Beiträge von Tiberius Helvetius Marcellus

    Die Augen des Mannes blitzten auf. Mit so viel hatte er nicht gerechnet. Hastig griff er zu, bevor der Miles es sich vielleicht anders überlegen würde. Dann drehte er sich um und ging ein Stück. Er blieb stehen und drehte sich erneut um.


    "Eins noch, Legat! Strabos Frau sieht es nicht gerne, wenn er in der Taberna rumhengt!"


    Der Mann zwinkerte ihn noch einmal zu und verschwand dann in einer Gasse.

    Der Mann wirkte etwas zögerlich. Wenn er jetzt diese Information preisgeben würde, dann hätte er alles verspielt. Allerdings sahen die Miles nicht sehr geduldig aus.


    "Ja, ich kenne die Taberna! Hat einen ausgezeichneten Wein, leider nicht für jeden zu haben!"


    Er zwinkerte dem Miles zu und schaute auf seine offene Hand. Er machte allerdings nur eine kurze Redepause, denn was nützte ihm das Geld, wenn er zusammengeschlagen in einer Ecke liegen würde. Er kannte sogenannte 'Gesetzesvertreter'.


    "Sie ist gleich die Strasse runter am Tiber. 'Zum dicken Gallier'!"


    Er blickte den Miles erwartungsvoll an.

    Marcellus nickte dem Medicus noch einmal stumm zu und verließ dann den Untersuchungsraum, froh endlich das Valetudinarium für längere Zeit nicht mehr zu sehen. So leicht würde niemand mehr an ihn heran kommen. Wenn der Mann nicht unbedingt Medicus war, würde er sicherlich schon längst mit ihm einen trinken gegangen sein. Dann machte er sich direkt zu seiner Unterkunft auf.

    Der Mann fühlte sich bedrängt und wurde nervös.


    "Aber aber Legat! Wir beide sind doch Geschäftsmänner! Aber da ich dich mag, werde ich dir gerne noch etwas erzählen!"


    Der Mann lächelte nervös und starrte dann auf den Geldbeutel.


    "Strabo ist Tischler, aber seine Hände eignen sich schon lange nicht mehr zur sauberen Bearbeitung des Holzes. Seit dem verbringt er seine Zeit in einer Tabernae...!"


    Der Mann wusste auch welche, doch wieso sollte er seinen Trumpf jetzt schon ausspielen? Erwartungsvoll schaute er den Soldaten an.

    Marcellus ließ den Medicus widerwillig gewähren. Als der Medicus fertig war, zog er die Tunika wieder über die Wunde. Dann musste er grinsen. Wenn der Medicus wüßte, dass er längst schon wieder dabei war, seine Kondition zu trainieren. Dann nickte er nur. Er schluckte seinen Groll hinunter, dass er noch zwei Tage warten musste. "In Ordnung! Ich hoffe, ich muss dich sobald nicht wieder sehen! Nimm es nicht persönlich!"

    Marcellus grummelte, dass man ihm lieber den Typen vorführen sollte, der ihm den Dolch abgenommen hatte. Dann blickte er den Princeps Prior entschlossen an. "Wenn du noch einen guten Mann brauchst, stehe ich dir zur Verfügung, Princeps!" Was Marcellus brauchte, war eine Aufgabe. Er hatte es satt, nur zu trainieren. Langsam vergaß er, wofür er eigentlich trainierte.

    Marcellus wandte sich von den Gerätschaften ab und schaute den Medicus an. "Hübsches Spielzeug hast du hier. Ich nehme an, die Verhörmanschaft der Praetorianer hat den gleichen Lieferanten!" Marcellus ging ein paar Schritte auf den Medicus zu und baute sich vor ihm auf. "Ich habe mich von dem Exerzierplatz ferngehalten, habe keine athletischen Übungen abgelegt, um die Wunde zu schonen! Ich denke es ist an der Zeit, mich wieder diensttauglich zu schreiben!" Marcellus schaute den Medicus erwartungsvoll an. Wenn er anderer Meinung sein würde, könnte er ihm ja mal zeigen, wozu er wieder in der Lage war.

    Der Mann nahm das Geldstück in seine Hand. Prüfend steckte er es zwischen seine Zähne. Es war nicht viel, aber er erhoffte sich noch so manche Münze. Römer konnten sehr spendabel sein, wenn man etwas hatte, was sie wollten.


    "Nun von eurem Kameraden weiß ich nichts, Legat!"


    entgegnete er, um sich aus der Sache herauszureden. Das wenigste was er gebrauchen konnte, waren rachsüchtige Soldaten.


