Beiträge von Quartus Flavius Lucullus

    Noch früher als früh verließ ich am heutigen Morgen die Villa Flavia, um den Vorbereitungen beizuwohnen, die sich dem Tag der heiligen Victoria widmeten. Sie war die Göttin des Sieges und da man jenen nicht zu Mittag errang, sondern günstigerweise das Morgengrauen nutzte, stand ich auch mit dem ersten Morgenrot auf dem Palatin unweit des Mater Magna vor den Stufen des Heiligtums.


    Nur wenige Diener und Priester waren bereits vor Ort, der Initiator fehlte ebenfalls noch. So ließ ich meinen Mantel auf einem Mamorgeländer zurück und begab mich hinein, um Blumengränze und Palmenzweige zu holen. Einen Teil der Ausschmückung wollte ich vornehmen, um Victoria Virgo mein Angesicht zu zeigen.

    Fast unmöglich schien es mir zwischen den alten Werten und Traditionen oder den neuen Ideen und Veränderungen einen Weg zu finden. Da es aber dem Lauf der Dinge entsprach, das die römische Gesellschaft sich änderte, könnte man - wollte man nicht Kautz genannt werden- jene Veränderungen nicht gänzlich ablehnen.


    Mit dem Blick auf die Dips orientiert, ließ ich mir die Frage Gracchus durch den Kopf gehen und wartete darauf, das der Wirt uns noch einige Laibe frisches, wie unterschiedliches Brot vorbei brachte. Dann als der Tisch mehr reichlich als karg gedeckt war und die Bediensteten uns alleine ließen, antwortete ich meinem Bruder.


    "Ebenfalls guten Appetit."


    Doch ich nahm mir noch nichts, vielmehr bearbeitete der Geist meinerseits noch jene Frage...


    "Überholt, du meinst veraltet.. einer ehemaligen Zeit nachhängend? Nun wenn du schon auf das Geschwätz des Pöbels hörst, die uns jene Worte schon länere Zeit in den Mund legen, dann muß ich wehemend abstreiten. Sagst du es aber frei heraus, weil du dich damit beschäftigst, dann muß ich ein wenig zustimmen. Aber auch mahnen, denn wenn nicht wir die alten Traditionen und Vermächtnisse unserer Ahnen bewahren und verteidigen, werden sie schneller dem Tiber hinunter geschwommen sein, als du am Morgen zum Kapitol aufsteigst."


    Mit einem Löffel strich ich etwas Olivencreme auf eine Pinienkernbrotecke und steckte sie nicht gesamt in den Mund, sondern kaute daran herum.

    Ich registrierte die Worte meines Bruders mit einem eifrigen Nicken. Zu oft entschied man bei der Wahl gegen die alten Werte und Gentes. Und nur zu oft wurden jene Kandidaten mit Füßen getreten, um sich dann nach der Wahl in ein stilles Kämmerlein zurück zu ziehen und den eigenen Ruhm zu feiern. Der Staat Rom hatte freilich wenig davon, die Götter noch weniger, weil sie ihr Wohlwollen mit Seuchen bezahlt bekamen. Doch dieses Jahr war es etwas anderes. Viele Patrizier hatten den Sprung in den Cursus Honorum geschafft und sie würden dieses Jahr einem Goldenen gleich werden lassen.


    "Ich habe von ihnen gehört und ich bin beglückt zu sehen, mit welchem Eifer die alten Werte dieses Jahr vertreten werden."


    Gracchus schienen die Oliven nicht anzustehen na vielleicht später dachte ich und schob die Schüssel in die Mitte des Tisches.

    Was lohnte sich aus Rom zu blicken, wenn der Tisch der Götter hier stand. Die Priester draußen vor der Stadt in jenen Enklaven die Roms Kaiser geschaffen hatte, waren vielmehr damit beschäftigt um Beistand der Götter zu flehen. Während hier in Rom der Gabentisch reichlich bestellt war. Eine Art Götterkur...


