Beiträge von Caius Sergius Curio

    Entgegen der Vermutung, dass dieses Schweigen nun wieder eine so bekannte Situation auslöst, in der man sich meist gar nicht wohlfühlte und bei denen beide Anwesenden noch im schlimmsten Falle gleichzeitg anfingen irgendein Thema anzusprechen, war diese Stille eher ... schön. Als sollten diese Momente wortlos bleiben und für einen Augenblick dachte ich sogar, dass die ganze Welt ihre Stimmbänder schonte und kein einziger Laut zu mir durchdringen würde, aber noch keinen Wimpernschlag später hörte ich wieder das aufgeregte Getuschel der Vögel und Äste, die durch die leichte Brise aneinander schabten und deren Blätter sich mit einem Rascheln bemerkbar machten, bevor sie eine lange und ungewisse Reise auf den Grund des Bodens antraten. Genauso, wie das herbstlich, rotschimmerne Blatt, welches auf Sabinas Schoß landete und dann mit einer Handbewegung, welche nur zu gut die weibliche Eleganz verkörperte, auf dem Boden schwebte, was ich fast schon aus den Augenwinkeln beobachtete ... so wie ich sie fast schon ununterbrochen zumindest mit einem Auge im Blick behielt. Sie fesselte mich ja schon ...


    Was dann passierte, verschlug mir dann aber doch die Sprache, auch wenn ich nichts sagen wollte. Allein ihre Berührung ließ mein Herz ein klein wenig schneller schlagen und als sie dann mit ihren Finger so sanft über meine Hand fuhr, stellten sich nicht gerade wenige der vielen Nackenhärchen auf und mein Blick wanderte vom Ort dieser Berührung und dieser Zärtlichkeit zu ihren Augen und verlor sich kurz darin, während sich wieder ein kleines und reines Lächeln bildete. Das Erstaunen darüber, was sie tat war schon wieder vergessen, dafür stieg aber eine Lust auf mehr solcher Zärtlichkeiten, aber auch der Wunsch es ihr gleich zu tun. Aber noch war ich wie gelähmt und brachte nur ein Wort heraus, deren Verwunderung nicht zu überhören war: “Verzeih?“ Ich hoffte, es würde ihr klar sein, dass sie sich keinesfalls entschuldigen brauchte und ich es nicht schlecht fand. Hoffentlich hörte man auch heraus, dass das genaue Gegenteil der Grund war ...

    Zitat

    Original von Artoria Medeia
    Die Feierlichkeiten auf der Cena Libera wurden immer ausgelassener. Die Gladiatoren immer enthemmter. Aber warum sollten sie sich auch gesittet benehmen? So manch einer von ihnen, wer wusste natürlich jetzt noch keiner, sollte am nächsten Tag in der Arena sterben. Der Wein floss reichlich und das Essen wurde in großen Portionen verschlungen. Doch nicht alle waren so begierig darauf, sich zu betrinken oder voll zu stopfen. So manche verbrachten den Abend dort mit trüben Gedanken vor sich hinstarrend oder sie hielten sich wegen den kommenden Kämpfen zurück. Briseis gehörte wohl nicht zu den Gladiatoren, die sich sinnlos betrinken wollte. Recht zurückhaltend nippte sie an dem Becher mit Wein, der mit wenig Wasser, dafür mit reichlich Honig und Gewürzen gemischt war. Über den Rand des Bechers hinweg musterte sie Sergius Curio neugierig und interessiert. Die Spuren ihrer Tränen waren mittlerweile fast vollständig aus ihrem Antlitz verschwunden.


    Ihre dunkeln Augen funkelten jetzt auch wieder mit der Lebenslust, die diese Frau eigentlich durchfloss, trotz ihrer Arbeit und ihrem Schicksal als Gladiatorin oder Amazone. “Sergius Curio! Gab es nicht mal einen berühmten Sergier, einen Berühmtberüchtigten in der Republik?“ Sie zwinkerte mit Schalk in den Augen. „Führt Dich die Neugier hier auf die Cena Libera? Oder möchtest Du Dir die Männer und Gladiatoren ansehen, die morgen sterben?“ Briseis lächelte und deutete über ihren schlanken und trainierten Körper hinweg. Nur eine leichte helle und kurze Tunika verbarg ihre Konturen. „Dann sieh gut her!“ Einerseits schienen ihre Worte recht makaber zu sein, aber sie sprach sie mehr lasziv aus. Stumm trank sie einen Schluck als Plautius Curio grüßte. Und dann begann auch schon die Prügelei bei den Einrichtungen für die Notdurft.


