Es scheint der Menge gefallen zu haben." Bloss ablenken. Irgend etwas sprechen, und sei es noch so belanglos, es würde meinen Körper in seine Schranken verweisen, meine Gedanken in eine andere Richtung zwingen als den süßen Geschmack der Lippen Priscas ..


    Der Morgen war kühl und alles andere als angenehm, aber damit musste man selbst in Rom zu leben lernen - dieser Winter schien sich noch etwas hinziehen zu wollen, und vermutlich war es besser als ein allzu karger und trockener Sommer. Zumindest lag nirgendwo Schnee, man musste es alles also einigermaßen positiv sehen. Straton hatte meinen schwarzen Hengst Lapsus mit einer Satteltasche voller Vorräte beladen, die sicherlich mit Leichtigkeit für die kurze Reise ausreichen würde, die ich geplant hatte - für Bridhe hatte er ein sehr sanftes und geduldiges Tier aus dem Stall der villa Flavia ausgesucht, das sie hoffentlich weder abwerfen noch sonstige Probleme machen würde. Ich war früh nach einer durchwachsenen Nacht aufgestanden, hatte aber nicht das Gefühl, mich auch nur ansatzweise erholt zu haben - wie es in letzter Zeit öfter geschehen war, und so war ich auch noch nicht unbedingt ein strahlender oder gutgelaunter Anblick. Eigentlich hätte ich einige Tage durchschlafen können, wäre es mir überhaupt gelungen, so einzuschlafen, dass mich nicht jedes Geräusch aus irgendeinem der Nebenräume prompt wieder aus dem Schlaf gerissen hätte.


    Ein Gähnen mühsam unterdrückend wartete ich eigentlich nur noch auf Bridhe, die den Termin hoffentlich nicht vergessen hatte - seit sie nicht mehr bei mir schlief, hatten wir einen getrennten Tagesablauf, und ich sah sie nicht mehr allzu häufig, da ich wieder viel Zeit außer Haus verbrachte. Der Tempeldienst war etwas umfangreicher geworden, zudem hieß es für mich, politische Verbindungen zu knüpfen und sie zu pflegen, die letzten Wochen hatte ich immer wieder auch Klienten abends besucht und wenig Zeit gehabt, meinen Mußebeschäftigungen nachzugehen - dichten, trinken, Frauen lieben. Es fehlte mir, wie mir generell etwas Zeit fehlte, um den Kopf frei zu bekommen, wahrscheinlich schlief ich deswegen so schlecht. Als Lapsus aufmerksamkeitsheischend schnaubte, klopfte ich seinen mächtigen Hals und kraulte ihm hinter den Ohren, was er immer gern gemocht hatte, ließ mich nur allzu dankbar von der undankbaren Beschäftigung des Wartens ablenken, indem ich ihm einen Brocken Rübe gab, den er krachend zerkaute. Wirklich ein treues Pferd ... die Gedanken verloren sich, irrten zu den Ereignissen zurück, die ich mit diesem Tier geteilt hatte, und die Zeit verging irgendwie schneller.

    Das hatten die beiden doch gut hinbekommen - ich nickte, nachdem sie ihr Gebet abgeschlossen hatten, kurz zu mir, bevor ich einige Anstandsaugenblicke verstreifen ließ, in denen ich dem nach oben kräuselnden Rauch der glimmenden Weihrauchkörner zusah. Man musste Mars schließlich auch Zeit lassen, das Gebet anzuhören und eventuell Missfallen zu bekunden (seit dem dreifachen Opfer war ich diesbezüglich deutlich vorsichtiger geworden) - und so trat ich erst nach dieser stumm verbrachten Frist zu den beiden Soldaten, einem meiner collegi winkend, dass beider Opfergaben abgeräumt werden konnten, um Platz für den nächsten Opfernden zu schaffen. Letztendlich bestand dies nur daraus, die Weihrauchkörner aus der Schale zu kratzen, zumindest jene, die noch übrig waren, Kekse oder dergleichen mehr hatten die beiden ja nicht mitgebracht.
    "Wenn ihr beiden bereit seid, dann wenden wir uns nun dem Opfer zu," sagte ich in gemessen leiserem Tonfall und machte eine einladende Handbewegung zum Durchgang nach draußen hin, durch den wir auf den Vorplatz gelangen würden. "Folgt mir." Damit ging ich beiden voraus, nicht zu schnell, damit es nicht wirkte, als würden wir wie die Schulbuben durch den Tempel stürmen, aber auch nicht so langsam wie so mancher plattfüßiger Senator im besten Mannesalter (also sechzig aufwärts).


