Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    Die Rundung ihres Gesäßes gefiel mir wirklich, vor allem, weil sie unter ihrer Tunika nicht dauernd zu erahnen war. Ab und an blitzte die Verheißung unter dem Stoff hervor, um ebenso schnell wieder zu verschwinden, ein beständiges Spiel wie Ebbe und Flut an einem weiten Sandstrand. Wie es wohl wäre, sie mit gelöstem Haar und ohne Kleidung auf einem Strand liegen zu sehen, diese Goldfäden ihres Schopfes einen vollkommenen Kontrast zum hellen Sand bilden lassend, während sich die Sonne an ihrer hellen Haut gütlich tat? Die Offenbarung allerdings, dass sie Furianus liebte - meinen Vetter Furianus, in all seiner steifen, eher förmlichen Art! - ließ mich erst einmal ernüchtert zurück. Man sagte zwar stets, dass dort, wo die Liebe hinfiel, erst einmal kein Gras mehr wuchs, aber Furianus? Das erklärte natürlich so manches, auch, warum sie nicht gewollt hatte, dass er von unserem kleinen, harmlosen, so unschuldigen Ausflug wusste.


    "Ich bin froh, dass es Dir nicht gelungen ist, Dich zu töten," sagte ich und ließ das Thema Furianus einfach unter den Tisch fallen, während ich zu ihr aufschloss und wir uns nun tatsächlich einem belebteren Teil der Stadt zu nähern schienen, denn man konnte die ersten mit Schmierereien bemalten Wände ausmachen, die auf Geschäfte in der Nähe hinwiesen. "Denn es wäre doch töricht, die Dinge, die uns das Leben bieten kann, einfach wegzuwerfen, nur weil man eine bestimmte Sache, und sei es auch eine erwiederte Liebe, nicht erhalten kann. Fortuna ist eine wankelmütige Herrin, heute schenkt sie Dir vieles, morgen nimmt sie Dir alles... und doch gehört wohl auch das zum Leben hinzu, meinst Du nicht auch? Aber erzähle mir mehr über Sica. Dieser etwas finster dreinblickende Sklave, nicht wahr? Ich begegnete ihm bei meinem Eintreffen in der Villa ..." Warum sollte es auch in der Villa Flavia anders zugehen als in anderen Haushalten? Selbst unter den Sklaven gab es eine Hackordnung, und in jener schien sie nicht allzu hoch zu stehen. Dennoch, vielleicht würde sich dieses Wissen als vorteilhaft erweisen, um in den Untiefen des flavischen Haushalts besser zu lavieren.

    Die getauschten Blicke verrieten mir mehr als die Worte der beiden, hatte ich solches doch auch bei meinen Eltern oft genug beobachten dürfen - nach außen hin herrschte selige Übereinstimmung, aber wehe, wenn sie allein in einem Raum gelassen, dann waren regelmäßig die Fetzen geflogen.
    "Das hätte ich mir bei einer so strahlenden Erscheinung wie Dir auch nicht wirklich vorstellen können," sagte ich mit einem leichten Lächeln in die Richtung Claudia Antonias und versuchte sie mir tatsächlich in einem staubigen Officium auszumalen. Vielleicht auf einem Schreibtisch sitzend, mit einem süßen, einladenden Lächeln auf den Lippen, aber sicher nicht arbeitend dahinter. Ob sich Gracchus überhaupt wirklich darüber bewusst war, was für eine Verlockung er an seiner Seite hatte? Ich würde sie fragen müssen, ob sie vielleicht eine Schwester hatte, eine doppelte Verbindung zu den Claudiern wäre sicher keine allzu schlechte Idee.


    Doch bevor sich meine Gedanken noch weiter in die Ehe-Richtung verabschieden konnten, betrachtete ich lieber die beiden vor mir noch ein wenig. Vielleicht Gracchus ein wenig länger als seine Verlobte, aber ich rechtfertigte dies vor mir damit, dass ein Anstarren schließlich nicht in Frage kam, sie sollte einen günstigen Eindruck gewinnen. "Hast Du jemals erwogen, Dich ebenso dem cultus deorum anzuschließen, wie es Dein Verlobter tat? Diese ehrenvolle Tätigkeit sollte einer Frau aus gutem Hause stets offen stehen, vor allem wenn man bedenkt, wie wichtig die Opfer und Feste für unsere Gesellschaft sind und welche Vorreiterrolle uns Patriziern dabei zukommen sollte."

