"Vale, Matinius," erwiederte ich freundlich und nickte ihm verabschiedend zu, ihm nachblickend, als er den Raum verließ, um sich dem ersten Schritt seines neuen Lebenswegs zu stellen - dem Schwur vor den Göttern. Wie lange war es her, dass ich diese Worte gesprochen hatte - ich konnte mich kaum recht daran erinnern, so lange musste es schon sein. Damals hatte ich noch geglaubt, schon vieles zu wissen, aber man lernte doch stetig aufs Neue hinzu - und so würde es auch diesem neuen discipulus ergehen, wie es allen vor ihm auch ergangen war.
Beiträge von Caius Flavius Aquilius
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Lachend, je mehr der irritierenden Bilder über die keifende Aurelia Agrippina zu mir fluteten, hob ich schließlich abwehrend die Hand - das Schlimme an der Erzählung meines Vetters war, dass ich mir sehr gut vorstellen konnte, dass sein Vater vor dem Unmut seiner Mutter gen Parthia das Weite gesucht hatte, fast jeder Mann, der noch bei klarem Verstand war, hätte das wohl mehr als freiwillig getan. Wir hatten eben beide keine allzu bequeme Jugend gehabt - Callistus bei seiner überbehütenden, stetig nörgelnden Mutter nicht und ich nicht bei meinen im Dauerstreit liegenden Eltern. Damals war mir das alles unerträglich erschienen, und heute war es leichter, die unangenehmen Erinnerungen mit einem Lachen zu garnieren, um ihnen den Stachel der Bitterkeit zu nehmen. "Der Sohn eines Mannes zu sein, der vor seinem grausamen Eheweib in die Waffen des Feindes flüchtete, und als General eine Legion mit in den Tod nahm - nein, ich glaube nicht, dass Du damit in Rom auf viele Freunde treffen wirst. Wahrscheinlich ist es besser so, wie es ist - Du kannst hier alles neu kennenlernen, Freunde wie Feinde, und der Name unserer gens öffnet Dir einige Türen, durch die Du dann selbst hindurch treten musst. Ich habe es schließlich auch nicht anders gemacht, als ich hier ankam ..." Meine Gedanken verloren sich für einige Momente in Richtung jener Türen, die vor allem zum cubiculum williger und leidenschaftlicher Damen geführt hatten, aber das war eine ganz andere Geschichte.
Gerade, als ich ihn zu seinem neuen Geschäft beglückwünschen wollte, kam Bridhe herein, der die Schwangerschaft nicht nur ein kleines, nicht zu übersehendes Bäuchlein beschert hatte, sondern auch einen reineren Teint und vor allem eine durch die vage deutlicher gewordene Rundung ihrer Gestalt ein zumindest für meine Augen reizvolleres Aussehen. "Danke, Bridhe," sagte ich freundlich und nahm meinen Weinbecher entgegen, bevor ich eine leichte Geste in ihre Richtung machte. "Callistus, das ist meine Leibsklavin Bridhe - bald eine meiner Freigelassenen, sie ist jene, die mir meinen Tag erhellt und leichter macht. Bridhe, das ist mein Vetter Flavius Callistus, der ab sofort hier in der villa wohnen wird - Du wirst ihm in den nächsten Tagen helfen, wenn er der Hilfe bedarf, damit er sich hier auch zurechtfindet, und Du wirst seine Fragen beantworten, wenn er welche hat. Wir sind zusammen aufgewachsen und ich möchte, dass er sich hier wohl fühlt, auch wenn sich nicht eine jede Tür für einen hispanischen Flavier bereitwillig öffnen wird." Mit diesen Worten machte ich indirekt deutlich, dass sie in diesen Dingen mein Vertrauen besaß - dann klopfte ich leicht auf die Kline neben mich und bedeutete ihr, sich zu mir zu setzen. "Singe uns doch ein Lied aus Deiner Heimat, Bridhe ..."
Zu Callistus gewandt, fügte ich an: "Sie hat eine hervorragende Singstimme, es ist kaum zu glauben, dass dies ohne eine lange Ausbildung erwachsen kann ... wie süßer Honig." Dann schmunzelte ich, den Gedanken fortführend: "Was Deine Imkerei angeht, besser hätte es sich nicht treffen können, denn ich suche einen neuen Lieferanten für meine Obstplantage - die eingelegten Früchte, die ich verkaufe sind sehr beliebt, und sie verlangen nach einem sehr guten Honig. Wenn Du also die ersten Erträge eingebracht hast, lass mich den Honig einmal kosten, dann sehen wir weiter, einverstanden?" Es war das mindeste, was ich hier tun konnte - seinem Geschäft einen guten Start zu verschaffen. Und mit einem schönen Lied würde dieser Abend auch ein wenig runder werden - so blickte ich Bridhe erwartungsvoll an und hoffte, sie würde sich nicht unter Hinweis auf irgendein dubioses Halsleiden davonmogeln. -
Theater, die Bühne zur Welt. Selbst wenn es eine so riesige Bühne war, die von einer Unzahl an römischen Bürgern angegafft wurde, blieb diese Aufführung doch in einem gelinden Punkt aufregend und besonders. Gerade Bühnenstücke, die noch nicht zu bekannt waren, konnten die vergnügungssüchtigen Römer in Scharen in das Theater locken, und ich hatte mich ebenso locken lassen, nicht zuletzt, weil mein Vetter Gracchus diese Spiele mit organisiert hatte und auch für die Aufführung Sorge hatte tragen lassen. Allerdings - und das stellte sich alsbald als gewaltiger Fehler heraus - war ich spät dran und musste mir meinen Weg durch die teils stehenden, teils unwilligen Massen bahnen und bahnen lassen, sodass ich nach kürzester Zeit die unbändige Lust bekam, mir mit einer Peitsche den Weg frei zu räumen. Es schien nahezu unmöglich, zu jener Tribüne vorzudringen, auf der ich meinen Vetter samt Verwandtschaft wähnte, also beließ ich es dabei, mich Rang für Rang nach vorn durchzuwühlen, unterstützt von einem der Haussklaven der villa - und schließlich erspähte ich auch noch einen Platz samt bekannten Gesichtern, die mich jenen umso mehr ansteuern ließen.