    Kälte schlug uns entgegen, denn leider war es während des Gebets der beiden nicht wärmer geworden, und ich bereute sogleich, dass ich mir das Opfer antat - in blutgetränkter Kleidung hier draußen ausharren zu müssen würde unangenehm werden, aber so war das Leben als Priester eben. Immernoch besser, als an der Front von irgendeinem Parther zu Klump geschlagen zu werden.
    Die camilli hatten ganze Arbeit geleistet, der Bock stand nervös hin und her zuckend, am Altar angebunden und bekränzt bereit, als gälte es, ein Staatsopfer abzuhalten, und einer der Burschen lungerte neben dem Altar herum, wohl um die ein oder andere Sesterze abzustauben, die großzügige und erfolgreiche Opferherren gern loswurden, wenn sie ob eines angenommenen Opfers erleichtert waren. Ich begab mich zu dem bockenden Bock und betrachtete ihn eingehend auf Makel, konnte aber nichts entdecken - gerade bei Opfertieren achtete man sehr auf ein tadelloses Aussehen, und dieser Bock erfüllte alle Kriterien. "Wollt ihr der Opferformel eigene Worte hinzufügen, oder reicht euch das Gebet, das ich sprechen werde, um Mars anzurufen?" fragte ich die beiden Soldaten routinemäßig, denn dass sie selbst beten konnten, hatten sie mir gerade eindrucksvoll bewiesen.

    "Die beiden nicht angenommenen Opfertiere werden vom Tempel natürlich entsorgt, ohne dass ihr Fleisch ausgegeben wird," sagte ich und wusste genauso gut wie er auch, dass es bedeuten würde, dass sich die ärmsten der armen Familien alsbald auf dem Schlachtabfallhaufen um die guten Stücke balgen würden. So wurde eben alles verwendet, und wer hungerte, fragte in der Regel nicht mehr allzu lange nach, woher das Fleisch stammte, das der Familie eine Woche lang kräftige Nahrung geben würde. "Ich kann Dir also nun die frohe BNotschaft verkünden, dass Deine Arbeit hiermit getan ist, patronus - und wir uns sicher sein können, dass Mars den Truppen wohlgesonnen gegenübersteht." Zumindest stand das zu hoffen, wenn jetzt nicht in allerletzter Sekunde noch ein Blitz auf uns herunterzucken und Iuppiter seine Zweifel am Opfer damit kundtun würde. Aber ich hatte nach wie vor einen winzigen Rest Optimismus bewahrt, der laut in meinem Inneren davon sang, dass ich nicht bis spät in die Nacht immer wieder neue Widder würde töten müssen.
    Ich traf in Richtung der camilli meine Anweisungen, die auch schon fleißig damit begannen, das Tier fachgerecht zu zerteilen - auch das musste ein camillus lernen, irgendwann würde aus diesen stacksbeinigen Burschen kräftige Priester werden, dann durften sie keine Berührungsängste vor gerade erschlagenem Vieh mehr haben.

    Der Tag begann früh, ich war weder schon richtig wach noch richtig begeistert von der Aussicht, heute zwei relativen Anfängern die Geheimnisse des Opferhammers nahe bringen zu müssen, aber wie es eben immer war, man machte doch meist die Dinge, auf die man keine Lust hatte, um immer weniger Zeit für die Sachen zu haben, die man gerne tat. In meinem Fall war das Weintrinken, ausruhen, lesen, das ein oder andere Gedicht schreiben und sonst das Leben zu genießen - aber da ich leider weder reich genug war, um meine Karriere bereits im jungen Alter über den Tiber zu werden, noch einflussreich genug, um mich sicher zu wähnen, stand ich unausgeschlafen und tadellos gekleidet vor dem Tempel des Mars Ultor und wartete auf meine beiden Schüler Tiberia Camilla (jene würde zweifelsohne das erste Mal blutig opfern) und Matinius Ticinius (bei ihm war ich mir nicht sicher, aber ging lieber von Unwissen aus, als zuviel zu erwarten).


    Wenigstens regnete es nicht, was mir den Tag vollends verdorben hätte, denn im strömenden Regen in glitschigen Blutströmen zu stehen war nicht gerade meine bevorzugte Freizeitbeschäftigung. Einige frühe Tempelbesucher nickten mir höflich zu, aber glücklicherweise blieb auch keiner stehen, um diese Zeit irgendwelche ausschweifenden Schilderungen persönlicher Probleme zu hören hätte meiner Laune wahrscheinlich endgültig den Todesstoß versetzt. Sinnierend blickte ich in den wolkenverhangenen Himmel und ließ die Zeit vergehen, während ein Teil meiner Selbst darüber nachsann, welche Katastrophen passieren konnten, wenn man discipuli mit lebendigen Ferkeln zusammenbrachte.