    Dass ich erstaunt war, meinen Vetter hier zu sehen, ließ ich mir erst einmal nicht anmerken - was in aller Welt führte ausgerechnet Furianus an diesem Tag hierher? Nun, ich würde es ja hören. Mein Blick blieb auf den beiden liegen und ich wartete einfach ab, was sich tun würde - vielleicht gab es ja eine sinnvolle Erklärung des Ganzen. So nickte ich Furianus nur leicht grüßend zu, falls er mich überhaupt innen gesehen hatte, und lehnte mich in meinem Stuhl zurück.

    Ich genoss jeden Augenblick mit den Fasern meines Körpers, in dem ich ihre Unsicherheit spüren konnte. Dieses leichte Zupfen an ihrer Tunika, der Blick, der dem meinen auswich und dann doch wieder zurückkehrte, als könne sie mir nicht ausweichen - wir spielten dieses alte Spiel zwischen Mann und Frau schon längst. Wie es Ovid einst so treffend geschrieben hatte, der geduldige Liebhaber, der nichts überstürzt, und im rechten Moment zuzugreifen weiß, wird letzten Endes erfolgreich sein. Manche Flammen würden lange gehegt werden müssen, um dann umso voller zu brennen - zumindest sagte ich mir das, als sie zu mir aufblickte und es mir mit ihren blauen Augen ungleich schwerer machte, meine Zurückhaltung zu bewahren, wie es sich in der Öffentlichkeit schickte. "Du bist sehr fürsorglich, meine süße Sylphide," raunte ich ihr zu und meine Lippen formten ein sanftes, gleichzeitig verheißungsvolles Lächeln. Wie konnte ich mir nur sicher sein, dass ich sie irgendwann haben würde? Aber alles andere lag so weit ausserhalb meiner Intuition, dass es nur diesen einen Weg zu geben schien.


    Sie aus ihrer Unsicherheit entlassend, trat ich ein wenig zurück, damit sie an mir vorbei gehen konnte, ohne mich berühren zu müssen, und folgte ihr schließlich langsam aus der Gasse heraus. Für den Moment musste es genug sein, wenn ich mich nicht unpassend offenbaren wollte, und abermals fügte ich in Gedanken für Nefertiris Strafliste fünf Schläge hinzu. Sie sollte es nicht wagen, mich noch weitere Wochen warten zu lassen, das war gewiss ... diese blonde Britannerin hatte mein Blut genug aufgepeitscht, dass ich meiner Sklavin insgeheim am liebsten eine unaussprechliche Krankheit für ihre lange Absenz an den viel zu langen Hals gewünscht hätte.
    "Erzähle mir etwas von Dir, süße Nadia, denn bis auf die Tatsache, dass Du Sklavin bist und woher Du stammst, weiss ich sehr wenig von Dir. Ich würde gerne mehr erfahren von dieser Frau, die meine Sinne gerade in Atem hält." Ob sie dies sicherer werden ließ? Ich würde es sehen und betrachtete genüsslich ihre Rückseite, soweit ich sie unter ihrer Kleidung erkennen konnte.

    "Du willst also immernoch, dass ich Dich über meine Schulter lege und in den Brunnen werfe?" fragte ich mit einem breiten Lächeln auf den Lippen und ich musste gestehen, dass mir dieser Gedanke gefiel. Vielleicht würde sie noch etwas mit den Beinen zappeln, sodass ich sie mit beiden Armen würde halten müssen, was die ganze Sache nur noch köstlicher gestalten würde. Ein bisschen Widerstand gehörte zu diesem Spiel schließlich dazu und machte es ungleich reizvoller. Vielleicht dachte ich mir zuviel bei dieser jungen Frau, die einer reifen Frucht gleich süß duftete, aber manches Mal wollte ich einfach nur genießen, was sich bot, ohne denken zu müssen. Allerdings, mein Vetter würde es mir wohl nicht verzeihen, würde ich sie mir gegen ihren Willen nehmen, also galt es diesen Willen zu schaffen ...


    Langsam, aber nicht zu langsam, trat ich beiseite, aber nur so weit, dass sie mich würde abermals streifen müssen, wenn sie vorbei wollte. Ich hätte nichts dagegen gehabt, noch ein Weilchen in dieser nach Staub riechenden Gasse zu verweilen, aber man musste es nicht übertreiben. Noch war der richtige Moment nicht gekommen, noch schien es nicht perfekt zu sein, mir etwas von ihr zu stehlen, das mir vielleicht ihr Kopf verweigern würde, nicht aber ihr Körper. "Aber sicher, ich will schließlich nicht, dass Du hier am ausgestreckten Arm ... verdurstest," raunte ich ihr zu und ließ dabei offen, wo ich sie gerade verdursten glaubte. Wann sie wohl das letzte Mal eine leidenschaftliche Nacht genossen hatte?

