Es sah ganz so aus, als sollten wir heute davonkommen - als mich der Hausherr aufforderte, mich anzukleiden, tat ich dies recht eilig, nicht ohne mich so zu stellen, dass dieser gaffende junge Mann mit der Fackel durch meinen sich bewegenden Körper daran gehindert wurde, Callista allzu dreist anzustaren. Nicht dass es mich groß gestört hätte, würde ich so angeblickt werden, aber bei ihr war ich mir da nicht ganz so sicher, so manche Patrizierin war, was Körperlichkeiten anging, einfach zimperlich gestrickt. Anderen Menschen als einem Liebhaber begegnete so manche Frau ausgesprochen zugeknöpft und zurückhaltend.
Mir blieb jedoch auch nicht viel anderes übrig, als die vollendete Schauspielkunst meiner nächtlichen Gefährtin zu bewundern, die ausgesprochen gekonnt eine geschändete und erschrockene Frau mimte. Hätte ich sie so gesehen, ohne zu wissen, dass es alles nur Spiel war, hätte ich wohl kaum vermutet, dass sie spielte, sondern hätte mich bemüht, ihr hilfreich zur Seite zu stehen - wahrlich, diese Claudierin war mit allen Wassern gewaschen, mehr noch, eine Frau nach meinem Geschmack. Ich konnte mir nicht vorstellen, mich mit ihr jemals zu langweilen.
Als sie mir zuwisperte, ich möge sie auffangen, tat ich natürlich nichts lieber als das - wie leicht sie doch war, ich stellte es erneut mit einiger Verwunderung fest. Wahrscheinlich tat sie dasselbe wie die meisten Frauen und achtete sehr auf ihr Gewicht, aß nur mäßig oder trieb ausgleichenden Sport, wer wusste das schon. Ich würde sie jedenfalls deswegen niemals befragen, wollten doch Frauen zumeist eher hören, dass man sie schön fand, und nicht verraten, wie es zu jenem Zustand kam. "Es war wohl doch zuviel für sie," sagte ich in einem Ton zum Herrn dieses Anwesens, der gleichzeitig milde Besorgnis wie auch Höflichkeit enthielt. Ihr feuchtes Gewand hielt ich so, dass es ihren Leib einigermaßen zu bedecken wusste, ahnte ich doch auch nichts von ihren Gedankenflügen, die aus einem eher unscheinbaren jungen Mann einen furchterregenden Gnom gemacht hatten.
"Sie hat ein so sanftes, zartes Gemüt." Ganz sicher nicht! Aber das wusste dieser Mann ja nicht. Und, wie ich zugeben musste, es war die perfekte Ohnmacht, kein Mensch mochte vermuten, dass dies nur gespielt war, ich hätte es ja auch nicht. Während ich dem Hausherrn samt meiner süßen Last durch das eindrucksvolle Haus folgte, atmete ich verstohlen ihren Duft ein, spürte genüsslich ihre Nähe in meinen Armen. Hatte sie sich da etwa gar an mich geschmiegt? Ich war mir nicht sicher, hoffte es einfach.
Benohé, ihrer Herrin getreuer Schatten, und der Rest von Callistas Sklavenmenge waren alle beisammen, und so blieb es mir nur, nachdem ich sehr wohl registriert hatte, dass wir hier nichti m Haus eines unbedeutenden Mannes gestrandet gewesen schienen, den Schein zu wahren und möglichst gut aus der ganzen Sache herauszukommen.
"Ich werde den Dienst nicht vergessen, den mir Dein Haus erwiesen hat," sagte ich ruhig und blickte den Apicius direkt an. "Auch wenn es zugegeben ungewöhnliche Umstände waren, die sich hoffentlich nicht wiederholen werden -" in drohendem Ton sprach ich das in Richtung der Sklaven, von denen einige der Bewaffneten dann doch betreten zu Boden blickten, sicher war sicher, man konnte nie wissen, was man falsch gemacht hatte, auch wenn man eigentlich nichts falsch gemacht hatte, " - hoffe ich doch, dass Dir dieser Zwischenfall als nicht zu unangenehm im Gedächtnis bleiben wird und wir Dich nicht zu sehr Deiner kostbaren Nachruhe beraubt haben. Auch im Namen meiner Verlobten will ich Dir für Deine Großzügigkeit danken."
Dass er uns diese Geschichte nicht glaubte, war nicht erstaunlich, musste man unsere Lustlaute doch auch weiter entfernt gehört haben, aber er gestattete es mir, mein Gesicht zu wahren, und das würde ich nicht vergessen. In Rom schien es dann doch den ein oder anderen Ehrenmann noch zu geben, und gleich morgen würde ich einen Sklaven herschicken, der herausfinden sollte, wem mein Dank zu gelten hatte. Vielleicht auch ein kleines Dankopfer an Mars, denn dr Hausherr schien meinem Gott ebenso geneigt, was die Statue im atrium bewies. Ich neigte höflich den Kopf zu Apicius, bevor ich in die dunkle Nacht hinaus schritt, gefolgt von Benohé, zurück zu unserer glücklosen Eskorte, die sich reichlich Mühe gab, wenigstens jetzt irgendwie effizient auszusehen, aber welche Chance hatten sie schon gegen zwei unternehmungslustige Patrizier gehabt? Im Grunde gar keine. Mit weit ausgreifenden Schritten trug ich Callista voran, in den Schutz der Mauerecke, um dann dort zu ihr herunterzublicken.
"Ich hätte nicht geglaubt, dass dieser Abend noch amüsanter werden könnte, aber Du hast es mir soeben bewiesen - was für eine Schauspielerin Du bist! In Zukunft werde ich wohl keiner Frau mehr trauen können," scherzte ich und betrachtete lange ihr schönes, reizvolles Gesicht.