Ihr neuer Herr war vor ihr hergegangen, bis sie die Casa erreichten. Unterwegs hatte er nicht übertrieben jeder Frau nachgesehen, die annähernd seines Alters war und nicht der allerletzten Kröte glich. Hin und wieder hatte er sich sogar beinahe den Kopf verrenkt, um einer von ihnen nachzusehen, was Seia mit Augenrollen quittiert hatte, wenn er wieder nach vorn sah. Diese Männer.
Das, was sie anschließend von der Casa kennengelernt hatte, gefiel ihr. Es war ein schönes Haus mit einer zweckmäßigen Küche. Sie setzte sich und sah die alte Sklavin an, die ihr eine kleine aber feine Mahlzeit auftischte. Sie lächelte sie freundlich und dankbar an, denn augenblicklich erinnerte sie diese Frau an ihre Mutter. Sie hatte sie wahrscheinlich zu lange angesehen, aber die Frau wandte sich errötend ab.
Hungrig sah sie auf das Essen hinab, nahm dann aber zu allererst den Becher in beide Hände und trank. Erst einen kleinen Schluck, dann ein großen hinterher, und noch einen und danach noch einen. Sie schmeckte fast nur Wasser, aber das machte nichts. Sie war nur Wasser gewöhnt. Die Beine sittsam aneinander gestellt und die Hände in den Schoß liegend, sah sie ihren Herren an, der gerade gewünscht hatte noch mehr über sie zu erfahren. Im nächsten Moment lachte er plötzlich und erinnerte auch sie daran, dass sie seinen Namen noch nicht wusste. Marcus Caecilius Fabricianus - das werde ich mir leicht merken können. Und den des anderen auch... Kann ich also darauf hoffen, dass es hier momentan nur diese zwei Männer gibt, die es heißt zu umsorgen? Wär toll, denn dann würde für mich vielleicht noch jede Menge freie Zeit rausspringen!
Sie krümelte sich einen Happen Brot ab, belegte den mit einem kleinen Stückchen vom Hühnerfleisch und kaute, ehe sie die Hände im Schoß ineinanderlegte und antwortete.
"Meine alten Besitzer waren...." - Sklaventreiber! ".... meist sehr freundlich zu mir. Sie waren keine reichen Leute, einfache Fischhändler, aber als meine Mutter schwanger wurde und mich gebar, wurde ich nicht ausgesetzt. Stattdessen wurde ich in einem der Sklavenräume gefangen gehalten und sah Menschen, eigentlich nur meine Mutter, nur in den Nächten. Als ich alt genug war, nützlich wurde, durfte ich in der Küche mithelfen." Sie ratterte ihre Geschichte wie eine totgeredete Nachtgeschichte herunter und begann gerade damit, eine Strähne ihres braunen Haares um den Finger zu wickeln. "Ich musste alles lernen, was es für eine Sklavin zu lernen gibt. Anfangs habe ich mich widersetzen wollen, als sie mich zur Zierde den Gästen beim Essen auf den Schoß setzten...", sie knickte kurz den Kopf zur linken Seite, sprach aber nicht weiter. Oh, wie häufig war sie bestraft worden. Als sie noch kleiner, äääh jünger gewesen war, war sie sturer als der sturste Dickschädel durch ihren Sklavenalltag gegangen und hatte so manches mal aufbegehrt, wenn sie etwas tun sollte, das sie gar nicht tun wollte. Nein, das musst du nicht wissen. Schließlich macht dich nichts heiß, was du nicht weißt. Also lassen wir den Teil der Geschichte besser aus.
Sie sah Fabricianus mit einem Augenaufschlag an, damit er die Lücke nicht bemerkte und abgelenkt war. "Ich wurde ihnen zu teuer, da musste ich gehen. Habe ihnen ein gutes Sümmchen eingebracht." Ja, so war das gewesen. Und jetzt entschuldige, meine Magen knurrt. Hmmm, das Hühnchen ist gut!