    Meiner Kehle tat das noch recht kühle Gemisch aus Wasser und irgendetwas alkoholischem sehr gut. Sie fühlte sich lange nicht mehr so rau und trocken an, wie noch vor wenigen Minuten und das Reden viel mir daher schon ein klein wenig leichter ... von dieser Seite aus gesehen – andererseits verschlug mir meine Gesprächspartnerin doch ein wenig die Sprache und so trank dich noch einen Schluck hinterher, rein aus dem Grund, mich ein klein wenig abzukühlen, auch wenn das Getränk allmählich Raumtemperatur anzunehmen begann. Ob sie wohl auch so wäre, würde sie nicht in der Gefahr sein, morgen zu sterben? Vielleicht, vielleicht auch nicht, sicher war aber doch, dass eben die Tatsache, dass sie morgen bereits tot sein könnte mit einer der Gründe war, weshalb sie nun wirklich etwas ... ausgelassener, und auf ihre Weise sehr attraktiv wirkte.


    “Ich denke, es ist sowohl die Neugier, als auch das Interesse, wie die ruhmreichen Krieger der Arenen ohne einem Schwert in der Hand sind.“ erwiderte ich, ihre vorherige Bemerkung einfach unbeachtet lassend. Ja ... da gab es so einen, und er war auch einer der vielen Sergier, dessen man sich nicht rühmen konnte, aber seine Familie konnte man sich bekanntlicherweise ja nicht aussuchen. Das sie ihren Körper nun noch extra mit ihrer Handbewegung betonte, war völlig unnötig, denn auch so verfehlten ihre Reize nicht ihre Wirkung. “und ich muss sagen ... das was ich bisher sehe, ist wirklich sehr ... interessant!“ Eine Andeutung eines Grinsens lag auf meinen Lippen, welches allerdings sofort wieder verschwand, als Plautius vorbeikam und mich grüßte. Stumm hob ich meinen Becher und für einen kurzen Augenblick wanderten meine Gedanken zu Sabina ... aber die Rangellei andernorts lenkte mich davon ab.

    Hastig machte ich mir Notizen auf dem Wachstäfelchen und hoffte, alles Wichtige mitzuschreiben. Es war eine ganze Menge und der Vortrag würde wohl noch lange nicht vorbei sein. Mit einem neugierigen Blick empfing ich das Kästchen und schaute mir die darin enthaltenen Stücke genau an, hielt sie hoch, um sie ein wenig mehr ins Licht zu rücken und legte sie dann mit einem leichten Nicken wieder in die Schatulle, um sie dem Nächsten zu reichen.


    "Sehr interessant..." murmelte ich vor mich hin und wandte mich wieder verstärkt der Wachstafel zu, um mir noch ein, zwei Anmerkungen zu machen.

    “Ja ... so ist das leider mit den Sklaven, man muss immer eine strenge Hand haben ...“ seufzte ich schon fast. Bedauerlich für die Sklaven, sie wusste gar nicht, wie gut es ihnen eigentlich ging. Niemand würde einen tüchtigen und hilfsbereiten Sklaven, der ohne Widerrede das tat, was man von ihm verlangte – das dann sogar mit großer Effizienz - züchtigen. Nein, keiner würde das machen. Wenn der Herr nicht gerade eine sadistische Ader hat, aber im Normalfall ja nicht. Ich teilte aber ihre stumme Meinung, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, um sich über solcherlei Dinge Gedanken zu machen und reagierte auch nicht wirklich auf ihre Worte, sondern setzte mich ebenfalls auf die Steinbank, die wir nach dem kurzen, aber gemütlichen Gang durch den hortus erreicht hatten. Ich setzte mich weit genug weg von ihr, damit ich nicht aufdringlich wirkte, war aber trotzdem noch nah bei ihr, um auch nicht den Eindruck zu erwecken, ich wollte nicht in ihrer Nähe sein. Am liebsten wäre ich den letzten schmalen Streifen Stein hinter mir gelassen und würde somit dann Haut an Haut bei ihr sein, aber ich wusste nicht, wie sie darauf reagieren würde und ich wollte es nicht ausprobieren ... es könnte ja negativ ausfallen und dafür war mir die Situation zu schade.