    Sachte fuhr ich mit meiner Hand ihren Rücken entlang, sie sollte nicht zu viel Zeit zum Denken erhalten - überhaupt war ich der Ansicht, dass es den wenigsten Frauen gut tat, wenn sie zuviel dachten. Manche kamen dabei auf sehr ungute Gedanken, und verloren sich irgendwann vollkommen aus den Augen. Wahrscheinlich würde ich nie verstehen, warum manche Frauen eine Karriere einem Leben in der Familie vorzogen, aber das waren auch selten jene, die mich in irgendeiner Form herausforderten, verleugneten sie doch die emotionalen Teile ihrer Weiblichkeit zugunsten der ratio vollkommen. Dass die Gasse nicht zu dem bedeuteten Stand zu führen schien, wurde mir nach einer Weile auch klarer, doch überlegte ich auch, ob sie sich nur aus Zufall verirrt hatte oder ob es Absicht gewesen war, mich hierher zu führen. Die Tatsache, dass ich unvermittelt gegen ihren Rücken prallte und so gänzlich der Wärme ihres Körpers an meinem Leib ausgeliefert war, tat ihr Übriges, um die Beherrschung wieder von mir weichen zu lassen.


    Am liebsten hätte ich sie nun mit beiden Armen umfangen und sie wissen lassen, dass ich sie begehrte, in dieser Haltung hätte sie das ausgesprochen schnell gespürt, aber so machte ich mich wieder von ihr los und blickte zu ihr herunter, ihren Blick mit dem meinen suchend. "Dann müssen wir wohl die andere Gasse nehmen, würde ich sagen," presste ich hervor, aber dass sie errötet war, ließ mich innerlich leise jubilieren. Es war ihr wohl peinlich, den falschen Weg genommen zu haben, und diese Röte stand ihr so herrlich. Furianus musste sie in sein Bett mitgenommen haben, es konnte einfach nicht anders sein. Dieses süsse Geschenk der Verlockung konnte doch kein echter Mann einfach beiseite schieben. "Bist Du Dir sicher, dass sich in diesem Gebäude überhaupt ein Weg zu einem Laden befindet?" heizte ich ihre Unsicherheit noch etwas an und lächelte breit zu ihr herunter, hoffend, dass meine Tunika samt dem straff gebundenen Lendentuch imstande waren, mir meine Würde zu bewahren.

    Ich lächelte auf ihre kurze Nachfrage nur und nickte ihr zu. Ach, ihr Götter, wieso habt ihr mir an diesem Tag in dieser verfluchten Stadt nur wieder einen solchen Fallstrick ausgelegt? Insgeheim war ich froh darum, mir eine gewisse Beherrschung meiner Triebe antrainiert zu haben, um mich nicht dauernd in die Bredoullie zu bringen, aber an manchen Tagen war es einfach vertrackt schwierig, einen klaren Kopf zu behalten, nicht zuletzt, wenn man sich in der Begleitung einer jungen, allzu unschuldigen Schönheit befand. Zumindest lächelte sie wieder, und schien auch nicht von der Tatsache allzu erschreckt zu sein, dass meine Gedanken sie betreffend wenig mit Blümchen und Liebesschwüren zu tun hatten. Liebe war ein Ballast, mit dem ich mich noch nie belastet hatte, warum also jetzt damit beginnen?


    "Alles, was mein Herz begehrt?" entgegnete ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, das mein Amüsement über die Vieldeutigkeit ihrer Worte nicht verbergen konnte. "Bei diesem Wetter bleiben wir besser beim Wasser, der Wein löst allzu leicht die Zunge und verführt einen zu einer Menge Dinge, die man vielleicht gar nicht tun möchte ..." Mit diesem Gedanken sollte sie ruhig ein wenig spielen in ihrem Kopf, vielleicht würde sie auch erkennen, wie viele Deutungsmöglichkeiten ihre Worte von eben gegeben hatten. Wieder durchzuckte mich das Lohfeuer der Begierde, als ich ihre weichen Hüften gegen meinen Leib spüren fühlte, aber diesmal hatte ich mich besser im Griff und nickte nur, sie mit einer Hand, mit der ich ihren Rücken nur zart berührte, vorwärts dirigierend. "Natürlich.."