    "Aber der alte Strabo, dem dieses Grundstück gehört, den habe ich letztens in einer neuen Tunika gesehen, aber keine stinknormale. Hübsch verziehrt war sie. So eine hätte ich auch gerne..."


    Wieder streckte er die Hand aus und zwinkerte dem Miles zu.

    Der Mann sah nicht aus wie ein Römer. Seine Hautfarbe und seine Kleidung verrieten, dass er aus den südlichen Provinzen stammen musste. Sein rechtes Bein lahmte.


    "Ich bin mir sicher das du das kannst! Aber sollte die Frage nicht eher lauten, wie ich die helfen kann, Legat?"


    Der Mann zuckte seine Hand unter seiner Kleidung hervor, die er dem Princeps geöffnet entgegen hielt.

    Marcellus nickte. Er kannte Methoden, die den Gesprächspartner dazu verleiteten, wie ein Brunnen alles auszusprudeln, was man wissen wollte. "Es ist sicherlich alles nur eine Frage der Technik, wie man seinen Gesprächspartner zum Reden bekommt!" Sicherlich würde Marcellus mit einem braven Bürger anders umgehen als mit einem Verdächtigen. Als der Princeps Prior fragte ob sie ihm etwas abgenommen hatten, stieß er einen fremdländischen Fluch aus. "Das kannst du wohl laut sagen! Sie haben mir einen Dolch abgenommen. Verziert und mit Gold beschlagen. Er hat mich schon lange begleitet Princeps und es liegt mir viel daran ihn wieder zu bekommen!" Und Marcellus würde ihn wiederbekommen, egal auf welche Art und Weise. Er hatte ihn in Africa von seinem alten Dienstherren für seine treuen Dienste bekommen. Dann ging er auf die nächste Frage ein. "Nun das musst du die Männer selber fragen. Aber wenn ich eines in meinem bisherigen Leben gelernt habe, dann das Menschen zu allerhand Perversion in der Lage sind. Da gibt es keine Vernunft! Vielleicht sind sie früher schon mal an die Urbanae geraten und haben die Möglichkeit genutzt sich nun an einem zu rächen?" Die Wut die sich in Marcellus breit gemacht hatte, wich nun seinem Verstand. Er machte eine längere Redepause und dachte nach. "Wart ihr schon in der Taverne des ermordeten Schankwirts?"

    Marcellus entspannte sich ein wenig. Seine zu Fäusten geballten Hände entkrampften sich. "Geht doch! Wieso nicht gleich so Kamerad?" Marcellus drehte sich um und ging in die ausgewiesene Richtung. "Einen schönen Tag noch!" warf er noch trocken hinterher.
    Er fand den Untersuchungsraum auf anhieb. Er war leer. Marcellus nutzte die Gelegnheit sich ein wenig umzuschauen. Von den Krügen ließ er schnell die Finger. Sie verbreiteten einen unangenehmen Geruch. Das Werkzeug des Medicus erregte schon eher seine Aufmerksamkeit. Er kannte ähnliches Werkzeug welches aber für einen gegenteiligen Zweck benutzt wurde.

    Marcellus schlug mit der Faust auf dem Tisch. Es war doch jedes Mal das gleiche. Dieses Gebäude hatte eine seltsame Ausstrahlung auf ihn, jedes Mal packte ihn der Ekel. "Hör mal zu, Kamerad! Der Medicus will sich meine Wunde anschauen. Er will was von mir und ich nicht von ihm! Und wenn du nicht gleich zum Medicus willst, dann solltest du mich jetzt zu ihm vorlassen!" Er haßte es, jemanden so ausgeliefert zu sein und jemanden so nah an sich heran zu lassen, wie einen Medicus. Vor allem, da er gehört hatte, dass nicht jeder den Besuch bei einem Medicus überlebt hatte. So wollte er garantiert nicht umkommen.

    Marcellus grummelte etwas, dass er sich zu lange an einem Ort aufgehalten hatte. Die lockere Haltung des Princeps Prior überraschte Marcellus ein wenig, aber es war ihm nur Recht. Dann ging er langsam weiter. Er hatte nichts dagegen, sich zu unterhalten, während er auf dem Weg zu den Werkstätten war. Vor allem, wenn er Informationen über 'seinen' Fall bekommen konnte. Er machte ein abfälliges Geräusch, als der Pricneps das Wort 'Zeugen' verwendete. "Du kennst doch die einfachen Leute! Man könnte meinen, sie seien alle blind und taub, wenn man sie fragt, ob sie was gesehen oder gehört haben. Wie ich die Bande so einschätze, sind die nicht ganz ohne!" Er war schon mit Leuten ganz anderen Kalibers fertig geworden. Diese Bande hatte es aber in sich. "Ich nehme nicht an, dass ihr was in dem Keller gefunden habt?"