    Doch ich dachte nicht weiter darüber nach. Natürlich war ich mir meines Standes bewußt und hoffte, das jener Einfluß so weit reichen würde, das ich Italien nie verlassen mußte. Da fiel mir der Name Furianus ein. Was hatte er verbrochen um so unumgänglich nach Hispanien zu ziehen?


    Ich bemerkte die Blicke meines Bruders. War ich zu sehr in Gedanken verflossen? Ein Lächeln umspielte meine Lippen und Worte überquerten sie.


    "Wir pflegen und ernähren die Götter mit allem was ihnen notwendig erscheint und wir tun gut daran das zu tun. Denn leider sind es nicht alle Römer die die alten Werte so lieben wie wir. Nein mit Bestürztheit sehe ich die Gäste beim Opfer. Weißt du ich konnte mir Gesichter schon immer besonders gut merken. Sie sind sehr oft da, die kleine Masse, während die Große auf Taten der Götter setzt und sich nicht um deren Wohl kümmert. Es wird schwer sein, Rom zu erhalten, wenn den Göttern nicht der beflissene Respekt, die Ehre und Untertanenschaft zu teil wird, wie wir es von unseren Ahnen gelernt haben. Ich werde dabei mein Bestes tun..."


    Einige der Oliven fanden ihren Weg. Auch einen Becher stark verdünnten Wein nahm ich zur Hand und drehte ihn zwischen den Händen. Meine Gedanken streiften umher.


    Dann ein Lächeln, kurz aber tief in die Mimik eingeschnitten.


    "Und gefällt dir denn deine neue Aufgabe Gracchus?"


    Wieder streiften meine Augen den Bruder und erneut war der Blick voller Leben.

    Während Gracchus vor seinem Bruder die Tabera betrat, blickte ich mich um. Die Foren Boarium und Romanum waren äußerst gut besucht. Doch die Zeit nicht im Stande dem einfachen Verkäufer, Händler oder Transporteur die Zeit zu geben seine kläglich verdiente Sesterz an den Wirt zu bringen. Nein vielmals waren jene Gäste auch nur sehr selten in den teuren Tabernen der Stadt anzutreffen. Wenn man durch Zulagen des Staates auf Getreide und den Tagelohn nurmehr einen viertel Denar mehr einnahm, als das tägliche Brot abverlangte, dann war dies nur zu verständlich.


    Die Taberna war unglaublich gemütlich und ich nickte meinem Bruder zu, als jener Wirt uns diesen Platz anbot. Nachdem sich Gracchus gelegt hatte, folgte auch ich ihm und war nicht verlegen genug auf den Wein zu warten, sondern ließ ihre Tischgruppe durch einige Oliven aufwerten.


    Jetzt würde sich zeigen, wie gut die Dips waren und welchen Geschmack der Eigentümer nachhing, denn nicht selten rührten sie nur dies zusammen, was sie selbst auch verspeisten.


    Ich blickte meinen Bruder Gracchus innig an.


    "Ich bin am Tische der Götter. Ich darf ihnen dienen und ich kann ihren Worten lauschen, wenn die Gaben vollbracht sind. Was kann man sich mehr wünschen als kleiner Priester?"


    Natürlich wünschte ich mir mehr, doch war Gracchus sicher mit anderen Gedanken beschäftigt, als sich meine Rügen an das römische Volk anzuhören.


    "Die Opferzeremonien sind mir dabei besonders zum lieben Alltag geworden."

    Mein Blick verformte sich nur unmerklich zu einem Lächeln. Welche Frage war das... Natürlich wußte ich um die herzhaften Feste der flavischen Dynastie und die feinen lucullischen Delikatessen waren mir schon immer gern zu Tisch gereicht worden. So nickte ich Gracchus zu und begab mich an seine freie Seite.


    "Aber liebend gern mein Bruder. Ich hoffe jene Taverna ist edel genug, das wir nicht dem Gestank des Plebs ausgeliefert sind."

    Während die Gebete leiser und leiser wurden. Zerstreute sich die Menge, die noch vor kurzem den Opferplatz säumte. Auch die Opferhelfer und Diener beendeten nun ihre Gebete und begaben sich pflichtgemäß an die Aufräumarbeiten. Ich hatte ein wenig Zeit, denn jenen niederen Dienste des Kehrens und Räumen war ich ausgenommen.


