Beiträge von Caius Sergius Curio

    Natürlich stand Sulla in einer viel näheren, emotionalen Bindung, als mit mir. Ich war zwar sein Halbbruder und somit anders als Aurora mit ihm blutsverwandt, aber sie war seine Adoptivtochter. Als ich ihre Tränen sah, stellte ich ebenfalls den Becher ab und ging langsam zu ihr, um sie zu umarmen und ein wenig Trost zu spenden.
    "Ihm ist nichts passiert ... er ist aus freien Stücken gegangen. Ich verstehe es auch nicht, aber wir können nur hoffen, dass er bald wieder zurückkommt...""

    Ich nickte nur kurz und griff hinter mich auf den Tisch, wo einige gefüllte Tonschalen standen, in denen schmackhafte Oliven, süße Trauben und einige andere Leckereien lagen und stellte diese auf den kleinen Tisch zwischen uns ab. "Mehr habe ich jetzt nicht hier, aber ich kann was anderes holen lassen, ich glaube nicht, dass man davon wirklich satt wird..."
    Ein weiteres Mal drehte ich mich nach hinten und holte zwei Kelche und danach zwei Kannen, in welchen sich der köstliche rote Wein von meinem eigenen Weingut und kühles Quellwasser befand. Beide Kelche füllte ich mit einem Wein-Wassergemisch und behielt dann einen in meiner Linken, während ich mit der anderen Hand Aurora den zweiten Becher reichte.


    "Ja ... Sulla. Das ist einer der schlechten Neuigkeiten. Aus mir unerfindlichen Gründen ist Sulla 'ausgewandert', verreist, oder wie auch immer. Niemand weiß, wo er ist und auch niemand weiß, wann und ob er zurückkehrt. Selbst seine Frau hat er hier gelassen ..." Neugierig blickte ich zu Severa und war gespannt, wie sie auf diese Nachricht reagieren würde. Das ihre Briefe keine Beantwortung fanden, war nun zumindest einleuchtend. Strabon musste sie wortlos in Sullas Gemach gebracht haben ...

    “Ja, das ist wohl war ... dann werde ich schon bald nochmal auf dein Angebot zurückkommen.“ Vielleicht versteckte ich mich wirklich hinter meiner Arbeit, ganz einfach aus dem Grund, weil ich mich nicht so wirklich traute zu ihr zu gehen? Es wäre anzunehmen und ist eigentlich kein schöner Gedanke ...


    Ich änderte ein klein wenig meine Sitzposition, da es langsam ziemlich unangenehm war, immer auf der gleichen Stelle des Körpers zu sitzen, beziehungsweise immer die gleiche Stelle zu belasten.

    "Hm nein, brauchst du nicht. Ich muss mir sowieso erst noch einen geeigneten Tag aussuchen, an dem ich nicht so viel zu tun habe ..." Und das könnte vielleicht ein wenig dauern. Je länger ich im Officium des Praefectus Vehiculorum saß, desto mehr Arbeit kam natürlich auf mich zu und wenn irgendwann ich zu diesem ernannt werden sollte, dann würde noch mehr Arbeit oben drauf kommen ... nämlich nicht nur die Briefe aus Roma, nein, sondern die aus ganz Italia.


    “Später aber werde ich sie wohl auch einmal der Familie vorstellen. Versteht sich ja von selbst und wie könnte ich meine Schwester nur im Unklaren darüber lassen?“ grinste ich und fügte aber noch hinzu: “Aber ich komme gerne auf dein Angebot zurück.“

    “Wann ... ich weiß nicht genau. Noch haben wir nichts ausgemacht...“ Aber hoffentlich so bald wie möglich dachte ich weiter. Mir fiel der Blick meiner Schwester auf, dachte mir aber nichts weiter dabei. Ich konnte ja nicht ahnen, was sie dachte und hätte ich es gewusst, würde ich wohl lachen. An Severas Worte glaubte ich zu dem Zeitpunkt immernoch nicht.


    “Vielleicht lade ich sie demnächst einmal ein, oder so...“ Ich zuckte unschlüssig mit den Schultern. Die Idee an sich war gar nicht schlecht, nur würde es ein wenig dauern, bis ich das wirklich machen könnte. Vielleicht war sie noch sauer auf ihn ... war sie das überhaupt je gewesen? Ich wusste es nicht und konnte nur hoffen, dass es nicht so war.

