Beiträge von Caius Flavius Aquilius

    "Genau das. Üblich ist, dass der Opferpriester in einem Gebet, in dem er den Gott, welchem das Opfer gilt, noch einmal kurz zusammenfasst, wieso man ihn anruft, was sich der Opfernde wünscht und natürlich die entsprechenden Ehrentitel und Anreden, die dem Gott gebühren .. bei Mars sind das so einige, und als Priester wird es später auch eine Deiner Aufgaben sein, den Opfernden zu helfen, die diese Ehrentitel nicht kennen. Viele Bürger kennen nur die gebräuchlichen Namen, aber je mehr Du davon kennst, desto besser ist es. Letztendlich ist es wie eine Schmeichelei für eine schöne Frau. Wenn Du nur ihr Kleid lobst, wird sie sich irgendwann fragen, wieso Du nur ihr Kleid schön findest, nicht aber ihr Lächeln, ihr Haar, ihre Lippen und so weiter - Du musst also versuchen, möglichst alle Aspekte einer Gottheit abzudecken, wenn Du betest, damit sich nicht einer dieser Aspekte zurückgesetzt fühlt und das Opfer verdirbt."
    Diese Auswendiglernerei hatte mir jedenfalls nie so wirklich gefallen, aber mit der Zeit gewöhnte man sich eben an alles. Hatte man erst einmal alle Ehrentitel und Aspekte des Mars hundert Mal bei einem Opfer herunter gebetet, dann behielt man sie sich auch im Gedächtnis. "Was meinst Du, welche Aspekte von Mars fallen Dir gerade ein? Ein paar dürften Dir sicher geläufig sein ..."

    Sie legte mit dem typischen Appetit der Schwangeren los, das Essen zu dezimieren - für einen Moment lang reihten sich die Oliven und Schafskäsestücke vor meinem inneren Auge wie Soldaten auf und Feldherrin Bridhe wählte zur Strafe für die uneinheitliche Form der 'Männer' jeden zehnten zur rituellen Opferung in Form von Verspeisen aus - ich hingegen ließ es ein Stück langsamer angehen. Ein Stück Brot nahm ich ebenso, dazu Oliven und Käse, und ein Stück nach dem anderen wanderte in meinen Mund, mischte das Aroma mit dem anderen, und im Schlucken wurde Platz gemacht für mehr. Dass sie nachdachte, dass ihr viel durch den Kopf ging dabei, war für mich nicht zu übersehen. Umso mehr war ich auf die Antworten gespannt, denn auch wenn ich einiges an ihr zu kennen glaubte, im großen und ganzen war mir Bridhe, wie die meisten Frauen, doch noch immer ein großes Rätsel.
    "Es ist schön, dass Dich dieser Ausflug ein wenig erfreut. Die letzten Tage waren unangenehm, und ich denke auch, dass wir früher hätten heraus fahren sollen, weil in all den Aufgaben, die ich zu erfüllen habe, wenig Zeit blieb, mich auch um Dich zu kümmern - Du trägst mein Kind, und ich hätte mir mehr Zeit nehmen sollen. Letztendlich habe ich zu wenig auf Dich geachtet, und das tut mir leid."


    Das entsprach den Tatsachen - nicht zuletzt deswegen hatte mich diese Ernährungssache der Sklaven so sehr geärgert. Wieviel war mir denn noch entgangen in meinem persönlichen Umfeld? Wieviel würde mir noch entgehen, während sich mein Geist auf die Probleme anderer richtete und ich bestrebt war, es anderen recht zu machen, damit ich als Amtsträger anerkannt wurde? Manchmal schien mir diese Zeit ungleich mehr verschwendet...
    "Wie es weiter gehen soll? Nun ... ich hatte mir gedacht, dass ich Dir einen Betrieb kaufe, oder ein Haus, in dem Du leben wirst und Dir eine Existenz aufbauen kannst - Du hast nie einen Hehl daraus gemacht, dass es Dir in der villa nicht gefällt, und so gerne ich Dich auch in meiner Nähe behalten würde, so sehr widerstrebt es mir doch, Dich zu zwingen, dieses Leben weiter zu führen, wenn es Dir so zuwider ist. Als Freigelassene darfst Du ein Geschäft führen, und ich hatte gehofft, Du würdest genug gelernt haben, wenn ich Dich freilasse, dass es Dir möglich sein wird, dies alleine und ohne Hilfe zu tun - jetzt ist es alles ein bisschen früher geschehen, als ich es mir gedacht habe, und wir müssen uns gemeinsam überlegen, wie es mit Dir weitergehen soll, Bridhe. Wenn Du meinen Namen trägst, dann wirst Du in dieser Stadt jemand sein, mehr als viele Plebejer sogar. Unser Kind trägt das Erbe römischer Kaiser in sich."