"Salve Corvinus, salvete, die Damen" erklang schon meine Stimme, als ich meinen Freund endlich erreicht hatte. "Ihr habt doch hoffentlich noch ein bisschen Platz für mich?" Damit zwinkerte ich dem Aurelier leicht zu, auch den Damen in seiner Begleitung freundlich zunickend, und zu meiner besonderen Freude war auch Prisca unter jenen, die Corvinus am heutigen Tag begleiteten. Vielleicht würde es mir sogar gelingen, neben ihr zu sitzen ...? Während unten auf der Bühne die Schauspieler sich anschickten, ihrem Tagewerk nachzugehen, wartete ich hoffnungsfroh auf die Gelegenheit, mich noch dazwischenquetschen zu können. -
Ich nickte beifällig zu seinen Worten - die Erfahrung als Priester hatte mich gelehrt, kurze und prägnante Gespräche zu schätzen, denn man traf früher oder später ohnehin wieder auf irgendwen, der es nicht lassen konnte, stundenlang über irgendein unwichtiges und enervierendes Thema zu salbadern. "Bis jetzt habe ich keine Frage an Dich - und alles weitere wird sich sicherlich während der Ausbildung ergeben. Finde Dich morgen im Tempel ein, ich werde eine praktische Übung ansetzen, die Dich gleich passend in die täglichen Aufgaben eines Priesters einführen wird." Damit erhob ich mich, ein unzweifelhaftes Zeichen dafür, dass unsere Unterredung beendet war, und blickte zu meinem jungen Besucher.
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Die Worte meines patronus hätten von mir kommen können - denn einen endlosen Tag mit ungefähr zwanzig wiederholten Opfern hatte ich auch vor meinem inneren Auge auftauchen sehen - und es war sicher kein Bild, auf das ich mich in irgendeiner Weise gefreut hätte. Ich war nicht minder erleichtert als er, und als er mir die Hände schüttelte und ein Schulterklopfen folgen ließ, nahm ich die Geste gerne an. Vor allem war ich froh darum, dass uns eine weitere Peinlichkeit erspart blieb - dass ein opfernder Senator so lange keine Antwort erhalten hatte, war lange nicht geschehen, war es überhaupt jemals geschehen bisher? Ich konnte mich nicht einmal daran erinnern.
"Zuerst werden alle Teile des Tiers, die Mars zustehen, vom Rest getrennt, und dann werden die camilli das gebratene Fleisch verteilen, wenn es Dein Wunsch ist," sagte ich und war heilfroh drum, dass ich nur noch die richtige Verteilung der Organe würde überwachen müssen. Jede Faser meines Leibes sehnte sich nach Sauberkeit und einem entspannenden, heißen Bad, und ich war mir ziemlich sicher, dass ich es mir heute auch redlich verdient hatte. Was war dieses Opfer doch für eine schwere Geburt gewesen - sprichwörtlich natürlich nur. -
Alles Gute auch von meiner Seite - natürlich eher dem Legaten als dem Gladiator *Konfettiwerf*
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Ich nickte leicht - das was er an Vorwissen mitbrachte, war der übliche Standard, aber darauf ließ sich ja glücklicherweise immer aufbauen. Die nächste Übung mit Tiberia Camilla würde ohnehin ein Opfer sein müssen, dazu konnte er dann auch gleich kommen - ich vermerkte mir den Gedanken geistig und meinte schließlich: "Frage einfach nach dem Unterrichtsraum, den ich für meine discipuli reserviert habe, es dürfte Dir jeder hier den Weg nennen können. Hast Du noch irgendeine Frage zu Deiner künftigen Ausbildung, Matinius Ticinius?" Meine innere Aufgabenliste war jedenfalls abgehakt, aber man konnte schließlich nie wissen, was da noch als Frage lauern konnte - Unklarheiten gab es schließlich immer wieder, und je mehr wir gleich von Anfang an ausgeräumt haben würden, desto besser war es.
