Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Ihre hastig hervorgestoßenen Erklärungen taten nicht gerade ihren Dienst, mich zu besänftigen, denn das Gefühl, mal wieder der Letzte zu sein, der von anscheinend nicht unerheblichen Dingen erfuhr, war kein angenehmes. Nicht zuletzt, weil sie sehr genau wusste, wie ich über Lügen dachte und eigentlich gehofft hatte, dass solche Heimlichkeiten nicht mehr nötig sein würden. Aber man durfte den Menschen wohl nicht zu viel vertrauen, nicht zuviel hoffen, nicht zuviel erwarten, denn dann wurde man stets enttäuscht. Ich drehte das Geschmeide zwischen meinen Fingern und legte es schließlich auf meinem Schreibtisch ab, die Brauen auf der Stirn zusammengezogen.


    "Wer hat Dir das geschenkt?" fragte ich nur, bevor ich das Schmuckstück wieder in jenes Tuch hüllte, das sie mir damit überreicht hatte, und öffnete die Schreibtischschublade, um es dort hinein zu legen. Es war nicht ihr Eigentum, sondern meines, so wie sie mein Eigentum war, und so gehörte es auch nicht mehr irgendwo sonst hin. Nur eine kleine Geste, und doch eine, die ihr beweisen sollte, dass sie noch nicht freigelassen war, noch nicht eigenverantwortlich, auch wenn dieser Zustand in absehbarer Zeit enden würde. Wollte ich es überhaupt noch wissen, woher das Ding stammte? Oder würde es wieder eine Lüge gebären, oder neue Heimlichkeiten?


    Langsam setzte ich mich wieder, den Kopf von ihr abwendend, während ich meine Hände auf der Tischplatte hielt. Auf ihre Frage antwortete ich nicht. Dass sie nicht mit halb Rom schlief, um Schmuck zu bekommen, war mir auch klar, und das hatte ich auch nicht vermutet. Ich wollte einfach nur Klarheit. Letztendlich würden wir beide die Zukunft eines noch ungeborenen Menschen bestimmen müssen, und es war wieder einmal der Punkt erreicht, an dem ich glaubte, mich in ihr vollständig getäuscht zu haben. Ich lehnte mich im Stuhl zurück und blickte die Wand an, das Gesicht nun wieder ausdruckslos, aber nicht, weil mich keinerlei Gefühle mehr beherrschten, sondern weil ich mit mir kämpfen musste, den aufsteigenden Zorn zu beherrschen.

    Auf diesen Gast hatte ich mich schon längere Zeit gefreut - nicht zuletzt, weil mir sein Brief verriet, dass er ebenso Freude an kleinen Aufmerksamkeiten zu haben schien, wie ich mich damit gwern beschäftigte, und so hatte ich dementsprechend früh Schluss mit allen anstehenden Arbeiten gemacht, um mich angemessen vorzubereiten. Während ein Sklave Callidus in den oecus führte, wurde ich über sein Eintreffen benachrichtigt, und begab mich sogleich dorthin, gekleidet in einer weinroten, schlichten tunica, um meinen Gast zu begrüßen.


    "Salve, Aelius Callidus!" begrüßte ich ihn schon an der Tür, um mit ausgestreckten Armen auf ihn zuzugehen - nicht etwa, um ihn zu umarmen, nein, der eher männliche Gruß des gegenseitigen Ergreifens der Unterarme war mir da eher im Sinn (wäre er eine Frau gewesen, hätte ich mir das mit dem Umarmen wohl eher nochmal überlegt). "Ich freue mich, dass Du meine Einladung angenommen hast - und muss Dir noch einmal für das Öl danken, es ist wirklich gut gewählt gewesen, ein erlesener Duft." Lächelnd blickte ihn ihn an, zufrieden registrierend, dass man uns schon die Häppchen angerichtet hatte, mit denen unser Abend beginnen würde - später sollte es auch Musik geben, aber zuerst war mir ein gepflegtes Gespräch einfach lieber.


    Die aufgebauten Einpersonenklinen machten jedenfalls den intimen Rahmen unseres Essens deutlich und würden auch allzu neugierige (vor allem jugendliche) Mitglieder der Familie hoffentlich davon abhalten, uns zu stören. Ich mochte meine Familie wirklich, aber nicht zu jeder Zeit um mich. "Wollen wir uns setzen ...? Ich hoffe, meine Sklavin hat die Deine zufriedenstellend zurückbegleitet, und sie haben sich gut verstanden." Damit geleitete ich ihn in Richtung der Klinen und ließ ihm die vorrangige Wahl, wie es einem Gastgeber zukam, solange man sich nicht im triclinium befand, in dem die Positionen einer strikteren Ordnung folgten.