    "Im Zweifelsfall hast Du den Vorteil eines großen Hauses," sagte ich trocken. "Eine Plebejerin dürfte irgendwann die Grenzen dessen erreichen, was sie anhäufen kann, um sich daran zu erfreuen, aber unsereiner kauft sich dann eben ein Landhäuschen oder eine neue villa." Der leicht sarkastische Unterton meiner Stimme wurde von einem Schmunzeln begleitet, das war nun wirklich eine Sache, die ich bei einer Frau nicht dulden würde, wäre sie die meine, zuviel unnützes Zeug anzuhäufen, das man vielleicht ein- zweimal wieder ansah, um es zu haben, aber nicht wirklich brauchte. Frauen schienen da etwas anders gelagert zu sein als Männer, mir hätten auch zwei togen und vier tunicas vollkommen gereicht.
    Natürlich ging es um die Ehe. Eine Frau in einem gewissen Alter hatte nicht mehr allzu viele Optionen in ihrer Zukunft, und wenn sie nicht den Göttern dienen wollte oder nicht schon eine ganze Rasselbande Kinder am Schürzenzipfel hängend ertragen musste, blieb im Grunde wenig anderes übrig als eine Ehe, die umständliche Suche nach einem passenden Bräutigam und die noch schwierigere Arbeit, zwei einflussreiche Familien zusammen zu bringen - eine nicht einflussreiche Familie kam ohnehin nicht in Frage.


    "Eine neue Ehe also," sagte ich und nickte. Nun, wenigstens würden wir darüber nicht streiten müssen, ich hielt es auch im Hinblick auf ihre finanzielle Sicherheit für besser, wenn sie wieder heiratete, von meinen oder ihren Eltern würde nichts zu erwarten sein, und ich selbst konnte auch nur eine begrenzte Anzahl an Verwandten durchfüttern, bevor meine eigene Zukunft auf der Kippe zu stehen begann.
    "Was erwartest Du denn von einem Ehemann? Ich denke, ich kenne genug gute Männer, um unter ihnen den ein oder anderen passenden finden zu können, wenn Du nicht selbst jemanden schon kennengelernt hast." Was sie hatte, und ich wusste auch genau, wen - aber es war auch eine perfekte Möglichkeit, ihr indirekt vor Augen zu halten, dass ihr gewählter Weg nicht unbedingt der passendste war für eine Flavierin.
    "Letztlich ist die Ehe, wenn man sie unter den falschen Prämissen beginnt, doch zumeist eine Enttäuschung, ich habe dies an meinen Eltern gesehen. Ein solches Leben sollte einem erspart bleiben, Menschen, die nur durch Hass und Besitz aneinander gekettet sind, werden selten glücklich und noch weniger wachsen ihre Kinder in geordneten Verhältnissen auf, um dann selbst glücklich zu werden. Was den aurelischen Garten angeht - warum bittest Du nicht eine der jungen Aurelierinnen, ihn Dir zu zeigen, wenn er Dich so sehr interessiert?" Auch hierin lag eine recht klare Ansage, und ich war mir sehr sicher, dass sie diese verstehen würde.

    Auf meinem Schreibtisch türmten sich wieder einmal die Schriftrollen mit Berichten über das Wohl meines in alle Welt verteilten Landbesitzes - und ich musste mich darum kümmern, manche Entscheidungen konnte Straton nicht alleine treffen, so schade es auch war. Indes, dass ich Besuch bekommen hatte, war eine willkommene, wenn auch der Arbeit nicht zuträgliche Unterbrechung, und da es sich laut unseres Sklaven nur um eine Sklavin handelte, konnte ich auch darauf verzichten, mich wieder in eine toga zu werfen.
    So blieb es bei einer dunkelblauen tunica, die ansonsten weder verziert noch mit irgendwelchen Fäden durchzogen war, ein schlichtes Kleidungsstück, wenn man nicht mehr vor hatte, auszugehen - und ich betrat das atrium mit wenigen Erwartungen, die allerdings bei weitem übertroffen wurden. Ein wirklich hübsches kleines Ding, dachte ich mir beim Anblick der Sklavin, und die schmerzliche Erinnerung an Nefertiri kehrte zurück. Ich vermisste sie, vermisste auch ihre scharfe Zunge und ihre Intelligenz, aber manche Dinge konnte man eben nicht haben, egal, wie sehr man sie sich auch wünschte. Dieses Kapitel war wohl endgültig zugeschlagen im Buch des Lebens ...