    So suchte ich mit den Augen den Flamen Dialis. Fand ihn aber nicht. Denn wie sollte es anders sein, bedeckte jener seine Augen bereits wieder um ja keinem arbeitenden Menschen n jenem Feiertag zuzuschauen.


    Ein zufriedenes Seufzen entrang meiner Kehle und ich begab mich zu den wenigen noch anwesenden Menschen, denn ich hatte jemanden entdeckt, der die Familie sehr stolz machte.


    "Gracchus, ich freue mich dich zu sehen. Ich hoffe das kleine Opfer hat dir gefallen und auch ich habe mich nicht all zu sehr aus dem Rahmen bewegt. Wenn du Zeit hast, können wir vielleicht eine Kleinigkeit zu uns nehmen..."


    Mein Blick streifte den Mann neben dem Bruder. Doch meine Worte blieben an Gracchus gerichtet. Nicht wirklich mußte jener Bürger ein Begleiter sein und konnte durchaus zufällig da stehen.

    Mit den Opferdiensten im Tempel kam ich nun sogar noch zur Hochzet meines eigenen Fleisch und Blutes zu spät. Gerade noch sah ich die Opferzeremonie und durfte meine Glückwünsche zurück halten. Wenig später wurde jener Vertrag geschrieben, der Gracchus ein Leben lang binden würde.


    Ich nahm an der flavischen Seite Haltung an und blinzelte nach vorn. Später würde ich Zeit finden ihm meine Glückwünsche mit auf den Weg zu geben. Diese Heirat war urrömisch und so brauchten jene Worte nicht gar zu überschwenglich ausfallen.

    Mit Einbruch der zehnten Stunde mußten die Vorbereitungen abgeschlossen sein. Meine Hand glitt ein letztes Mal über die Opferteller. Sie waren gereinigt und mit dem heiligen Wasser geweiht worden. Nun standen sie für das Festmahl der Fides bereit. Während wir Opferhelfer uns umzogen, begann man im Tal vor dem kapitolischen Hügel den gedeckten Wagen zu bespannen. Wenig später bestiegen die Flamines das Gespann. Der Flamen Dialis begab sich im Zustand cotidie feriatus (täglich festlich) darauf. In seiner Tracht, der weißen doppelt gefaltete Toga mit Bronzespange und einer weißen Kappe. Während die Pozessionsordnung hergestellt wurde, eilten auch wir, die Opferhelfer hinunter, um als Laufgarde am Zug teilzunehmen.


    Alles war vorbereitet. Die Bullen festlich geschmückt mit Blumen und Weidenkränzen. Die Flamines wurden nun durch ein weißes Tuch verdeckt, denn die Prozession würde auch durch Handwerker Viertel ziehen und den Flames war es an diesen wie an allen anderen Feiertagen nicht erlaubt der Arbeit anderer zuzusehen. Nachdem der Zug auch die Blumenmädchen aufgenommen hatte, begann er sich in Bewegung zu setzten. Nymphen stellten ihre Stimmen im Gesang vor, Priester und Opferdiener stimmten ein. Der Wagen wurde durch zwei Knechte gelenkt. Langsam schob sich die Prozession die engen Straßen zum Kapitol hinauf. Mit sanften Händen verstreuten die Mädchen saftig, wohlriechende Blüten vor die Zugtiere auf die Steinplatten der Straße.


    Und mit den Windungen der Gasse vermehrte sich auch der Zulauf jener die dem Opfer auf dem kapitolischen Hügel beiwohnen wollten. Als der Wagen abrupt stoppte und an Holzstecken befestigte Tücher den Vorplatz einhüllten. Erst als jener Sichtschutz vollständig war, wurden die Vorhänge des Wagens geöffnet und die Flamines betraten den Opferplatz.