    “Ebenso schön, wie deine zu genießen ...“ antwortete ich und schaute sie mit einem kleinen Lächeln an. Was sie wohl in diesen Momenten dachte? Ob ihr immernoch die Aktion ihres Onkels im Kopf schwebte, oder dachte sie an etwas völlig anderes? Was würde ich nun alles geben, um genau das herauszufinden.
    Langsam wanderten die Hände von meinem Schoß auf die Steinbank, wo sie mit einem sanften Druck verharrten, während ich mich ein kleines Stück nach hinten lehnte, um es mir ein klein wenig gemütlicher zu machen. So würde ich diese Augenblicke noch besser genießen können ... allein ihre Nähe.

    “Ja, ich war auch positiv überrascht ...“ bestätigte ich mit einem kleinen Lächeln und beendete dann meinen Satz, als ich ihre zarten Finger an meiner Hand spürte. Meine Wangen brannten förmlich und einen kurzen Augenblick lang starrte ich auf den Boden, ehe ich versuchte, die Situation zu retten und sie nicht ganz so peinlich weiterlaufen zu lassen. “.. ähm ... es war ja diesmal niemand da, der den Strom aufhielt ...“ fügte ich noch – am Anfang recht stockend – hinzu und zog dann meine Hand zurück, um mich dann wieder zu setzen.
    Das war nicht normal. Als ich wieder auf meinem Platz saß, schaute ich wieder gen Himmel. Der Horizont hatte noch immer dieses wundervolle Blau und nur vereinzelt waren kleine Wölkchen zu erkennen. Es hatte sich nicht viel geändert, seit ich das letzte Mal dorthin geblickt hatte. Es schien fast so, als wollte ich ihren Augen ausweichen, weil es mir in einer merkwürdigen Art und Weise peinlich war, dass sie sah, wie verlegen ich doch in diesem Moment war. Vorhin hatte ich mit viel Mühe geschafft, nicht mehr so zu wirken, aber nur diese eine Berührung hatte mich doch wieder aus der Bahn geworfen.
    Irgendein nettes Thema musste man doch noch finden ... es würde sonst wieder diese unangenehme Stille entstehen, die einfach nicht zum Aushalten war. Ich war doch sonst nicht so.


    “Und, was hast du für die nächsten Tage so geplant?“ fragte ich sie schließlich, wobei ich den Blick dann doch wieder auf sie richtete. Sollte sie es nur bemerken, man würde ja nicht sofort das eine schlussfolgern ... oder? Nein, ich hoffte nicht. Hatte ich diese Frage nicht schon gestellt? Oder war es eine andere, wenn es nun die gleiche wäre, würde ich wieder so verwirrt dasrtehen, wie ich es vorhin tat, als ich in die falsche Richtung gelaufen bin. Das war peinlich ...

    Auch ich betrat den sich stetig füllenden Raum, ließ meinen Blick über einige Anwesende schweifen und suchte mir dann einen Platz möglichst weit vorne, um auch wirklich alles mitzukriegen, was Aurelius Cicero zu erzählen hatte.


    Vorsorglich legte ich schon eine Wachstafel und einen Stilus bereit, damit ich, sobald es anfing, sofort loslegen konnten, um alles Nötige mitzuschreiben.

    "Du schmeichelst mir." antwortete ich mit einem kleinen Grinsen und nahm noch einen Schluck aus dem Kelch.