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"Es ist in der heutigen Zeit sehr verlockend zu glauben, dass man etwas kaufen und damit gänzlich besitzen könnte, selbst die Seele eines Sklaven, dessen Pflicht es ist, klaglos zu dienen - aber letztendlich ist doch immer weitaus mehr entscheidend, wie man mit einem anderen Menschen umgeht, wie man ihn achtet, wie man sich selbst benimmt, um dann in den Spiegel dessen zu blicken, was man durch diese Taten reflektiert erhält. Ich habe über die Jahre hinweg die Erfahrung gemacht, dass die wenigsten reichen Menschen wirklich glücklich sind, und ich weiss nur zu gut, wie wenig es bedarf, um wahres Glück zu spüren," erwiederte ich ihr nachdenklich und lächelte schließlich etwas wehmütig. Diese Tage, Wochen in der einfachen Fischerhütte standen mir noch deutlich vor Augen, und ich fand mich immer wieder an manchen Tagen darüber grübelnd, ob ich mir mit der Rückkehr in das Leben der Patrizier ein glücklicheres Leben zurückgeholt hatte. Die harte Arbeit auf dem kleinen, nußschalenartigen Boot vermisste ich nicht, wohl aber diese Abende, an denen die Gesellschaft der kleinen Familie von damals und ein einfaches Mahl gereicht hatten, mich zufrieden zu machen. Je mehr man besaß, desto mehr schien man zu brauchen, um zufrieden zu sein, überlegte ich still und betrachtete die junge Frau auf der anderen Kline still, bis sie sich wieder in der Gewalt hatte.
Warm und sanft lagen ihre Finger in meiner Hand, und sie schien diese von sich aus zu drücken - ein angenehmes Gefühl, das mir unsere stille Verbundenheit noch ein wenig zu versüßen imstande war. "Geschenkt wird Dir im cultus deorum nichts werden," sagte ich schließlich und musste dann doch kurz schmunzeln. "Meine Vettern Gracchus und Lucullus sind ebenfalls den Weg in den cultus deorum gegangen und beiden wurde, genausowenig wie mir, irgend etwas leichter gemacht noch geschenkt. Vor den Göttern muss ein jeder selbst beweisen, wieviel er wert ist und was er leisten kann, und die Gunst der Götter erringt man nicht allein durch eine hohe Geburt. Wenn Du beständig lernst, Dich einbringst und voller Eifer und Demut dienst, wirst Du sicherlich Erfolg haben, nicht weil Du eine Aurelia bist." Es waren klare Worte, aber sie resultierten aus meiner bisherigen Erfahrung - ich hatte sogar bisweilen das Gefühl, dass man sich als Patrizier mehr anstrengen musste als alle anderen, um gleichermaßen anerkannt zu werden, da vielen Patriziern der Ruf eines faulen Nichtsnutz mit genügend ererbtem Geld vorauszueilen schien, und dass man nie für etwas arbeiten musste. Viele der älteren Priester waren darob besonders aufmerksam, was man tatsächlich leistete - und was nicht.
"Hast Du Dich denn schon entschieden, welcher Göttin Du dienen möchtest? Eine Ausbildung kann, wenn man sich erst einmal sicher ist, in welche Richtung man gehen will, deutlich besser verlaufen, da Du alle relevanten Dinge gleich auf die gewählte Göttin hin zugeschnitten lernen wirst," fügte ich noch an und konnte gerade noch ein deutlich hörbares Luftschnappen unterdrücken, als ihre Daumenkuppe über meinen Handrücken strich. Götter, diese Frau würde mich noch in den Wahnsinn treiben, ehe wir überhaupt berlobt waren (und ich war mir sicher, dass ich keine andere mehr haben wollte als sie). Wie sollte es mir erst ergehen, wenn wir verlobt waren und ich auf unsere erste Nacht warten musste? Ich fühlte deutlich, dass sich die feinsten Härchen auf meinem Rücken bis hin zum Nacken aufgerichtet hatten, und es bedurfte weiterer, kontrollierter Atemzüge, bis ich sie wieder klar sehen konnte, von der jäh aufgeflammten Begierde nicht deutlich überlagert. Was hatte sie gesagt? Offen reden können? Bona dea, wenn ich jetzt offen darüber sprach, wonach mir war, würde ich mir diese Ehe ziemlich verderben.
"Es freut mich, dass Dir dieser offene Ton zusagt - ich bevorzuge es, Gedanken klar aussprechen zu können, denn allzu oft muss man sich hinter Lügen, hinter Schmeichelei verstecken. Wenn man einander zugeführt wird, sollte das nicht nötig sein."Ich rettete mich in ein leichtes Lächeln und atmete abermals sehr langsam und sehr tief durch. Am besten, ich fragte sie irgendwas, und beschäftigte sie damit ein wenig, damit ihr nicht auffallen würde, wie es mir gerade erging. "Was hältst Du eigentlich von den Spielen im Circus? Und Wagenrennen? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es wohl wenig zwischendrin zu geben scheint - die meisten Menschen lehnen die Spiele entweder rigoros ab oder sie sind ausgesprochen davon begeistert, ich würde meine Hypothese doch sehr gerne auch überprüfen, wenn sich die Gelegenheit schon so günstig bietet." Unschuldig wie frisch gefallener Schnee lächelte ich sie an und hoffte, man würde meinen Augen nicht ansehen können, dass sie ein Feuer in meinem Inneren nicht nur entzündet, sondern abermals hatte auflodern lassen. War das letzte Mal, das ich bei einer Frau gelegen hatte, wirklich schon so lange her? Anscheinend doch, normalerweise konnte ich mich besser beherrschen, selbst innerlich - Begierden zu verstecken war doch deutlich leichter als sie andauernd zu unterdrücken. Ob sie leicht zu entzünden sein würde ...? Ich musste es erproben, später ...