    "Salve ... ich bin Flavius Aquilius. Man hat mir gesagt, Du hättest eine Botschaft für mich?" sprach ich sie an und blieb bei ihr stehen, sie etwas fragend anblickend. Wer sie wohl geschickt hatte? Aber ganz offensichtlich hatte dieser jemand einen guten Geschmack, was ein hübsches Gesichtchen anging, ich zweifelte nicht daran, dass ihr Herr ihre Vorzüge auch auf seiner Bettstatt genoss. Wann hatte ich eigentlich das letzte Mal ... deplorablerweise fiel es mir nicht einmal ein. So weit war es also schon mit mir gekommen, dass ich mich nicht einmal mehr wirklich erinnerte, und schlimmer noch, es war mir vorher nicht einmal aufgefallen.

    Zitat

    Original von Bridhe
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    Na, da hat wohl eine gewisse Sklavin wieder nicht aufgeräumt, was? :D Jetzt ist aber wieder Platz. ;)

    Ich fühlte mich zwar entspannt, aber Bridhe saß nach wie vor auf ihrem Stuhl wie eine Henne auf einer sehr dünnen Stange, fast, als drohe sie dauernd herunter zu stürzen. Wirklich lachen gesehen hatte ich sie lange nicht mehr, aber ich musste auch gestehen, dass ich viel ihrer schlechten Laune der letzten Wochen ihrer Schwangerschaft zugeschrieben hatte. Jeder wusste doch, wie launisch Frauen dann für gewöhnlich wurden. Zumindest hatte ich immer wieder erschreckende Geschichten gehört und war auch durch Orestillas Zustand bestätigt worden. Und Bridhe ... wann immer ich sie gesehen hatte, und das war selten genug in der letzten Zeit gewesen, hatte ich eine saure Miene erblickt und nicht nachgefragt, wie es ihr ging.
    Zu viel anderes hatte mich in Atem gehalten, und ich bemerkte mit einem Mal, wie ich mich ihr gegenüber verhalten hatte - wie ein absoluter Rüpel. Als sei es gar nicht mein Kind, das sie trug, doch konnte ich wirklich sicher sein? War es nicht vielleicht doch das von Severus? Aber diesen Zweifel schob ich beiseite. Man würde es sehen, wenn es auf der Welt war, davor wollte ich mir keine Gedanken darum machen, ich konnte es ja doch nicht ändern. Das Kind wuchs in ihr, und ob es nun meines war oder seines, ich mochte die Mutter dieses Kindes immernoch. Geliebt hatte ich sie nie, und das würde ich wohl auch nicht, aber ich mochte sie. Schon an jenem Tag, als sie vom Sklavenhändler wie Ware verschachert worden war, hatte ich eine Verbindung zu ihr gespürt.


    "Das übliche ...?" Ich sprach die Worte gedehnt aus, und dann kam auch ihre Erklärung. Man gab den Sklaven allen Ernstes Brei? Und ließ sie dann hart arbeiten? Selbst Legionäre waren besser verpflegt, auch wenn ich puls nach wie vor recht zweifelhaft fand, er war dann doch recht nahrhaft. Langsam runzelte ich die Stirn, je mehr sie sagte, und eine steile Falte entstand zwischen meinen Augenbrauen auf der Stirn. Wie konnte man denn bitte am Essen sparen? Während sich meine hehre Verwandtschaft mit irgendwelchen erlesen Spezereien die Bäuche voll stopften, gab man den Sklaven ein Essen, das man nicht einmal Pferden gereicht hätte ... man musste mir den rapiden Verfall meiner guten Laune geradezu ansehen können, denn das sonnige Lächeln war verschwunden und machte zornigem Blitzen in den Augen Platz.
    "Ich werde mich darum kümmern, dass Du in Zukunft angemessen versorgt wirst," sagte ich gepresst, alle anderen Worte, die mir nur allzu deutlich auf der Zunge lagen, verschluckend. Das würde ein längeres Gespräch mit Gracchus geben müssen, von dem ich genau wusste, dass er nicht verstehen würde, warum mich das so ärgerte, was man in unserem Haus mit den Sklaven machte.