    Ohne irgendwelche Gedanken an irgendwelche weisen Männer oder deren Aussprüche hatte ich mich ins atrium der villa begeben, denn die Nachricht, welche mir der Sklave gebracht hatte, war dann doch zu überraschend gewesen - Callistus hier? In Roma? Ich hatte meinem Jugendfreund in letzter Zeit nur sehr wenige Gedanken entgegen gebracht, auch hatten wir uns eine halbe Ewigkeit lang nicht gesehen, sodass dieses Wiedersehen für mich jedenfalls überraschend war, und zudem in Rom selbst sehr außergewöhnlich. Wenn ich an ihn dachte, dann war stets Hispania die Kulisse, nichts sonst, und unsere jugenhaften Streiche, die schon ein ganzes Leben lang zurück zu liegen schienen. Aber gleichzeitig war ich natürlich auch gespannt darauf, wie er aussehen würde, ob immernoch der Schalk aus seinen Augen blitzte, der so viele Streiche und die daraufhin folgenden Bestrafungen möglich gemacht hatte. Selbst erst vor wenigen Augenblicken vom Tempel zurückgekehrt, trug ich noch die weiße tunica, die ich stets unter der toga praetexta anhatte, und fühlte mich ein bisschen müde, aber nun gut, man musste sich solchen Dingen eben immer dann stellen, wenn sie passierten. Zufälle hatten den gewissen Nachteil, sich leider keinen passenden Termin auszusuchen.


    So betrat ich das atrium mit schnellem Schritt und blickte mich um, Callistus schließlich bei den Ahnenmasken entdeckend, die unsere eindrucksvolle Familiengeschichte normalerweise unbedeutenden Besuchern einhämmern sollte, damit sie weniger aufsässig und nervtötend waren. "Callistus! Bist Du das wirklich?" Er war inzwischen eindeutig zum Mann geworden, und zum Modegockel noch dazu, aber das täuschte nicht über die Freude hinweg, die mich bei diesem Wiedersehen bewegte. Ein Stück Heimat war nach Rom gekommen, und, was es mich anging, ein willkommenes Stück noch dazu.

    Ich hätte so manchen Sesterzen dafür geopfert herauszufinden, was sie dachte - nicht nur um der Neugierde willen, sondern auch, um sie ein wenig besser zu verstehen. Wir kannten uns schließlich noch nicht lange, und ich konnte bei vielem nur vermuten. Dass sie meinen Vorschlag wohlwollend angehört hatte, die außergewöhnlichen Umstände dabei in Kauf nahm, ohne zu klagen oder sich auf Moralbegriffe zu berufen, die längst schon in Rom keinen wirklichen Bestand mehr hatten, war überraschend gewesen, aber auch erfreulich, und ich konnte letztendlich nur hoffen, in ihr eine unkonventionelle Frau gefunden zu haben, die ihre Freude daran fand, das Leben zu genießen.
    Oder aber sie war von ihrer Mutter und ihrem familiären Umfeld einfach nur sehr gut darauf vorbereitet worden, einem möglichen patrizischen Ehemann eine Ehe möglichst schmackhaft zu machen. Aber warum war ich so misstrauisch? Hatte nicht ihre bisherige, so offene und freundliche Art viele Fragen einfach schon im Keim erstickt? Durfte ich überhaupt an ihr Zweifeln oder musste ich es nicht sogar, um vor einem möglichen Fehler zurückzuschrecken? Die Tatsache, dass es hier nicht um eine Ehe zwischen zwei Menschen allein ging, war für mich eher unangenehm als hilfreich, die stetige Familienpolitik auch mit bedenken zu müssen, freute mich nicht unbedingt.


    Aber sie wirkte nicht wie ein hinterlistiger Mensch, oder aber ich irrte mich derartig, dass ich mich auf meine Instinkte am besten gar nicht mehr verlassen sollte - ein Irrtum jedoch würde sicherlich, sollte es ihn geben, erst mit der Zeit offenkundig werden. So oder so, wie auch immer ich es zu drehen und wenden versuchte, es war und blieb nicht leicht. So blieb mir nur die reine Spekulation, gemischt mit Hoffnungen, mit Wünschen für die kommenden Jahre, und dem Wissen, dass sie mich ebenso wohl durch ihren Instinkt würde einschätzen müssen wie ich sie. Überhaupt fiel es mir schwer, so weit voraus zu blicken, wie sich unsere eheliche Gemeinschaft eventuell entwickeln konnte. Es gab so viele irgendwie abschreckende Beispiele gruseligen Zusammenlebens, dass ich eigentlich vor dem Gedanken schon hätte fliehen sollen - aber ich tat es nicht, ich hoffte immernoch, der eine dumme Kerl zu sein, der vielleicht ein bisschen Glück bei der Sache finden würde. Und sie? Was erhoffte sie sich, verborgen hinter wohlgesetzten Worten und einem sanften, verheißungsvollen Lächeln?
    "Reichtum, eine villa, Schmuck, Ämter ...all das sind Güter, die man haben kann, aber auch schnell wieder verlieren. Ein falsches Wort, eine missratene Spekulation ... mir wäre es wichtiger, mein Leben nicht allein auf diese Dinge bauen zu müssen. Ein Mensch, der durch alle Widrigkeiten und Höhen im Leben mit mir geht, ist sicherlich ein größerer Gewinn als eine Kammer voll Denaren."