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Kurz hob ich eine Braue an, als er mir von seinem Wunsch berichtete, Fortuna zu dienen, aber ich ließ mir mein inneres Seufzen nicht anmerken. Wenn er sich dazu berufen fühlte, konnte man ihn ohnehin kaum zu einem anderen Kult bringen, ohne die Göttin zu verärgern. "Möglich ist vieles, und ich denke, Deinem Wunsch kann durchaus auch entsprochen werden. In Rom gibt es genügend Heiligtümer der Fortuna, die eines Priesters bedürfen sollten, und mit Deinem Wunsch, der Fortuna zu dienen, stehst Du in einer alten Tradition - nicht umsonst ist der Kult der Fortuna fast so alt wie Rom selbst." Auch wenn es mir lieber gewesen wäre, Nachwuchs für einen der Staatskulte auszubilden, die Iuppiterpriesterschaft würde irgendwann noch heillos überaltern, weil die wenigsten diesen Weg wagten, so musste man doch eine solche Entscheidung respektieren. "In allen generellen Dingen wirst Du allerdings hier ausgebildet werden, ich unterrichte derzeit eine andere discipula in den Dingen der Götter, diesem Unterricht wirst Du Dich ab dem morgigen Tag anschließen, ebenso den praktischen Übungen. Wieviel Erfahrung hast Du bisher mit blutigen und nichtblutigen Opfern?" Dann stockte ich und schaute ihn überrascht an. "Du hast den Schwur noch nicht geleistet? Dann wirst Du das im Anschluss an unser Gespräch nachholen müssen - einer der camilli wird Dir den Weg dorthin zeigen und Dir die Eidesformel nennen."
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"Roms Verfall wurde stets von den Annalisten beklagt, ebenso von den Dichtern, aber mir scheint doch in den vergangenen Jahren besonders viel von dem verloren gegangen zu sein, was wir uns für unsere Gesellschaftsordnung als funktionierend und beständig erhoffen - gerade auch im Sektor des cultus deorum. Immer weniger discipuli melden sich für den Dienst an den Göttern, und viele davon halten die Ausbildung nicht durch. Da fragt man sich irgendwann schon, welche Ziele sich die heutige Jugend überhaupt gesetzt hat - falls sie das noch tut," gab ich zu bedenken und nahm mir eine der gefüllten Tomaten, um sie vorsichtig zu zerkauen, dem doppelten Geschmack nachfühlend. Kurz warf ich ihm einen Blick zu, um seine Reaktion abzuschätzen, bevor ich fortfuhr: "Was Bridhe und Deine Fhina angeht, so wird sie sicherlich Fortschritte machen. Bridhe hat das Lateinische schnell gelernt, man muss nur immer genug mit den Sklaven sprechen und sie schnell an unsere Sprache gewöhnen. Wenn ihnen nichts anderes übrig bleibt, als sich auf Latein zu verständigen, dann lernen sie schon alleine deswegen, um sich neue Freundschaften zu schaffen unter den anderen Sklaven .. zumindest habe ich damit bisher recht positive Erfahrungen gemacht." Man konnte einem unwilligen Menschen sicherlich auch durch die Peitsche Beine machen, was das Erlernen neuer Fähigkeiten anging, aber ich war davon überzeugt, dass freiwilliges Lernen aus eigenem Antrieb zu besseren Erfolgen führte.
"Unter 1000 Sesterzen? Das wundert mich nun wirklich - die letzten Sklaven hatten teilweise so horrende Preise, dass man darüber nur den Kopf schütteln konnte. Ein ungebildeter Sklave für 6000 Sesterzen ist einfach nur noch sinnloses Geldherauswerfen, zumindest setzt das die Erwartungshaltung künstlich viel zu hoch an," meinte ich schließlich, nun doch etwas erstaunt, wie preiswert die junge Frau gewesen war. "Was mich selbst angeht, bin ich bisher durchaus zufrieden mit dem, was ich gekauft habe, aber das Angebot selbst war die letzte Zeit nicht gerade überragend. Durch den Feldzug sind es jetzt natürlich auch mehr ungebildete Sklaven als zuvor, aber schon vorher gab es nur sehr selten irgendeinen Sklaven, der mehr konnte als reden und atmen ... ich bin immer wieder erstaunt, wie sich Tranquillus so lange an einem exponierten Punkt halten kann, wenn er nur fastUngebildete anbietet."
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Ich lachte auf, das vor meinem inneren Auge aufsteigende Bild einer keifenden und schimpfenden Aurelia Agrippina war deutlich amüsanter, wenn man sie in einer anderen Provinz wusste - hätte sie sich in Rom aufgehalten, wäre ich sicherlich bedeutend öfter abends aus dem Haus gewesen. "Hätte ich Deine Mutter, wäre ich wahrscheinlich mit der legio nach Parthia geflüchtet, nicht nur nach Rom. Manchmal glaube ich, die Entscheidung, dass nur Männer Mitglieder der legio werden dürfen, ist gerade bei solchen Frauen absolut fehl am Platz. Man müsste sie nur den Parthern entgegenschicken und hätte sicherlich niemals wieder irgendein Problem mit Grenzstreitigkeiten, die Parther würden akut die Lust daran verlieren, uns zu überfallen, würde Deine Mutter ihnen erst einmal wieder einen ihrer berüchtigten Vorträge über den Sinn des Lebens halten ..."
