Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Geschichtsträchtig waren viele der römischen Feiertage, doch kaum einer war so nahe an einer Berührung des Göttlichen wie das Armilustrium der Salier. Genauer gesagt, der salii Palatini, denn diese waren es, die mit mir nun die porta unserer Curia auf dem Palatin verließen, in welcher wir uns ansonsten für Planungen oder zum Üben des Tanzes einfanden. Mars schien uns an diesem Tage gnädig zu sein, denn wie schon am Feiertag des Equus October blieben wir vom Regen verschont, es war kühl, aber nicht zu eisig - aber daran dachte ich nicht, zumindest nicht in diesem Augenblick. Denn an diesem Tag trugen wir eine ganz besondere Verantwortung, und zugleich eine große Ehre:


    Jeder Salier trug ein Schild, eines der heiligen ancilia, geschmiedet in der Form einer Acht - und einer unter uns, niemand wusste, welcher es war, trug jenes besondere Schild, das einst von Mars selbst als Pfand für den Bestand des römischen Reiches hingegeben worden war, am Arm. Die Weisheit des Numa Pompilius, einem der ersten Könige Roms, hatte dieses so besondere Schild über die Jahrhunderte hinweg beschützt, denn nachdem seine Gemahlin Egeria ihm das Geheimnis des Schildes verraten hatte, hatte der Schmied Mamurius Veturius im Auftrag des Königs elf gleiche Schilde gefertigt, vom Auge nicht vom besonderen Geschenk des Mars zu unterscheiden. So wurde ein möglicher Raub und damit ein Verderben des Reiches wirkungsvoll verhindert - und nur an besonderen Tagen trugen wir, die salii Palatini, diese Schilde durch Rom, auf dass die Menschen immer an das großherzige Geschenk des Mars erinnert würden. Auch wenn ich nicht ahnte, wer nun das besondere Schild trug, ich fühlte mich allein durch das Wissen, dass es unter jenen war, die wir feierlich trugen, auserwählt und in heiliger Ehrfurcht erhoben.


    Dieses Mal zog ich den anderen voran, angetan mit der archaischen roten tunica, der trabea, dem ancilium und dem einschneidigen Hiebschwert an der Seite, denn dies war die Aufgabe des magisters, er war seit jeher der Vortänzer und Vorsänger gewesen und ging den anderen sodales voraus. So mussten einst die Krieger ausgesehen haben, die aus dem beschaulichen Städtchen Rom, dieser eins so kleinen Siedlung, eine mächtige Stadt geformt hatten, und auch dieser Aspekt des Armilustriums, die greifbare Erinnerung an unsere stolze Vergangenheit, gefiel mir sehr gut.


    Als es hinter mir still geworden war, verharrte ich noch einen Moment, und gab dann mit der Hand das Zeichen zum Beginn, zog dann mein Schwert und schlug es, der Tradition entsprechend, dreimal auf das ancilium - einen Atemzug später antworteten mir die sodales mit derselben Wucht, das metallene Dröhnen erfüllte die Luft, und der Tanz begann. Ich begann den carmen saliare, laut und kräftig mit volltönender Stimme, und im Dreischritt, im Stampfen unserer Füße, im Klang der Waffen auf das Schild, zogen wir los, bezeugten einmal mehr Mars unsere Ehrerbietung und das immerwährende Versprechen, sein Geschenk zu bewahren, zum Wohle des Imperiums.

    Ich ließ meinem Begleiter die Wahl unter den Keksen und dem Wein, welche sich in reichhaltigen Variationen in der Verkaufsauslage des Händlers befanden - letztendlich würde es sein Opfer sein, und er musste entscheiden, welchen Wert die Gaben haben sollten, die er Mars darbringen würde. Etwas nachdenklich stimmte mich sein Verhalten schon, denn ich hatte ihn redseliger, weniger verschlossen in Erinnerung behalten. Vielleicht machte er sich mehr Sorgen um die Soldaten, als er es zugeben wollte, vielleicht gab es auch unter den Soldaten jemanden, den er vermissen würde, wenn er nicht zurückkehrte - vielleicht einen Freund oder einen Geliebten? Der letzte Gedanke allerdings war so unerhört, dass ich ihn unvermittelt prüfend ansah. Sollte er etwa ...? Nein, wahrscheinlich nicht, dachte ich bei mir und begegnete seinem Schweigen wie seinen Worten mit Geduld und einem Lächeln, wie ich es bei so vielen anderen Menschen auch tat, tun musste, um meine Pflicht angemessen zu erfüllen.