    "Gut, ich werde dich eine Zeit lang schlafen lassen und dann die Cena ein klein wenig nach hinten verlagern lassen, damit du ein wenig Schlaf findest." beschloss ich, ohne Rücksicht auf etwaige andere Familienmitglieder zu nehmen. Sie mussten sich dem nun einfach fügen, oder sollten das Essen selbst zubereiten. Wie sie erhob ich mich schließlich und ging voraus, um ihr die Tür zu öffnen.


    "Dann wünsche ich dir einen behutsamen und krätfegebenden Schlaf."


    No Comment *gg*

    "Ja, solch Geheimniskrämerei hab ich schon zu oft ansehen müssen und ihr wisst gar nicht, wie qualvoll das für uns ist." scherzte ich und ließ meinen Blick einmal kurz durch den Raum wandern, in der Erwartung irgendetwas neues, fremdes zu entdecken ... oder einfach den stillen Wunsch zu äußern, ein anderes Thema anzuschlagen.

    Sachte schüttelte ich den Kopf und schob ein dankendes “Nein“ hinterher. Ich wollte mich nicht zu lange hier aufhalten und ganz allgemein die Sache eigentlich so schnell wie möglich über die Bühne bringen. Zwar war es nicht so, dass ich ihm diese letzte Ehre, sein Begräbnis nicht gönnte, aber wunderte ich mich doch, wieso ich mal wieder der Depp war, der das ganze organisieren sollte? Ich war ja wohl der, der ihn am wenigsten gekannt hatte ... Publius hätte das machen sollen, aber der war dementsprechend unzuverlässig.


    Wie bei einem Gespräch, welches leider länger zu dauern schien, neigte ich den Kopf unfreiwillig zur Seite, während ich nun nocheinmal Flavius Aquilius musterte. Anscheinend war er mit seiner derzeitigen Situation nicht ganz so glücklich, wie er sein wollte, es konnte natürlich auch täuschen. Sein Tonfall allerdings sagte mehr aus, als die Worte, die er damit unterlegte. Ich wüsste nicht, was ich wohl getan hätte, müsste ich seine Frage verneinen und ich wollte auch gar nicht erst wissen, was er gemacht hätte, glücklicherweise würde ich aber beides nicht erfahren und so nickte ich nur. “Natürlich weiß ich das und ja, genau deswegen bin ich hier. Wie gesagt, der Ablauf ist mir bekannt, nur haben wir keinen Priester in der Familie, der dies erledigen könnte und so wandte ich mich an Flavius Milo, der mich ja zu Dir sandte.“ Einen kurzen Augenblick schwieg ich auf seine letzte Frage hin, bevor ich dann doch recht schnell noch eine Antwort gab: “Nun, wer die Leichenrede vorträgt ist von Seiten der Familie schon bestimmt, aber besagte Person ist noch nicht verständigt worden...“ Ja, genau jetzt viel mir ein, was ich vergessen hatte ... nein, Publius wollte das eigentlich machen, was heißt, dass ich es doch machen musste. Ein kaum hörbares Seufzen entrann meiner Kehle und der Kopf legte sich nun langsam in Richtung anderer Schulter.

    Einen kleinen Augenblick dachte ich über ihre Worte nach. Eigentlich hatte sie recht, einfach die Seele baumeln lassen und das genießen, was man genießen konnte. Nicht weiter darüber nachdenken, ob das der einzige Park hier war, oder ob das nur einer von vielen war. Nicht weiter darüber nachdenken, ob es schönere Gärten gab, oder ob das der schönste war und auch nicht weiter darüber nachdenken, ob was heute oder morgen alles noch geschehen konnte. All die Probleme für einen einzigen Moment beiseite schieben und einfach an nichts denken. Ja, das war das Ziel, aber ich rannte in die falsche Richtung, oder das Ziel bewegte sich mit. Ich konnte diese Gedanken einfach nicht abschütteln, keinen einzigen, auch wenn ich es wollte. Und bei vielen wollte ich das.