    Als sie jedoch begann, über ihre Eltern und die letzten Entscheidungen ihrer Mutter zu sprechen, gar berührt davon Tränen trocknen musste, fiel es mir schwer, nicht einfach zu ihr herüber zu gehen und den Arm um sie zu legen - Frauen mit Tränen in den Augen hatten stets diese unselige Wirkung auf mich, und dieses Mal musste ich mich irgendwie bezähmen, gegen den Drang ankämpfen, so gut es eben ging. Es musste bei tröstenden Worten bleiben, einem mitfühlenden Blick, ich war mir immernoch nicht sicher darüber, wie sie plötzliche Nähe aufnahm, die man auch falsch interpretieren könnte, und gerade mit ihr durfte es keine Fehler geben.
    "Sie hat eine Entscheidung getroffen, die sehr mutig war - und ich denke, Du solltest diese Entscheidung Deiner Mutter als einen Beweis ihrer Liebe zu Dir sehen, als nichts sonst. Einem Menschen, für den man vieles empfindet, die letzten Wochen der siechenden Krankheit und des Todes zu ersparen, wohl wissend, wie einsam man dabei sein muss, ist ein gewaltiges Geschenk. So kannst Du sie immer als lächelnde, gesunde Frau in Deiner Erinnerung bewahren, ohne Leid, ohne Traurigkeit. Ein größeres Geschenk kann man wohl niemandem sonst machen." Ich streckte meine Hand aus, berührte die ihre sanft und drückte sie - ganz konnte ich es dann doch nicht lassen - um sie dann anzulächeln.


    "Also mache Dir nicht zuviele Gedanken, und ruiniert hast Du diesen Tag sicherlich auch nicht. Was nützt es denn, wenn wir einander nicht auch in solchen Dingen ein wenig kennenlernen? Letztendlich ist es eine wichtige Entscheidung, ob und wen man heiratet, und zu jedem Menschen gehören auch traurige Dinge mit dazu," erwiederte ich dann auf ihre Zweifel und sah sie direkt an. Konnte es eine passendere Frau geben? Teilte sie wirklich meine Hoffnungen? Mochten die Götter diese stille Frage doch mit einem ja beantworten, ich wäre mit vielen anderen Dingen zufrieden gewesen, die vielleicht weniger vorteilhaft sein mochten.
    Und dass sie sich selbst schon überlegt hatte, womit sie ihre Stunden füllen wollte, erleichterte mich - was man mir wohl auch ansehen konnte.
    "Nun, ich fände es gewiss eine gute Entscheidung, würde sich meine Gemahlin ebenso im cultus deorum engagieren, wie ich es bereits tue - und das würde ich unterstützen, soweit es mir möglich ist. Es gbt zu wenige Priesterinnen, die gerne ihren Dienst verrichten, der Nachwuchs ist geringer geworden in den letzten Jahren - ich bin mir sicher, einer Aurelia würden sich viele Türen wie von selbst öffnen, wenn Du diesen Wunsch äußerst. Auch Marcus sollte nichts dagegen haben, das kann ich mir nicht vorstellen, was man gegen solches einzuwenden haben könnte." Ich sah sie offen an, und wieder berührten meine Finger die ihren, von ihr angezogen, als seien wir zwei gegensätzliche Pole, die einander einfach anziehen mussten.

    Ich stand nach dem Kampf verschwitzt und total erledigt da - aber durchaus zufrieden. Es war hart gewesen, der härteste Ringkampf seit langem, und ich hatte einmal das Gefühl gehabt, eine Chance zu haben, siegreich zu sein - aber er war letztendlich einfach trainierter gewesen, härter, kein Gegner, den man leichthin in die Knie zwingt, ohne sich anstrengen zu müssen. Das war dann doch wohl ein verbleibender Unterschied zwischen einem Magistraten und einem Prätorianerpräfekten - und bei allem Groll, den ich ihm gegenüber hegen mochte, ich konnte seinen Sieg sehr wohl anerkennen. Irgendwann würde es vielleicht eine Revanche geben und dann würde ich besser vorbereitet sein. Ich ergriff seine Hand und drückte sie gleichermaßen.


    "Es war ein guter Kampf - und ich kann mich damit trösten, dass mein Gegner der stärkste von allen war. Da ist es keine Schande zu unterliegen. Ich gratuliere Dir jedenfalls zum Sieg." Zudem, bei einem Wettbewerb zu gewinnen und bei einem anderen der zweite zu sein war gar keine so schlechte Bilanz, ich hatte nicht ernsthaft mit allzu viel Erfolg gerechnet, da kam er mir natürlich umso gelegener. Gemächlich wischte ich mir den Schweiß von der Stirn und ließ mir einen Schlauch Wasser anreichen, von dem ich meinem siegreichen Kontrahenten auch einen Schluck anbot, bevor es zur Siegerehrung ging. "Im nächsten Jahr werde ich Dich besiegen," stellte ich Crassus noch mit einem Grinsen in Aussicht.