    "Ich danke Dir für Deine Glückwünsche, Aurelius Cotta, ich hoffe, ich kann sie rechtfertigen - aber das muss wohl die politische Praxis zeigen," erwiederte ich und atmete langsam ein. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, denn bekannt war ich nicht unbedingt, als sacerdos häufte man kaum Ruhm an, vielleicht die Dankbarkeit der matronae, wenn ihre Männer gesund heimkehrten, aber sehr viel mehr auch nicht. Ich hätte vielleicht doch die militärische Karriere anstreben sollen wie mein Vetter Aristides, aber es hatte mich nie so sehr gelockt, ins Feld zu ziehen.
    Er klang zumindest ehrlich, was, wenn man bedachte, dass im politischen Feld alle gentes Konkurrenten waren, auch ungewöhnlich zu nennen war. Ob er wohl auch kandidieren würde? Aber das schien mir dann doch als Frage etwas zu persönlich und zu verfrüht. Leichter wäre es gewesen, sich über Frauen zu unterhalten. Oder das Lieblingsstück an Literatur, welches er zuletzt gelesen hatte ... was die Politik anbelangte, waren wir Römer ein doch sehr ernsthaftes Volk.


    "Ich wurde von meinem Vater so erzogen, diesen Weg zu gehen, und viele Jahre lang habe ich alles getan, um die Politik nicht eines Blickes würdigen zu müssen - ich hielt mich stets für denjenigen, der das Prestige zu erbringen hatte, welches der Rest meines Familienzweiges bereitwillig verspielt hatte. Mein Vater war Patrizier, aber keineswegs erfolgreich, und so wollte er mich als erfolgreichen Redner sehen, ließ mir alle mögliche Ausbildung angedeihen, mit dem Erfolg, dass ich gegen ihn opponierte und meinen eigenen Weg ging," führte ich das Thema mit einem amüsierten Schmunzeln auf den Lippen fort. Was hatten wir immer gestritten, und bis zu seinem Tode hatte es keinerlei Versöhnung gegeben.
    "Aber inzwischen ist es mein eigener Wunsch, geboren aus der Beobachtung dieses Staates, der Menschen, und der allgemeinen Verhältnisse. Nur in der Politik ist einem die Möglichkeit zur Einflussnahme gegeben, und nur dort entscheiden sich die wichtigen Dinge, die das Leben aller beeinflussen. Ich denke, es reicht nicht, sich ständig über irgend etwas zu beklagen, das einem nicht gefällt. Man muss selbst versuchen, es zu ändern."

    Nur noch den Kopf schüttelnd über ihre bisherige Art, drehte ich mich auf dem Bett um und glättete die zerknitterte Schriftrolle mit beiden Händen, um mich dann, mit einem Kissen in dem Rücken, der Lektüre hinzugeben, einem Genuss, dem ich in der letzten Zeit immer wieder mit größtem Vergnügen gefröhnt hatte. Und unter den unsterblichen Worten des Caius Iulius Caesar war Bridhe schnell vergessen, ebenso schnell, wie ich meine Entscheidung getroffen hatte - was blieb denn schon von einem Menschen nach seinem Tode, wenn nicht die Worte, die ihn ausmachten, die Gedanken, die ihn bewegt hatten, Entscheidungen zu treffen, deren Tragweite er in der Literatur reflektierte?
    So wenig war der Mensch doch während seines Lebens, und so unendlich schnell war er vergessen, schuf er sich nicht durch sein Schaffen und sein literarisches Wirken eine Insel, umspült vom ewigen Meer des Vergessens ... an diesem Tag kam ich zu spät zum Tempel, aber es war mir gleich, hatte mich doch etwas bewegt, das ich lange vergessen geglaubt hatte: Die Hinwendung zu etwas, das größer war als ein einzelner Weg, die wahre Größe Roms.

    Mein Blick mochte für einige Momente lang andeuten, dass ich zur Not Iulius Castus seine verdammten Sandalen auch noch in den Mund oder sonstige geeignete Körperöffnungen stopfen würde, wenn er jetzt nicht sofort Ruhe gab - und sei es nur aus beleidigtem Stolz oder richtiger Einsicht, er schwieg fortan und ließ das unsägliche Sandalenthema unangetastet. Wenn ich es recht bedachte, hatte ich mir nie wirkliche Gedanken um die Geduld gemacht, die Gracchus bisher hatte aufbringen müssen, wenn es um diese Sitzungen ging - aber ich musste im Stillen zugeben, dass ich ihn dafür bewunderte. Ich würde schätzungsweise ein ganz anderer magister werden, als er gewesen war.


