Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    "Ich weiss es noch nicht ... wenn er mein einziger Erbe sein sollte, dann wohl schon, es hängt davon ab, ob ich heirate oder nicht," meinte ich und atmete tief ein. Der Gedanke war noch immer ein wenig beängstigend, ein Kind zu haben, ein lebendiges Wesen, das irgendwann höchstwahrscheinlich alle meine schlechten Eigenschaften aufweisen würde und Orestillas warmes Lächeln. "Zumindest habe ich dafür gesorgt, dass er und seine Mutter ein gutes Auskommen haben und sich über nichts Sorgen werden machen müssen."


    Einen Fischereibetrieb hatte ich gekauft, den Orestilla nun leitete, gerade einmal zwei Stunden des Weges von Rom entfernt, in der Nähe von Ostia - und die Fische, die dort verkauft wurden, waren gute Ware. Ich konnte sie jederzeit besuchen, aber ich fürchtete mich davor, ich wollte die Frau, die mich mit einer so großen Lüge hatte leben lassen, einstweilen nicht sehen. Auch, weil ich ahnte, dass etwas an dem Leben mit ihr mir fehlte, die Vertrautheit, die Nähe, das Teilen der Stunden voller harter Arbeit ... auch ich musste Gedanken vertreiben und lachte umso lieber über die Vorstellung des platschnassen Senators Aquilius. "Ich glaube, ich würde im Senat zumindest der auffälligste Senator werden, wenngleich nicht der eifrigste," meinte ich schmunzelnd und schüttelte den Kopf. Ihr Lachen machte mir selbst die Vorstellung, eines Tages wirklich im Senat zu sitzen, leichter, seltsam genug.


    "Zu anspruchsvoll zu sein führt einen selten ins Glück - ich denke, wenn man zuviel will, wird man viel eher enttäuscht als wenn man seine Ansprüche auf einem realistischen Maß hält," überlegte ich und wurde dann überrascht, als sie lachte. War es denn für sie so ungewöhnlich, dass ein Mann die Zeit mit seiner Frau verbrachte ...? Aber im gleichen Moment beantwortete ich mir die Frage selbst - sie war Gracchus' Frau, und ich war mir ziemlich sicher, dass Gracchus jede Gelegenheit nutzte, ihr fern zu bleiben, ausser, es war unbedingt notwendig. Er würde wohl nie wirklich Gefallen an Frauen finden, ebenso, wie ich wohl niemals einen Menschen ausser ihm finden würde, den ich lieben durfte, ohne vergeblich zu hoffen. "Natürlich meine ich das ernst," ich versuchte überzeugend zu klingen, auch wenn ich es mit einem Mal nicht mehr war.


    "Manche Männer schätzen die gemeinsam geteilte Leidenschaft mehr als andere, es ist eine Frage der Vorlieben - manche lesen gern, andere nicht, ein dritter schätzt die Mathematik, ein vierter gar nicht. Aber es geht nicht nur um die Leidenschaft alleine, sondern auch um gemeinsam verbrachte Stunden, in denen man sich unterhält oder einfach still nebeneinander liegt, um sich Nähe zu schenken." Alles, was mir Orestilla geschenkt hatte, die einfache peregrina mit dem warmen Lächeln. Die Lügnerin Orestilla. "Ich denke, Gracchus kann sich glücklich schätzen, nun doch nicht imperator werden zu müssen," versuchte ich das Ganze wieder auf die scherzhafte Ebene zu lenken. "Wobei ich ehrlich gesagt nie die Kaiserin heiraten wollte, sie war mir immer schon zu alt - auch wenn das nicht sehr charmant ist." Ich drückte ihre Hand sacht und zog sie weiter, tiefer in den hortus hinein, zwischen die tiefhängenden Äste der Weiden, die vor vielen Jahren dort gepflanzt worden waren und die Geräusche der villa vollkommen abzuschirmen wussten.

    "Seltsam, in welchen Dingen wir uns zu gleichen scheinen," sagte ich auf ihre Bemerkung zur Familie hin und musste sachte schmunzeln. Nicht, dass ich meinen chaotischen Familienanhang besonders vermisste, allzu warme Gefühle hatte ich nie zu meinen Eltern und Geschwistern gehabt, und noch weniger zu jenen, die sich allzusehr an Messalina geklammert hatten. Dennoch war es bisweilen ein seltsames Gefühl zu wissen, dass ich der letzte war, dessen Entscheidungen bestimmten, ob dieser Familienzweig gänzlich ausstarb. "Wobei ich nicht ganz ehrlich war, in ein oder zwei Monaten werde ich Vater sein, und damit lebt die hispanische flavische Linie weiter." Die Mutter war einer Erwähnung in den Annalen der Familie sicher nicht wert, dennoch stand mir Orestillas Gesicht deutlich vor Augen, als hätte ich sie erst gestern verlassen. Für einige Wochen war sie meine Frau gewesen und ich hatte nicht daran gezweifelt - wie ewig schien das Meer inzwischen entfernt. Glücklicherweise lenkte sie mich ab, und auch ich musste lachen, als ich mir vorstellte, mit einem ludus latrunculorum im Senat zu sitzen, während wichtigere Männer über irgendeine Nichtigkeit debattierten.


    "Ich bräuchte wohl eher einen Sklaven, der mich immer in die Seite piekt, wenn mir die Augen zufallen," blieb ich bei dem Gedanken, der ihr offensichtlich Spaß gemacht hatte, und als sie von weiteren Spaziergängen sprach, konnte ich nicht anders als ein wenig breiter zu lächeln. Es tat gut, einfach einmal die Gedanken wandern zu lassen und ein wenig Lachen mit jemandem zu teilen, wohl wissend, dass sie diesen Moment der Entspannung nicht nutzen würde, um mir zu schaden. Bei meiner eigenen Familie war ich mir da nie ganz sicher, Manius einmal ausgenommen. "Vielleicht bin ich, was Frauen angeht, auch einfach zu anspruchsvoll?" sann ich dem Gedanken nach.


    "Ich möchte nun einmal, wenn ich abends nach Hause kommen, jemanden vorfinden, mit dem ich mich unterhalten kann, ohne stundenlang die Vorzüge irgendwelcher cabatinae miteinander verglichen zu bekommen, ich wünsche mir eine Frau, die klug ist, die sich an ihrem Leben freut, gerne lacht und sich auch nicht davon abschrecken lässt, dass ich sie wohl jeden Abend in ihrem cubiculum besuchen komme ..." Sie hielt den Blick gesenkt, und ich fragte mich, ob es aus Verlegenheit resultierte oder weil sie nicht wollte, dass ich ihre Augen sah. "Was hattest Du Dir denn für Deinen Gemahl gewünscht, als Du noch nicht verheiratet warst?"