    Mit einem Nicken schloß ich das Thema 'Gracchus' einstweilen ab. Der Gedanke daran, dass mein Vetter mit diesem leckeren jungen Mann zusammentreffen würde, hatte zudem etwas sehr amüsantes für sich - er gehörte schließlich auch zu denjenigen, die einen wohlgestalteten Mann zu schätzen wussten. Was für ein Essen wäre es wohl in der Gegenwart seines Vetters geworden? Schon jetzt war mir die Nähe des Corvinus allzu deutlich bewusst und ich hoffte, so bald nicht mehr aufstehen zu müssen, damit ich mich wieder ein wenig beruhigen konnte. Hoffentlich gab es einen Sklaven, der beim Essen servieren würde, und auch den Wein nachschenkte. Ein Gedanke irrte zu Nefertiri und ich fügte der langen Liste an für sie bestimmten Strafen eine weitere hinzu. Fünf Schläge auf ihren nackten Hintern dafür, dass ich mich nicht hatte abreagieren können ... oder lieber zehn?


    Während ich mich kurz in der Überlegung verirrte, wie sie wohl leise seufzen würde, wenn meine Hand auf ihre Haut traf, war es ganz gut, dass mich ein etwas lauteres Geräusch aus der Richtung, in der wohl die Küche der Aurelier lag, wieder von diesem Gedankengang ablenkte. "Welche Orte schätzt Du eigentlich in Rom bislang am meisten?" fragte ich, mich ernsthaft darum bemühend, ein weiteres Gesprächsthema aus dem Ärmel zu schütteln, das uns vielleicht davon abhalten würde, uns allzu oft ansehen zu müssen und dabei Zeit zum denken zu haben. Seine feucht schimmernde Zunge, die für einen Moment zwischen den Lippen aufgeblitzt war, um seinen Finger sauber zu lecken, war schon fast wieder zuviel des Guten für mich gewesen. Unsere Blicke trafen sich, und irgendwie hatte ich das dumpfe Gefühl, dass man mir noch meine Gedanken ansehen würde, wenn es so weiter ging.

    Irgendwann würde sie mir gehören. Ich wusste es, als ich in ihre Augen blickte, ihren schwer gewordenen Atem hörte, mein Blick über ihr Gesicht huschte, die etwas bebenden Lippen sah, ihr Zittern. Dieser überaus süße Honigtopf war es wert, irgendwann bis in das allerletzte Detail ausgekostet zu werden, und vielleicht war es gerade ihre Unschuld, die mich an ihr so besonders reizte. Dieser Wunsch, vor mir zurück zu schrecken, mir auszuweichen, so gut es ging, sich mir nicht zu ergeben, den ihr Körper ebenso ausdrückte wie ein unterdrücktes Begehren. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die sich mir wie eine läufige Hündin an den Hals werfen würde, dafür war sie viel zu unschuldig .. vielleicht liebte sie gar jemanden. Und doch, ich hatte mit meinen Worten, meinem Blick eine Saat gepflanzt, die ich irgendwann aufgehen sehen wollte. Irgendwann würde sich ihr heller, zarter Leib unter dem meinen winden, würde ich diese Lippen seufzen und stöhnen hören ...


    Wieder schluckte ich sehr langsam und blickte in die gedeutete Richtung. Ein schmaler Gang. Viel zu schmal, um sich groß auszuweichen, würde sie weiterhin neben mir hergehen, würden sich unsere Körper unweigerlich bewegen. "Du hast einen guten Blick für solche Dinge," bemerkte ich und gab mir große Mühe, unbeteiligt zu wirken. Dignitas, gravitas, nie hatten sie mich mehr verlassen als in diesem Augenblick. Ich nahm mir vor, dies alles für Nefertiri aufzubewahren, damit sie lernte, wie man sich seinem Herrn gegenüber zu verhalten hatte - und lange Abwesenheiten waren schon gar nicht angemessen. "Gehen wir." Damit setzte ich mich in Bewegung, zu ihr zurückblickend, damit sie mir folgen würde. Ob sie wohl neben oder hinter mir gehen wollte? Zumindest würde es mir verraten, was ihre bewusste Entscheidung in der Sache war ... die unbewusste zu beeinflussen würde mir schon noch gelingen.