    "Nungut, nachdem wir für heute keine weiteren Themen mehr auf der Tagesordnung haben, kommen wir zum Ablauf des Armilustriums," mit einem Seitenblick auf die Notiztafel, die mir mein Vetter übergeben hatte, ratterte ich den geplanten Ablauf herunter, der sich nur in einem Punkt vom letzten Jahr unterschied - wir würden die anschließende cena saliorum dieses Mal mit den salii collini einnehmen und gemeinsam feiern, wogegen sich auch kein nennenswerter Widerstand erhob, schließlich kannte man sich untereinander schon seit einiger Zeit.
    "Hat noch jemand eine Frage oder Anmerkung, um die wir uns hier kümmern sollten?" fragte ich in die Runde, bei der sich die Mehrheit bereits den zweiten oder dritten Becher Wein hatte einschenken lassen. Letztendlich kam man auch zu solchen Versammlungen, um gemeinsam gemütlich zu bechern.

    Gespannt hatte ich den Kurs des Speer-Wagens verfolgt, denn rein dem Gefühl nach jubelte ich meist eher dem Speer-Wagen zu denn dem anderen, warum auch immer - vielleicht, weil mir der angreifende Mars intuitiv näher lag als der verteidigende, genau ließ sich dies nicht sagen. Es mochte natürlich auch Römer geben, die bei diesem Spektakel Wetten abschlossen, aber mir war dies zu blasphemisch. Wenigstens an einem Feiertag sollte es doch möglich sein, sich der göttlichen Sache zu widmen, nicht der eigenen Börse - die legendäre Geschäftstüchtigkeit der Römer sollte zumindest genug Ehrerbietigkeit kennen, um Festtage zu achten. Indes, gegen die umher laufenden Wettanbieter konnte man nie wirklich etwas unternehmen, sie waren klug genug, nicht zu laut und vor allem nicht in der Nähe der Priestertribüne ihre Dienste anzubieten.


    Als wieder eine Staubwolke an einem der Pfosten die Sicht vernebelte, ließ ich meinen Blick über die nahe sitzenden Zuschauer schweifen, und musste unwillkürlich lächeln, als ich zwei bekannte Gesichter ausmachen konnte. Zu schade, dass Aurelius Cotta so weit weg saß, ich hätte gern mit ihm über die Wagen gefachsimpelt und die Chancen für den Schild-Wagen eingeschätzt, jetzt noch Boden gut zu machen. Zudem war der Aurelier ein angenehmer Gesprächspartner, und ich hatte bisher immer interessante Unterhaltungen mit ihm geführt. Allerdings erstaunte es mich, dass er nicht gleichauf mit Aurelia Prisca saß - als Verwandte wäre es wohl wahrscheinlicher gewesen, sich ähnliche Sitzplätze belegen zu lassen, aber vielleicht hatten sie sich einfach auch nur verpasst. Ich hätte es mir jedenfalls nicht nehmen lassen, ihre Nähe zu suchen - sie hatte also ihr Wort von der Meditrinalia wahr gemacht, und sich gleich am nächsten Festtag zu den entsprechenden Feiern begeben. Nun, vielleicht blieb nachher, beim Rennen der Stadtteile, noch die Gelegenheit für ein Gespräch, überlegte ich, dann kamen die Wagen schon wieder näher und rasten unter lautem Geholper vorbei.

    Warum war ich nicht erstaunt? Hatte ich wirklich geglaubt, in ihr etwas zu finden, was ich mit Nefertiri verloren hatte? Schätzungsweise war dies ein Fehler, den ich nicht mehr begehen würde. Nicht, dass sie wirklich gelogen hatte und mir dies nun durch ihre Worte bestätigte, nein, es ging dabei auch noch um Gefühle - ich war wirklich sehr kurz davor, sie wieder an der Hand zu packen und mein Rückgaberecht beim Sklavenhändler einzufordern.
    "Schlimmer als willentlich einer Anordnung nicht nachzukommen ist es, diese genau zu kennen, sie nicht zu befolgen und dann noch zu glauben, sie mit einer Lüge überdecken zu können. Was Du in den Stunden machst, die ich Dir als freie Zeit überlasse, ist mir gleich, solange es nicht meinem Ansehen oder dem Ansehen der gens Flavia schadet. Aber in allen anderen Stunden erwarte ich, dass meine Anordnungen befolgt werden, und das sofort, ohne irgendwelche Spielchen sonstiger Art!" spie ich ihr die Worte entgegen, und es fiel mir schwer, den Abscheu, der mich in diesem Moment überkam, in irgendeiner Form zurückzuhalten.


