Gefangen in einer Welt, die mit dem Alltag wenig zu tun hatte, und wohl auch niemals viel zu tun haben würde, waren wir, in dieser Zwischenwelt zwischen Traum und Wirklichkeit, zart umschlungen vom Duft der nächtlichen Blüten, der Rosenbüsche, die so fern nicht mehr waren, dem würzigen Geruch der Gräser zu unseren Füßen, umrahmt vom Plätschern des Brunnens. Sie hielt Wacht, die vollkommene Statue, vollendete Formen, eine wundervolle Göttlichkeit, die ihresgleichen suchte. Konnten Menschen überhaupt Teil dieser Schönheit, dieser Vollkommenheit werden?
Ja, wollte ich hinausschreien, wollte es die ganze Welt wissen lassen, denn ja, ich schmeckte sie, fühlte die weiche, zarte Berührung ihrer Lippen auf den meinen, konnte den biegsamen Leib Callistas sich an den meinem schmiegen fühlen, ohne dass es mir falsch vorgekommen wäre, wie es geschah. Meine Zunge tauchte in ihren Mund hinab, suchte nach der ihren, um den immerwährenden Tanz zu beginnen, der mich schneller und schwerer atmen ließ, die Sinne ganz auf diesen Moment eingestellt, der sich unendlich erstrecken sollte und doch für jeden anderen Menschen ausgesprochen kurz vorübergestrichen wäre.
Wie lange war es her, dass ich das heiße Atmen einer leidenschaftlichen Frau auf meiner Haut gefühlt hatte? Den Atem einer Frau, die wusste, was sie wollte, die sich hingab, weil sie danach begehrte, genommen zu werden und gleichermaßen auf dem Altar der schönen Göttin opferte wie ich es tat. "Sei Du für diese Nacht meine Venus," flüsterte ich leise für einen Moment, als sich unsere Lippen zu trennen vermochten, das stumme Versprechen hintanstellend, mir als Mars alle Mühe zu geben, derer ich fähig war. Wenigstens in dieser Stunde verblasste alles, was mich sonst im dumpfen Gefühl hielt, niemals Erfüllung zu finden, wie ich sie mir wünschte - ich lebte noch, ich lebte wieder, hatte sie mich erweckt, wieder erweckt aus diesem dunklen Schlaf? Wenn sie es war, dann hatte sie ein vollendetes Werk getan.
Mein Körper agierte, als hätte ich nicht so lange alleine gelegen, als sei wieder alles zurück, was ich einst im Traum sicher wandelnd noch hätte tun können. Ihre Augen schimmerten dunkel, voller Geheimnisse, ich hätte vieles darum gegeben, in diesem Moment ihre Gedanken zu kennen - doch die meinen behielt ich ebenso für mich.
Wieder tauchten meine Lippen tief in ihren Geschmack ein, folgten dem Beben ihrer Lippen, schmeckten sie intensiv und fordernd zugleich, die verlockende Feuchte ihres Mundes ließ mich nicht mehr los, und wo ihre Finger über meine Kleidung wanderten, brannte die Haut. Es war nur ein Ruck, der reichte, die Tunika über den Gürtel zu ziehen, der kurz darauf ebenso zu Boden fiel, enthüllend, dass ich nur ein Lendentuch noch trug, um meine Blöße zu bedecken - dass sie nur noch ein Nichts an Stoff trug, fiel mir eigentlich fast nicht mehr auf, so heiß fühlte sich ihr Körper auf dem meinen an, die Schenkel Callistas hatten meinen Leib längst umschlossen und so musste sie nun auch merken, wie sehr mich ihre Nähe erregte.
Ach, Venus! So war sie zu mir zurückgekehrt, in Gestalt einer knabenhaft schlanken Frau, deren Reize vereinten, was meine Sinne nur noch mehr beflügelte - weibliche Sinnlichkeit gepaart mit einem schlanken, fast unberührten Leib. Wie sie sich hingab, war sie es nicht, doch diese Dualität machte sie umso reizvoller. Verderben mochte man ein solches Wesen, und gleichzeitig beständig daran scheitern ... für diese Nacht, an diesem seltsam von den Göttern berührten Ort mochten wir einander gehören.
Wieder trafen sich unsere Lippen, und dieses Mal ließ ich sie vorstoßen, meinen Mund erkunden, um mir dann den Platz zurück zu erobern, den ich zuvor schon vereinnahmt hatte. Sie an mich ziehend, trat ich zurück, ließ mich auf das weiche Gras und einen Zipfel meiner Tunika gleiten, sie auf meinem Körper zu liegen bekommend - wie leicht sie war, einer Feder gleich, und doch voller Leben, voller verlockender Hitze, die nach mir verlangte. Meine Finger tasteten über das süße Nichts an Untergewand, das sie noch trug, ebenfalls an manchen Stellen vom Wasser befeuchtet, und langsam schob ich es empor, um es dann mit einem entschiedenen Ruck über ihren Kopf zu befördern - der Mondschein umspielte ihren Körper, verlieh ihr einen milchigen Teint, als sei sie der Statue gleich aus Alabaster, ebenso vollkommen geformt. Ja, in diesem Moment war sie allein die meine wie ich der ihre war, diesen Moment würde mir niemand nehmen können. Dass sich im Haus fernab etwas regte, kam mir nicht zu Bewusstsein, zu gefangen war ich von ihrem Anblick. "Wie schön Du bist, meine Venus," raunte ich ihr zu, die Stimme rauh vom Verlangen nach ihr, die Gier unterdrückend, sie sogleich zu Boden zu reißen und sie gänzlich zu vereinnahmen.