    Das Grinsen verschwand langsam und machte Platz für ein kleines Lächeln. Ob ich sie wiedersehen würde? Ich hoffte so, nein ich war mir sicher, auch wenn der Ausgang des ersten Treffens wohl genauso unrühmlich war, wie das Ende. Aber ich würde ja nicht aufgeben, nicht so einfach.


    “Natürlich!“ antwortete ich daher selbstbewusst und fast schon so, als würde etwas Anderes gar nicht in Frage kommen können. Mir wurde einmal gesagt, dass man alles erreichen konnte, wenn man nur fest daran glaubte ... naja daran glaubte ich zwar nicht, aber im Falle eines Falles sollte man vielleicht einmal in Erwägung ziehen, einfach dran zu glauben. Schließlich schadete es nichts und zog einem auch keinen einzigen Sesterze aus der Tasche.

    "Naja, ich wollte dir ja nur einen kleinen Tipp geben." erwiderte ich immernoch grinsend. Ein wenig 'plump' war es vielleicht, aber wenn der oder die Richtige dabei war, dann konnte aus einer kleinen 'plumpen' Begegnung schnell Freundschaft, oder gar eine Beziehung werden. Ihre Frage allerdings schreckte mich wieder aus meinen Gedanken und einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich so schon einmal eine Frau kennen gelernt hatte. Wie gesagt, es war nur ein kurzer Moment, der eigentlich nur da war, um meine Gedanken wieder zu ordnen.


    "Öhm naja ... ich habe es noch nie freiwillig selbst versucht aber unfreiwillig ... wie ich ja bereits gesagt habe. Matinia Sabina hatte mir geholfen, als ich bewusstlos am Boden lag ... dadurch habe ich sie kennen gelernt."

    “Hm ... seltsam. Weißt du, was ein ziemlich guter Trick ist, um eine netten Mann aufzugabeln?“ fragte ich sie nachdenklich. Ja, ich wusste, wie man das machte, obgleich ich es bisher nie bei einem Mann ausprobiert hatte und eigentlich auch gar nicht wollte, aber ich hatte es schon des öfteren in den Straßen Roms bemerkt und anscheinend klappte das immer wieder, vorallem wenn die Frauen hübsch waren, was Seia ja zweifellos war.
    Ohne auf ihre Antwort zu warten erklärte ich es ihr doch. “Du gehst einfach durch eine Straße mit regem Betrieb und 'stolperst'. Wenn man sich geschickt anstellt, sieht es absolut echt aus und tut nicht einmal weh. Ein bisschen Schauspielkunst noch dazu und die Männer werden sich um dich reißen, weil jeder einer hübschen Dame wie du es bist helfen möchte.“


    Ein kleines Grinsen zog sich über meine Lippen und nochimmer mit leicht geneigtem Kopf, der diesmal allerdings auf der anderen Schulter lag, schaute ich ich sie an und versuchte, aus ihrer Reaktion zu lesen.

    Standort: Capua


    “Ai Bürger, was kann ich für dich tun?“ fragte der scriba an der Anmeldung mit einem leicht provokanten Blick und einem Tonfall, wo man nur allzu deutlich heraushören konnte, dass er absolut keine Lust hatte, mich nun bedienen zu wollen. Heute war er allerdings an den falschen geraten, denn ich war mehr als nur genervt und die ganze Stadt hier ging mir ziemlich auf den Geist und dementsprechend war auch mein Tonfall leicht gereizt:
    “Du kannst mir sagen, wo ich die mansio des Cursus Publicus oder das Officium des Stationarius von Capua finden kann!“
    “Ai! Und wieso sollte ich das tun?“
    Das reichte, das war zuviel. Was bildete sich dieser Typ eigentlich ein? Das war mit Sicherheit nichts weiter an ein einfacher Peregrinus oder gar ein Libertus und er wagte es so mit mir zu sprechen?!
    “Wie heißt du scriba?“ fragte ich trocken.
    “Und wieso sollte ich dir das sagen?“
    “Ich werde deinen Namen sowieso herausfinden. Es gibt genug andere, die ihn wissen, aber das wird dann nicht mehr so erfreulich für dich sein. Deine Entscheidung.“
    “Einen Dreck werd ich machen!“
    “Taurus, notiere bitte noch, dass wir einen Besuch beim Magistrat machen.“
    “Ja, Herr.“
    Taurus holte eine Wachstafel und einen Stilus aus seiner Ledertasche und schrieb es in schnelle Zügen auf.
    “Ai, moment ... ich bin Sextus Ravus.
    “Ahh, Sextus Ravus. Du wirst mir nun sofort sagen, wo die mansio ist!“
    “Öhm, dritter Korridor, zweite Tür von links ...“
    “Danke!“
    “Und äh ... was ist mit dem Magistrat?“
    “Ohja ... Taurus ergänze den Namen Sextus Ravus, dann weiß er sicher schneller, wer gemeint ist!“