    "Für Deine Gefühle kannst Du wahrlich nichts, wohl aber dafür, wie Du damit umgehst. Du verweigerst Dich mir, um dann bei einem anderen zu liegen wie eine läufige Hündin? Nein, Bridhe, Du wirst für die nächsten fünf Tage in der Küche arbeiten und dabei darüber nachdenken, was Du getan hast und ob es sich lohnt, ein weiteres Mal gegen meine Anordnungen zu verstoßen. Und lass Dir eines gesagt sein: Es ist mir durchaus erlaubt, Dir zu verbieten, den Mann zu sehen, bei dem Du liegst, denn meine Entscheidungen sind für Dich maßgeblich, nichts sonst!" Mit einer knappen Handbewegung bedeutete ich ihr den Weg zur Türe und fügte noch an: "Und glaube nicht, Du könntest Dich um diese Strafe herummogeln, der vilicus wird gleich von mir erfahren, welche Aufgaben Du in den nächsten Tagen zu erfüllen hast."

    *sieht schon eine Vertretungsgesellschaft vor sich* *grinst*


    Folgende Szenerie wäre doch amüsant ...
    Parther rücken an, suchen vergebens nach dem römischen Heer, stattdessen findet sich nur ein kleines Schild auf dem Schlachtfeld: "Bitte Vertretung anfordern, wir müssen eben unsere Ränge spielregeltechnisch korrekt erreichen."


    Aber mal ohne Ironie: Es wäre fairer, denn 'jüngere' IDs müssen sich ihre Titel teilweise mit viel Arbeitseinsatz erarbeiten, um dann doch immer wieder gegen ältere den Kürzeren zu ziehen. Gleiches Recht für alle sozusagen.


    *entdeckt beim nächsten Gebet an Mars ein Schild mit der Aufschrift "Vorübergehend geschlossen, bitte an Vertretung wenden" - d'oh!*

    Es gab eine Sache, die mir an Frauen stets unheimlich gewesen war, und das war diese unglaubliche Freude daran, stundenlang Kleidung anzuprobieren und dann am Ende doch wieder etwas ganz anderes zu kaufen. Letztendlich war ich immer froh gewesen, wenn ich die Einkäufe möglichst schnell hinter mich gebracht hatte, denn wann immer ich irgendwo aufgetaucht war, begannen Händler mir den letzten Mist aufzuschwatzen, auch wenn ich selten Genug Verwendung für rosa Sandalen oder dergleichen mehr haben würde. Von Patriziern erwartete man wohl allgemein, dass sie ihr Geld sinnlos herauswarfen, also wieso nicht auch rosa Sandalen kaufen? Antonias Sklaventraube hielt uns die neugierigen Bürger recht zuverlässig vom Hals, sodass ich zumindest bei Laune blieb, dieses ewige Durchdrängeln auf vollen Straßen gehörte zudem zu den wirklich unangenehmen Dingen des Einkaufs. Ich wäre fast auf Antonia aufgelaufen, als sie plötzlich stehenblieb, vor einem Geschäft, das für mich auch nicht anders aussah als alle anderen - aber Frauen hatten in so etwas ja einen ganz anderen Instinkt.


    Die Tuniken sahen aus wie ... naja ... Tuniken eben aussahen. Farbig, mit oder ohne bunten oder gestickten Saum, oder schlicht weiß. Wie sie aus dieser Fülle verschiedenster Farben schließlich eine auswählte, war mir schleierhaft, aber als ich an mir herunterblickte, musste ich ihre Zielsicherheit nur bewundern, die Farbe schien mir durchaus zu schmeicheln. Mit herrischer Geste schnipste ich den Ladenbesitzer samt einem Sklaven herbei, der einen polierten Spiegel vor mich hielt, damit ich mich betrachten konnte - durchaus, das konnte sich sehen lassen.
    Nur der Ladenbesitzer bekam förmliches Sesterzen-Leuchten in seinen Augen, das mich unangenehmes vermuten ließ. "Das sieht doch nicht schlecht aus," meinte ich und nickte. "Die nehmen wir. Vielleicht noch etwas mit aufwendigerem Saum, immerhin muss ich demnächst viele Besuche machen, da sollte ich nicht aussehen wie frisch von der Straße ausgespuckt?"