    Es gab so diese Tage, an denen ich meine Familie wirklich gern hatte. So gern, dass ich am liebsten ans andere Ende der Welt gereist wäre, um ihr zu entkommen. Es lag nicht einmal an den einzelnen Personen, die meisten davon schätzte ich durchaus sehr. Aber alle zusammen kumuliert bei einem Abendessen, das war anstrengend, vor allem, wenn man nach einem langen Tag noch gezwungen wurde, zu allen höflich zu sein und Konversation zu machen. Und dann noch Serenus' Kalbshund zu sehen und von seiner Rückkehr unmittelbar Kenntnis zu erlangen - das reichte mir wieder für eine ganz lange Zeit an Familienleben vollkommen aus.


    "Zierfische. Wie nett," sagte ich und schüttelte insgeheim nur den Kopf über die verschrobene Großmutter des Serenus, die wirklich zu glauben schien, mit ihren nicht einmal subtilen Hinweisen auf diverse Punkte meiner Vergangenheit könnte sie mich noch schrecken. Italische tyrannische Flavierinnen hatten angesichts meiner eigenen Mutter ihren Schrecken ziemlich verloren, vor allem, da man ohnehin in diesem Familienzweig auf uns hispanische Flavier herabsah - dieselbe verleugnende Verachtung brachte ich der Alten in Baiae auch entgegen. "Was hat Dir denn in Aegyptus am besten gefallen, Serenus?"

    Er war gekommen ... in solchen Augenblicken war jegliche Pflicht, gleich schwerwiegender Natur oder von weniger wichtigem Belang kurzerhand eine Nebensache geworden. Im Grunde hätte Rom abbrennen können (wäre dies nicht schon zu Kaiser Neros Zeit geschehen und somit gänzlich aus der Mode), und ich wäre immernoch zuerst zu Gracchus geeilt und erst dann auf die Straße, um meine Pflicht zu tun. Vielleicht würde er auch der einzige Mensch in meinem Leben sein und bleiben, für den ich in dieser Weise empfand, ich konnte mich darob nicht einmal schämen. Wäre er nicht mehr Teil meines Lebens gewesen, es wäre mit einem Schlage alles sinnlos geworden, wonach ich gestrebt hatte. Ohne ihn hätte ich meinen Weg nicht mehr fortsetzen können und wollen - und als er mein Arbeitszimmer betrat, war mein Lächeln offen und ehrlich erfreut, ich erhob mich sogleich und auch wenn seinem Gedicht anzumerken war, dass es in kurzer Zeit den Weg von der Idee zum ausgesprochenen Wort gefunden hatte, so gefiel es mir doch schon allein deswegen, weil er sich für mich solche Mühe gemacht hatte. Ich hatte wohl gesehen, dass er den Riegel vorgelegt hatte und konnte ein Schmunzeln darob nicht verhehlen - aber sicherer war es so allemal. Schon um seinetwillen konnten wir nicht riskieren, ins Gerede zu kommen - aber in meinem Zimmer waren wir alleine und so konnte ich tun, wonach mir war.


    Sanft umfasste ich seine Hüften und zog ihn an mich, meine Lippen auf die seinen legend, und genoss diesen Moment des intensiven Kontakts, dieses Kusses, der uns nur zu selten vergönnt war, schmeckte ihn genüsslich, und mit diesem Geschmack auf den Lippen löste ich mich schließlich wieder, ihn mit einem liebevollen Lächeln auf den Lippen anblickend.
    "Mein Manius .. ich freue mich, dass Du die Zeit gefunden hast, bei mir vorbeizusehen. Dein Triumph im Senat hat sich in ganz Rom herumgesprochen und ich habe Dir schon zu Deinem letzten Amt nichts zugedacht, so fällt mein Geschenk dieses Mal ein wenig ... besonderer aus. Ich habe mir lange Gedanken gemacht, was Deinen Vorlieben angemessen wäre und woran Du auch noch längere Zeit Freude haben wirst und ... nun, für dieses Geschenk wirst Du Dir etwas unauffälliges und nicht zu teures anziehen müssen, denn wir werden heute noch ausgehen, in die Stadt." Ich musste grinsen, denn ich stellte mir in diesem Augenblick sein Gesicht vor, wenn er erst einmal sehen würde, womit ich ihn überraschen wollte - aber ich durfte es ihm ja jetzt noch nicht verraten. So funkelten nur meine Augen unternehmungslustig und ich sah ihn forschend und erwartungsoll an - ob er sich auf ein kleines Abenteuer einlassen würde?

    Ich hatte ja mit vielem gerechnet, aber nicht mit einem exquisiten und ganz offensichtlich teuer gewesenen Schmuckstück wie diesem. Es war sicher ein Einzelstück, denn der Goldschmied hatte gute Arbeit geleistet, und es war sicher nichts, das eine Sklavin einfach so besitzen konnte, wenn sie nicht etwas dafür getan hatte - oder es gestohlen. Warum hatte sie so ein wertvolles Stück? Wer hatte noch davon gewusst? Straton vielleicht? Ich würde ein sehr eingehendes Gespräch mit ihm führen müssen, soviel war sicher. Wenn er etwas gewusst hatte, und mir nichts davon gesagt ... meine Gedanken schweiften ab und als eine längere Pause entstanden war, in der ich einfach nur das Schmuckstück angestarrt hatte, blickte ich wieder zu Bridhe auf.