    Der Wirt jedenfalls bewies ein erstaunliches Maß an Einfühlungsvermögen und schickte seinen Schankkellner mit unserem Frühstück just in dem Augenblick an den Tisch, in welchem ich am liebsten auf selbigen geschlagen hätte. Eine Schale voller grüner Oliven, eine Schale mit eingelegten schwarzen Oliven, ein Teller mit frischem Schafskäse, eine Schale mit in Stücken geschnittener Honigmelone, zwei gekochte Eier, einen Krug Milch und einen Krug Wasser, dazu kaltes Hühnchenfleisch und einen großen Laib Brot wurden vor uns aufgebaut und angesichts der rauhen Menge hatte ich das Gefühl, der Wirt hielt uns für die Vorhut einer vorbeiziehenden legio.
    "Ich hoffe, es schmeckt Dir," sagte ich und ließ ihr die freie Wahl unter den Sachen, während mein Blick auf ihr lag, versuchte einzuschätzen, was in ihrem Kopf vor sich ging, auch wenn es mir denkbar schwer fiel. "Du bist nicht glücklich, oder, Bridhe?"

    Man hätte meinen können, meine reizende Nichte wäre unter die consuln oder senatoren gegangen, stets beschwert durch unzählige Sorgen um das Wohl des Staates und der darin lebenden Bürger - ein solch tiefes Seufzen, diese nonchalante Art, nachdenklich und überdrüssig zugleich inmitten eines blühenden Gartens zu lagern und sich doch daran nicht erfreuen zu können - es erinnerte mich so schmerzlich an meine eigene Vergangenheit, als ich versucht hatte, der Monotonie meines Daseins, meiner damals unglücklichen Liebe zu einem unerreichbaren Menschen zu entfliehen, indem ich immer weitere Laster gekostet hatte, die niemals imstande gewesen waren, meine Gedanken vollständig auszufüllen oder abzulenken. War dies denn ein Fluch unseres patrizischen Daseins, so sicher zu leben, dass man sich langweilte, weil man keine Sorgen hatte? Dass der bloße Genuss schon so unendlich alltäglich war, dass man daran nichts mehr finden konnte, das einem gefiel? Für einen Moment lang hätte ich sie am liebsten geschüttelt, um sie aufzuwecken, ihr Bewusstsein für die Tatsachen aufzurütteln, aber ich wusste, es würde wenig Sinn machen, wenn sie dies nicht von sich aus erkannte.


    "Es ist denke ich nicht die Frage, wieviel man bereits kennt, wieviel man hat, sondern die Art, wie man mit dem umgeht, was man hat," gab ich zu bedenken, aber ich schob den Gedanken auch wieder beiseite, darauf achtend, wie sie reagierte - nicht mit jeder Frau konnte man eine philosophische Diskussion führen. Die meisten langweilte es sogar.
    "Deine Zukunft? Du hast denke ich recht viele Möglichkeiten - solltest Du wieder heiraten wollen, findet sich sicherlich ein passender Kandidat aus guter Familie, solltest Du alleine leben wollen, wird Dich hier niemand in eine Ehe zwingen. Warum denkst Du nicht einmal daran, Dich im cultus deorum zu versuchen? Priesterinnen aus gutem Haus sind selten, und Du hättest eine Abwechslung, die Dir im Haus selbst nicht gegeben ist ..." Der aurelische Garten? So beiläufig die Worte auch fielen, irgendwo in meinem Hinterkopf begann eine Information auf und ab zu hüpfen, um meine Aufmerksamkeit zu erringen.
    "Wie ich hörte, gibt es dort so einige seltene Pflanzen - mein Freund Marcus ist ein großer Liebhaber exotischer Gewächse, aber es ist fast unmöglich, hier in Rom jemanden zu finden, der sie angemessen betreuuen kann."

    Und jetzt kam der blutige Teil. Ich nahm das Opfermesser von beiden wieder entgegen und trat zu dem Tier, das in kürzester Zeit zu Ehren des Mars sein Leben lassen würde und musste - anscheinend ahnte es, was ihm bevorstand, zuckte mit dem Kopf unruhig hin und her, aber die Stricke hielten den Bock fest genug, dass er nicht ausbrechen konnte. Ein leichtes Nicken zu einem der camilli reichte, dass er mir den Opferhammer übergab, dann holte ich aus, mit genug Schwung, um das Tier gezielt zu Fall zu bringen, aber nicht zuviel, um das Hirn des Tiers nicht im großen Blut-Matsch-Gemisch über den Altar zu spritzen (auch sowas passierte bisweilen, und es war kein angenehmer Anblick).
    Während die Vorderläufe des Bocks einbrachen, führte ich das Messer mit einem klaren, harten Schnitt den Hals entlang, der Körper sackte in sich zusammen, Blut schwappte, und das Opfer war vollbracht, die dunkelroten Schlieren zogen sich über den Boden, über das Fell des Bocks und (natürklich!) auch über meine in Sandalen steckenden Zehen. Manchmal schien es mir, als würde das genau deswegen passieren, weil ich Blut zwischen den Zehen nicht mochte. Aber man konnte es sich eben nie aussuchen.