    Nach der unerfreulichen Szenerie mit Severus - warum nur hatte ich ihn mitgenommen, ohne ihn zu knebeln? - hatte ich mich noch beeilen müssen, um vor Beginn des Theaterstücks einen Platz etwas weiter hinten zu ergattern. Fast wäre ich meinem Sitznachbarn noch auf die Füße getreten, rettete mich dann aber in einer eleganten Bewegung auf den freien Sitz und streckte die Beine zufrieden aus. Das Theater war im allgemeinen eine angenehme Sache, und ich besuchte gern ab und an ein Stück, was es hier sein würde - schauspielernde Sklaven - musste man sehen.


    Zudem, die wenigsten Sklaven sprachen wirklich akzentfrei, da gewann jedes Stück schon von alleine eine komische Note, die vom Autor vielleicht gar nicht vorgesehen war. Weiter vorn glaubte ich Aurelia Prisca zu erkennen, auch Corvinus hatte sich zwischen die Gäste gemischt, um zuzusehen - und ich stellte fest, dass die Stimmung der Gäste im Allgemeinen eine sehr günstige zu sein schien, das Fest hatte sich bisher auch sehr gut entwickelt.


    Geruhsam ließ ich die ersten Worte der sklavischen Schauspieler an mir vorbeiplätschern, dass die Namen von ausgesuchter Komik waren, ließ auf eine Komödie hoffen - die zumeist bierernsten Tragödien hätten jetzt auch weniger gepasst - und so entspann sich vor meinen Augen die gesamte Szenerie. Allerdings, Falvius Castus ... Falvius Aquarus ... ich blinzelte nicht nur einmal, aber ich ließ die Dinge auf mich zukommen. Spätestens aber die zweite Szene machte die Anspielung vollkommen: Falvius Castus war eindeutig auf Gracchus gemünzt, wer kannte schon die Ausdrucksweise meines Vetters besser als ich, gerade 'deplorabel' sagte er sehr oft, und all die anderen verschachtelten Worthülsen, die er so gern benutzte, waren getreulich wiedergegeben.


    Falvius Aquarus musste dann wohl ich sein - was mir die zweite Szene, die diesen Charakter beim Anbändeln mit Priscylla zeigte, ziemlich klar machte - und Priscylla - war damit Prisca gemeint? Mit sich langsam weitenden Augen blickte ich zu Corvinus, hatte er es geowllt, dass seine Sklaven dieses Stück zum Besten gaben? Er selbst war schätzungsweise dann als Corvus verewigt ... ihr Götter! Glücklicherweise war es nicht zu hell, schätzungsweise hätte jeder sehen können, dass ich wie vom Donner gerührt war.

    Die Verlierer eines solchen Konzeptes sind alle Plebejer, die nicht das Glück haben, einen einträglichen Job erreicht zu haben - diese IDs müssen Steuern zahlen und dann, falls sie nebenher Betriebe besitzen, die moderaten Gewinn einbringen (von wegen Preisdumping) auch noch gut die Hälfte oder noch mehr des ohnehin kargen Gewinns zwangsweise ausgeben? Tut mir leid, ich sehe dann sehr schnell die Zeiten kommen, in der sich Leute auf Teufel komm raus an einträgliche Posten klammern, mehr noch als es bisher ohnehin geschieht, und die anderen Patrizier spielen wollen, um wenigstens der Steuerlast zu entkommen.
    Schon jetzt muss man mindestens eine Anstellung als Plebejer haben, um seine Beriebe halbwegs finanziert zu halten - wieviel Zwang muss denn da noch rein?

    Tatsächlich, sie war dumm genug, ihre Lüge nicht aufzudecken. War ich enttäuscht? Nicht einmal, die meisten Frauen gebärdeten sich wie wilde Stuten, wenn sie erst einmal Witterung aufgenommen hatten, und es würde mich nicht einmal wundern, hätte ich Severus als den Schuldigen für die Lügen Bridhes identifizieren können ... nur dass sie mich anlog, und glaubte, sie käme damit davon, war irgendwie enttäuschend. Für wie beschränkt musste sie mich halten?


    "Kopfschmerzen, natürlich," sagte ich und richtete mich langsam, gemächlich auf, bis ich sie losgelassen hatte und auf die liegende Bridhe hinunterblickte. Schön war sie, keine Frage, und leider genauso berechnend und naiv wie die meisten ihrer Geschlechtsgenossinnen. Mit einer harten, knappen Bewegung meiner Hand schlug ich sie mitten ins Gesicht, wohl darauf ausgerichtet, Schmerz zu verursachen und sie gleichzeitig erschrecken zu lassen.
    "Scher dich in die Küche, Bridhe, wer mich anlügt, hat in meinem Bett nichts mehr verloren. Du hättest es leicht haben können, jetzt wirst Du arbeiten." Meine Stimme klang nun eisig, und ich hatte meine Entscheidung getroffen.

