Ich hielt ihn, auch wenn ich ahnte, dass meine Worte niemals würden jenes Problem lösen können, mit dem er sich konfrontiert sah - dieses Leben einer Liebe, die man nur verstecken durfte, die niemand ahnen, niemand sehen durfte. Irgendwann würde er daran zerbrechen, manchmal glaubte ich ihn fast als zu feinsinnigen Mann zu sehen, dessen innere, sensible Natur ihn dieser Welt nicht ausliefern durfte. Aber was konnte ich für ihn mehr tun als zu versuchen, seine Sorgen zu zerstreuen, ihm einige Stunden des süßen Vergessens zu schenken, und vor allem ihm einen Grund zu geben, das Leben dennoch irgendwie schön zu finden. Sein Körper war so warm, so vertraut, und meinetwegen hätte es jetzt ewig dauern können, bis er mir wieder entrissen würde durch die Zwänge des Ablaufs täglicher Pflichten -hätte nicht einfach die Welt daraus bestehen können, dass wir einander hielten, miteinander Freude an einfachen Dingen empfanden wie zu früheren Zeiten? Aber Achaia war so weit fort, und mit ihm auch die Zeit der Unbeschwertheit und der Unschuld, in der wir vielleicht geahnt hatten, was uns verband, es aber niemals gewagt hätten, es auch auszusprechen oder auszuleben.
"Was danach kommt, Manius," sagte ich, nachdem er eine halbe Ewigkeit später das Wort wieder ergriffen hatte, "ist die Zukunft, und es wird eine Zukunft sein, in der wir uns Stütze und Halt sein werden. Wenn ich nur Dich haben kann, dann kann es in der Zukunft nichts geben, das mich ängstigt oder wünschen lässt, sie könnte sich in eine bestimmte Richtung entwickeln. Schimpfe mich ruhig einen Narren, Manius, aber ich weigere mich zu glauben, dass eine Liebe wie die unsere existiert, um uns beständig unglücklich zu machen. Etwas Gutes wird die Zukunft mit sich bringen, da bin ich mir ganz sicher." Es schien, als sei wieder eine vage Distanz zwischen uns eingetreten, jener Augenblick, an dem sich unsere Wege für einige Stunden, Tage trennen würden, um danach wieder zusammenzufinden. Letztlich hätten wir einander wohl auch ohne Worte verstanden, dennoch sprach ich sie.
"Ich lasse Dich jetzt allein, denn ich habe noch zu tun an diesem Abend - wenn Du ... noch einmal sprechen möchtest, dann weisst Du, wo Du mich findest ..." Auch für anderes als Sprechen, aber irgendwie war ich mir recht sicher, dass ihm danach heute nicht mehr der Sinn stehen würde. An manchen Tagen war dies passend, an anderen eben weniger.
So zog ich ihn noch einmal enger an mich und berührte dann mit den Lippen seine Stirn - kein aufdringlicher Kuss, keiner, der um Leidenschaft gebuhlt hätte, aber doch eine fühlbare Bekundung meiner Zuneigung - dann wandte ich mich ab und zur Türe, um seinen privaten Raum zu verlassen, jene Sphäre seines Selbst von meiner Anwesenheit bereinigend.