    "Woher hast Du das ...?" fragte ich, meine Stimme tonlos, wenngleich noch nicht vom Ärger durchdrungen, den ich im Innersten empfand. Irgend etwas war in meinem Haushalt vor sich gegangen und es hatte sich keiner auch nur im geringsten bemüßigt gefühlt, mir etwas zu sagen. Und das würde in Zukunft aufhören. Ich konnte mich nicht in meinem eigenen Haushalt lächerlich machen lassen, von niemandem. Wahrscheinlich lachten die meisten Sklaven ob meiner häufigen Milde ohnehin über mich, aber das ... as schmerzte. Das schmerzte ganz gewaltig und es gefiel mir ganz und gar nicht.

    Ich grinste leicht und lehnte mich dann wieder zurück. Es war angenehm, nach einem solchen Tag einfach ein wenig vor sich hin treiben zu können - und sei es nur in einem Becken mit warmem Wasser - ohne allzu viele Verpflichtungen zu haben. Das würde sich mit der Amtsübernahme ändern, soviel war sicher, aber bis dahin konnte man auch noch etwas die Seele baumeln lassen.
    "Nun, der Rausch scheint der leichteste Weg zu sein, denke ich - man muss sich dabei mit nichts auseinander setzen, und sobald man in die Verlegenheit kommt, eventuell nachdenken zu müssen, trinkt man einfach noch mehr oder beginnt wieder von neuem, das enthebt einem aller Verpflichtungen, man kann sich gut in eine Welt flüchten, in der das einzige Problem darin besteht, genug Geld für den nächsten Krug Wein zu haben," sagte ich nach einer Weile und bemerkte selbst dabei, dass ich ernster klang, als ich es gewollt hatte. Dass ich selbst mit dieser Art zu Leben meine Erfahrungen gemacht hatte, war kaum noch zu verhehlen, aber ich beließ es einfach dabei. Das war Vergangenheit. Es würde so wahrscheinlich nicht wiederkommen, wenn ich stark genug blieb. Stattdessen schweifte mein Blick an die Mosaikdecke des Raumes und verlor sich etwas in den fabelhaften Meereswesen, die dort abgebildet waren.


    "Ein Arbeitszimmer ist immer gut - gerade wenn man mit einer Familie eng zusammenlebt, ist man selten genug alleine. Selbst im cubiculum lauern einem bisweilen die Verwandten mit ihren Problemen auf, da habe ich mein Arbeitszimmer immer gern als refugium gesehen," sagte ich amüsiert und zuckte auf seine Frage schließlich die Schultern. "Schätzungsweise lange schlafen, lesen und die letzten Tage der Freiheit genießen, bevor es heißt früh aus dem Bett zu kriechen und von früh bis spät irgendwelchen Verbrechern nachzujagen." Gerade, als ich fortfahren wollte, kam ein junger Bursche auf uns zu und blieb neben mir stehen - ich erkannte in ihm einen der camilli aus dem Tempel des Mars, der sichtlich erleichtert schien, mich zu erblicken. "Sacerdos, wir brauchen Dich dringend noch einmal im templum," stotterte der Junge dann auch erwartungsgemäß hervor. "Bei einem Opfer braucht der sacerdos Licarus Probus Deine Hilfe, und ..." Ich seufzte tief und nickte dann. Probus war schätzungsweise achtzig Jahre alt und ein Opferhammer bei ihm definitiv in der falschen Hand - er würde sich damit sicherlich eher selber erschlagen. "Soviel zum Thema faulenzen," bemerkte ich in Ursus Richtung und grinste entschuldigend.

    Der Kommentar des Alten zu meinem gewonnenen Kampf hatte gutgetan - ja, ein leichter Gegner war dieser Plebejer wirklich nicht gewesen, aber alles andere wäre dem Anlass auch nicht angemessen gewesen, so nickte ich grinsend und meinte: "Was immer nun noch nachkommt, wird mir sicher die Sache nicht so bequem machen, fürchte ich!" Und tatsächlich, der folgende Kampf zwischen dem Prätorianerpräfekten und einem mir abermals unbekannten Kerl aus dem Volk verlief schnell und hart - und, wenig erstaunlich - zu Gunsten des Präfekten. Ich hatte ihn bisher noch nicht persönlich getroffen, aber sein Anteil an unserer Familiengeschichte war durchaus merklich gewesen - erst hatte er sich für Arrecina interessiert, dann für Minervina, und aus der Sache war bisher nichts geworden.