    Nicht, dass ich auch nur einen Punkt von Priscas Zusammenfassung bewusst mitbekommen hätte. Sie hatte sich zwar Mühe gegeben, mir den Einstieg in die sicherlich herausragende und gut gespielte Geschichte zu erleichtern, aber es schien, als hätte sich mein Kopf in dem Moment, in dem ich sie erblickt hatte, in Luft aufgelöst, um nur die triebhafter gesteuerten Elemente meines Selbst zurückzulassen. Jeglicher Gedanke an Corvinus, an Celerina, an die vage Ungehörigkeit ihrer Anwesenheit hier schwand mehr und mehr aus meinem Bewusstsein. Die relative Kühle des Tages war mit dem Morgen stetig geschwunden, und so konnte mich nicht einmal der eisige Wind der letzten Tage abkühlen - ich nahm ihre Nähe überdeutlich wahr, und meine Sinne waren unweigerlich so angespannt, dass ich wie auf glühenden Kohlen neben ihr saß und versuchte, einfach nicht zu explodieren.


    Während ich versuchte, den letzten Rest an nicht nach ihr hechelnden Gedanken wieder in die Realität zurückzuzwingen, nickte ich zu ihren Worten - mit etwas Glück hielt sie es für echtes Interesse, nicht für die Notfallbeschäftigung eines mit einem Mal lüstern gewordenen Patriziers. Diese Wirkung hatte seit der Begegnung mit Callista keine Frau auf mich gehabt, und Callista war weit weg - und seitdem hatte ich mir keine Frau mehr in mein Bett geholt, nicht einmal Bridhe. Die einzigen süßen Stunden, die mir etwas Erholung verschafft hatten, waren jene eiligen, leidenschaftlichen Momente mit meinem Vetter gewesen, und diese hatten sich seit seiner Amtsübernahme auch selbst durch den akuten Zeitmangel terminiert.


    Wusste sie überhaupt, wie süß und verlockend sie duftete? Dass ich einiges dafür gegeben hätte, all diese Menschen um uns herum loszuwerden und sie auf eine sommerliche Wiese zu entführen, auf der wir im hohen Gras liegen konnten, einander allein zugewandt, ohne neugierige Blicke befürchten zu müssen, alles tun konnten, wonach uns war? Ich legte gemächlich beide Hände in den Schoß und drückte damit die tunica samt einem Nebeneffekt herunter, der sich nicht hatte vermeiden lassen - energisch rief ich mir Callistus' keifende Mutter Agrippina in Erinnerung, meine beiden ewig streitenden Eltern, angeschimmeltes Brot und diverse wirklich grauenhaft aussehende junge Damen der patrizischen Oberschicht - um zu merken, dass der Druck in meinen Adern langsam nachließ und ich durchatmen konnte. Da stieß sie einen leisen Schrei aus, griff nach meiner Hand und jetzt war ich es, der eine Reaktion vermeiden musste!


    "Keine Ursache," quetschte ich mühsam gelassen zwischen den Zähnen heraus und nickte ihr dann lächelnd zu, die innere Qual so gut es ging eben verbergend. Es würde ganz sicher nicht das letzte Mal sein, dass ich wegen ihrer Nähe würde leiden müssen, wenn ich mir nicht auf andere Weise würde Linderung verschaffen. "Ein wirklich amüsantes Stück," sagte ich schließlich und nickte abermals, als sei ich ebenso zufrieden. Hoffentlich würde mich später niemand nach der Inszenierung fragen, ich war mir fast sicher, ich würde nicht einmal die Hauptprotagonisten noch wissen.

    Eine unterschiedliche Idee vom Staat zu haben, der derzeit als Bundesrepublik Deutschland existiert, bedeutet noch lange nicht, dass unsere Politiker verpflichtet sind, es so zu gestalten, wie es dieser Idee entspricht.
    Du magst ein mündiger Spieler sein, aber wenn Du die SL (und damit meine ich das jetztige, aus mehreren Personen bestehende Gremium) nicht von der Wichtigkeit der angestrebten Änderung überzeugen kannst, dann bleibt Dir wenig mehr als zu akzeptieren, dass Du Dich nicht durchsetzen konntest.
    Das Wahlrecht eines Bürgers der BRD ist hier eben ein indirektes - Du wählst Dir eine Simulation/RPG/MN/whatever als Spielort aus, oder Du gehst fort. Bleiben die Spieler irgendwann komplett aus, dann muss eine SL zwangsläufig umdenken (oder zu fünft weiterspielen) - aber ich denke, so weit ist es hier imho nicht. Da bleibt nur take it or leave it.