    Ob es hier nicht irgendwo einen ruhigen Gang ohne irgendwelche entgegen kommende Beamte gab? Irgendeinen Ort, an dem ihre Tunika schnell hochgeschoben war und die meine auch, um meinen dampfenden Leib an ihren zu schmiegen, sie so lange zu necken, bis sie Wachs in meinen Händen sein würde, um sich die Vereinigung mit eigenen Worten zu ersehnen?
    Meine Augen mussten dunkler aufgeglommen haben bei diesem Gedanken, denn viel trennte mich nicht mehr davon, meinem Rausch nachzugeben. Dreimal verfluchte Nefertiri, wie konnte es diese Hure wagen, so lange auszubleiben, mich so lange des Nachts alleine zu lassen, dass ich schon fast über die Sklavin des Furianus herfiel? Ich würde sie für ihre Säumigkeit bestrafen müssen - der Gedanke allein an ihre erstickten, zwischen Lust und Schmerz schwebenden Laute, wenn meine Handfläche auf ihren nackten Po herunterfuhr, ließ mich kurz schlucken.


    Ein leichtes Zittern lief über meinen Leib, als ihre Finger mich berührten, so brennend, als hätte sie reines Feuer in meine Glieder ausgegossen. "Wenn Du wüsstest, was ich mir denke, wenn ich Dich ansehe, meine süße Sylphide mit dem blonden Haar," raunte ich mit kratzig gewordener Stimme, bevor ich mich dazu überwand, ihr Kinn loszulassen, um mich selbst wieder aufzurichten. Einen langen Blick in ihre Augen ließ ich folgen, bevor ich mit einer Hand meine Kleidung wieder richtete. "Lass uns etwas zu trinken organisieren, mein Täubchen, ich bin durstig." So war es viel zu leicht, und ich musste mich beherrschen, zwang mich in diese eiserne Ruhe zurück, die es mir hoffentlich erlauben würde, eine halbwegs unbeteiligte Miene zu behalten.

    Wie anmutig sich ihre Brust hob und senkte, als sie atmete - und diese Röte auf den Wangen, man hätte fast meinen können, es mit einer Jungfrau zu tun zu haben, die zum ersten Mal erfahren hatte, was es bedeutete, einen anderen Menschen körperlich zu begehren. Ich lächelte leicht, entließ ihr Kinn jedoch noch nicht aus meinen Fingerspitzen, dafür schmeckte dieser Moment viel zu süß auf all meinen Sinnen. Am liebsten hätte ich sie jetzt schon an mich gezogen, ihren schlanken Leib mit meinen Armen umfangen und sie zu der meinen gemacht, aber ich konnte mich noch daran erinnern, wo wir uns befanden. Dass uns der ein oder andere vorbei laufende Scriba einen seltsamen Blick zugedachte, störte mich nicht unbedingt.


    Ich mochte ihren Geruch, diesen feinen, zarten Körperduft, den die Hitze hatte hervorlocken können, und genießerisch atmete ich ein.
    "Vielleicht nicht gedacht, meine süße Sylphide," flüsterte ich zurück. "Aber glaubst Du, dass ich blind bin? Manche Gedanken verdienen es, fertig gedacht zu werden, und seien sie noch so lästerlich oder ungewöhnlich ... würde es Dir gefallen, über meiner Schulter zu liegen?"

    Einem Mann, der mir nicht schnell genug auswich, rammte ich die Schulter gegen die seine, damit meine Begleiterin nicht getroffen wurde, und so erreichten wir unter wüsten, langsam leiser werdenden Beschimpfungen langsam aber sicher unseren Bestimmungsort. Auch wenn ich immer mehr das Gefühl gewonnen hatte, demnächst am Boden festzukleben, hatten wir den Weg dann doch überlebt. Zumindest eines hatte mich Rom heute sehr nachdrücklich gelehrt: Wenn es noch einmal so heiß zu sein schien, würde ich keinen Fuß mehr vor die Villa setzen, ausser ich würde dazu mit ausgestrecktem pilum gegen mein sternum gedrückt gezwungen werden.