    Wenn Gracchus klug vorgegangen war, würde daraus auch nie etwas werden. Gegen die Familie der Caecilier hatte ich nichts, aber wankelmütige Männer, die in ihrer Zuneigung schnell von der einen zur anderen umschwenkten, waren nie mein Fall gewesen. Wenn man nur spielen wollte, sollte man es vorher klarmachen, das schonte die Gefühle ... abermals ließ ich mich einölen, genoss die ruhigen Hände des Sklaven, der diese Arbeit verrichtete, und machte den Kopf leer für diesen letzten, entscheidenden Kampf.


    Wie wäre dieser Mann wohl am besten zu besiegen? Ich hatte durch mein Freilos Zeit gehabt, zu Atem zu kommen, er aber nicht - entweder er hatte eine sehr gute Konstitution und würde auch eine längere Runde leicht durchstehen, oder er würde versuchen, möglichst schnell zu gewinnen, mehr Möglichkeiten sah ich nicht. Wofür würde er sich also entscheiden? War er schon müde genug, um es eilig zu haben? Ich signalisierte dem Kampfrichter meine Bereitschaft und machte mich mit leichtem Schritt auf den Weg zum Kampfplatz. "Möge der Bessere gewinnen," sagte auch ich und taxierte ihn für einige Momente lang - kräftig gebaut, geschmeidige Bewegungen, ein Militär, der offensichtlich nicht seinen Hintern auf einem Schreibtischstuhl plattsaß. Aber ein solcher wäre auch nicht ins Finale gekommen. Ein Verlieren gegen diesen Mann kam jedenfalls nicht in Frage, allein schon Arrecinas wegen nicht, dachte ich, mit einem Mal grimmig entschlossen, es ihm so schwer und so langwierig wie möglich zu machen. Ich hatte zwar nicht ganz seine Kampfklasse, aber in einem waren wir hispanischen Flavier unerreicht: Wenn es um Dinge ging, die uns wichtig waren, waren wir die stursten Böcke des Imperiums.


    Seine Hände versuchten mich zu packen, glitten am Öl entlang, ebenso wie die meinen bei ihm, und für eine längere Zeit schien es mir, als hätte jetzt das gegenseitige Winden und Drehen begonnen, bei dem jeder nach einem Vorteil suchte und hoffte, eine Schwachstelle des Gegners zu erkennen. Fast hätte er mich einmal gehabt, aber das Öl hatte mir geholfen, aus einem Augenblick keine Ewigkeit entstehen zu lassen und ich gab mir alle Mühe, seinem Griff auszuweichen, so gut es mir möglich war, stemmte mich ihm nicht zu sehr entgegen und versuchte den Anschein zu erwecken, als sei ich schon eines guten Teils meiner Kraft ledig. Vielleicht würde es helfen, auf Zeit zu spielen und die Sache so lang wie möglich hinzuziehen ...

    "Nun, diese besonders repräsentierten Götter-Kulte sind für die Stadt Rom und das Imperium natürlich von besonderer Wichtigkeit - die Verehrung Iuppiters beispielsweise ist eine der Stützen des Staates, ohne die angemessene Verehrung wäre Er unserem Reich kaum gewogen, und die drei flamines maiores repräsentieren damit auch die für das Reich besonders wichtigen Kulte. Die flamines minores sind zum großen Teil Repräsentanten unserer städtischen Ursprünge - jene Götter, die bereits zur Gründungszeit verehrt wurden oder kurze Zeit darauf in der Konsolidierung durch die Könige eine wichtige Rolle spielten. Wenig ist uns wichtiger als die Tradition, das solltest Du nicht vergessen, und deswegen sind auch jene Kulte ein essentieller Bestandteil unseres täglichen Lebens. Indem die flamines minores kultische Handlungen zu Ehren dieser älteren und alten Götter vollziehen, halten sie die Erinnerung und Verehrung für alle Zeiten wach und zeigen unseren Respekt vor unseren Ursprüngen." Die Erklärung abschließend, wanderte ich ein wenig vor der großen Tafel hin und her, um dann wieder zu ihr zu blicken, als sie ihre Antwort gab - kurz nickte ich, im Prinzip war sie ja nahe dran gewesen. "Bei einem auguraculum musst Du nur noch bedenken, dass es keine Nichtigkeiten sein dürfen, mit denen man zu den Auguren kommt. Viele Probleme kann man schon durch Nachdenken und sorgsames Abwägen der Vor- und Nachteile lösen, und erst wenn dies keine Wirkung zeigt und auch kein Verwandter einen guten Rat hat, sollte man sich den Auguren zuwenden."