Nun, sie mochte auch ihre guten Seiten haben, aber ich hatte sie schon als Junge stets nur als dauernd nörgelnden Hausdrachen erlebt und wollte gar nicht wissen, wieviel an dieser Grundhaltung das Alter noch verschlimmert haben mochte. "Was die Aelier angeht - zumindest ist diese alte Sache noch nicht offen besprochen worden, aber es ist dennoch kein Grund, sie nicht im Hinterkopf zu behalten, wenn es um Politik geht. In Rom hat jeder Mensch zwei Gesichter, und man sollte niemals vergessen, dass jene, die Dich heute anlächeln, Dir morgen mit Vergnügen einen Tritt geben, wenn es ihnen nützt. Echte Freundschaft ist rar geworden."Die Beine gemütlich ausstreckend, lehnte ich mich zurück und betrachtete meinen Freund aus Kindertagen mit einem halb amüsierten, halb sinnierenden Lächeln. "Sagen wir, Felix hat eine gute Vorsorge für einen angemessen gefüllten Weinkeller getroffen und wir nutzen das alle im Zweifelsfall aus. Was nutzt der beste Wein, wenn man ihn nicht trinkt? Dass er keine eindeutigen Anweisungen hinterlassen hat, was die Verwendung des Weins angeht, ist ein weiterer Punkt, der nur zum Vorteil gereichen kann. Ausserdem, ein solcher Anlass gehört gefälligst auch gefeiert. Wann trifft man schon unverhofft jemanden wieder, mit dem man allen möglichen Blödsinn in der Jugend gemeinsam gemacht hat? Allerdings fürchte ich fast, Du wirst Dich hier ein wenig langweilen - den Sklaven Streiche zu spielen ist inzwischen weit weniger lustig als früher, und Meeresfrüchte hier zu klauen, hieße mit der eigenen Gesundheit zu spielen, man weiss nie, ob sie auch wirklich frisch sind." Hispanias Zeit lief anders, und ich konnte mir gar nicht vorstellen, wie öde und leer meine Jugend wohl hier in Rom verlaufen wäre, hätte ich hier aufwachsen müssen.
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"Das ist mir stets Ehre und Freude zugleich," erwiederte ich aufrichtig und bedeutete ihm, sich zu mir zu setzen - schließlich sah es immer ziemlich seltsam aus, einen erwachsenen Mann stehen zu lassen, während man selbst saß. Kaiser mochten daran ihr Vergnügen finden, ich war darauf deutlich weniger aus. "In jenem Schreiben, das mich über Dein Ansinnen informiert hat, stand leider nicht dabei, für welchen Gott Du Dich entschieden hast - das solltest Du mir zuerst sagen, denn davon wird unser weiteres Vorgehen abhängen. Hast Du Deinen Schwur als Angehöriger des cultus deorum schon geleistet?" Im Grunde war dies nur eine Formfrage, aber ich stellte sie trotzdem, nicht dass es irgendwann später deswegen Geschrei geben würde - in Rom konnte man schließlich nie wissen, wann irgendein Korinthenkacker irgendein Detail aufstöberte und einem damit richtigen Ärger bereitete.
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Nach dem Verstreichen der angemessenen, kleinen Wartezeit, in der man den Göttern Zeit gab, sich ihr Wohlwollen nochmals zu überlegen, griff ich zum Messer und öffnete die Schlagader des Widders am Hals, ein dicker Schwall Blut spritzte mir entgegen und lief über die am Altar dafür eingelassene Rinne in die angebrachte Schale. Bisher sah alles ganz gut aus, das Blut floss reichlich und schnell, eine sofortige Ablehnung war also erst einmal nicht zu erwarten - indes, Mars hatte mir jetzt schon zweimal einen Tritt dann versetzt, als es gut begonnen hatte, also blieb ich vorsichtig. Langsam öffnete ich den Bauch des Tiers und begann, die inneren Organe herauszutrennen, wie ich es schon zweimal heute getan hatte. Es war eine blutige, glitschige Angelegenheit, und wer hier keinen starken Magen besaß, war als Priester denkbar ungeeignet - aber normalerweise gehörte das auch zu den Dingen, die einem Spaß machen konnten, vor allem, wenn man ein angenommenes Opfer verkünden durfte. Nicht, dass mir heute dieses Vergnügen schon einmal geschenkt worden wäre, aber man konnte schließlich hoffen. Sorgsam betrachtete ich ein Organ nach dem anderen kritisch, vor allem die Galle, die mir nun zweimal einen Streich gespielt hatte, aber offensichtlich hatte sich dieser Widder während seines Lebens noch nicht zu viel über seine Mitwidder geärgert, das Organ war makellos, ebenso die anderen.