    Die Gesänge waren in ein leises Murmeln übergegangen was beim Erheben der rechten Hand des Flamen Dialis verstummte. Sie glitt zurück nach unten und wurde nun durch die sanften Hände seiner Gattin in ein weißes Tuch gehüllt. An seinen Enden war dieses durch zwei Schlaufen nun befestigt und jener Priester erhob die rechte Hand zum Schwur.


    So glitt er bis an die Anfänge des Altars und verkündete die Treue des römischen Volkes.


    Mit einem Unterbau aus Weidenstecken und fürstlich geschmückter Blumenkränze trug man nun die Figur der Fides an den Opferplatz. Mit eingestimmten Liedern wurde sie empfangen und neben dem Altar abgesetzt. Feinste Düfte erfüllten die Luft, als Weihrauchstäbchen und Duftflakons gefüllt mit edlen Gerüchen aus Myrrhe, Mohn, Lilie, Lorbeer, Rose, Safran, Zyperngras, Minze und Lavendel der Fides dargebracht wurden.


    Ich stand nun unweit der Leckerein die Fides heute zum Opfern bekam und die linke Hand des Flamen Dialis führte bei der weiterhin zum Schwur gehaltenen rechten Hand die Bitte vor aufzutafeln. So begann unsere Vorführung und wir trugen Köstlichkeiten auf. Zuerst den obligatorischen Opferkuchen, welcher in vielen Geschmacksrichtungen auf dem Altar präsentiert wurde, dazu edle Trauben, saftiges Obst, herzhafte Oliven, Gebäck und Süßspeisen. Die Worte des Flamen erhellten den Platz, als wir unsere Häupter senkten und das Opfer dargebracht wurde.



    „Fides Publica Populi Romani erweise uns die Gunst deiner Aufmerksamkeit, dies ist dein Tag und wir wollen nicht eher ruhen, bis der letzte Erdenbewohner dir die Treue geschworen hat.“


    Einige Kopien völkerrechtlicher Verträge wurden dem Altar beigefügt.



    „Fides erhöre unsere Worte und steige herab, um mit uns zu speisen. Der Tisch ist gedeckt und wir geben uns in vollster Demut deinem Urteil hin.“


    Stark riechender, unverdünnter Wein wurde den Gaben zugefügt. Dann folgte der Tropfen aus einer dunklen Amphore , der sich schwermütig über die Opfergaben verteilte und für ein reibungsloses Opfer sorgen würde.


    Mit weiteren Worten an die Fides Publica Populi Romani vollführte der Flamen Dialis das Opfergebet und im Zeichen des linken Handschlages begannen die Murmelgesänge, bis sie zu einem exstatischen Wehen der Worte angeschwollen waren. Nun begann sich die Lunte zu senken und die Opfergaben schwebten im Rauch des Feuers empor. Die Gesänge wurden mit Instrumenten wie Rasseln und Trommeln begleitet. Tänzer führten die Bewegung der Glieder auf und wir Priester murmelten Gebete zu Ehren der Fides.


    Als mit einem Schlag Musik und Gesänge verstummten und die Schwurhand des Flamen Dialis nach unten schnellte. Sein Haupt senkte sich vor den verkohlten Resten des Opfermahls und seine leise gesprochenen Gebete wurden im Reigen der Priester Fürsprachen aufgenommen. Erneut steckte man Weihrauchstäbchen an und führte im Anschluss die Gestalt der Fides zurück in ihr Heim. Blumenblüten und feine Gerüche begleiteten jenen Weg. Das Opfer war damit beendet. Die Gebete würden jedoch erst verhallen, wenn das letzten Glimmen des Mahles erloschen war.

    Sehr früh am Morgen machte ich mich auf den Weg den Vorbereitungen für die Fides beizuwohnen. Die Flamines waren bereits emsig mit ihrem Wagen beschäftigt. Viele noch junge Diener des Cultus schmückten den Tempelvorplatz aus und kümmerten sich um Sauberkeit auf dem Pflaster. Auch jene Straße wurde mit Blumengränzen und Blattwerk ausstraffiert, die später als Route der Prozession dienen sollte. Ich jedoch hatte eine andere Aufgabe.