    Der Gang durch die Korridore ging relativ zügig und nun wussten wir auch wenigstens, wo wir hin mussten, was das Ganze auch noch einmal beschleunigte. Zielstrebig gingen wir in den dritten Korridor und wandten uns sofort an die zweite Tür auf der linken Seite, wie der scriba uns sagte. Taurus klopfte einmal gegen die Tür des Officiums und öffnete dann die Tür, ohne auf ein 'Herein' zu warten.


    Hätten wir auf ein 'Herein' warten sollen, würden wir vermutlich noch den ganzen Tag dort, stehen denn wie sich herausstellte, war das Officium leer. Man bemerkte, dass hier gearbeitet wurde und die vielen Papyri und Briefrollen ließen ebenso vermuten, dass es sich hier tatsächlich um die mansio handelte, aber niemand war hier.
    “Taurus, das tu ich mir nicht länger an! Wir reisen weiter und kommen später noch einmal wieder!“

    Also doch ein Scherz. Ich hätte es mir denken können, aber trotzdem war ich erleichtert. Wer wusste schon, was im Kopf des ein oder anderen vorging und mit Sicherheit gab es viele Frauen, die so etwas mal ausprobieren wollte. Ganz einfach aus Neugierde oder dem Sammeln von Erfahrung. Ja, nicht einmal meine eigene Schwester konnte ich von diesen Dingen ausschließen, ich wusste ja nicht, was sie so dachte.
    “... achso. Du hast mir für kurze Zeit einen kleinen Schrecken eingejagt. Aber wieso sagst du, dass du kein Glück mit Männer hast? War das auch ein Scherz, oder Realität?“
    Vielleicht konnte ich ihr derlei Dingen ja etwas unter die Arme greifen vorausgesetzt, sie wollte das.

    Mit einem skeptischen Blick musterte ich Seia und legte den Kopf leicht schräg. Das sollte wohl ein Scherz sein, oder? Ich verstand es zumindest nicht als Scherz und war demnach doch ziemlich überrascht über ihre Worte. In vielen Themen bezüglich Frau- beispielsweise, ob sie in die Politik gehen dürfen - hielt ich mich eher neutral, bisweilen ergriff ich sogar Partei für die Frauen, aber Frauenliebe war dann doch etwas, was ich nicht guthieß.
    "Ähm ... wie soll ich das verstehen? Kein Glück mit Männern ... das kann ich mir irgendwie nicht vorstellen."


    Mit den Fingern suchte ich den Saum meiner hellblauen Tunika und spielte mit den Fingern ein wenig ungeduldig dran herum. Seltsamerweise machten mich diese Worte nervös ... vielleicht auch unberechtig, aber das würde ihre Antwort darauf ja sicherlich lösen.

    Aufmerksam hörte ich ihren Worten zu, die ebenfalls eine Fülle von Informationen in einem Atemzug beinhalteten, wie ich mit meinen Fragen vorher, aber das war wohl nur die Aufregung, sich gegenseitig wiederzusehen. Langsam löste ich die Umarmung und bot ihr mit einer Handbewegung an, sich zu setzen. Es gab viel zu erzählen und da war Stehen nicht sehr bequem.
    “Möchtest du etwas trinken? Wein, Wasser, oder beides gemischt? Vielleicht auch etwas kleines zu essen?“ Wenn sie gerade erst von ihrer Reise kam, war sie sicher hungrig und durstig, denn so eine Reise war ziemlich anstrengend.,


    “Es ist viel passiert, während zu weg warst ... viele traurige Dinge sind passiert, aber auch Dinge, die dich erfreuen werden sind geschehen ... nur wo fange ich an? Willst du erst die schlechten und dann die guten Begebenheiten erfahren?“ Ich selbst setzte mich und wartete gespannt auf Severa.