Fast konnte ich mein Glück nicht fassen, als mir klar wurde, dass zwischen mir und dem Feierabend nicht noch eine unendliche, zu tötende Anzahl von Widdern stand, sondern nur noch eine gründliche Reinigung von Kopf bis Fuß. Während die Menge murmelte und schätzungsweise neue Wetten über den Ausgang des Opfers in den letzten Momenten vor der Verkündigung abgeschlossen wurden, wurde es in mir endlich wieder ruhig. Mars hatte sich nicht abgewandt, er würde die Bitte meines patronus ernst nehmen - und die Truppen, zu denen mein Vetter Aristides zählte, konnten auf göttliche Unterstützung hoffen. Schlagartig ging es mir besser, und als ich mit meiner Suche nach etwaigen Fehlern schließlich fertig war, hob ich meine blutigen Hände und verkündete es gleich lauthals allen, die zum Gaffen gekommen waren mit freudiger Miene:
"Mars hat das Opfer angenommen!" Im folgenden Tumult fiel glücklicherweise niemandem die wahre Steinlawine auf, die mir gerade vom Herzen fiel. -
Ich nickte den beiden zu und ließ sie einstweilen mit ihrem Gebet an Mars alleine. Zwei gestandene Soldaten konnten das auf jeden Fall, ohne dass ich ihnen die Hand würde halten müssen, wie es bei den ältlichen matronae immer mal wieder passierte, ich war mir sicher, dass ein Mann, der nicht an Mars glaubte und regelmäßig betete, ohnehin nicht heil aus Parthia zurückgekehrt wäre. So winkte ich einen der camilli heran, die uns Priestern im Tempel erstaunlich willfährtig zur Hand gingen und jener junge Bursche nahm dann auch gleich von Serapio den Strick des Opfertiers entgegen. Leise geflüstert traf ich meine Anordnungen, dass das Tier für die Opferzeremonie vorbereitet werden sollte, die natürlich draußen stattfand - die blutige Sauerei würde man im Inneren des Tempels sicher niemals wieder aus den Marmorbodenfugen herausbekommen, überdies hielt sich der Gestank nach Blut in geschlossenen Räumen unangenehm lang - unsere Vorfahren hatten eine gute Erfindung damit getan, alle Tieropferaltäre nach draußen zu verlegen. Während der junge Bursche samt bockigem Bock enteilte, blieb ich in der Nähe der beiden Soldaten stehen, so sie noch Hilfe brauchen sollten, wäre ich schnell vor Ort, und wenn sie keine brauchten, dann kam ich immerhin in den Genuss eines aufrichtig klingenden Gebets.
Serapio hatte sich nicht nur eine schmissige Narbe im Gesicht eingehandelt, er wirkte auch deutlich gereifter - aber welcher Krieg hätte nicht aus einem jugendlichen Mann einen Erwachsenen gemacht? Ich war zwar selbst nie an irgendeiner Front gewesen, aber die Erzählungen über die Schrecken des Krieges selbst hatten mir genug bewiesen, dass es für keinen Mann leicht sein würde, dies mit klarem Verstand und leichtem Herzen zu überleben. Zudem hatte Serapio jene jugendlichen Formen endgültig verloren, die für so viele ältere Männer noch anziehend waren, ich jedoch mochte bei der Attraktivität eines Mannes allzu junges Erscheinen nicht und musste feststellen, dass mir der junge Decimer nun weitaus mehr das Blut durch die Adern pulsieren ließ, als es vorher der Fall gewesen war. Auch sein Kamerad war etwas für's Auge, zumindest das, was ich ohne Vergleich beurteilen konnte, und ich war mir nicht sicher, ob es nicht doch der bessere Entschluss gewesen war, der legio fernzubleiben, ich wäre meinen Vorsätzen wohl kaum lange treu geblieben, mich von anderen Männern fernzuhalten. Still wartete ich nun also ab, dass die beiden ihr Gebet abschlossen.
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Für den heutigen Tag erwartete ich Besuch im Tempel - natürlich erwartete man als Priester im Grunde immer Besuch, wenn man von der Masse des römischen Volkes ausging, das wegen des ein oder anderen Grundes beten oder opfern wollte, aber dieser Besuch war dann doch etwas spezielles. Ein Schreiben meines guten Freundes Corvinus hatte mir einen neuen discipulus angetragen und ich war durchaus gespannt darauf, was mir nun ins Haus wehen würde. Ob er motiviert war, war bei diesem Gedanken gar nicht so entscheidend, wichtiger war, dass er genug Selbstdisziplin besaß, die Ausbildung durchzustehen .. ich hatte inzwischen genügend discipuli gerade an diesem Punkt scheitern sehen und war darob nicht mehr allzu gespannt auf neue Schüler, denn letztendlich blieben nur wenige wirklich dabei. Ob es an der Ausbildung lag - denn dies hätte ich mir selbst anlasten müssen - oder ob es daran lag, den ersehnten Rang nicht geschenkt zu erhalten, wusste ich nicht, dass ein Schüler einfach fernblieb und nicht wiederkehrte, war leider oft schon vorgekommen.