    "Zumindest jetzt ist die Gefahr einstweilen gebannt, aber vielleicht hat hier ja jemand eine Schale abzugeben," sagte ich vergnügt und blickte mich sogleich gespielt suchend um, als könnte ich jemanden entdecken, der mir sein Geschirr freiwillig überließe. Dass hier natürlich nur umhereilende Schreiber und andere Beamte unterwegs waren, war mir klar, aber zumindest für den Moment gehörte das Schauspiel zur lockeren, freien Stimmung des Tages. Dass sie innerhalb so kurzer Zeit puterrot wurde, ließ mich umso breiter schmunzeln - ob sie die Folgen ihrer Gedanken auch bedacht hatte?`


    So neigte ich mich zu ihr hinab, berührte ihr Kinn sanft mit einem Finger, sodass sie den Kopf nicht zu schnell vor mir wegdrehen konnte, und raunte ihr mit leiser, verheißungsvoller Stimme in ihr Ohr, über dem das blonde Haar in dünnen, wirren Strähnchen hing und entzückend von der Hitze gebannt schien: "Fordere niemals einen Flavier heraus, süsse Sylphide, es könnte sein, dass sich Deine Wünsche erfüllen und Du dann nicht mehr weisst, ob Du möchtest, dass sie jemals aufhören." Sachte atmete ich dabei, den Effekt eines vagen Windhauchs über der empfindlichen Ohrmuschel provozierend.

    "Das kann ich nur zurückgeben," sagte ich und blickte ihn über dem Rand meines Weinbechers abermals sinnierend an. Es wäre so einfach, jetzt aufzustehen, mich auf die Liege neben ihn zu setzen und ihn mir ertasten, mit meinen Fingern zu vereinnahmen, aber ... ich fühlte die Woge eines brennenden Hungers über mich hereinbrechen und war dankbar für meinen aufgestellten Schenkel, der gewisse verräterische Umstände vorerst vor seinem Blick zu verbergen imstande war. "Nun, wir sind einfach sehr gut befreundet, und ich schätze ihn sehr, nicht nur als Verwandten, auch als einen Mann, mit dem ich sehr viele Gedanken und Ansichten teile. Er ist ein kluger Kopf und kennt Rom schon eine deutlich längere Weile als ich es tue, sodass ich mir denken könnte, dass auch er Dir vielleicht so manches berichten kann. Zudem ist er als sacerdos sicher auch ein guter Ansprechpartner für alle möglichen Glaubens- und Ausbildungsfragen."


    Irrte ich mich oder wirkte sein Blick ein klein wenig verschleiert? Vertrug er etwa den schweren Falerner nicht? Ich spürte die Wirkung des Weins ja selbst, und normalerweise kam ich mit diesem dunkelroten Gold gut zurecht. Wahrscheinlich tat die Hitze des Tages ihren guten Teil dazu bei, dass der Wein seine Wirkung hatte. "Nun, es wäre doch sicherlich angenehm, gemeinsam mit Dir lernen zu können," fügte ich den Gedanken an, der mir bei seinen Worten im Hinterkopf aufgeblitzt war, allerdings lenkte mich diese glückliche Olive wieder allzu schnell ab, die sich zwischen seinen Lippen bettete und den süßen Weg in seinen Schlund antrat. Fast gierte ich danach, er würde sich noch einmal eine Traube genehmigen ...

    Als ob Rom geahnt hätte, wie wenig ich diese Stadt zu schätzen wusste, wurde die Hitze von Schritt zu Schritt drückender und unangenehmer, von den vielen Häusern gespeichert und vom Boden einmal mehr eingefangen, als müsste man mit den Städten Achaias einen Hitzewettbewerb austragen. Mir stand recht bald der Schweiß auf der Stirn und ich fühlte mich unter der Tunika wie in einem Backofen. Sie hatte Recht, allzu lange würde uns der Aufenthalt im Freien nicht besonders gut tun.


    "Nichts läge mir ferner, als Dir den Mund zu verbieten," sagte ich aufrichtig und steuerte dennoch die Curia an. Ein bisschen Schatten würde uns vielleicht abkühlen, und dann konnten wir uns zum nächsten Gebäude weiterhangeln. "Jetzt werden wir wahrscheinlich doch noch geschmolzen. Ich frage mich nur, wo wir nun jemanden mit Eimern herbekommen, damit wir auch aufgesammelt werden."


    Ich ging entschlossen voran und ebente uns mit dem freien Arm den Weg, schubste hier jemanden ein wenig in die Seite und machte an einem anderen Ort Front mit meiner Schulter gegen einen anderen Mann, der uns partout nicht hatte ausweichen wollen.
    "Gönnen wir uns ein wenig Schatten, Nadia, ansonsten muss ich Dich noch über meine Schulter werfen und in den nächsten Brunnen springen, damit wir uns ein wenig abkühlen können." Der Gedanke wurde gleich aus zwei Gründen immer angenehmer, und nur der eine hatte etwas mit Abkühlung zu tun.