    Stratons Gehversuche auf dem Weg zum charmanten Mann von Welt konnte ich zwar nur aus der Ferne beobachten, dennoch war es amüsant - und ich wurde durch den angenehmen Umstand in meinen Betrachtungen gestört, dass ich zur Siegerehrung für die Weitspringer gerufen wurde. Ich hatte gehofft, dass ich gut abschneiden würde, aber so gut - einen Sieg hatte ich nicht unbedingt erwartet und war deswegen umso erfreuter. Man konnte meinem zufriedenen Grinsen durchaus anmerken, dass ich über das Ergebnis nicht wenig erfreut war - und so sah ich dem nächsten Wettbewerb mit Vorfreude entgegen. Das Ringen sollte nun nicht zu schwierig werden, und letztendlich zählte an einem solchen Tag schließlich der Spaß. Ich verfolgte die anderen Ringerpaare, beäugte dabei aber immer wieder den Mann, der mir als Gegner zugelost worden war - ein mir unbekannter Mann aus einer plebejischen Familie ohne politisches Gewicht, zumindest entsann ich mich keines Senators oder Amtsträgers dieses Namens. Ich sollte mir zumindest Mühe geben, gegen diesen Mann zu gewinnen, ein Verlieren gegen einen Niemand war nichts, was mir gefallen hätte. So ölte ich mich ein, wartete auf Straton, der sich verdächtig lange bei den Frauen herumtrieb und zwinkerte Aurelius Ursus zu, der sich als Sieger in seinem Kampf wieder zu uns herumlungernden Athleten gesellte.


    Als mein Name und der des Plebejers schließlich ausgerufen wurden, trat ich vor und genoss den Sonnenschein und das Wissen, von der jubelnden Menge für einige Momente lang sehr eingehend beobachtet zu werden. Manchmal tat es gut, im Mittelpunkt zu stehen, ohne dass einen die Politik allzu sehr belästigte, und ich eilte mich nicht gerade damit, dem anderen gegenüber zu treten. Er war etwas kleiner als ich, hatte sauber geschnittenes, schwarzes Haar und einen recht stolzen Gesichtsausdruck, wirkte aber auch nicht gerade schwächlich, anscheinend hatte er ebenso wie ich zuvor trainiert.
    "Möge der Bessere gewinnen," verbreitete ich mit einem Schmunzeln ein wenig des olympischen Gedankens in Richtung meines Gegners und ging in die Ausgangshaltung, die mir sicheren Halt bot, falls er einen Überraschungsangriff starten wollte. Er nickte nur und blickte mir finster entgegen - ganz sicher keiner, der mich freiwillig gewählt hätte, hätte er die Gelegenheit dazu erhalten. Meine Geduld und die Vorarbeit zahlten sich aus, er griff tatsächlich schnell an, vielleicht auch, weil er es nicht erwarten konnte, einen Patrizier zu besiegen, aber so leicht machte ich es ihm nicht. Ich stemmte mich seinem kräftigen Griff entgegen und versuchte meinerseits, einen Vorteil durch eine vage Veränderung meiner Haltung zu erreichen.


    Es begann die klassische Phase des gegenseitigen Aus-dem-Weg-glitschens, bei dem das Öl alle Arbeit machte und es weder mir noch Numerius Acerronius Ofella gelang, den Gegner eindeutig zu packen, allenfalls entstanden einige Geräusche, die in anderem Zusammenhang ausgesprochen lustig gewesen wären. Ofella keuchte, als ich ihm den Arm fest um die Brust legte und zudrückte, anscheinend hatte er zwar die Armmuskeln trainiert, aber nicht genügend darauf geachtet, sich auch für derlei Angriffe zu wappnen, aber er konterte schnell, indem er mich mit seinem Bein auszuhebeln versuchte.
    Inzwischen merkte ich, dass mir der Schweiß die Stirn herablief, noch vom Lauf und dem Weitsprung aufgewärmt, hatte ich schnell zum Zustand der Leistung zurückgefunden, während Ofella noch recht 'trocken' war - allerdings fühlte ich auch, dass ich das keine Ewigkeit durchhalten würde. Kurz verirrten sich meine Gedanken zum Übungskampf mit Aurelius Ursus, und wie er mich zu Boden gebracht hatte, dann nutzte ich einen winzigen Vorteil, den mir die mangelnde Deckung meines Gegners verschaffte - ich warf mich mit voller Wucht gegen ihn, schob ihm kurzerhand das Bein zwischen die seinen und hakelte ihn damit ein - mit einem satten Geräusch prallten wir beide auf den Sandboden, er zuerst, ich auf ihn, es schmerzte gewaltig am Knie, aber er berührte mit beiden Schultern den Boden und ich hatte gewonnen.


    Mit einem leisen Schnaufen richtete ich mich wieder auf und als der Schiedsrichter mit dem Fähnchen wedelte, um meinen Sieg anzuzeigen, half ich auch meinem nun panierten Kontrahenten wieder hoch, der nicht erfreut schien - aber so war es eben, mal gewann man, mal verlor man, und zu Ehren der Götter musste man eben auch einmal ein fröhliches Gesicht machen, wenn einem nicht danach war - etwas, woran sich auch Ofella zu erinnern schien und schließlich den Zuschauern zuwinkte wie ich es tat, um den Kampf würdevoll zu beenden. Und wo war Straton? Meine Kehle fühlte sich an wie frisch aus der Wüste, jetzt war mir wirklich nach einem Getränk. Grinsend ging ich zu den anderen zurück und wartete auf die Auslosung für die nächste Runde.