    Und da ging sie auf, meine persönliche Sonne des Tages. Nicht nur, dass ich mich freuen konnte, meinen Freund Corvinus wiederzusehen - immerhin hatte mein Amt mir die letzte Zeit wenig Gelegenheit gelassen, einige freie Stunden zu genießen, die mich allzu weit von der heimischen villa hätten forttragen können - nein, ich hatte auch sogleich ein Lächeln von Prisca ergattern können. Meiner Nichte Flavia Celerina nickte ich leicht zu, ebenso freundlich lächelnd, wenngleich ich noch innerlich vermerkte, dass ich sowohl mit Corvinus als auch mit ihr über diese offensichtlich selbstständig entstandene Bekanntschaft sprechen sollte. "Ich hätte Dich eher bei Gracchus vermutet, Nichte - ist Lucanus mit Dir gekommen?" Zumindest sah ich ihn nicht - und der vage, in den Worten verborgene Tadel war harmlos genug, um als schlichte Frage aufgefasst werden zu können. Eine Flavierin, die alleine ausging, ohne irgendeinen Sklaven oder Verwandten zur Begleitung, selbst wenn es nur eine Unternehmung mit Freundinnen war, verhielt sich nicht standesgemäß.


    Dann galt meine Aufmerksamkeit Prisca, und als sie beiseite rückte, ließ ich mich nur zu gern neben ihr nieder, wohl wissend, dass es nun eng genug sein würde, den ganzen Auftritt der Schauspieler in wohliger Nähe zu ihr zu verbringen, ohne zu anstößig zu wirken. Immerhin war das Theater rappelvoll, die Plebejer auf den hinteren Rängen drängten sich noch viel schlimmer zusammen. "Sehr gerne," sagte ich und und griff in das mir angebotene Süßigkeitenbehältnis, um mir eine kandierte Nuss herauszuangeln, die ich sinnierend kaute. Priscas Nähe hatte mein Herz schneller schlagen lassen, so nahe bei ihr zu sitzen ließ mich auch ihren Duft wahrnehmen, und ich musste doch einige Momente lang mit mir kämpfen, sie nicht zu offen anzustarren - oder aus dem Theater zu entführen. Beides kam nicht in Frage, also tat ich, was Theaterzuschauer im allgemeinen so zu tun pflegten - mich auf das Stück zu konzentrieren. Zumindest sah ich so aus, als würde ich dies tun, ich gab mir auch redlich Mühe, den Eindruck zu erwecken. Unter der tunica jedoch hatte ich eine Gänsehaut und als ich wieder zur Seite sah, ihr Profil betrachtete, erschien es mir sicherer, etwas zu flüstern denn nur zu schauen. "Worum geht es denn eigentlich? Ich glaube, ich habe schon viel zuviel davon verpasst."

    Ich denke, Du gehst da vom falschen Ansatz aus.


    Als Spieler ist man sehr wohl fähig, ein Gedankenkonstrukt zu beleben - sei es eine MN, ein RPG, ein ... wasauchimmer ... allerdings 'gehören' wird das System immer demjenigen, der es administriert und der dafür bezahlt.
    Als Spieler hat man kein Anrecht darauf, dass die Dinge so laufen, wie man sie gerne hätte - uind ich sage das sehr bewusst als Spieler, dem diverse SL-Entscheidungen der Vergangenheit so einiges schwerer respektive unmöglich gemacht haben, was ich gern mit anderen IDs erreicht hätte. Als Spieler hast Du das Recht, die Möglichkeit, die Freiheit ein vorhandenes System zu nutzen und zu beleben, als Grundlage für eigene Ideen zu nehmen und im Rahmen der bestehenden Regeln auszuformen - mehr nicht. Wenn einem ein System nicht mehr gefällt, kann man zwar versuchen, die SL umzustimmen, oder mittels Diskussionen eine breitere Öffentlichkeit auf einen Misstand hinzuweisen und Verbündete zu finden für eine Meinung, aber das letzte Wort wird immer derjenige haben, der die Verwaltungsarbeit hat und die Rechnungen bezahlt.


    Egal, wieviel man noch darüber diskutiert, egal, wieviele Meinungen hier genannt werden, die sich für oder gegen Änderungen aussprechen, das ist und bleibt die Quintessenz. Und wer mit einer SL nicht leben kann, hat immer die Freiheit, sich etwas anderes zu suchen oder etwas eigenes aufzumachen - eine Freiheit, die man auch mutig genug sein sollte zu nutzen, bevor aus einem Freizeitvergnügen eine dauernde Quelle des Ärgers für einen selbst wird.
    Mir scheint diese Quintessenz in vielem verloren zu gehen. Sicher, ich teile einige SL-Ansichten nicht, ich denke, so einiges könnte anders laufen, aber wer sich hier anmeldet, akzeptiert auch gleichzeitig, dass nur ein Gremium das wirklich allerletzte Wort hat und immer haben wird - die SL.