    "Salve, Valerius!" sagte ich und nickte ihm ruhig zu. Dass ich ihn so schnell wiedersehen würde, hätte ich nicht gedacht, aber es war mir nicht unrecht. Als er mich dazu aufforderte, suchte ich mir einen freien Tisch in der Nähe des seinen und setzte mich - nun war aus dem erwarteten Greis mit weißem Haupthaar ein Priester in den besten Jahren geworden, so bestand auch keine Notwendigkeit, hier weiter herum zu stehen und einer unnötigen Höflichkeit Genüge zu tun.


    "Ja, das habe ich vor. Es ist mein Wunsch, dem Mars zu dienen, so gut ich es vermag." Moment. Prüfling? Was bitte wollte er nun prüfen? Aber ich hoffte irgendwie, dass ich noch erfahren würde, worum es ging. Opferprüfung? Er würde doch hoffentlich nicht erwarten, dass ich gleich einen Stier schlachtete ...

    Ab und an mochten einige Passanten ihnen beiden nachsehen, aber das kümmerte mich herzlich wenig. Sollten sie doch denken, was sie wollten, immerhin war ich derjenige, der mit einer ausgesprochen hübschen jungen Frau am Arm durch die Straßen flanieren konnte, und kein anderer an diesem Tage. Nein, meine süße blonde Sylphide aus dem Norden war es, welche die meisten Blicke auf sich zog, und meine gebräunte Haut und das dunkle Haar bildeten einen sicherlich reizvollen Kontrast zu ihren eher hellen Farben. Es war mittlerweile so heiß geworden, dass ich mit dem Gedanken spielte, sie in einen kühlen Garten zu zerren und mich gemeinsam mit ihr in einen Brunnen zu setzen, aber ich hatte das dumpfe Gefühl, dass sie davon vielleicht nicht so begeistert sein würde, schien sie mir doch bisher eher zurückhaltend.


    "Die Curia dürfte innen zwar kühl, aber auch ziemlich langweilig sein, ein Officium neben dem nächsten, und ich habe nicht allzu viel Sehnsucht danach, sie zu besichtigen. Oder möchtest Du dort hinein? Dann können wir sie gern anschauen, aber ich glaube, da gibt es spannendere Orte als gerade ein Verwaltungszentrum," meinte ich zu ihren worten und es fiel mir nicht schwer, meine hübsche Führerin anzulächeln.
    "Rom ist wohl immer in Bewegung. Kennst Du das Sprichwort, dass alle Wege nach Rom führen würden? Manchmal glaube ich, die ganze Welt kennt es und versucht es auch ernst zu nehmen, alles drängt sich in diesen Moloch an Intrigen und Machtinteressen."


    Das klang nun doch bitterer, als ich gewollt hatte, und ich versuchte, meine Worte mit einem Scherz abzumildern.
    "Was wärst Du mir denn für eine Führerin, wenn Du schwiegest? Wir würden wohl stumm wie die Fische uns durch die Gassen drücken, das möchtest Du doch sicher nicht, Nadia."

    Seine Hand zitterte, und auch wenn es nur eine kurze Geste gewesen war, meinen ohnehin schon überreizten Sinnen entging sie nicht. Wahrscheinlich wäre mir auch noch ein kurzes Erheben der Härchen auf seinen Armen klar und deutlich vor Augen gestanden, so sehr hatte sich meine innere Konzentration auf ihn gerichtet. Dass eine Sklavin den Raum betrat, bemerkte ich erst, als sie wieder ging, und ich hätte sie trotz meines sonst sehr genauen Blicks für Frauen nur als langhaariges Etwas beschreiben können, nicht einmal die Art ihres Ganges. Es schien mir nicht gerecht, dass dieser junge Mann meine Sinne so schnell für sich vereinnahmt hatte, denn es war mir sehr wohl bewusst, wie gefährlich ein solches Spiel zwischen Mann und Mann ausgehen konnte, vor allem, wenn er aus guter Familie stammte. Wir waren nicht in Achaia, und Knabenliebhaber - so würde man es nennen - waren in Rom immernoch verspottet, wenn nicht gar still verachtet.