    Ein Grieche also - was die Kleidung erklärte und auch die Neigung dazu, sich das Haupthaar im Gesicht wachsen zu lassen, eine Sache, die ich trotz einiger in Achaia verbrachter Jahre weder verstanden noch selbst ausgeübt hatte, die römische Rasur war mir dafür einfach zu sehr zum Teil meines Lebens geworden, auf den ich morgens ungern verzichtete, um mich sauber zu fühlen. Dass er allerdings gleich mit einer Glaubensfrage herauskam, bereitete mich innerlich auf eine lange und höchstwahrscheinlich ergebnislose Diskussion vor, wie es in Glaubensfragen oft der Fall war.
    "Willkommen im Haus des Mars, Theodorus von Corinthus - mein Name ist Caius Flavius Aquilius und ich bin einer der sacerdotes in diesem Tempel - und wenn es darum geht, mit einer Diskussion Deinen Gedanken eine Sichtweise aufzuzeigen, die Dir selbst vielleicht fremd sein sollte, will ich Dir gerne behilflich sein. Aber lass uns doch ein wenig abseits gehen, damit wir jene, die zum Zwiegespräch mit Vater Mars gekommen sind, nicht mit unseren Worten stören."


    Ich trat beiseite und machte eine einladende Geste zum hinteren Bereich des Tempels, ein officium war sicherlich um diese Zeit frei und konnte benutzt werden, tagsüber drückten sich die meisten Priester, genau wie ich, gern um Schreibarbeiten jeglicher Art. Während des Weges nahm ich indes den Gesprächsfaden wieder auf. "Ich glaube an die Götter aus mehreren Gründen - zum einen, wie Du sicher weisst, ist unser Volk sehr traditionsgebunden, ein öffentliches Leben ohne den Götterkult ist für einen Römer unvorstellbar, unser Kalender wird von den Feiertagen bestimmt, ebenso wie unser privates Sein. Die Götter und ihre Verehrung sind so sehr Teil unseres Lebens, dass die wenigsten Menschen den Glauben wirklich hinterfragen - mein persönlicher Grund zu glauben ist allerdings durch das Wissen getragen, dass die Götter existieren, dass ich Ihr Wirken bereits gespürt und gesehen habe."

    "Nun, der Senat ist wohl nur etwas für jene, die sich auch wirklich wünschen, darin zu sitzen - und mein Wunsch ist es sicher nicht, auch wenn ich wohl irgendwann doch diesen Weg anstreben muss, allein schon aus dem Grund, dass ich der Letzte aus meinem Familienzweig bin und damit verpflichtet, die Tradition des Dienstes weiterzuführen," meinte ich und versuchte, diesen unerquicklichen Gedanken schnell wieder loszuwerden. "Aber ich wäre wohl nicht der erste und nicht der letzte Senator, der dieses dauernde Gestreite sanft verschläft." Leicht schmunzelnd betrachtete ich ihr Gesicht, als sie sich meine Bitte durch den Kopf gehen ließ - dass sie sich dann allerdings zu mir neigen würde, hatte ich weder erwartet noch beacht. Wusste sie überhaupt, was sie mir damit antat? Die Woge warmen, höchst persönlichen Geruchs, die ich unwillkürlich einatmete, ließ mich für einige Momente lang erstarren. Ihre weich schimmernden Lippen waren so nahe, dass ich ernsthaft in Versuchung war, sie zu küssen, ihr diesen Kuss zu stehlen, um diesen vertrauten Augenblick zu krönen. Aber sie hatte sich mir so unschuldig genähert, ich wagte es nicht, auch wenn jede Faser in meinem Inneren danach schrie.


    "Wenn Du Freude an meiner Buchführung findest, wäre es für mich eine sehr große Erleichterung, dies in Deinen Händen zu wissen - ich werde mich auch gerne revanchieren, wenn es etwas geben sollte, was Du Dir wünscht und was Dich erfreuen kann - Du musst es mir nur zu sagen, und ich werde mich mühen, Dir diese Wünsche zu erfüllen," sagte ich nach einer kleinen Kunstpause, die ich brauchte, um meine Sinne wieder zu sammeln. Die Wünsche, die ich ihr am Liebsten erfüllen würde, würde sie ohnehin nicht nennen, aber vielleicht würden wir ein bisschen mehr Zeit miteinander verbringen, was für mich sicherlich weder unangenehm noch störend sein würde - ich war gern in ihrer Nähe, vielleicht fast zu gerne. Und dieser verschmitzte Blick, wenn sie sich über etwas freute, wenn es etwas gab, was ihre Interessen berührte - ob Gracchus ahnte, wie heiter seine Frau wirken konnte, wenn sie sich freute? In seiner Nähe lächelte sie zwar, aber ich hatte das Gefühl nie verhehlen können, dass sie ebenso unglücklich war wie mein Vetter selbst. Selbst unerfüllt zu lieben schien die Sensibilität den Gefühlen anderer gegenüber wohl zu stärken.


    "Ach, das heiraten ist so eine Sache," winkte ich eilig ab, nicht aber ohne mich zu versichern, dass sie noch immer nahe bei mir ging und mir ihr Arm dadurch nicht entglitt. "Ich plane, den Weg bis zum flamen Martialis zu gehen, und wenn mir die Götter gewogen sind, wird es mir auch gelingen, doch ... verheiratet sollte ich dafür sein und ich muss gestehen, damit tue ich mich schwer. Die meisten Frauen wirken auf mich so ... verloren in ihren Wünschen nach Schmuck, Kleidung und all diesen kurzlebigen Vergnügungen. Ich bräuchte wohl eine Frau, die es mit mir aushält und die auch damit leben kann, nicht dauernd ein römisches Vorbild in ihrem Bett zu haben, die damit leben könnte, nicht schwerreich zu werden, sondern eher zufrieden zu leben - und das ist, wenn man nur unter vier patrizischen Familien wählen kann, nicht einfach. Die angenehmsten Claudierinnen sind ja leider schon vergeben, ich wünschte, ich hätte mich früher um eine Verlobte aus Deiner gens bemüht ..." Damit blickte ich ihr direkt in die Augen, abwartend aber auch forschend, um zu ergründen, ob sie verstand, in welche Richtung sie meine Gedanken schnellen ließ.

    Die Zeit der schlimmsten Mittagshitze war gekommen, und naturgemäß flaute der Besucherstrom um diese Stunden ab - die wenigsten Römer drückten sich hierbei durch den Sonnenschein, und es blieb uns die Zeit, nach den vielen Opfern des Morgens, gründlich aufzuräumen. Als ich gerade eine der letzten Schalen mit Opferkeksen nach hinten brachte, in die Räumlichkeiten der Priester, in welchen meine Kollegen hungrig über die geopferten Gaben herfallen würden, vernahm ich die Stimme eines Besuchers, und da sich keiner der Tempeldiener bequemte, ihm zu antworten - faules Pack!, später würde es dafür sicherlich die entsprechende Abreibung geben - ging ich auf den älteren Mann zu und nahm mich seines Ansinnens an.