    Ein Mindestmaß, das man sich selbst im Verbrauch der Waren anderer setzt, sollte aber auf jeden Fall da sein, ganz abseits der Tatsache, auch ein bisschen Geld auf der hohen Kante zu haben - schlichtweg, weil man selbst neben eventuellen Ämtern und Grundstücken einen Verdienst durch das Einkaufen anderer in den eigenen Betrieben hat. Es ist nur fair, das dann auch zurückzugeben und nicht nur der stille Profiteur zu sein.
    Ich orientiere mich bei meinen Ausgaben meist an den Leuten, die auch bei mir einkaufen ...

    Zitat

    Original von Rutger Severus
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    So, jetzt habe ich wieder Platz ... und eine extra Gerte für meinen Lieblingssklaven hab ich auch eingepackt. ;)

    Meine Augen öffneten sich abrupt zur Gänze und ich muss sie einigermaßen verdaddert angesehen haben, denn so war ich wirklich schon sehr lange nicht mehr geweckt worden. Ausserdem - in einer Sache war ich mir ziemlich sicher - ich hatte die letzte Nacht nicht bei ihr gelegen, sondern bei Caesars unsterblichen Worten über den Krieg gegen die Gallier. Da sie nicht wie Vercingetorix aussah und auch keinen langen Bart hatte, war sicherlich nichts passiert, ich war auch noch nie so betrunken gewesen, dass ich mich danach nicht mehr an amouröse Erlebnisse erinnert hätte - ab einem gewissen Maß Alkohol konnte man als Mann schlichtweg keinen Speer mehr heben. Aber dann, angesichts der Tatsache, dass sie mich ganz offensichtlich narren wollte, gedachte ich, ihr das im gleichen Maß zurückzugeben, wie sie es verdient hatte.
    So legte ich meinerseits den Arm um sie, lächelte erfreut und meinte dann in zufriedenem Ton: "Es freut mich, dass Du so viel Vergnügen dabei gehabt hast, Bridhe, denn dann können wir das gleich wiederholen, was hältst Du davon?" Dazu lächelte ich so unschuldig, wie nur ein römischer Patrizier lächeln kann ...

    Und schon waren die beiden Grazien wieder entschwunden - Aurelia Helena auf der Suche nach Corvinus, wie es schien, denn ihn hatte sie zielsicher angesteuert, und Aurelia Prisca gefangen von ihrer Pflicht als Gastgeberin, nicht ohne eine Hoffnung geäußert zu haben, die mich lächeln ließ. Der Gedanke, ihr mein Hispania zu zeigen, hatte etwas an sich, das mir gefiel, denn auch wenn viele weniger erfreuliche Dinge in meinem Elternhaus vor sich gegangen waren, die Landschaft und meine Liebe dazu hatten sich niemals geändert. Prisca hatte ich verständnisinnig zugenickt, wie hätte ich sie auch aufhalten können, wo sie doch einen wichtigen Teil der Organisation auf sich geladen zu haben schien, das Fest musste schließlich weitergehen. Spätestens zur cena würden sich weitere Gelegenheiten zum Gespräch ergeben. So verblieb ich einige Augenblicke, nachdem sie geopfert hatte, noch an Claudia Aureliana Deandras Seite, und meinte mit einem Lächeln: "Nun sind nur noch wir beide übrig - und da mein Freund Corvinus gerade beschäftigt scheint, will ich die Gelegenheit gern nutzen und seine Verlobte hinüber zum Theaterstück führen - vorausgesetzt, Du möchtest mit mir gehen?"


    Das fanfarenlaute Dröhnen aus Sklavenrichtung hätte man auch schwerlich überhören können, und ich war wirklich gespannt darauf, was 'cena pro uno' für ein Stück war, ich war mir fast sicher, noch nie zuvor davon gehört zu haben. Vielleicht ein neuer Stern am Himmel der Komödienschreiber, die Götter allein wussten, wie dringend Rom gerade in dieser Zeit einiger geistvoller Lacher bedurfte. Allerdings - und als hätten dieselben Götter mal wieder beschlossen, einen angenehmen Abend mit einer Misstimmung zu versehen, damit ich mich nicht zu sehr freute - musste ich vernehmen, dass Severus wegen irgend etwas laut wurde, und das auch noch in Gesellschaft gleich zweier Senatoren. Dieser Sklave würde es niemals lernen, soviel war sicher, und diesmal war ich nicht gewillt, Nachsicht walten zu lassen. "Entschuldige mich einen Moment bitte ..." sagte ich höflich, aber nun doch eiliger, und schritt in Richtung meines aufmüpfigen Besitzes, der es wirklich gewagt zu haben schien, sich in das Gespräch einzumischen, das andere geführt hatten.