    “Wo du recht hast ... aber es funktioniert leider nicht so einfach, wie du das sagst. Für Viele mag das zutreffen ... Sie konnten einfach abschalten, aber ich ... ich nicht. Ich muss zugeben, dass ich eigentlich immer am Nachdenken bin und wenn es nur darüber ist, dass ich nichts nachdenken soll.“ Kurz schmunzelte ich. Komplexe Worte, hinter denen doch eine so simple Aussage steckte.
    Ich streckte meine rechte Hand aus, um mit den Finger zart über die Blüten am Wegesrand zu fahren, die dort mit ihren vielen verschiedenen und leuchtenden Farben eine Zierde darstelle, dessen Schönheit wohl kein Mensch zu zerstören vermochte. Der Duft von Gras, gemischt von dem, geruchsintensiver, lieblicher Blumen mischte sich und ließ einen die Nase entzücken.
    "Interessant, wie etwas so zartes und zerbrechliches so verzaubernd sein konnte ... nur der Duft fesselte einen schon ..."
    Blumen war wohl nicht das einzige zarte und zerbrechliche, was beispielsweise einen Mann verzaubern konnte ... nein, da gab es noch mindestens eine 'Sache' mehr.

    “Ja, wer ist noch im Haus ... vor kurzem kam eine entfernte verwandte von uns. Eine Cousine von mir, keine Ahnung. Sie heißt Severina und wird aber bald mit Epulo abreißen. Ach ja stimmt: Publius und einige andere werden nach Hispania ziehen, wer genau alles, weiß ich aber nicht.“


    Mit einem neugierigen Blick begutachtete ich Aurora, wie sie sich an den Oliven bediente. Sie hatte wohl wirklich großen Hunger. “Soll ich dir was vernünftiges zum Essen bringen lassen?“ Nur von Oliven konnte man ja nicht satt werden, zumindest nicht in der Menge, wie ich sie hier in der Schale hatte.


    “Naja, meine Karriere ... ich wurde vom Stationarius zum Praefectus Vehiculorum der Regio Italia befördert. Heißt, ich bin der Vorsteher des Cursus Publicus in ganz Italien ... und ansonsten ... ich bin noch in das Weingeschäft eingestiegen. Den Wein, den du da gerade trinkst ist von mir angebaut worden.“

    “Öhm, ich weiß gar nicht so genau. Sie schwirren wohl hier irgendwo in der Casa rum. Du kannst ja mal in Drus Cubiculum vorbeischauen, sie wird sich sicherlich freuen.“ antwortete ich und schnappte mir einige der Oliven vor mir, die ich dann genüßlich aß.

    “Ich weiß nicht, woran er gestorben ist. Vermutlich akuter Herzstillstand oder so etwas...“ Ich zuckte mit den Schultern. Ja, er war noch jung und es war grauenhaft, dass so jemand schon so früh sterben musste, aber so war es nunmal und man konnte auch nichts daran ändern.
    Langsam ging ich wieder zu meinem Platz und setzte mich. Während ich Auroras Worten lauschte trank ich einen Schluck vom Wein-Wassergemisch und antwortete schließlich:
    “Keine Sorge, Seia geht es gut. Es gibt keine anderen schlechten Nachrichten mehr. Man kann es so sehen: Dafür, dass man uns Glabrio genommen hat, brachte man uns jemand anderen. Drusilla hat ihr Kind geboren. Ein kräftiger Junge ... Titus ist sein Name.“

    “Na das hoffe ich doch!“ warf ich ihr noch hinterher, bevor ich mich auf den Weg über die sorgfältig gelegten Pflastersteine in Richtung des kleinen Marktstandes machte, an dem ich heute wohl mehr Zeit verbrachte, als vorher in meinem ganzem Leben. Der Stand an sich war nicht sehr weit weg, was man erst nicht vermutete, da die Geräuschkulisse an unseren Plätzen entgegen der Natur solcher Stände und überhaupt des Marktes eher ruhig war. Der Verkäufer schien seine Kunden, außer dem vorhin, gut unter Kontrolle zu halten, was natürlich für ihn sprach. Rasch gliederte ich mich in die Menschenansammlung ein, die gierig darauf wartete, endlich an der Reihe zu sein, um nicht länger wie nötig den Nacken der Sonne auszuliefern.