    Ich beobachtete den Fluss des Blutes, um eine zu geringe Menge als Zeichen des Missfallens von göttlicher Seite erkennen zu können, aber der Bock blutete genau richtig und so mussten wir eine Weile warten, bis ich das Tier schließlich, als es auf den Altar gewuchtet worden war, aufschneiden konnte, um die Eingeweide heraus zu nehmen und sie auf jene unmissverständlichen Zeichen hin zu überprüfen, die Mars senden würde, wenn er das Opfer nicht annahm. Dabei versuchte ich angestrengt, nicht an das zweimal misslungene Opfer zu denken, das ich vor einiger Zeit mit meinem patronus gefeiert hatte - so etwas erlebte man als Priester nicht oft, und ich war nicht wild darauf, es eventuell wieder erleben zu müssen.

    Er dachte mit - auch das war etwas, das mir sehr gut gefiel, so etwas war bei den discipuli wirklich selten geworden. "Ich werde ein Gebet sprechen, das ist richtig, aber die Anrufung des Mars müsstest Du als der Opferpriester übernehmen - fühlst Du Dich dafür sattelfest genug?" Nicht jeder kannte alle Aspekte des Mars auswendig, und bevor er sich blamierte, konnte man immernoch einmal die Strategie abstimmen.
    "Das Vorpofer wäre üblich, aber da das Tier nun schon angebunden ist und alles bereit steht, denke ich, können wir auch darauf verzichten - bevor das Ferkel unruhig wird und durch zu lautes Gequieke das ganze Opfer stört. Auch das ist etwas, worauf Du achten musst, wenn Du ein Opfer leitest. Tiere werden sehr schnell unruhig, wenn sie nicht durch beruhigende Substanzen in ihrem Essen ein bisschen gleichgültiger gemacht wurden, und Du hast nicht ewig Zeit, das Voropfer durchzuführen, wenn die Tiere bereits vorbereitet wurden. Letztendlich hat jedes Lebewesen einen Überlebensinstinkt, und der kann nicht immer betäubt werden."

    Leider reicht die Eigeninitiative meistens nicht aus - denn man ist, auch wenn man eigene Ideen hat, auch von anderen Spielern abhängig, schlichtweg, dass sie überhaupt einmal antworten. Wenn man zu Beginn der eigenen Amtszeit Threads beginnt, die ein, zwei Antworten des Gegenübers bekommen und dann fast zwei Monate ohne eigenes Verschulden brach liegen, ist das einfach dumm gelaufen - aber es demotiviert auch, neue Initiativen zu zeigen.
    Ich denke, kein Jungpolitiker erwartet ein gemachtes Nest, wenn er seinen ersten Job antritt, aber dauernd Türen vor der Nase zugedonnert bekommen oder schlichtweg mit Verwaltungsarbeit zugerotzt, biss man nicht mehr atmen kann und es Ausmaße eines Nebenjobs annimmt, sollte auch nicht sein.


    Edit: Deine Meinung hättest Du denke ich auch unter einem bekannten Namen äußern können ;) Anonym find ich immer ein bissel ... fragwürdig.

    Tja, ich hätte es auch schöner gefunden, hätten wir ein paar mehr Kandidaten gehabt, ein bisschen mehr Konkurrenz und so weiter - aber mal ehrlich: Beim Aufgabenprofil der meisten Ämter graust es einen entweder vor der Fülle an simoff-Tätigkeiten (beispielsweise Erbschaftsfallverwaltung, Spiele organisieren) oder man stiert in der Luft herum und muss sich jeden Fitzel Spiel selbst mühselig organisieren, immer in der Hoffnung, dass einen der Postingpartner, falls er antwortet, nicht vor Ende der Amtszeit hängen lässt.


    Dass das irgendwann unattraktiv wird für Jungpolitiker oder neue Spieler, die gleichzeitig durch diverse Mechanismen zusätzlich noch signalisiert erhalten, dass sie letztendlich trotz allen Anstrengungen immer nur zweitrangig bleiben werden hinter den Giganten des Senats und der Wisim, kann ich gut verstehen.