    "Severus! Komm sofort mit mir," bellte ich ihm knapp und nun in eindeutig eisigem Ton zu ihm, die beiden anderen - Purgitius Macer und Decimus Mattiacus - mit einem höflichen Nicken grüßend. Wenn er klug war, folgte er mir nun, und das zornige Blitzen in meinen Augen ließ keinerlei Zweifel daran, dass er deutlich über das hinausgeschossen war, was er mir versprochen hatte. Ob ich ihn nochmals auf irgendein Fest mitnehmen würde, war für mich in diesem Augenblick keine Frage - ganz sicher nicht! Dass er es schaffte, mich gleich am ersten Abend eines gesellschaftlichen Ereignisses vor gleich zwei Senatoren zu blamieren, war einfach unmöglich.


    /böse Rechtschreibfehler

    Nachdem Gracchus als scheidender Magister ausreichend gefeiert worden war, bat ich mit einem schlichten Handzeichen um Ruhe, die auch recht schnell einkehrte - zu diesem Zeitpunkt hatten die sodales auch noch nicht zu sehr dem Wein zugesprochen, sodass eine konstruktive Zusammenarbeit noch möglich war.
    "Das diesjährige armilustrium steht wieder an, und wir haben drei unbesetzte Plätze, die sicherlich einem jeden auffallen dürften - diesen Mangel unserer pflichtgetreuen sodales müssen wir wettmachen. Aber da wir keine neuen Mitglieder haben und die meisten von euch zu den vorbereitenden Tanzübungen in den letzten Wochen erschienen sind, sehe ich darin kein allzu großes Hindernis, ein jeder beherrscht seine Schritte, ein jeder kennt seinen Platz. Den meinen wird Flavius Gracchus einnehmen, wie es der Tradition entspricht, wenn ein neuer magister gewählt wird. Gibt es zu diesem Tagesordnungspunkt irgendwelche Fragen?"


    Im Grunde erwartete ich nicht unbedingt, dass sich jemand melden würde, denn wir hatten schon im letzten Jahr erfolgreich zusammen getanzt, die sodales schienen gut trainiert, und wenn nicht irgendeine Katastrophe geschah, würde alles glatt gehen. Dass es ausgerechnet Iulius Castus sein würde, der seine Hand hob und eine Frage andeutete, ließ mich innerlich leise aufseufzen, denn gerade dieser Mann war ein unverbesserlicher Korinthenkack... herauspicker. Wenn es irgendwo irgend etwas zu meckern gab, konnte man sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf verlassen, dass er es finden und bemäkeln würde.


    "Ich hatte im Maius von den Sandalenriemen wunde Knöchel, das muss dieses Mal unbedingt geändert werden. Wir müssen den Sandalenmacher wechseln, wenn er uns solche minderwertige Ware verkauft!" empörte sich der Fischzüchter und bewies wieder einmal seinen Sinn für nervtötende Details. "Im Zweifelsfall kannst Du Dir auch eigene Sandalen fertigen lassen und diese tragen," erwiederte ich und wünschte mir einen Augenblick lang, Iuppiter möge einen Blitz in die Rückseite Castus' fahren lassen. "Bisher gab es keine weiteren Beschwerden über die Sandalen, oder möchte einer der Anwesenden dazu etwas sagen?"

    Gemächlich und zufrieden ließ ich mich auf der einen Kline nieder, während Gracchus die gegenüberstehende nahm - vielleicht war es auch besser so, denn seine körperliche Nähe hätte gerade an diesem Tag meine Gedanken und Wünsche in Richtungen ausgeschickt, die ich seit unserer letzten gemeinsamen, schmerzlichen Begegnung zu vermeiden versuchte. Was nutzte es schon, ewig etwas nachzutrauern, das niemals sein würde? Es war ein dumpfer Schmerz, der nie endete, wenn ich an ihn dachte, aber er schnitt mir nicht mehr so sehr das Herz in Streifen wie früher. Ein wenig hatte ich mich damit abzufinden gelernt, lernen müssen, um nicht daran zugrunde zu gehen, was er Iuppiter gelobt hatte - und was ich einst ebenso geschworen hatte.
    "Du wirst es nicht glauben, Manius, aber ich denke, was Aristides angeht, habe ich ein Omen gesehen," hob ich an, meine Erzählung zum Besten zu geben, die sich mit dem aktuellen Thema befasste.