    Marcellus bemerkte, dass Minervina nicht ganz mitkam. So reduzierte er sein Tempo ein wenig. Was wohl auch den Passanten zu Gute kam, die er nun nicht mehr mit ganz so starker Kraft bei Seite drängte. "Nun, deinen Titus brauchst wohl auch kaum, wenn du mit mir unterwegs bist!" Dann drehte er sich kurz zu ihr um. "Ich hoffe allerdings, dass dir meine Gegenwart etwas angenehmer ist!" Seine Frage war nur rhetorisch, so dass er sich direkt wieder umdrehte. Gerade im richtigen Augenblick, da ein Handwerker vor ihm mit einem Balken hantierte, dem er so gerade noch ausweichen konnte. "Idiot!" Marcellus war gereizt. Wäre er nicht in weiblicher Begleitung, hätte er vielleicht auch noch anders reagiert. So blieb ihm nichts anderes übrig, als den Groll hinunterzuschlucken. Er atmete einmal tief durch und war froh, dass Minervina nicht sein Gesicht sehen konnte. Als Minervina zu ihm aufschloss, hatte er sich bereits wieder entspannt. Von was redete sie da nun wieder? "Opfer?"

    Als Marcellus das letzte Mal das Valetudinarium betrat, bot er kein schönes Bild ab. Dies sah nun anders aus. Er trug eine saubere rote Tunika und einen ordentlichen Gürtel. Selbst eine Rasur hatte er sich gegönt. Nachdem er wieder in der Barracke schlief, fühlte er sich viel besser. Seine Stimmung geriet aber stark ins wanken, als er das Valetudinarium betrat. Dennoch stellte er sich geduldig in die Warteschlange. Dann war er endlich an der Reihe. Grimmig schaute er den Capsarius an. "Zum Medicus!"

    Auch Marcellus musste grinsen. "Nein, davon hat der Medicus nichts gesagt!" Marcellus bemerkte, wie der Princeps zu seiner Wunde blickte. Wirklich gerührt war er aber nicht. Er konnte schon selbst auf sich acht geben. Übertreiben würde er es ganz sicher nicht, denn er hatte nicht vor, wieder ins Valetudinarium verlegt zu werden. Dann nickte er. "Wie du es befiehlst, Princeps! Gibt es einen Ort, den du für deine Befragung vorziehen würdest, oder gleich hier?" Es konnte sich nur um Fragen bezüglich des Falles handeln. Vielleicht hatten sie schon etwas herausgefunden?

    Marcellus grüßte den Princeps militärisch. "Salve Princeps Metellus! Ja hat er. Ich soll mich nur vom Exerzierplatz fernhalten! Mehr hat er nicht gesagt!" Marcellus seine Tunika war nassgeschwitzt. Immerhin hatte er schon eine gute entfernung hinter sich gelassen. Marcellus wusste nicht, ob der Princeps den Sinn hinter seinen Worten verstand. Aber man konnte nicht von ihm verlangen, dass er nun, wo er aus dem Valetudinarium entlassen wurde, den ganzen Tag in der Barracke verbrachte.

    Es war mal wieder viel los auf Roms Strassen. Selbst in den wohlhabenderen Vierteln. Marcellus verstand, wieso die Reichen ein Heer von Sklaven vorneweggehen ließen. Er hatte aber keine Probleme damit sich selbst einen Weg zu bahnen und so manch einem Passanten seinen Ellenbogen in die Seite zu rammen, wenn man ihm zu nahe kam. Sie mussten den Hügel hinunter zum Tiber und dann über eine Brücke Richtung dem Forum Romanum. Dann würden sie auch das Forum Augusti mit dem Mars Ultor Tempel erreichen: Sein Ziel! Wohin Minervina wollte, wusste er nicht so genau. Vielleicht war sie auch einfach froh, mal aus dem Haus zu kommen. "Also schleichst du dich mal wieder davon? Müssen wir damit rechnen, dass uns dein Aufpasser wieder verfolgt?"

    Er war doch überrascht, wie schnell sie wieder zur Verfügung stand. Wirklich geschminkt hatte sie sich auch nicht. Aber das war ihm nur recht. "Ich musste schon etwas warten!" merkte er an. Auch wenn es eher aus Spaß war. Dann überraschte sie ihn erneut, auch wenn er schon damit gerechnet hatte. "Nun gut, wenn du auf deine Anstandsdame verzichten willst, ist es mir auch recht!" Er blickte sich noch einmal kurz um und ergriff dann die Initiative, in dem er auf die Porta zu ging. "Dann wolln wir mal das Schlachtfeld betreten!"