    Mit festen Schritten begab ich mich in den Tempel, der Flamen Dialis erwartete mich bereits mit mahnendem Blick. Es war spät geworden, doch konnte ich ohne ein herzhaftes Frühstück nicht das Haus verlassen. Seine Anweisungen waren mit scharfer Stimme kurz und knapp verfügt und ich würde mich eilen müssen, wenn ich jene Taten bis zum Beginn des Opfers erfüllen wollte.


    Natürlich wollte ich dabei sein und so nahm ich weder Tunika, noch Umhang in Acht nd stürzte mich in die Arbeit. Später würde mein Leibsklave mit einer Gruppe anderer Diener kommen, um mir die Amtstracht der Salier Collini anzulegen. Doch bis dahin hatte ich noch viel zu tun und es mußte schnell gehen...

    Lebe deinen Traum, doch beachte dabei die Riten unserer Vorfahren, hatte unser Vater immer gesagt, wenn wir fröhlich von den Weiten des Reiches träumten und so manch eine Geschichte erspannen, wie wir die Welt bereisen könnten. Gracchus hatte eben jenen Weg dann unter den scharfen Augen unseres geliebten Vaters gewählt und war aus Rom fortgegangen. Ich wurde danach zum Landgut verbracht, wohl aus der weisen Voraussicht das nicht noch ein Sprößling die Schriften der Griechen studieren wöllte.


    Meine Zeit dort in Oberitalien habe ich nie verdammt, sondern immer genossen. Während ich hier in Rom ein ungutes Gefühl entwickelte. Zwar blieben die Arbeiten ansprechend, intressant und übersichtlich, doch war viel und oft zu spüren, das die Verwaltung im Cultus mehr Nebensächlich bedacht wurde.


    So kam es vor, das man ein Opfer in Auftrag gab, der Termin Wochenlang vorher zur Tafel stand und dann zwei Tage vor dem Beginn die Lagerkammern nicht jene Opfergaben aufwiesen, die angedacht waren. Aber auch an alltäglichen Dingen fehlte es manchmal, es mußte improvisiert werden oder ein Opfer auf den nächst möglichen Tag verschoben.


    Heute machte ich mich auf, jene Kammer am Templum Quirini aufzusuchen und die Vorräte aufzunehmen. Später könnte ich dann einen Opferdiener damit betrauen auf den Märkten und den Spezialboutiquen nach Ersatz Ausschau zu halten.


    Mit dem Stilo und einer Wachstafel bewaffnet schob ich den Riegel beiseite und öffntete die Türe, deren Angeln mächtig krächzten. Der Raum roch nach Feuchte und das einfallende Licht machte mir klar, das das keine Arbeit für mich war. Also schob ich mich zurück in eine der vorgelagerten Schreibstuben am Tempelportal und wies zwei Sklaven damit an die Vorräte fein säuberlich getrennt nach Art, Alter und Zustand vor der Kammer auf dem Boden auszubreiten. Dabei konnten diese die Säuberung vornehmen und meine grundsätzliche Arbeit war sowohl erleichtert als auch verschoben.


    So ließ ich mir durch den Kopf gehen, was der Tag die Zeit bis zur möglichen Inventur bringen würde und entschied mich für einen Blick auf die heiligen Waffen. So ließ ich mir einen Flakon voll leichtem Öl geben und nahm zwei Leinentücher mit...

    Still lag ich auf meiner Kline beobachtete das Treiben aus den Augenwinkel und kam zum geistigen Schluss, das die Versammlung dem Ende geweiht sein würde. Kaum mehr als nebensächliche Themen wurden erörtert. Vielmehr schwieg man sich an oder gab sich hunrig. Da ich am Tag nur wenig gegessen hatte, verlangte es meinem Magen ebenfalls noch nach einer kleinen Stärkung.


    Mit dem vorgeschobenen Teller wieß ich einen Sklaven mit leisen, aber bestimmten Worten an, was meinen Gaumen erfreuen sollte. Er belegte jenen Silberteller damit und stellte ihn für mich in Reichweite ab.