    "Als ich für sein Wohl im templum des Mars opferte und bat, mir ein Zeichen zu schicken, ob er wahrhaftig tot sei oder noch lebe, hörte ich Kinder vor dem Tempel spielen. Sie spielten 'Römer gegen Parther' und hatten sogar eine kleine Maskierung - und sie trennten sich mit den Worten 'Wir sehen uns morgen'. Keiner der ihren war zurück geblieben, sie gingen einhellig vom Platz ... und seitdem war ich mir sicher, er würde noch leben, um am nächsten Tag wieder gegen die Parther ins Feld zu ziehen. Mars scheint wahrhaftig mit unserem Vetter zu sein, denke ich, und seine Gnade, mir dies als Zeichen zu senden, verbindet sich auf das vortrefflichste mit dem Brief. Sag, was hat Aristides alles geschrieben? Wie ergeht es ihm dort?" Am liebsten hätte ich den Brief selbst gelesen - ich würde Aristides schreiben müssen, diese Pflicht hatte ich wirklich zu lange vernachlässigt - um alle Neuigkeiten aus erster Hand zu erfahren, doch gleichzeitig war mir auch bewusst, dass es ein privater Brief war und eine Frage danach unhöflich.

    "Er lebt? Ich wusste es ..." seufzte ich erleichtert - sicher, ich war mir fast sicher gewesen, dass es ein Zeichen des Mars gewesen war, diese Kinder vor dem Tempel spielen zu lassen, aber ein Rest Ungewissheit hatte sich eben immer eingeschlichen, sobald ich darüber nachdachte. Im Deuten von Omen war ich einfach noch nicht so geübt, da ich sie selten bisher gesehen hatte. "Keine bessere Nachricht hättest Du mir heute überbringen können, Manius, und darauf lohnt es wahrlich, zu trinken, bis wir beide nicht mehr können," fügte ich an, grinste vorfreudig - Felix würde toben, wenn er seinen dezimierten Weinvorrat sehen würde, aber Wein war eben zum trinken da - und heute gab es mehr als nur einen Grund, sich am Rebensaft gütlich zu tun. So folgte ich ihm nur zu gerne ins peristylium ...

    Sie war entgegen meinem Befehl, sich abends in meinem Bett einzufinden, am vorherigen Abend nicht erschienen - so hatte ich diesen mit meinen Schriftrollen verbracht und auch einige im Bett liegengelassen, als ich schließlich über der Lektüre eingeschlafen war - was für die am frühen Morgen hereinschleichende Bridhe wohl auch noch sichtbar sein mochte. Im tiefen Schlaf liegend, bemerkte ich nicht, dass sie sich ins Bett gleiten ließ, und auch nicht, wann sie kam, denn schlief ich erst einmal, weckte mich wenig vor dem Augenblick, an dem mich Morpheus wieder aus seinen Armen entließ.


    So blieb ich liegen, eine Schriftrolle halb auf meinem Oberkörper, auf dem Rücken selbst liegen, und regte mich nicht, selbst als sie neben mich schlüpfte und sich zudeckte, als sei nichts geschehen. Die Zeit verging, und bis ich erwachte, war es heller Morgen geworden - vor dem Schlaf zu lesen hatte mir bisher immer eine ruhige Nacht beschert, wie auch in dieser. Das einzig erstaunliche beim Aufwachen war, dass ich nicht mehr alleine im Bett war, und die Schriftrolle nun halb zerdrückt an die Wand gequetscht lag. Langsam blinzelnd, sah ich an die gegenüberliegende Wand und ließ die Gedanken schweifen, in die Fernen, die einem nur am frühen Morgen zu betreten gestattet war. Gleichzeitig beschloss ich, so bald nicht mehr Caesars Schriften über den gallischen Krieg vor dem Einschlafen zu lesen, meine Träume waren von den barbarischen Galliern und Kämpfen gegen sie geradezu angefüllt gewesen. Seufzend streckte ich mich und stieß unbeabsichtigt auch mit dem Bein gegen das Bridhes, die im Schlaf wieder einmal ausgesprochen friedlich aussah.