    Danke übrigens, dass man auch heute noch wählen kann - ich hätte mein Wahlreicht am WE nicht ausüben können ;)

    Ein zweites Mal vor diesem Gremium zu stehen, war seltsamerweise nicht weniger nervositätsbeladen als das erste Mal. Vielleicht verlor sich diese Aufregung für erfahrenere Männer mit den Jahren, aber ich hatte, als ich in meiner neu gekauften toga candida vortrat, immernoch ein gewaltiges Brummeln im Bauch. Lieber hätte ich jetzt dreimal nacheinander Mars geopfert, oder mir die endlos langweiligen Geschichten von Gracchus' und Aristides' Mutter angehört, aber soviel Glück war mir heute nicht vergönnt. Ich war mir sehr bewusst, dass es viele Männer in Rom geben musste, die auf eine solche Chance lauern mussten wie Straßenköter auf Fleischabfälle neben einer taberna, aber das änderte nichts an meinem Grundgefühl: Ich hatte ganz gewaltiges Muffensausen.
    "Werte patres conscripti, erneut ist es mir möglich, durch euren Willen meinen Wunsch kundzutun, dem Volk und Staat von Rom zu dienen. Einmal habt ihr mir bereits durch eure Stimmen ermöglicht, meine Kraft in den Dienst Roms zu stellen, und nachdem die erste Amtszeit für mich all jene Erwartungen erfüllt hat, die ich gehegt hatte, will ich dem eingeschlagenen Wege weiter folgen und bewerbe mich hiermit um das Amt eines quaestors." Ich machte eine rhetorische Pause, ließ meinen Blick über die besetzten Ränge gleiten und widmete mich dann dem zweiten Teil meiner vorbereiteten Rede.

    "Wieder stehe ich als der vor euch, der ich bin, nicht als einer, der sich auf den stolzen Namen seiner Familie berufen will, denn Stolz hat selten etwas mit dem zu tun, was man tatsächlich zu leisten imstande ist. Nach meiner rhetorischen Ausbildung in Athen diente ich dem Volke Roms als sacerdos im Tempel des Mars Ultor, und gemeinsam mit euch und dem Volk Roms habe ich schon viele Feiertage begangen und hoffe, noch an vielen beteiligt sein zu dürfen. Man hat mir in der Gemeinschaft der Salii Palatini die ehrenvolle Aufgabe des magisters übertragen, und im Rahmen der Ausbildung junger discipuli für den cultus deorum erbringe ich ebenso meinen Beitrag zum Fortbestand unserer ehrwürdigen Traditionen und Religion wie es einem jedem Römer anstehen sollte, der mit Stolz auf sein Volk zu blicken wünscht.
    Vor zwei Jahren gewährte mir der inzwischen leider verstorbene Imperator die Gunst, in den ordo senatorius erhoben zu werden, um mich für das Amt des tresvir capitalis zu bewerben, in welches ihr mich mit großer Mehrheit gewählt habt. Seit dem Ende meiner Amtszeit habe ich meine Tätigkeit für den cultus deorum fortgesetzt, da mir die Wichtigkeit der Ausbildung junger Priester ebenso eklatant erscheint wie die Arbeit der tribuni für die legio."


    Abermals eine Pause, in der ich die Reaktionen der Zuhörer abzuschätzen versuchte, dann fügte ich den finalen Satz an: "Werte patres consripti, ich bitte euch, mir abermals durch euer votum die Möglichkeit zu geben, euer Vertrauen zu rechtfertigen. Da ich mir gleichermaßen eine Tätigkeit in allen drei möglichen Gebieten der quaestur denken kann und sie mich ebenso herausfordern, möchte ich die letztendliche Entscheidung, für welchen Posten ich euch als am geeignetsten erscheine, in eure Hände geben."


    Sim-Off:

    Da ich bis Sonntag abend absent sein werde, kann ich euch leider nicht auf Fragen antworten, hoffe aber, dass die etwas länger ausgefallene Vorstellung so gut wie möglich alles beantwortet.

    Ich sage gleich auch schon mal vorträglich Bescheid - am Wochenende steht wieder ein LARP-Con an, ich werde also ab Freitag bis Sonntagabend nicht online sein. Ob ich davor noch groß zum Schreiben kommen werde, kann ich nicht versprechen - ist noch zuviel vorzubereiten ;)

    Die angebotenen Essensvarianten waren alle miteinander sicherlich nicht das, was ein durchschnittlicher Patrizier zuhause erwarten konnte, vor allem bekam man dort zumeist irgendwelche ausgefallenen Dinge serviert, die zumindest mich nach einer gewissen Zeit nicht mehr locken konnten. Was sollte man schon mit einer Handvoll eingelegter Nachtigallenzungen oder gestopften Tauben, die so winzig waren, dass man auch nach halbstündigem Kauen und Knochenzuzeln einfach nicht satt war? Essen durfte gerne einen gewissen Genuss offenbaren, aber doch bitte keine halbe Ewigkeit dauern deswegen. Wer so viel Zeit hatte, dass er den halben Tag zu Tisch liegen konnte, war in meinen Augen schon ein bisschen wirr im Kopf.
    Dass Bridhe nur Milch und Brot bestellte, ließ mich die Stirn runzeln. Hatte sie denn gar keinen Hunger? Vor allem musste sie für zwei essen, man sah ihr die Schwangerschaft bereits an - und da war eine gesunde Ernährung besonders wichtig.
    "Ach was, das reicht doch hinten und vorne nicht. Bring uns einfach alles, was man hier als Mahlzeit anbietet, von jedem etwas. Wir probieren uns durch Deine Karte," ergänzte ich in einem recht bestimmenden Tonfall Bridhes Wunsch. Vielleicht war sie auch einfach zu bescheiden, um mehr zu bestellen, ich wusste es nicht - aber ich würde auch nicht zulassen, dass sie aus reiner Bescheidenheit vor vollen Töpfen verhungerte.