    Mit einem Stückchen Taube zwischen den Fingern ließ es sich verzüglich genießen und so erhob ich nur einmal kurz das Wort, um meine Verwandten mit einem Hinweis zu beglücken.


    "Mir ist es gelungen einen verlässlichen Fernhändler aufzutreiben, der sich in der Lage fühlt das unermesslich wertvolle Gut, nämlich die Manzanillo Oliven vom Familienlandgut am Lago Larius bis nach Rom zu transportieren. Ihr braucht also in Zukunft nicht mehr auf den billigen Verschnitt römischer Pleiber zurückgreifen und könnt nun wieder in völliger Genüsslichkeit die herzhaften Früchte flavischer Olivenbäume schlemmen."


    Ich kaute das Stückchen Taube hinunter und führte als nächstes einen Bissen eingeöltes Pinienkernbrot zum Mund. Was ich mit angenehm kleinen Happen langsam kaute.

    Kaum mehr als ein stilles Abendmahl unter den Gensmitgliedern hatte ich in den letzten Wochen daheim eingenommen. Die Tage füllten sich in stetiger Arbeit zu Ehren des Quirinus und die anstehenden Festtage im October machten die Arbeit des allgemeinen Tempeldienstes nicht leichter.


    So erreichte ich auch an jenem Abend mein Reich erschöpft und müde. Trotz der Strapazen fühlte ich eine Genugtung und Freude, wenn ich an die nächsten Tage dachte und daran, wie ich vor einigen Monaten nach Rom gekommen war.


    Durch einen Sklaven entkleidet, gewaschen und ins Bett verpackt, starrte ich an die Decke. Soviel hatte sich in meinem Leben geändert und ich dachte wehmütig an die frischen Weiden des Lago Larius. An die Olivenplantagen, die Weinhänge, die Ähren, die sich sanft durch den Wind schoben. Was würde die Fischzucht machen, wie erging es Pulio dem Sklaven, der die Austernbänke überwachte, oder wie reichlich fiel die Obsternte aus. Das alles würde ich durch einen Brief erfahren. Monoton geschriebene Zeilen auf teurem Pergament. Doch die Heimat, meine zur Heimat gewordenen Ländereien blieben ungreifbar fern.


    Rom erfüllte mich damals mit Hoffnung, mit Freude, mit Vorfreude. Nun da ich hier war, erkannte ich die Tiefe die Rom teilte. Kaum mehr als den Gang zwischen den Tempeln und der Villa konnte man sich erlauben. Weit mehr als eine Heerscharr an Sklaven mußte immer bereit dabei sein. Die Stadt barst auseinander und kaum einer der sich in den Villen aufhielt erkannte jene Situation, die uns so angreifbar machte. Trotzdem würde mein Leben nicht am Lago Larius seinen Fortgang finden, sondern hier am Nabel der Welt. Ich müßte mehr in die Öffentlichkeit gelangen, wenn ich die Ziele meines Vaters zu erfüllen hoffte.


    Doch wie kam ich auf diesen Gedanken? Ist es doch ratsam nichts zu überstürzen. Die Jugend ist das höchste Maß an Leben, das uns bleibt. So würde ich meinen Dienst für die Götter noch intensivieren und mich in Riten und Ritualen ihren Wünschen hingebungsvoll geben.


    Mit einen Rucken drehte ich mich auf die Seite, schickte den Sklaven, der still in einer Ecke stehen geblieben war hinaus vor die Tür und blickte stumm dem Kerzenschein auf dem kleinen Lararium zu.

    Ein Meilenstein war gelegt. Mit einem freudigen Nicken bestätigte ich das Klientel und ließ kurz darauf mein Gesicht einfrieren, um jene unschöne Szene an mir vorbeisegeln zu sehen. Hatten meine Eltern Wert darauf gelegt uns Sitte, Anstand und Moral zu lehren, mußte in anderen Villen der Gens Flavia die Leine zu lasch gehalten worden sein.