    Straton hatte während des Nachmittags meine kleine Botschaft überbracht und ich konnte mir nur ausmalen, wie es wohl sein würde, wenn mein Vetter von seinem Tagwerk zurückkehren würde - was auch immer er derzeit tagsüber tat, er bereitete sich zweifelsohne auf sein Amt vor, das ihm der Senat mit großer Mehrheit bestätigt hatte. So war mir auch danach gewesen, diesen Umstand ein klein wenig zu feiern, was sich gut traf, denn ich hatte während meiner Amtszeit sehr viel Zeit gehabt, mich auch an weniger offensichtlichen Orten der Stadt umzusehen. Dort hatte ich eine interessante Entdeckung gemacht, die ihm sicher gefallen würde - und heute hatte ich, anlässlich seiner Wahl, beschlossen, sie mit Manius zu teilen.


    Ich stellte mir sein Arbeitszimmer vor, den stets penibel aufgeräumten Schreibtisch, an dem, ungleich dem meinem, jedes Ding seinen Platz und alles seine Ordnung hatte, die karge Einrichtung, die wenig über den Besitzer verriet denn einen Sinn für die Stille und die Kontemplation, dass er sich nicht mit Luxus schmücken musste, um hochfahrenden Gedanken und phantastischen Ideen zu folgen. Dort würde das kleine Briefchen liegen, das ich ihm zugedacht hatte, in jenem Körchen, in dem die Post für ihn von seinem Leibsklaven Sciurus gesammelt wurde - und dann würde er den Brief erblicken, ihn vielleicht für ein Bittschreiben halten und nachlässig öffnen, eine unangenehme Nachricht wie die Bettelei eines Verwandten oder Klienten um Geld erwarten - und schließlich das Entscheidende lesen:


    C' FLAVIVS AQVILIVS S. M' FLAVIO GRACCHO SVO


    Heute war mir im Licht der Parzen
    zu Fuß auf Bodem, schwarzem
    vergönnt zu sehn, was Dich erfreut
    so eil' geschwind noch zu mir heut'
    zu teilen will ich diesen Blick
    auf dass er werde Dir zum Glück.
    Nun säume nicht, such mich nun auf
    beginnen soll der Freudenlauf!


    Es war zwar ein recht einfaches, aber doch amüsantes Gedicht und würde ihn hoffentlich angemessen neugierig machen. Ich musste nur darauf lauschen, wann er sein Arbeitszimmer betreten würde und wie lange es dann dauern würde, bis er bei mir war - ich hatte die ersten Wetten mit mir selbst bereits abgeschlossen und verbrachte den heutigen Tag, an dem mich keine Amtsgeschäfte, sondern nur Aktenarbeit plagten, in stiller Vorfreude (und mit der Aufarbeitung einiger aufgelaufener Rechnungen).

    "Die Lüge ..." sagte ich leise, und die Worte fielen mir nicht unbedingt leicht dabei. "... manchmal rettet sie ein Leben vor dem Untergang, einen Menschen vor einem sinnlos traurigen Schicksal und manchmal ist sie unumgänglich, um nicht einem Feind etwas in die Hand zu geben, mit dem er einen in die Knie zwingen kann. Rom ist eine auf Lügen gebaute Stadt, so traurig es auch ist, an jeder Ecke wird Dir die Lüge nachgeworfen. Eine willige lupa? Natürlich freut sie sich über jeden Besuch, denn sie muss davon leben, dass sie Dich damit täuscht, es bereite ihr Vergnügen. Ein treuer Freund im Senat? Natürlich lächelt er Dir heute zu, weil Du ihm nützt, und morgen tritt er Dich in den Rücken, weil Du nutzlos geworden bist .. es gäbe so viele Beispiele, Bridhe, und ich schätze die Lüge umso weniger, je mehr ich von den Menschen lerne, je mehr Schmutz sie um sich anhäufen, um irgendwann darin zu ersticken. Aber ... wenn diese Lüge etwas gutes bewirken kann, dann ... dann muss es eben sein." Schweigend blickte ich sie an, als sie mir von Wiedergutmachung sprach, davon, bei mir zu bleiben, solange ich wollte - und es schmerzte mich mehr, sie dies sagen zu hören, als ich es gedacht hätte, ohne zu wissen, warum es mir wehtat.


    Sie sollte sich nicht verpflichtet fühlen zu bleiben, ich hatte es immer gehasst, wenn eine Frau sich mir gegenüber so verhielt. Aber ich sagte nichts, ich konnte und wollte nichts sagen, noch nicht. Noch war die Angelegenheit längst nicht ausgestanden. Sie ging und kam kurze Zeit später mit einem etwas unförmigen Paket in Händen zurück, das mich die Brauen heben ließ. Wieder irgendein Kultartikel für die Anbetung ihrer Göttin? Aber was sie sagte, ließ mich schlimmeres vermuten. Hatte sie etwa aus dem Zimmer eines anderen Flaviers etwas gestohlen? Stirnrunzelnd begann ich, den Stoff zurückzuschlagen, um mir anzusehen, was sie mir da gegeben hatte - man mochte mir die Verwirrung durchaus auch anmerken, denn mit einer solchen Wendung hatte ich nicht unbedingt gerechnet.