    "Salve - wie kann ich Dir helfen?" fragte ich ihn freundlich und betrachtete mein Gegenüber einige Momente lang genauer, rein von der Kleidung und dem Bartwuchs her war er wohl kein Römer, und das machte ihn zu einem besonderen Besucher. Gerade Mars wurde von Aussenstehenden, da er Roms Geschicke so sehr verkörperte, eher selten besucht und ich konnte eine gewisse Neugierde auf das Anliegen dieses Mannes nicht ganz verhehlen.

    Hättest Du, würde es im Versteigerungsthread drinstehen :D tut es aber anscheinend nicht - in sofern ... wär's vielleicht gut, das wirklich aufzunehmen, damit wieder mehr Leute mitsteigern und vielleicht ausser den Superreichen hier andere auch mal zu Sklaven kommen ^^

    Ähm .. nö, ehrlich gesagt nicht. *grinst* Vielleicht wär' so ein Hinweis im Versteigerungsthread nicht schlecht, ich habe jetzt von recht vielen Leuten schon gehört, dass sie sich das Ersteigern sparen, weil so viele ersteigerte Sklaven schnell inaktiv werden. Oder steht es da schon und ich hab's einfach überlesen? *flöt*

    Was die Sklaven angeht, möchte ich eines zu bedenken geben: Spielt man eine Patrizier-ID, bekommt man einen 'Sklaven'-Slot noch mit dazu, kann also vier anstatt der erlaubten drei Charaktere im IR verkörpern. Viele der direkt als Sklave für einen Patrizier angemeldeten Charaktere sind also Chars, die der Spieler selbst verkörpert - mal ehrlich, würdest Du, wenn Du Deinen Leibsklaven schon selbst spielst, auch noch dafür bezahlen? Ich sehe das nicht wirklich ein, ein Sklave ist zum großen Teil ein Ambientecharakter, der politisch gesehen nicht wirklich etwas erreichen kann - ausser vielleicht seiner Freilassung.


    Die verschwindenden Sklaven - nunja, die Charaktere verschwinden ebenso häufig wie andere ID's, man hat keine Lust mehr auf einen Char und hört auf damit. Ist eine Patrizier-ID weg, bedeutet das, ein freier Platz in der Familie, der an einen Interessenten vergeben werden kann, ist eine Plebejer-ID weg, kräht in der Regel kein Hahn danach, ausser eben den Leuten, die gerne mit demjenigen gespielt haben, ist eine Sklaven-ID weg, für die man in der Simon-Versteigerung viel Geld gelassen hat, ist es ein Ärgernis. Ich habe jetzt schon oft genug erlebt, dass Leute Sklaven gekauft haben, für nicht gerade wenig Sesterzen, und die nach kürzester Zeit inaktiv geworden sind, wieso auch immer - schlechter kann man sein Geld imho nicht anlegen, als auf einen unbekannten Spieler zu setzen. Man kann viel Glück haben, aber eben auch viel Pech, verdient der Charakter nicht gerade viel, ist ein Sklave, den man für 6000 Sesterzen ersteigert hat, ein ärgerlicher Verlustposten. (Zum Vergleich: Mein Char verdient als Sacerdos 250 Sesterzen die Woche, müsste also 24 Wochen aktiv spielen, um sich das leisten zu können!)


    Ich würde mir, was die Sklavensache angeht, vor allem wünschen, eine gewisse Sicherheit zu haben, dass man das Geld in der Versteigerung nicht größtenteils sinnlos rauswirft - es dürfte deswegen nicht wundern, warum sich Leute simoff absprechen, den Sklaven für jemanden zu machen, mit dem man gern spielt, da bleibt die Frustkomponente draußen und man bekommt die Vorteile geboten, die man mit einem Sklaven hat - ein dauerhafter Anspielpartner, mit dem man eine Menge Spaß haben kann.

    Er kam herein, und was noch viel wichtiger war, er schickte mich nicht fort. Was immer heute noch gesprochen werden würde, er hatte mich nicht weggeschickt, wie man ein Kind fortschickte, einen Menschen, den man nicht sehen wollte - ich konnte bleiben. Und gleichzeitig, wie mich diese simple Tatsache mit brennender Freude erfüllte, hätte ich doch weinen können, da ich mich so sehr an ein Lächeln, an ein Wort von ihm knechtete, nicht mehr derjenige war, der besaß, der eroberte, sondern einer verwitterten Festung auf irgendeinem Berg nahe des Po gleich, darauf wartete, mit neuem Leben erfüllt zu werden, aus der Miserabilität des Wartens in die Freude des Gebrauchtwerdens zurückgeführt zu werden. Ob er mich brauchte? Wahrscheinlich nicht. Ob ich ihn brauchte? Ich wagte es nicht, diese stumme Frage zu beantworten, ich kannte die Antwort nur zu gut, sie erfüllte mich jeden Tag aufs Neue, in dem ich ihm auswich, mich selbst zu meiner vermeintlichen Stärke beglückwünschte und doch, wenn ich abends alleine in meinem cubiculum weilte, genau wusste, dass ich ihn vermisste, niemanden sonst.


    Er brauchte lange, um seine Stiefel zu öffnen, und ich betrachtete ihn dabei, als würde ich zum ersten Mal sehen, wie jemand sich sein Schuhwerk selbst auszog. Aber doch, mein Blick musste seinen Bewegungen folgen, ich konnte nichts anderes tun als auf seine Finger zu starren, bewegungslos, gefangen in diesem Anblick wie die Fliege im Netz der Spinne.
    "Nun, ich habe sie noch nicht lange als discipula, aber sie scheint intelligent, aufgeweckt und strebsam, ihre Entscheidung, klein zu beginnen und von Grund auf alles zu lernen, was einen sacerdos ausmacht, ist ehrenhaft und ich versuche, ihr alles beizubringen, was sie wissen muss, um die Prüfungen zu bestehen ... den Rest wird ihr Glaube an die Götter erledigen müssen, aber ich denke, sie wird den Erfolg haben, den man ihr nur wünschen kann. Sie ist, wie die meisten Octavier, pflichtbewusst, was ihr beim Lernen sicherlich helfen wird." Dass sie ausgesprochen reizvolle Augen hatte, verblasste in diesem Moment, in dem ich seine Stimme hörte.