    Der Schankkellner blickte mich überrascht an - solch ein Wunsch kam hier wohl nicht alle Tage vor - aber er nickte nur. Schätzungsweise war es mein sauber getrimmtes Haar und die Qualität unserer Kleidung, die ihn davon überzeugten, dass ich bezahlen konnte. So sagte er:
    "Aber sicher - und zu trinken, was wollt ihr haben?"
    "Milch und Wasser." Wieder ein überraschter Blick, dass ein Gast Wasser ohne Wein trank, kam wohl auch nicht unbedingt oft vor, aber er besaß den gesunden Geschäftsinstinkt aller Römer und widersprach mir nicht, sondern nickte eifrig und entschwand, um unsere Bestellung der sicher ebenso überraschten Küche zu überbringen. Damit wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder Bridhe zu, die jetzt, da sie nicht mehr am Straßenrand hing und würgte, wirklich reizend aussah. Die Schwangerschaft schien ihr gut zu bekommen, und sie wirkte für mich ausgesprochen lebendig, sehr reizvoll mit den leicht runder gewordenen Wangen. Eine wirklich schöne Frau, dachte ich sinnierend und lächelte unwillkürlich. Wenn sie eine Freigelassene war, würde es so manchen Mann geben, der Interesse zeigen würde, da war ich mir sicher. Meine Leibsklavin wäre sie dann nicht mehr, und wahrscheinlich würde ich sie auch nicht in der villa behalten können - sie würde ein eigenes Leben führen wollen.


    "Du musst doch genug essen, Bridhe. Gerade jetzt ist das wichtig," sagte ich und lehnte mich zurück, die Beine unter dem Tisch ausstreckend. "Hast Du in den letzten Tagen genug Essen bekommen?" Es war ein so profanes thema, aber mir war jetzt erst aufgefallen, dass wir uns über die Begleitumstände der Schwangerschaft nie wirklich unterhalten hatten. Die Stimmung der letzten Zeit zwischen uns war aber auch zu miserabel gewesen, als dass ich das gewollt hätte. Heute, an diesem freien Tag, schien es jedoch leichter zu sein. Irgendwie ... lockerer. Wahrscheinlich auch, weil ich mich innerlich befreit fühlte, seit ich Rom hinter mir hatte lassen können.

    Die Berührung seiner Lippen ließ mich erschauern, aber mehr noch als dieser kurze Augenblick des Kusses war es der Klang seiner Stimme, die mich tief im Inneren zittern ließ, voller Freude und Wonne, dass ihm diese kleine Überraschung gefiel. Wie sehr hatte ich doch gefürchtet, es würde ihm nicht zupass kommen, oder er zu müde sein, oder zu unwillig, um sich nun noch den Segnungen der Literatur zu widmen, aber in seiner Umarmung, seinem Kuss und seinen Worten lag eine selige Erlösung, die mir diesen Tag urplötzlich von innerem Glanz erfüllt sein ließ.
    Sanft erwiederte ich die Umarmung, entließ ihn aber, damit er sich die wohlgefüllten Regale weiter ansehen konnte, ihn dabei gerührt betrachtend. "Sagen wir, ich komme ab und an ein bisschen herum," untertrieb ich gewaltig. Wenn mir in der villa das Dach auf den Kopf fiel, musste ich einfach etwas anderes sehen. Mehr erleben. Aus diesem Gefängnis aus Luxus und gutem Benehmen ausbrechen, so weit und so schnell es nur ging. Dass mich meine Streifzüge auch bisweilen in die Subura führten - natürlich nicht alleine - war dabei nicht zu vermeiden. Mein Jahr als vigintivir hatte mich gelehrt, welche Ecken ich besser zu meiden hatte und welche sich als interessant erweisen konnte.