    Während ich ebenfalls gespannt verfolgte, wie die Schlange vor mir stetig kürzer, dafür hinter mir immer länger wurde, grübelte ich wieder ein wenig über die bisherigen Geschehnisse nach. Ich merkte nicht, wie meine Finger über den Rand des Tongefäßes fuhren und jede Furche, jede kleinste Unebenheit erfassten. Zu tief war ich wieder in den Gedanken vertieft. Was sie wohl dachte? Von mir, von der ganzen Situation ... wäre überhaupt eine Art gemeinsame Zukunft möglich? Nein, da wäre absurd, das wäre gar nicht zu vereinbaren, nicht von meiner Seite aus und auch sicher nicht von ihrer. Aber immer wieder gab es in ihrer Nähe diese anderen seltsamen Gedanken und merkwürdige Gefühle, die ich entweder nicht kannte, oder deren letztes Auftreten zu weit in der Vergangenheit lag, als das ich mich an sie erinnern konnte.
    Ein kleiner Anstoß von meinem Hintermann zog mich wieder zurück und leicht benommen ging ich einen weiteren Schritt nach vorne, während mein Blick den von Sabina suchte, wie sie dort an ihrem Platz saß. So unbeschwert und sorglos und mit jedem kleinsten Detail ihres Körpers schien sie einen anzuziehen... Wäre nicht ein weiterer Stupser von dem bulligen Kerl hinter mir gekommen, hätte ich wohl nicht bemerkt, dass ich der nächste in der Reihe gewesen wäre. Schnell bestellte ich einen weiteren Becher Quellwasser, wie sich meine hübsche Begleiterin gewünscht hatte und gab dem Inhaber des Ständchens wortlos die geforderten Sesterze, während ich in Gedanken schon lange wieder zurück auf meinem Platz saß.
    “Vale...“ rief er mir noch zu, aber ich hörte gar nicht hin und war nun auch körperlich auf den Weg zurück zu Sabina. “Hier, ein Becher Quellwasser ...“ Mit einer leicht eleganten Handbewegung reichte ich ihr den Becher uns setzte mich dann wieder auf meinen Platz.

    Auf ihre erste Frage ging ich gar nicht erst ein. Ich kannte die Antwort selber nicht und war zu dem Zeitpunkt ebenfalls sehr verwundert, allerdings hatte ich mich damit abgefunden. Es nützte sowieso nichts, im hinterher zu trauern. Wenn er zurückkommen sollte, dann würde er zurückkommen...


    “Ich weiß nicht, ob du in kennst, er war nicht besonders oft hier. Sergius Glabrio ist vor kurzem erst verstorben...“ Die Antwort auf ihre zweite Frage und wieder war es nicht besonders schonend herübergebracht. Aber sie war ja alt genug, dass zu verstehen – hoffte ich zumindest.