    "Soll ich Dir bei der Toga helfen?" Sich alleine auszuwickeln kam immer einem Tanz zwischen Stoffbahnen gleich, und ich ahnte, er würde Wert darauf legen, sie nicht, wie ich es tat, auf den Boden zu werfen und liegenzulassen, sondern sie ordentlich aufhängen wollen, was nur mit Hilfe wirklich gelang. Und ein gemeiner, widerlicher Teil in mir hoffte, ich könnte ihn wenigstens in diesem Augenblick berühren, und wenn es nur durch viele Lagen Stoff geschehen würde. Wie weit musste ich schon herabgesackt sein, um so zu empfinden?

    "Nunja, wenn sie letztendlich entschieden hat, dass der cultus deorum nichts für sie ist, so ist es doch besser, sie hat die Entscheidung früh getroffen, denn als Priesterin unzufrieden alt zu werden und mit ihrer Einstellung den Nachwuchs zu vergraulen," meinte ich leichthin und zuckte mit den Schultern. Dass Gracchus eine Schülerin erschreckt haben könnte, schien mir so unwahrscheinlich, dass ich nicht einmal ernsthaft diesen Gedanken erwog. Vielleicht war ich auch einfach zu sehr daran gewöhnt, dass Gracchus nicht derjenige innerhalb unserer verkorksten Familie war, der irgendwelche Fehler beging, dafür war er einfach zu korrekt. Dass er keine Berichte haben wollte, war mir nur recht, vielleicht konnte man das alles dann auf einen gelegentlichen Wein am Abend nach dem Tempeldienst hinauslaufen lassen, um sich zu besprechen, dann war mir die Schreiberei erspart. Ich würde mir wirklich noch einen secretarius anschaffen müssen, wenn das so weiterging mit der Post.


    "Es wundert mich fast ein wenig, dass so wenig Nachwuchs für den cultus Martialis vorhanden ist, alle stürzen sich mit wehenden Fahnen in den Krieg, die Begeisterung für Mamarce scheint ungebrochen, aber die wenigsten entschließen sich, Ihm auch auf andere Weise zu dienen," führte ich den Gedanken fort, der sich mir immer wieder gestellt hatte, tagaus, tagein, wann immer ich im Tempel den alten Männern dabei zugesehen hatte, wie sie die Opfergaben abräumten und den Altar für den nächsten Opfernden frei machten.


    "Wie kam es eigentlich, dass Du septemvir wurdest, Valerius Victor? Ich hätte vermutet, dass Dir die Aufgabe als sacerdos Martialis eine Lebensaufgabe ist, und doch findet man Dich nun unter den Schreibtischhengsten des collegiums...?" Wo er, meiner Ansicht nach, verschwendet war, er konnte mitreißen, begeistern, und beim Berichtelesen und -schreiben waren solche Gaben doch eher verschwendet. Der Sklave trat wieder herein und rückte uns einen Tisch zurecht, auf dem andere Sklaven mehrere Schalen mit Oliven, bereits vorgeschnittenen gebratenen Fleischstücken, Käse und einem Teller frischen Fladenbrotes anreichten, ein rustikales Abendessen, das mir nach einem kekserfüllten Tag gerade recht kam. Irgendwann konnte man diese Kekse einfach nicht mehr sehen.

    Es war damals eine Tante in den besten Jahren gewesen, von der ich gelernt hatte, wie man einer Frau das größtmögliche Vergnügen bereitet, mit Geduld und Leidenschaft zugleich, die meine ersten Versuche, mein eigenes Vergnügen mit dem ihren zu verbinden, nicht belächelt, sondern mich beständig ermutigt hatte, es wieder zu versuchen - diese Erinnerung stand in jenem Augenblick, als ich Arrecinas Keuchen hörte, nur zu deutlich vor meinen Augen. War ich nun der Mann, der ihr die Grundbegriffe des körperlichen Genusses offenbaren würde, die sie noch nicht kennengelernt hatte? War es denn wirklich so verwerflich, dieser Lust nachzugeben? Aristides' Meinung dazu glaubte ich zu kennen, doch die Meinung der Welt würde vielleicht anders aussehen. Vielleich würde man verstehen, warum ich nicht widerstehen konnte, diesem bebenden, heißen jungen Leib, der mich so sehr lockte und einlud. In diesem Augenblick war ich Mars, der Krieger, der eroberte, sich ein Land dienbar machte, und sie Venus, die mich empfing und zu halten suchte, damit ich ihrer aufgewühlten Lust den Frieden schenkte.


    Sie mit den Armen haltend wandte ich mich in Richtung der Türe meines cubiculums, der dort angebrachte Riegel war schnell vorgelegt, dass wir wirklich nicht gestört würden - ebenso schnell hatte ich meine Tunika über den Kopf abgestreift, die sie schon hochgeschoben hatte, sodass mich nur noch das Lendentuch von ihr trennte, und diese lästige Tunika, die noch immer auf ihrer Haut klebte. "Willst Du das wirklich, Arrecina?" keuchte ich leise, mit meinem Atem heiße Luft auf ihre Haut strömen lassend, meine Lippen glitten ihren biegsamen Hals entlang hinauf, küssten sich den Weg bis zu ihrer Wange empor, bis ich ihr in die Augen blicken konnte. Meine Finger schoben sachte ihre Tunika empor, enthüllten ihren schlanken, geschmeidigen Leib, die erhitzte Haut, die sich sogleich wieder an meine drückte, als gehörten sie in diesem Fieber der Lust untrennbar zusammen. Mir mussten schon die Schweißperlen auf der Stirn stehen, zumindest fühlte ich mich so, innerlich verbrennend vor Verlangen, zu oft hatte ich sie schon zurückgewiesen und gegen meinen Wunsch gehandelt - aber nun war sie nicht mehr ein Kind, sie war schon Frau, und diese Frau wollte genommen werden - von mir! Durfte ich sie denn zurückweisen?

    "Das hat man mir nicht gesagt, aber im Grunde wird es für die Ausbildung, die Du bei mir erhalten wirst, keinen großen Unterschied machen - wir werden uns einfach ein wenig mehr auf den Kult der beiden Göttinnen konzentrieren, vielleicht fällt Dir dann die Entscheidung leichter, sie muss nicht heute oder morgen gefällt werden," erklärte ich und atmete tief ein, als wir gegen die schwüle Hitze Roms wie gegen eine Wand aus Wärme liefen. Die Tempel waren immer so angenehm kühl, dass man den Unterschied einmal mehr und deutlich bemerkte, wenn man sie wieder verließ. Vielleicht suchten sich deswegen immer wieder junge Männer und Frauen den Dienst an den Göttern aus, damit sie der Gluthitze der urbs aeterna am Tage einigermaßen entkamen ... selbst Achaia kam mir in der Erinnerung deutlich kühler vor als das sich auf den Hochsommer vorbereitende Rom.