Meine Gedanken wurden durch einen der camilli gestört, der mir entgegen eilte und seine Botschaft überbrachte - ich wies ihn an, den neuen discipulus in einen der Nebenräume zu bringen, die für uns Priester reserviert waren, falls eine Angelegenheit nicht öffentlich besprochen werden musste, und begab mich selbst dorthin, um Matinius Ticinius dort zu erwarten, traditionell in die toga praetexta gewandet, welche die sacerdotes und magistrati Roms kennzeichnete. Ich nahm auf einem der bereitstehenden Stühle Platz und blickte in Richtung der Tür, durch die mein Besucher eintreten musste - inzwischen hatte ihm gewiss der camillus Bescheid gesagt und führte ihn her, wie es sich gehörte. Seltsamerweise funktionierte dieses Spiel mit dienen und befehlen hier weitaus besser als zuhause in der villa Flavia, aber vielleicht lag es auch daran, dass der Respekt vor den Göttern den jungen Burschen eine gewisse Demut einflößte, die in patrizischen Haushalten nicht allzu selten irgendwo in einer Ecke lauerte. Als Matinius Ticinius eintrat - zumindest hielt ich diesen jungen Mann in der sauberen tunica für ebendiesen, nickte ich ihm freundlich zu und winkte ihn näher zu mir heran. "Salve und willkommen im Haus des Mars! Ich bin Caius Flavius Aquilius, sacerdos des cultus Martialis, und Du wurdest mir als neuer Schüler geschickt." Wenn er es jetzt nicht war, wurde es peinlich.
Sim-Off: Sorry für die Verzögerung!
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Mal abgesehen von der Tatsache, dass jeder Mensch ein eigenes musikalisches Empfinden hat - was dem Threadersteller an Musik zu einem Thema gefällt, muss nicht zwangsläufig auch den Mitspielern gefallen, dh. man wäre dauernd gezwungen, längere Ladezeiten in Kauf zu nehmen, für etwas, das man eh nicht hören will - oder schaltet die entsprechende Option dann sowieso aus. In sofern, die rechtliche Lage einmal ganz ausgeklammert, bisschen viel Aufwand für wenig Nutzen.
Es würde doch reichen, als Simoff Kommentar Künstler und Songtitel hinzuzufügen, mit dem Hinweis, dass man das als passend erachtet - ob sich das jemand dann dazu beschafft und anhört, ist und bleibt dann die Entscheidung des Rezipienten. -
Nur einer der älteren Sklaven der villa befand sich auf dem Hof - bewaffnet mit einem Besen, um dem Stroh und Dreck, welchen die Pferde alltäglich eben mitschleppten, den Garaus zu machen - aber er sah uns nur an und wandte sich gleich wieder ab, wohl wissend, dass er keine Fragen zu stellen hatte und sie uns auch keineswegs gelegen gekommen wären. Einer der Stallburschen öffnete uns die Hintertür zur Straße und alsbald hatte uns die Dunkelheit verschluckt - auf dem Weg zu einem zumindest für Manius noch unbekannten Ziel.
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Von der villa Flavia her kommend, konnten wir nur Schatten unter vielen sein, die sich des Nachts in Rom bewegten. Zwar trieb uns nicht die Sehnsucht nach einer vordergründig freundlichen Umarmung an, die man später teuer würde mit Sesterzen entlohnen müssen, aber es war zumindest ungewöhnlich, dass Manius und ich unterwegs waren, ohne Eskorte, ohne bewachende Sklaven, einfach zwei Männer im besten aller Alter, kräftig genug, um auch mit etwaigen Angreifern fertig zu werden. Wenigstens war der geplante Weg nicht zu weit - und ich hatte von exotischen wie selbstmörderischen möglichen Zielen abgesehen, dennoch blieb ein Rest Gefahr. Selbst mit Eskorte war Rom nachts für niemanden sicher, wenn man den Kaiser einmal nicht mit einrechnete, der immerhin eine ganze Menge an Prätorianern mitschleppen konnte. Aber letztendlich war auch dieser latente Hauch der Gefahr jene Würze, welche die Suppe unseres Ausflugs zu einem kleinen Genuss machen sollte. Ich eilte Manius nicht voran, ich ging vielmehr wie ein Mann, der sein Ziel kannte und darob nicht zu jenen gehörte, die man leicht würde narren können - wer in Rom fremd war, war um diese Zeit meist schon verloren. 'Freundliche' Fremde, die einen dann in irgendwelche dubiosen Lokale abschleppten und ausraubten, gab es mehr als genug.
Was unser Ziel anging - ich war bei einer meiner weiträumigen Wanderungen als magistratus auf jenes gestoßen und hatte prompt einige Zeit darin verbracht, um dann meine Idee zu entwickeln. Vorsichtig hatte ich den Besitzer ausgehorcht, ob unter seine Kunden auch ein Flavier zu rechnen sei, was er aber verneint hatte - mit patrizischen Kunden gaben die meisten Händler gern an - und stellte ihm eine gute Summe in Aussicht, wenn ich sein Etablissement für einige Stunden würde mieten können, einfach nur für .. ein wenig freie Zeit. Die Anzahlung hatte ihn dann vollends umgestimmt und ich musste schmunzeln, wenn ich mich an den gierigen Ausdruck in seinen Augen erinnerte. Geld machte vieles um so viel leichter.