    "Die genealogiai sind nicht der einzige Schatz dieses Ladens," bemerkte ich mit einem warmen Lächeln. Wie er sich freuen konnte, ganz ohne die Notwendigkeit zu teuren Geschenken und übertriebenem Luxus. Das war weit mehr der Manius, den ich kannte, den ich liebte, als jener, der stets und dauernd von seinen Sorgen zu Boden gedrückt wurde. Und um ihm ein paar Augenblicke der seligen Freude zu schenken, hätte ich fast alles getan.
    "Es gibt hier auch Wein und einen einfachen Imbiss - Du solltest nicht die Nacht durchlesen, ohne zwischendrin auch eine kleine Pause zu machen. Wir werden einfach so lange hier bleiben, wie es Dir gefällt - das heißt, bis morgen früh. Einziehen können wir hier leider nicht, mein Manius."
    Auch wenn es eine schöne Idee gewesen wäre, die gerade jetzt im Augenblick einen ziemlichen Reiz auf mich ausübte. Was wäre das doch für ein Leben - eine wohlgefüllte Bibliothek, genug zu Essen, um zu leben, vielleicht noch ein Bett, eine Schreibstube, ein Garten, um sich zwischendrin zu entspannen ... so würde ich mit ihm ohne Schwierigkeiten einige Wochen, Monate verbringen können, und nichts von der restlichen Welt vermissen. Vielleicht noch ein Badehaus. Und eine Latrine. Aber mehr würde es nicht brauchen, um mit ihm glücklich zu sein.

    Ich nahm das Messer von Iulius Licinus wieder entgegen und nickte den beiden leicht zu - dann trat ich vor, die Hände erhebend, um das letzte Gebet dieses Opfers zu sprechen, mit volltönender Stimme, die weit über den Platz tragen würde (dieser Effekt war durchaus gewollt und beabsichtigt gewesen). Ich richtete meinen Blick gen Himmel, diesem strahlend blauen, aber auch kalten Himmel, und fasste alles noch einmal zusammen, was ich vernommen hatte.
    "O Mamarce, Du mächtigster Schlachtenlenker, Du Speer und Schild Roms, Kämpfer für das Reich und starker Beschützer derer, de sich nicht selbst schützen können: Nimm dieses Opfer dieser beiden Soldaten an, die in Deinem Namen gegen einen mächtigen Feind gezogen sind, die geblutet haben im Dienste Roms, die gelitten und geschwitzt haben, um Ruhm und Ehre für ihr Volk zu gewinnen. Nimm an ihren Dank für Deinen Schutz, den sie Dir heute in der Gestalt dieses wohlgeratenen Tieres darbringen, und schütze auch den verschollenen Legaten, der in Deinem Namen die Soldaten geführt hat. Mamarce, Du Freund und Führer aller Soldaten, Du Träger des blutigen Rots, wütender Rächer und verlässlich schützender Vater, höre die Worte dieser guten Männer und nimm ihren Dank an!"
    Dann blickte ich zu den beiden und fragte, wie es der Brauch vorschrieb: "Agone?*"


    Sim-Off:

    [SIZE=7]* "Soll ich das Opfer vollziehen?"[/SIZE]

    "Dinkelspelz, um genau zu sein," ergänzte ich seine Ausführungen über die mola salsa und nickte dann zufrieden. Die Grundkenntnisse waren vorhanden, und auch den Wein hatte er gewusst, was wollte man mehr? "Der Wein ist auch richtig, besonders Mars scheint ihn zu mögen. Die symbolische Entkleidung allerdings nimmst nicht Du vor, das ist Sache des Opferherrn - Du übergibst das Opfermesser an denjenigen, der das Opfer bezahlt, und lässt ihn das Tier mit der Geste entkleiden. Dann das Gebet, die Frage .. und der Hammer." Ich hob beide Brauen an und schmunzelte dann.
    "Wir können dieses Opfer auch komplett von Anfang bis Ende durchführen, und Du opferst heute Mars, während ich Dich dabei begleite - ein richtiges Opfer ist sicher keine verkehrte Sache und das Leben des Ferkels ist dann auch nicht verschwendet. Dann werde ich den Opferherrn mimen, damit alles seine Richtigkeit hat." Dass er gleich in die Vollen gehen wollte, gefiel mir - es versprach, dass er sein künftiges Amt ernst nehmen würde, und solche Schüler hatte es in der letzten Zeit viel zu wenige gegeben. Einer der camilli baute auf einem kleinen Beistelltischchen all die Dinge auf, die wir brauchen würden, die Schale mit der mola salsa, das malluium latum, ein Wassergefäß, das Opferwerkzeug - fehlte nur noch das Opfer und alles war perfekt. Ohnehin war ich der Ansicht, dass man am Besten in der Praxis lernte.