    Sie schien sicherer zu gehen, als wir hinaustraten, anscheinend war es richtig gewesen, das Innere des Tempels zu verlassen, vielleicht war sie auch nervös gewesen, ihrem zukünftigen Lehrer gegenüber zu treten, den sie nicht kannte und sich darob so einiges ausmalen mochte. Zumindest hatte ich die vage Hoffnung, nicht gänzlich wie ein furchtbarer Mensch gewirkt zu haben, immerhin war sie noch nicht schreiend weggelaufen - auch wenn das sicher interessant ausgesehen hätte und mir einen Blick auf ihre Rückseite ermöglicht hätte. "Was sollte falsch an dem Wunsch sein, alles kennenzulernen, um gut vorbereitet dann einst als sacerdos zu dienen?" erwiederte ich mit einem Lächeln auf den Lippen. "Je mehr Du lernst, je mehr Du Dich vorbereitest, desto mehr wird Deine Demut den Göttern dienen, ein Weg, den nur wenige zu beschreiten wissen, und noch wengie bestehen. Es wird einst Deine Aufgabe sein, eine Antwort für all die Fragen der Menschen zu wissen, die zu Dir kommen, weil sie Sorgen und Ängste bedrücken, und dies lernt man nur durch Erfahrung, durch immerwährenden Dienst und auch durch die Beobachtung anderer. Das Rüstzeug für die Prüfungen, denen Du Dich dann noch stellen musst, werde ich Dir mitgeben, Octavia Severa und ich hoffe, Du musst es dann nicht wie ich selbst machen, der für seine Opferprüfung im eigenen Haus übte und dem die Opfergaben abgehauen sind, bevor ich sie töten konnte - und eine riesige Blutlache im atrium hinterließen."


    Ich musste bei der Erinnerung unvermittelt grinsen, fast jungenhaft, denn wie ein großer Streich war es mir damals vorgekommen, während die Sklaven, die den Dreck wegmachen mussten, sich weit weniger amüsiert hatten. "Äh, wo waren wir?" Wenigstens hatte mich die Erinnerung von ihren Augen abgelenkt, aber ich merkte recht bald, dass ich gegen dieses Grün keine allzu große Chance hatte, so, wie sie mich ansah, so aufmerksam und interessiert. Vielleicht würde sie mich irgendwann ... neiiin, Aquilius, denk an Götter und Ferkel und sowas. "Ich denke nicht, dass Dein Herangehen an Deine Ausbildung ein Fehler ist, und sollte dies einer sein, wäre es ein Fehler, der so manchem sacerdos guttun würde, der sich nur mit Ach und Krach durch seine Prüfung mogeln kann. Wir werden mit Deiner Ausbildung also am morgigen Tage beginnen, so Du keine anderen Verpflichtungen hast."

    "Für Zahlen habe ich leider wenig Geduld," bekannte ich freimütig, warum hätte ich lügen sollen. Zudem schien mir, dass sie eher zu den Frauen gehörte, die eine Wahrheit bevorzugten denn eine gut geschminkte Lüge, und zumindest heute gefiel es mir, bei der Wahrheit zu bleiben. Am Ende hätte sie noch wettrechnen wollen, und dann hätte ich mich ganz sicher blamiert. "Mein Vater legte viel Wert darauf, mir die Mathematik näherbringen zu wollen, aber wie es mit vielen Dingen ist, sobald man gezwungen wird, stemmt man sich umso stärker dagegen. Er wollte aus mir einen guten Politiker machen, und heute bin ich sacerdos..." Leicht zuckte ich mit den Schultern und schmunzelte, den Gedanken genießend, wie wenig meinem Vater meine bisherigen Lebensentscheidungen gefallen hätten, hätte er sie noch erlebt. "Mit guter Literatur und den klassischen Rhetorikern kannst Du mich viel eher locken als mit logischer, klarer Mathematik," fügte ich mit einem Lächeln an und überlegte, was sie wohl sagen würde, wenn ich ihr Ovid zitierte, natürlich eine der unanständigeren Stellen.


    Ihre Hand ließ ein nur allzu vertrautes Prickeln auf meiner Haut zurück, und ich versuchte, mir den Satz des Pythagoras wieder ins Gedächtnis zu rufen, um mich von ihrer duftenden, warmen Nähe abzulenken. Allerdings hatte ich mir mathematische Formeln nie gut merken können, sodass meine Erinnerung schlichtweg streikte und mich allzu schnell wieder zur Gegenwart zurückführte. "Wenn Du Dich einmal sehr langweilen solltest, würde es Dir etwas ausmachen, einen Blick in meine Bücher zu werfen? Der vilicus, den mein Vater für unseren Besitz in Tarraco einsetzte, ist zwar ein tüchtiger Mann, aber zu lange fehlende Aufsicht lässt die Menschen gern eigene Wege gehen und ich habe das Gefühl, dass er mich betrügt, komme aber einfach nicht darauf, wo die Zahlen getürkt sind. Also .. falls es Dir nichts ausmachen sollte, wäre ich ob ein wenig Hilfe dankbar ... nur sage Gracchus bitte nichts davon. Es ist mir ein bisschen peinlich, so überhaupt keinen Sinn für derlei zu haben, und Du kennst ihn, er ist in vielen Dingen so hervorragend, dass es einem schwer fällt, neben einem solchen Beispiel zu bestehen."


    Sie war so leicht, wie konnte eine Frau mit einer so weiblichen Figur so leicht sein? Man hätte meinen können, mein Arm hielte weiche Seite mit diesem überirdischen, verlockenden Duft, der mein Blut kochen ließ. Musste es denn mein Schicksal sein, immer das zu begehren, was ich nicht begehren durfte? Wenn ich schon liebte, was ich nicht lieben durfte, wäre es wohl gnädig gewesen, wenigstens beim Begehren auf normalen Wegen zu wandeln. Sachte legte ich meine Hand auf die ihre, die Vertraulichkeit des Augenblicks versuchend zu steigern, unschuldig, als hätte ich wirklich nur ein freundschaftliches Gespräch im Sinn. "Nun, ich traf eher durch Zufall auf Epicharis, wir begegneten einander vor dem Marstempel und ich war so in Gedanken, dass ich sie umrannte - glücklicherweise ist ihr nichts geschehen und sie warf mir auch keine Dinge nach, sodass wir ins Gespräch kamen. Ich denke, Aristides wird mit ihr sicherlich glücklich werden, er braucht eine Frau, die ihn ein bisschen fordert und umsichtiger ist als er es jemals sein wird."