Dumpf schlug uns der beißende Gestank einer Wäscherei entgegen, die offensichtlich gerade frische Arbeitsgrundlagen erhalten hatte - ein Träger wuchtete einen penetrant nach Pisse stinkenden Bottich durch einen Hofdurchgang und sah sich nicht einmal nach uns um. Wer würde einen solchen Mann auch freiwillig überfallen? Einen Seitenblick zu Manius werfend, vergewisserte ich mich, dass er noch auf gleicher Höhe ging und nicht zu sehr von den Umständen unseres Ausflugs abgeschreckt war - immerhin ging es heute vor allem um sein Vergnügen. -
Als er sich löste, machte ich eine einladende Geste zu einer der gepolsterten Sitzbänke und ging ihm voraus, um mich dann darauf niederzulassen. Tagsüber war ich genug auf den Beinen unterwegs, um mich wenigstens abends nach ein wenig Entspannung (vor allem im sitzen) zu sehnen - als Junge hätte ich mir selbst nie geglaubt, hätte ich damals schon gewusst, wieviele Stunden am Tag ein Priester teilweise stehend verbringen muss. "Wenn der neue Kaiser aus der alten Familie ist und die alte Familie ihren noch älteren Groll immernoch pflegt, werden wir wenig gewinnen und noch vorsichtiger vorgehen müssen, um nicht zu schnell zu weit nach oben zu streben," gab ich zu bedenken. Allein die schwelende Fehede zwischen den Aeliern und den Flaviern war nicht gerade hilfreich für unser aller Zukunftspläne, gerade deswegen, weil sich die Aelier sich so gekonnt an die Macht klammerten. Indes, wir konnten noch eine Menge von dieser Familie lernen - und ich war mir ziemlich sicher, dass die Flavier darin nicht zu erfolglos sein würden.
"Du willst also Karriere machen?" grinste ich und schüttelte dann den Kopf. Genauso, wie es ihm anscheinend schwer fiel, in mir einen Priester und Magistraten zu entdecken, war es für mich nicht einfach, in meinem streichespielenden und frechen Jugendfreund einen gesetzten Politiker entdecken zu wollen. "Nun, dann solltest Du aber sehen, dass Du Dir schnell einen Posten verschaffst, der einigermaßen gut klingt und sie ein paar Jahre von Rom fernhält, denn ich glaube kaum, dass es ein allzu großes Vergnügen wäre, würde Deine Mutter beschließen, hier vorbei zu kommen, um einmal nachzusehen, was ihr Lieblingssohn so treibt." Genüsslich weidete ich mich an dem Gedanken, wie Aurelia Agrippina mit ihrem Besen die Haussklaven herumscheuchen würde, aber der nächste Gedanke - dass sie das dann auch bei uns anderen tun würde - ließ mich von dieser Vorstellung schnell abkommen. Ich klatschte in die Hände und nickte dem erscheinenden Sklaven, einem blassen Jungen, zu. "Bring uns von dem Falerner und rufe Straton, ich brauche ihn hier." Der Junge verschwand und ich sah Callistus an, einen kurzen Gedanken daran verschwendet, wie er wohl auf seine Namensvetterin, die verführerische Claudia Callista, reagiert hätte.
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Drei Flavier waren es, die nach den nervenaufreibenden und zermürbenden res gestae diverser gewesener Magistrate einen Ort des Heils ansteuerten - meine Vettern Aristides und Gracchus, dazu meine Wenigkeit, und angesichts der flavischen Haussänfte, die uns drei in die unmittelbare Nähe der taverna Apicia brachte, gab es auch den ein oder anderen Gaffer, schließlich war das Wappen der Flavier, welches auf den Seiten der Sänfte prangte, wohlbekannt. Aber als sich herausstellte, dass hier nur drei Männer im besten Alter unterwegs waren, nicht etwa aufreizend schöne junge Patrizierinnen, erlahmte das Interesse recht schnell und gründlich, immerhin waren wir weder vollbusig noch sahen wir so aus, als würden uns irgendwelche rauhen Scherze von Seiten der Plebejer zartjüngfernlich erröten lassen. Ich half Marcus aus der Sänfte - er hatte sich sein Bein im Krieg verletzt und so war es Ehrensache, ihm etwas zur Hand zu gehen, bis er selbst wieder sicher stand - und blickte die genannte taverna erfreut an. Die Aussicht auf ein gutes Mittagessen war nun zum Greifen nah und ich freute mich darauf, endlich einmal in aller Ruhe dort mit meinen beiden Vettern die ein oder andere Köstlichkeit probieren zu können.
Unser letzter Ausflug dieser Art war lange her und hatte mit einem furchtbaren Kater geendet (und der unweigerlichen Frage, woher das Pelztier kam, das an jenem Morgen danach auf meiner Zunge gehaust hatte) - heute allerdings waren wir gesetzte, ernsthafte Männer mit Familienanhang und baldigem Familienanhang, sodass wir uns dergleichen nicht unbedingt erlauben konnten - außer, wir waren uns sicher, dass unsere Gemahlinnen und Verlobten nichts davon erfahren würden.
"War einer von euch schonmal hier? Ich weiss gar nicht mehr, wann ich das letzte mal in einer taverna gewesen bin," gab ich freimütig zu und schenkte einem vorbeischwankenden, schon reichlich im Gesicht geröteten Mann Ende fünfzig ein freundliches Lächeln, als dieser sich schon anschickte, über die Sänfte zu meckern, die seinen Weg versperrte. Angesichts unserer vorhandenen Familienähnlichkeit, der Tatsache, dass unser aller Schultern ein gutes Stück breiter waren als die seinen und unserer offenkundigen Nüchternheit schluckte er aber seine Kommentare herunter und ließ uns einfach stehen.