Wäre der Aurelier eine Frau gewesen, hätte ich mir gedacht, dass er flirtete, hemmungslos sogar, aber das? Entweder er war sich seiner Wirkung absolut nicht bewußt und genoss einfach nur die Trauben, oder aber er wusste es genauso gut wie ich und provozierte mich absichtlich, wohl wissend, was er damit auslösen konnte. War mir so deutlich anzumerken, dass ich Männern ebenso viel Genuss abgewinnen konnte wie Frauen? Oder aber er ... nein, konnte das möglich sein? Ich würgte den dicken Frosch in meinem Hals hinunter und spülte mit dem süßen Falerner nach. Wenigstens hatte ich den Trost, dass ich wie auch mein Vater eine gute Menge Wein vertrug und mich der erste Becher zwar in eine gehobene Stimmung versetzte, aber in keine leichtsinnige. Noch hatte ich meine Sinne beisammen, wenngleich sich ein zusätzliches Stimmchen meldete, das begann, sein Recht einzufordern. Langsam strechte ich meine Hand aus und nahm mir einige Trauben aus der dargebotenen Schale.
"Ich danke Dir," sagte ich und erwiederte seinen Blick. Wenn er Krieg wollte, sollte er ihn haben. Ich wusste das Spiel zwischen Mann und Frau - oder, wie in diesem Falle, Mann und Mann - ebenfalls zu spielen und wusste genau, dass ich darin einige Jahre mehr Erfahrung aufzuweisen hatte als er. Denn irgendwie konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass ein knapp zwanzigjähriger Mann von seinen Jugendtagen an schon die Freuden der Liebe kennengelernt haben mochte, nicht bei einer doch eher sehr konservativen Familie wie den Aureliern. Dieses Ziehen im Lendenbereich ließ mich ein bisschen wagemutiger agieren, als ich es sonst getan hätte, aber mir gefiel der Gedanke an ein Geplänkel zu gut, um es nicht zumindest versucht zu haben. So gab ich mir Mühe, meine Stimme rauh und etwas kratzig klingen zu lassen, als ich auf seine mehrdeutige Frage antwortete. "Doch, unser Gepräch hat auch mir ein wenig Hunger gemacht ..."
Ich legte eine rhetorische Pause ein und ließ ihn seine Phantasie bemühen, was ich wohl gemeint haben könnte, bevor ich mir eine Traube von dem entgegen genommenen Traubenstrunk abzupfte und in den Mund steckte, den ausgestreckten Zeigefinger allerdings deutlich langsamer zwischen den Fingern wieder herausziehend, sodass ein feuchtes Glänzen meines Speichels darauf zurück bleiben musste. "...ich werde mich Dir also sehr gerne anschließen." Jetzt wollten wir doch einmal sehen, wer dieses Spiel besser beherrschte!