    Amatris hier der Ort, von dem sie also kam. Gut, irgendwas in dieser Richtung, das wusste ich, aber nicht mehr. Völlig unsinnnig, über was ich mir hier eigentlich Gedanken machte, aber so war das bei mir. Schon immer war ich zu nachdenklich gewesen und ich versuchte in alles einen Sinn hineinzu interpretieren, den man logisch nachvollziehen konnte. Die Sehnsucht nach einem Ort, oder einer Person schien mir da doch fremd, obwohl ich zugeben musste, dass dieses Gefühl langsam in mir Fuß fasste ... da gab es doch so eine Person - abgesehen von der Familie - zu der ich mich sehnte und es war doch irgendwie seltsam, dass nur die Anwesenheit von Aurora mir das wirklich klar machte. Sie hatte mir in derlei Dingen doch jetzt das zweite mal geholfen, auch wenn ich bei ihren letzten Worten, die Sabina betraf doch noch ein wenig ungläubig war.
    "Freuen? Natürlich freue ich mich, wie kannst du sowas fragen? Ich bin nur ... verblüfft und sprachlos und ..." Zu viele Worte auf einen Haufen und so ging ich den letzten paar Schritte zu ihr hinüber und umarmte sie sanft, dass würde mehr sagen, als alle Worte, die ich jetzt sagen konnte und es wäre eine wesentlich bessere Begrüßung, als die vorhin.
    "Wie geht es dir? Und deinem Freund? Habt ihr euch gut in ... Amatris eingelebt?"

    Ich hörte auch, wie die Tür geöffnet wurde, aber danach blieb es still. Hatten wir einen neuen Sklaven, der sich vorstellen wollte und sich nicht traute? Ich dachte bisher, dass sich unsere jetztigen Sklaven schon zutrauten einen anzusprechen, vor allem, nach dem sie hereingebeten wurden. Bislang dachte ich gar nicht daran, meinen Kopf zu drehen und selbst auf die Person zuzugehen. Ich konnte ja nicht ahnen, wer dort war, was sich aber durch die Begrüßung änderte.
    Aurora? Sie war hier? Nicht fort mit ihrem Freund in diesem fernen Land, dessen Name ich doch schon vergaß? Ich hatte ihn auf dem Brief, den sie mir schickte und ich wollte ihn auch diese Woche wieder abschicken, aber da kam mir anscheinend jemand zuvor.
    "Aurora? Du?" langsam richtete ich mich auf. Das wollte ich mit eigenen Augen sehen, denn ich traute dem ganzen nicht wirklich. Sie sagte zwar, dass sie irgendwann wiederkommen würde, aber sie sagte ebenso gut, dass es dauern würde und nach diesem Brief hatte ich auch nicht erwartet, dass sie kurz danach persönlich hier stand. Aber sie war es tatsächlich. Genauso langsam erhob ich mich dann vom Bett und ging einige Schritte auf sie zu, noch uschlüssig, was ich sagen oder tun sollte.


    "Wirklich ...du bist es ja tatsächlich. Mit dir hätte ich nun gar nicht gerechnet..."

    Ein stilles Klopfen war das, ja eine Berührung der Tür konnte man das fast nennen und wäre es in diesem Moment nicht absolut still in der Casa gewesen oder wäre ich gerade in einem komplizierten Text vertieft, hätte ich das sicher überhört, so aber hörte ich sehr wohl. Auf dem Bett liegend, halb nachdenkend halb die Struktur der Decke bestimmend rief ich hinaus:
    "Herein, es ist offen!"
    Wäre wohl sicherlich nur ein Sklave, die meisten anderen waren ja derzeit eh nie in der Casa, was mir einmal ganz gut tat, wenn ich Freizeit hatte, denn so sprang nicht immer irgendwo irgendwer um mich herum.