    Diese Augen! Ich hatte schon immer eine Schwäche für Exotik gehabt, und eine Frau, die so offensichtlich römisch aussah in ihrer Tracht und Erscheinung, gleichzeitig aber so grüne Augen hatte wie eine Katze, musste meinen Sinn für das Außergewöhnliche fesseln, auch wenn es wohl an jedem anderen Ort passender gewesen wäre. Ob sie wohl dunkler wurden, wenn die Leidenschaft ihren Körper erhitzte? Nein, daran denkst Du jetzt nicht! rief ich mich ernsthaft zur Ordnung, ich würde mir heute abend wirklich eine Sklavin ins Bett holen müssen, um endlich den Kopf wieder frei zu bekommen, immerhin sollte ich diese Frau ausbilden und nicht verführen. So blieb ich bei einem höflichen, aber distanzierten Lächeln und nickte.
    "Der bin ich, Caius Flavius Aquilius, sacerdos publicus martialis. Und wohl Dein Ausbilder, denn man hat mir schon gesagt, dass ich wohl heute einen Schüler bekommen würde - man hat mir allerdings verschwiegen, dass dieser Schüler ein so reizendes Lächeln haben würde wie Du." Ein kleines Kompliment konnte nicht schaden, um das Eis zu brechen, ausserdem würde mir hoffentlich ihre Art, damit umzugehen, offenbaren, was ich mir hier an Schüler eingehandelt hatte.


    Ich bedeutete ihr mit der Hand den Weg Richtung Tempeleingang und meinte: "Lass uns einige Schritte gehen, hier ist derzeit viel los und wir wollen die Opfernden im Zwiegespräch mit Vater Mars nicht stören." So ging ich neben ihr in Richtung des hellen Tageslichtes und betrachtete sie währenddessen von der Seite ein wenig, von der sie ebenso einen angenehmen Eindruck machte wie von vorn. "Es stellt sich die Frage, ob Du gleich die Opferprüfung und die schriftliche Prüfung vollziehen willst, um den Weg als sacerdos zu beschreiten, oder aber für eine Weile als discipula lernen möchtest, worauf es ankommt im Dienst der Götter, dann werde ich Dich entsprechend vorbereiten, dass Du beide Prüfungen auch bestehst." Zweiteres wäre mir natürlich lieber, auch wenn ich am Horizont schon neue Wolken für meine Selbstdisziplin auftauchen sah.

    Auch ich ließ mir nachschenken, da der Falerner in meinem Becher die unangenehme Eigenschaft offenbart hatte, zur Neige zu gehen, zugegeben, ich war nicht ganz unschuldig daran. Während der angenehme Geschmack des Weines noch auf meiner Zunge pulsierte und ich langsam fühlte, wie meine Glieder durch den Alkohol an Wärme gewannen, lauschte ich seinen Ausführungen, jenen über Gracchus doch mit steigendem Erstaunen. Sollte mein korrekter Vetter so ungeeignet gewesen sein, eine discipula zu unterrichten? Obwohl .. eine Frau ... nun, das mochte der Knackpunkt bei der ganzen Sache gewesen sein. "Nun ...." meinte ich nach einer Weile und räusperte mich dann etwas. "Flavius Gracchus ist mein Vetter, und wir sind zumindest einige Jahre über gemeinsam aufgewachsen, letztendlich sind wir eher Freunde denn Vettern, es gibt wenig Geheimnisse zwischen uns." Und ein Geheimnis, das wir miteinander teilten, dachte ich, aber das würde der septemvir sicher nicht erfahren. Das mochte den Redefluss meines Besuchers vielleicht ein wenig dämpfen, im eigenen Haus über ein Familienmitglied herzuziehen mochte vielleicht bei den Plebejern üblich sein, ich erlaubte mir das allenfalls über Furianus, der nicht wirklich ein Patrizier war.


    "Vielleicht hat er ihr einfach zuviel abverlangt, mein Vetter nimmt den Dienst im cultus deorum sehr ernst und erwartet dies auch von allen anderen, die diesen Weg beschreiten. Zudem, wenn du Dir überlegst, wie überspannt die meisten Frauen aus patrizischen Familien sind, ist es nicht erstaunlich, dass die Aussicht auf Arbeit und Verpflichtungen ein wenig erschreckend für sie gewesen sein dürfte. Denn wie ein verbohrter Traditionalist kam mir Gracchus niemals vor, ich glaube auch nicht, dass er dies ist. Höchstwahrscheinlich war es ihr dann doch zuviel Aufwand für zuwenig Lohn, oder irgend etwas in der Art - oder sie hat sich einer anderen Freizeitbeschäftigung zugewandt," überlegte ich und schüttelte dann den Kopf. "Ich denke, jene Octavierin wird sich eher bemühen, den Weg zu gehen, den sie sich ausgewählt hat, sie scheint mir energisch zu sein. Was sie kann, werde ich herausfinden ...willst Du über ihre Fortschritte informiert werden oder reichen die üblichen, langweiligen Berichte aus?" Ich hasste Berichteschreiben, und ich hatte das vage Gefühl, dass es ihm ebenso ging wie mir.

    Das erste Gefühl, welches mich erfüllte, als ich hörte, dass jemand eingetreten war, war Unwillen. Ich wollte alleine sein, nicht durch irgendein familiäres Problem gestört werden, das sich zweifelsohne ausbreiten würde, sobald sich jemand mit mir in das Becken setzte, ich wollte mein refugium für mich alleine, und hätte ich einen Wachsklaven gehabt, hätte ich ihn wohl vor der Türe stehen lassen, damit niemand eintreten könnte - nur sah es derzeit danach aus, als bedürfte mein Sklave eines Wachmanns, nicht ich selbst. Das Gestammel des Sklaven ließ mich innerlich seufzen, doch die Stimme, die ich danach vernahm, hätte nicht schlimmer und gleichzeitig süßer sein können: Manius' Stimme.
    Was tat er hier, jetzt, zu dieser Stunde? Suchte er wie ich die Ruhe des Bades nach einem anstrengenden Tag? Ich ließ mich tiefer ins Wasser sinken, sodass nur noch Kopf, Arme und Schultern herausragten, meinen Leib so gut als möglich verbergend, denn vor ihm wollte ich nicht nackt sein, mir keine Blöße geben. Mein Körper würde mich ohnehin früh genug verraten, sobald er sich entkleiden sollte, vielleicht gewann ich damit etwas Zeit. Aber er ging nicht, schickte meine Badesklavinnen weg und wir waren alleine. Warum nur tust Du das, Manius, wollte ich schreien, aber ich sagte nichts. Die andere Stimme in meinem Inneren flüsterte gänzlich andere Dinge, die wenig mit diesem Satz zu tun hatten.