    “Ja, ich habe meiner Sklavin vertraut und sie hatte es nun das zweite Mal innerhalb kurzer Zeit missbraucht. Das ist auch der Grund, wieso sie nun nicht mehr meine Sklavin ist...“ Ich zuckte mit den Schultern, denn es war mir nun egal, was mit Cicinne war. Nicht einmal mehr Wut oder Zorn konnte ich für sie empfinden, denn mehr wie Gleichgültigkeit gegenüber einer Sklavin, die mein Vertrauen missbrauchte, fand in meinem Herz keinen Platz. Nein, allein das war zuviel. Aus den Gedanken und Erinnerungen sollte ich sie streichen, denn so jemand hatte es nicht verdient, bedacht zu werden und wenn ich sie eines Tages wiedersehen sollte, auf dem Markt, wenn sie mit einem Händler feilschen würde, ihn mit ihren mir wohlbekannten Reizen verführen würde, wenn die Sonnenstrahlen von ihrer hellen Haut gespiegelt würden, könnte ich an ihr vorbeigehen ... ohne sie zu beachten. Auch wenn es sie erzürnen würde, so verbissen sie in ihrer eigenen Ansicht von Recht war, es wäre mir egal.
    Der liebliche Duft der Pollen einer wunderschönen Blume, die sich wie Efeu um den Fuß einer kleinen Steinbank nicht weit von hier rankte und ihr ein bald schon uraltes Aussehen verlieh. Diese Pflanze war mir unbekannt – es lag wohlmöglich daran, dass ich mehr die Natur genoss, als dass ich mich mit ihr beschäftigte – aber sie übte einen nicht kleines Verlangen auf mich aus, sie näher zu erkunden ... wie sie dort zu still und harmlos vor sich herlebte, jedes einzelne Blütenblatt von einem lauen Sommerwind bewegt wurde und die letzten Pollen von den fleißigen Bienen aufgesammelt wurden, damit ein feister Imker am nächsten Morgen glücklich zu seinem Bienenstock gehen konnte und sich glücklich schätzte, dass jemand solche Blumen hatte. Ja, diese Blume war etwas besonderes, sie war genauer Betrachtet sogar eine Art Metapher für eine Person. Die ebenso reizende Person, um die sich ein Mann glücklich schätzen konnte, wenn er am nächsten Morgen ins Zimmer kam und sie entdeckte. Eine Person, die mit jedem Moment ein Stück greifbarer wurde, aber nochimmer legten sich steinerne Hindernisse in den Weg, die schweißtreibende Anstrengungen erforderte, um sie zu überwinden. Aber man kämpfte ja für sein Ziel, man rannte ihm hinterher und brachte eben solche Anstrengungen hinter sich, nur um hinterher an der Ziellinie zu stehen und den Preis in Empfang zu nehmen Amüsant, dass in diesem Falle Ziel und Preis dasselbe waren.


    Jetzt war doch tatsächlich wieder in Gedanken versunken, konzentrierte mich auf Gedanken, wenn die Tat dazu doch jetzt, in diesem Moment, an diesem Ort vollführt werden konnte. Es musste gewiss seltsam sein, mich wieder in diesem Zustand der halben Geistesabwesenheit zu sehen. Sabina hatte mich zwar schon öfter so gesehen, zumindest glaubte ich das. Nein, sie sah mich definitiv schon so, denn genauso nachdenklich verbrachte ich auch schon den Tag auf dem Marktplatz, einer der wenigen, wenn auch faszinierenden Begegnungen mit ihr. Und schon wieder fing ich an, in Erinnerungen an sie zu schwelgen, wenn sie doch in natura vor mir hatte.


    “Das ist ja die Hauptsache, wenn es dir gefällt und ich muss sagen ... letztendlich zählt ja das Ergebnis“ Mein Blick wanderte zu den beiden möglichen Orten im Garten, an denen wir uns niederlassen konnten. Die Wahl stand also zwischen Klinen und der bereits vorhin erwähnten Steinbank. Da viel die das Ergebnis dieser Wahl nicht schwer aus, in Erwartung, den süßlichen Blumenduft stärker wahrnehmen zu können.
    “Mir wäre es am liebsten bei der Steinbank dort hinten ...“ antwortete ich schließlich und wartete dann auf ihre Reaktion.

    Mit Sabina reden? Würde das denn etwas bringen? Würde Sabina meiner Schwester Dinge erzählen, die sie mir nicht erzählen würde? Schließlich war sie nunmal meine Schwester und als solche konnte man davon ausgehen, dass ich es dann ebenfalls erfuhr. Aber auch wenn ich 'nein' sagen würde, wäre Seia wohlmöglich sowieso zu ihr gegangen. Ich wusste, dass sie genauso neugierig war, wie ich und wenn sie sich sowas mal in den Kopf gesetzt hatte, konnte sie auch niemand mehr so leicht davon abbringen.
    "Du musst, oder sollst natürlich nichts ... und auch wenn ich bezweifel, dass sie dir etwas erzählen würde, da sie wahrscheinlich eh davon ausgeht, dass ich es erfahre, überlasse ich dir die Entscheidung ganz alleine. Kein 'Nein', aber auch kein 'Ja'."
    Das war vielleicht die klügste Entscheidung...