    Dass ich nun wieder einen Schluck des die Sinne raubenden Falerners nahm, war nur mehr eine Flucht aus meinen Gedanken, doch bemerkte ich, dass mein Becher bald leer sein würde - Corvinus schien es ebenso zu gehen, denn er hatte sich gerade nach der Amphore ausgestreckt, um sich nachzuschenken. War da nicht unter seiner Tunika etwas zu entdecken, was mich hoffen ließ, diese leichte Wölbung? Dann jedoch entpuppte sich dies als eine Falte seines Kleidungsstücks und ich blinzelte, um meinen Kopf wieder frei zu bekommen. Natürlich spielte ich das Spiel, aber ich war nicht davor gefeit, nicht auch Teil davon zu werden, mich selbst in meinem eigenen Netz zu verstricken. Auch mir gestand er neuen Wein zu und ich dankte ihm mit einem leichten Nicken dafür.


    "Ich könnte mir in diesem Haushalt keine schlechte Köchin vorstellen," entgegnete ich und ließ meinen Blick langsam über die Wände schweifen, aber auch, um nicht dauernd seinen schlanken, jugendlich-männlichen Leib vor Augen zu haben. Wie sollte ich dieses verdammte Essen durchstehen, wenn er wie ein junger Gott dahingegossen auf seiner Liege lümmelte? "Ich hoffe nur, ich kann mich mit einer Gegeneinladung in die Villa Flavia angemessen für dieses Essen revanchieren ... ich bin mir sicher, auch im Haus meiner Familie dürftest Du dein Vergnügen finden." Er und Gracchus im gleichen Raum und ich würde wahrscheinlich explodieren vor Begierde - ihr Götter, warum habt ihr nur solche Leiber erschaffen? Auch ich korrigierte nun meine Sitzhaltung und winkelte das ihm zugewandte Bein etwas an, einen Sichtschutz etablierend.

    Nachdem ich meinen Eid gesprochen hatte, war ich zurück auf den Gang getreten und wählte die fünfte Tür der linken Seite, wie es mir der Scriba gewiesen hatte. Der karge Raum war leer und so blieb ich in der Mitte desselben stehen, ohne Platz zu nehmen, denn wer auch immer dort erscheinen würde, er sollte mich nicht für faul halten. Schweigend verlor ich mich in meinen Gedanken und wartete ab, wer sich zu mir gesellen würde, um den nächsten Schritt vorzugeben ...

    Ich trat ruhig und gemessen vor, bevor ich mit lauter Stimme zu sprechen begann, auf dass mein Eid auch gehört werden würde.


    "Ego, Caius Flavius Aquilius, deos deasque imperatoremque romae in omnibus meae vitae publicae temporibus me culturum, et virtutes romanas publica privataque vita me persecutorum esse iuro.
    Ego, Caius Flavius Aquilius, religioni romanae me fauturum et eam defensurum, et numquam contra eius statum publicum me acturum esse, ne quid detrimenti capiat iuro."


    Einige Momente lang lauschte ich dem verklingenden Echo meiner Worte und kehrte dann auf den Gang zurück, um mich in das gewiesene Officium zu begeben. Der erste Schritt war unwiederbringlich getan.

    Zitat

    Original von Marcus Valerius Mercurinus
    Mercurinus schüttelt lachend den Kopf. "Ja, das habe ich mir schon gedacht." Diese Patrizier, wenn er denn überhaupt einer ist, sind schon immer für eine Aufheiterung an einem trüben Tag gut. Wie viele waren nicht schon in diesem Officium gelandet und hatten verkündet, Flamen werden zu wollen. Und wieviele waren es letztendlich geworden? Ganze drei. Doch er würde keinem seine Illusionen rauben, immerhin würden ihre Träume dafür sorgen, dass sie sich ein wenig ins Zeug legen.
    "Dann begibt dich zum Heiligtum der Regia und lege dort deinen Eid ab. Einfach von hier aus rechts den Gang hinunter. Anschließend gehst du von dort aus den Gang entlang und nimmst die fünfte Tür Linkerhand. Warte dort im Officium, ich werde einem Priester Bescheid geben lassen."


    Ich nickte ihm dankend zu und atmete tief ein. Leicht war mir der Weg hierher im Grunde nicht gefallen, aber er fühlte sich seltsam richtig an. Seit dem Opfer vor der Statue des Mars hatte sich einiges in die richtigen Bahnen bewegt, und so wollte ich auch den Rest des Weges angehen, wie es einem Römer zukam.
    "Ich danke Dir für diese Hinweise und die Zeit, die Du Dir genommen hast." Damit erhob ich mich und nickte abermals, bevor ich mich zur Tür wandte und ihm noch ein "Vale bene!" zugedachte, das ernst gemeint war. Den Eid sprechen ... ja, jetzt begann wirklich der Ernst hinter all dem Spiel. Und er fühlte sich nicht einmal so schlecht an wie gedacht.