    Vielleicht würde er mich auch einfach nicht ansprechen, nur zu mir blicken und wieder gehen, ich hatte mir viel Mühe gegeben, ihm aus dem Weg zu gehen, seit ich von einer Sklavin gehört hatte, dass er über Nacht bei seiner Frau geblieben war. Mein Recht darauf, mich zwischen ein Ehepaar zu drängen, war zu gering, ich hatte ihm versprochen, meinen Abstand zu bewahren, das Unfassliche zu akzeptieren. Aber er sprach mich an, kam nicht näher, stand hinter mir an der Türe, und ich war fast froh, dass ich ihn nicht sehen musste, dass er nicht sehen konnte, wie sehr ich mir wünschte, er würde mit mir in diesem verfluchten Becken sitzen.
    "Salve, Manius," erwiederte ich und hoffte, man würde die Rauhheit meiner Stimme nicht zu deutlich hören. Alles stürzte in diesem Augenblick auf mich ein, die Einsamkeit meiner letzten Nächte, der Hunger, den lächelnde Frauen nur immer wieder geschürt hatten, und nicht zuletzt das Begehren, das in seiner Nähe immer aufs Neue entflammte und nie gestillt werden durfte. "Mein Kopf ist müde von all den gehörten Gebeten des heuten Tages, man könnte meinen, die Frömmigkeit greife erst im Kriege wieder im Volke um sich, wenn sich die Menschen Sorgen um ihre Liebsten machen müssen. Aber ich würde wetten, es sah bei Dir heute auch nicht besser aus, Vetter."


    Langsam drehte ich mich im Becken um, sodass ich zu ihm aufblicken konnte und tiefere Regionen meines Leibes nun vom Rand verborgen bleiben mussten - eine reine Sicherheitsmaßnahme, und wie ich sogleich fühlte, nicht unklug getroffen, sah er doch, aufrecht und erschöpft zugleich, genau so aus, wie man sich einen Menschen nur wünschen konnte, ungleich näher und offener als sonst, ohne die übliche Distanz zwischen uns, die so vieles ersticken ließ. "Willst Du das Bad mit mir teilen, oder lieber alleine sein? Einem Gespräch würde ich mich nicht verschließen, doch respektiere ich auch, solltest Du im Stillen entspannen wollen, ich lag lange genug hier drin." Es war gemein, hinterhältig, ich wusste das genau, denn ihm die Entscheidung zu überlassen hieß, ihn zu einem stillen Zugeständnis zu zwingen, mir klar zu sagen, ob er mit mir in einer so intimen Nähe allein sein wollte oder nicht. Und obgleich ich wusste, wie gemein dieses Ansinnen war, ich konnte nicht anders handeln, ich wollte es von ihm hören, jetzt, in diesem Augenblick.

    "Dunkle Gedanken eher nicht ... sondern Unlust, mich mit Verwaltung meiner Güter und des Besitzes meines Familienzweiges belasten zu müssen. Zahlenkolonnen sind nichts für mich, ich werde dabei immer schnell ungeduldig, vor allem, wenn nicht die Post dabei ist, auf die ich gewartet habe - Du kennst das sicher," winkte ich mit einem Lächeln ab, wollte ich sie doch nicht mit dieser unerquicklichen Thematik belasten. Sie würde sicherlich andere Dinge interessant finden als Verwaltungsfragen, zumindest kannte ich keine Frau, die an Mathematik und Verwaltung Freude empfand, und irgendwie hoffte ich, dass sie ebenso nicht zu jenen zählte. "In sofern ist es mir Freude und Erleichterung zugleich, hier auf Dich getroffen zu sein, unser letztes Gespräch liegt immerhin schon sehr weit zurück und ich glaube mich zu entsinnen, dass uns nicht wirklich viel Gelegenheit gegeben war, einander kennenzulernen. Nun sind wir verwandt, und ich würde dieses Manko gerne aufholen." Wenngleich ich sie wohl kaum so gut würde kennenlernen können, wie ich es wollte - diese weichen Lippen waren zu verlockend, sie einfach nur zu betrachten rührte schon einen vagen Hunger in mir.


    Als mich ihre Hand berührte, sie sich vertraulich unterhakte, musste ich meinen Atem bezähmen, damit ich mich nicht verriet, wie lange hatte ich ohne Frau gelegen? Zu lange, viel zu lange, sonst würde mir mein Leib keinen solchen Streich spielen. Oh Mamarce, gib mir die Kraft, nicht zu schwach zu werden, dachte ich im stillen, wohl wissend, dass Er sicherlich die Gelegenheit ergriffen hätte, diese fleischgewordene Venus in seine Arme zu führen. Aber sie war Grachus' Frau, ich durfte nicht einmal daran denken. "Ich denke, Epicharis wird mit ihrer Klugheit einen Weg zu Serenus' Herzen finden, auch wenn es sicherlich seine Zeit dauern dürfte. Er hat seine Mutter sehr geliebt, eine andere Frau an der Seite seines Vaters zu sehen ist sicherlich sehr schwer für ihn, so etwas ist für niemanden leicht - und Aristides hat seine Kinder recht unvermittelt vor vollendete Tatsachen gestellt, das dürfte die Situation nicht erleichtert haben. Aber sei Dir sicher, Epicharis wird, sollte sie Hilfe brauchen, von meiner Seite gewiss Hilfe erlangen können." Als ich sie über einige anmutig drapierte Steine führte, nutzte ich die günstige Gelegenheit, sie mir ein klein wenig näher zu ziehen - ihr Duft berauschte mich, mischte sich doch nun der Rosengeruch mit ihrem eigenen Parfum, ließ mich genüsslich einatmen und für einen Moment die Zeit vergessen.

    Der Tag war schwül gewesen, und wegen des bevorstehenden Krieges hatten besonders viele Menschen den Tempel des Mars Ultor besucht und geopfert - viel mehr Arbeit als sonst hatte sich daraus ergeben, und auch wenn man auf einen Ansturm vorbereitet war, man war doch nicht unbedingt auf die sorgenvollen Gesichter der Mütter, der Brüder und Ehefrauen vorbereitet, die für ihre Kinder, Männer und Geschwister opferten. Dass jeder Krieg Opfer erforderte, war mir immer bewusst gewesen, aber es war eine Sache, vom Verlust einer Legion zu hören, zu wissen, wieviele Soldaten darin untergegangen waren, und eine andere, aus einer nüchternen Zahl die Gesichter der Angehörigen gemacht zu sehen, denen man ihre Sorgen und Ängste durchaus anmerken konnte. Mars würde sie schützen, dessen war ich mir sicher, und doch hatte mich dieser Tag, wie schon die vorhergehenden, erschöpft. Ich hatte wenig Lust darauf gehabt, mich zu meiner vor sich hin lebenden Familie zu gesellen und das Gerede über Alltagssorgen anzuhören, welches sich im atrium oder beim Essen zweifelsohne ereignen würde - Furianus, der ein neues Amt anstrebte, Felix, der irgend etwas aus dem Senat zum Besten gab, Lucullus, der endlich genesen war und seinen Tempeldienst wieder aufgenommen hatte - all das verblasste vor den Gesichtern der Mütter, Frauen, Schwestern und Brüder.


    So war mir das balneum der Villa zu einem refugium geworden, hier kam abends meist niemand her und ich konnte meinen Blick über die Mosaiken wandern lassen, mich ein wenig dabei entspannen, während mir eine Sklavin den Rücken schrubbte und das Haar wusch, und dann ohne Ziel und Sinn im Wasser vor mich hin dümpeln, bis es Zeit war, schlafen zu gehen, um den nächsten Tag voller sorgenvoller Gesichter anzugehen. Schlecht verborgene Sorgen waren immer die schlimmsten, sie hatten auch das Gesicht meiner Mutter zu Lebzeiten entstellt, je mehr Wirrungen unseres Familienzweigs an die Öffentlichkeit gedrungen waren ... seufzend griff ich nach meinem Weinbecher, in dem sich ein süßer, dunkler Roter befand, und nahm einen Schluck, die Gedanken an meine Eltern fortspülend. Ich wollte mich nicht erinnern, nicht jetzt, nicht heute, nicht an meine Eltern - und fast beneidete ich meine nun verlobten und verheirateten Verwandten darum, jemanden zu haben, der ihnen aufmerksam zuhören würde, wenn sie von ihren Sorgen sprachen. Zumindest gehörte das zu den Aufgaben einer Ehefrau, auch wenn viele diese Aufgabe nicht gern erfüllten. Wie wohl meine künftige Frau aussehen mochte, was würde sie mögen? Doch immer, wenn ich versuchte, mir ein Gesicht vorzustellen, blickte ich in die Augen nur eines einzigen Menschen, des einzigen, den ich nicht haben konnte ... wieder seufzte ich und leerte den Becher, zu träge, die Sklavin herbeizurufen, dass sie mir nachschenken mochte. Dass sich Schritte auf dem Gang näherten, bemerkte ich indes nicht ...

    Die anmutige Bewegung, mit der sie sich der Blüte entgegen neigte, um ihren Duft einzuatmen, ließ mir das Herz ein wenig schneller schlagen. So manche Patrizierin war einfach nur überkandidelt, überspannt, nervös und von sich selbst viel zu überzeugt, doch zwei Claudierinnen hatten mich in der letzten Zeit angenehm vom Gegenteil übrzeugt, und Claudia Antonia vermochte es immer, durch ihre ruhige, elegante Art den Atem der alten Zeit mit sich zu bringen, in der Patrizier noch hoheitsoll und stolz gewesen waren, keine ruhmsüchtigen Ämterjäger, wie es heute der Fall war. Ob Gracchus sie jemals beim Genießen beobachtet hatte? Vielleicht würde er dann verstehen, wieso mich Frauen so leicht zu faszinieren wussten, genügte doch nur eine Geste, die Gedanken wandern zu lassen. Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken, brach ich die Blüte vom Strauch ab, vollendet dunkelrote Blätter schimmerten in der Mittagssonne und spiegelten die Perfektheit der Natur wider, die der Mensch niemals erreichen würde - und mit einem Lächeln überreichte ich ihr die Rose - was Flavius Felix zur Vergwaltigung seiner Rosenbüsche sagen würde, war mir in diesem Augenblick herzlich egal, eine Blüte mehr oder weniger würde dem vielbeschäftigten Hausherrn ohnehin nicht auffallen.


    "Nur zu gerne leiste ich Dir Gesellschaft, denn Du hast mir auch schon einen großen Dienst erwiesen, ohne es zu ahnen - Du hast mir einige sehr dunkle Gedanken auf das Angenehmste zerstreut. Was Serenus' Schoßtier angeht, so genügt im allgemeinen ein autoritär gesprochener Befehl, um es zum Gehorchen zu zwingen, auch wenn ich nicht davon begeistert bin, dass ein Junge in seinem Alter bereits ein solches Tier besitzt. Man sollte erst befehlen dürfen, wenn man weiss, wie man Befehle annimmt und ausführt, und gerade daran scheint es meinem jungen Verwandten ein wenig zu mangeln," plauderte ich und hoffte insgeheim, sie würde die Blüte in ihr Haar stecken, ein wenig die lockere Stimmung des Augenblicks bewahrend, in der wir nur zwei Menschen waren, nicht durch Blutseide aneinander gebunden. Dass sie nur eine leichte Tunika trug, die ihre Formen kaum wirklich zu verhüllen wusste, machte mir diesen Spaziergang nicht gerade leichter, aber ich kannte mich in diesen Dingen leider viel zu genau: Die süße Qual war mir immernoch lieber als ein mit Schriftstücken vollgestopfter Schreibtisch - und ihr Lächeln war wohl mit das stärkste Argument, meine Arbeit gänzlich zu vergessen.

    "Nein, nein," winkte ich schnell ab, ganz so tief gesunken, dass ich mich gleich an einer unschuldigen discipula vergriff, war ich nun auch wieder nicht, ich hielt mich da eher an die engeren Verwandten. Über den Gedanken schmunzelnd, was der septemvir wohl sagen würde, hätte er meine Gedanken gelesen, nahm ich einen Schluck des vollmundigen Falerners aus meinem Becher und lehnte mich gemütlich zurück. "Du hättest sehen sollen, was für Stielaugen die anwesenden sacerdotes gemacht haben, als diese discipula in den Tempel kam - ich musste mir das Lachen ziemlich verkneifen. Wann ist der cultus Martialis nur zu einer Versammlung der alten Männer geworden? Manchmal komme ich mir vor, als würde ich den Altersdurchschnitt empfindlich absenken, wenn ich anwesend bin." Auf einen Wink meinerseits hin trat ein anderer Sklave herbei und blickte Valerius Victor abwartend an, schließlich hatte er den Becher gerade geleert und wollte vielleicht nachgeschenkt haben - Wein und Wasser dafür standen in jedem Fall bereit, auch wenn ich die Villa sonst nicht besonders zu schätzen wusste, der Service war ausgezeichnet.


    "Gibt es eigentlich irgend etwas, was ich bei der Ausbildung beachten muss - abgesehen davon, sie nicht zu schwängern? Sie ist meine erste Schülerin, und ich will es nicht gerade zu Anfang schon verderben," ging ich so locker an das Thema heran, wie er es getan hatte. Unter all den Patriziern, mit denen ich tagtäglich zu tun hatte, war der septemvir als offensichtlicher Plebejer wirklich eine angenehme Ausnahme, und erfrischend noch dazu. Ich fragte mich, wieso wir uns nicht schon früher einmal getroffen hatten, um uns auszutauschen, aber wahrscheinlich waren es die Standesgrenzen, die wirkungsvoll verhinderten, dass solche Verabredungen ausserhalb des üblichen Tempeldienstes zustandekamen.