    Ich hielt mich heraus. Es war und ist Felix Haus und er schien sowieso die Rute gut zu führen. So wartete ich einfach ab, bis die Szenerie geklärt war und nahm mir erst dann einen kleinen Happen auf meinen Teller.


    Den Blick ließ ich zu meinem Bruder wandeln. Er hatte bisher die Informationen für Felix bereit gehalten, nun wollte ich sehen, ob es noch andere Neuigkeiten gab, die für den Fortgang der Familienära intressant, wie wichtig waren.


    Meine Gedanken hielt ich also noch zurück. Es war weder dringend, noch übermäßig wichtig. Später für einen gesprochenen Satz noch genug Zeit.

    Ich war mir sicher, das jene Situation nur zum Nachteil gereichte. Doch Felix war durchaus ein geeigneter Patron. Man war so keinem geringeren als dem Imperator selbst Klient und das sollte einem Manne mehr Wert sein, als alles andere, was Rom hervor brachte. So aß ich meine Oliven auf und wischte mit einem gewebten Tuch gewisse Essensreste aus meinem Gesicht.


    "Meine Zeit in Rom war doch recht kurz bisher, Felix. Ich glaube es kann einem Flavier kein anderer Mann als der Imperator selbst zum Patron reichen. Wie ich aber aus den Analien gelesen habe, bist du bereits dieser Würde anheim gegangen. Kein Flavier würde sich diesem Weg verstellen und so glaube ich das es nur dem Sein entsprechen wird, wenn wir alle hier dein Patronat anerkennen. Solltest du also auch mich nach den Regeln unserer Vorfahren als dein Klient annehmen, so sei es gelebt, wie es unsere Väter und Götter wünschen."


    Dehmutsvoll senkte er den Blick. Was konnte mir besser geschehen, als wenn Felix jene Klientschaft annahm?

    Ich hatte mich heute in eine besonders reich verzierte Toga kleiden lassen, denn ein Mahl stand an, das es nicht so oft im Jahr gab. Der Zug mit Prozession , den Götterbildnissen, den Opfertieren und all jenen Menschen, die sich ein großes Spektakel erhofften, war bei meinem Eintreffen bereits gut gefüllt. Doch nicht ohne Grund kam mir der Status eines Priesters zu Gute und so konnte ich mich an der Spitze mit einreihen.


    Viele kamen daher, um nach den Weidungen vom Fleisch der Tiere zu profitieren. Ich wollte aus einem anderen Grund dabei sein. Nur wenige Wochen diente ich jetzt als junger Priester. Meine Opferungen an lebenden Tieren konnte ich noch allein und ohne Wachstäfelchen aufzählen. Da kam mir eine Weidung von gleich drei Großtieren mehr als gelegen, mein Auge zu studieren. Nicht alle Tage ließ ein Bürger einen Ochsen oder eine Kuh filetieren, um den Göttern die Eingeweide zu opfern.


    Mit meiner Hand geführt, so dachte ich nach, würde der ganze Platz des Kapitols im roten Rausch des Blutes schwimmen. Eine Kuh, ein Ochse, noch eine Kuh.... nein es würde knöchelhoch stehen.


    Es war also sehr wichtig für mich dabei zu sein, wie man das Messer führte, ohne das Opfer zu einem Desaster werden zu lassen. Ganz vorn war ich dabei und genau dort wo ich stehen würde, hätten meine Augen den besten Platz zu sehen, was sie sehen mußten.

    Die letzten Tage war ich damit beschäftigt gewesen die Umgebung zu erforschen. Es gab eine Menge Regeln im Cultus, die eingehalten und befolgt werden wollten. Nebenbei lernte ich dazu den Tempel mit seinen vielen kleinen, wie großen Räumlichkeiten kennen. Wußte schon bald, wo sich die Opferutensilien befanden, elche Listen auszufüllen waren und mit welchen Zyklien die Opferstunden verdingt wurden.


    Mein Blick streifte den des Quirinus, als ich ihm einen Opferkuchen brachte. Ich verneigte mich tief vor dem Bildnis und sprach einige kurze Formeln, dann wand ich mich zum Gehen. Doch es sollte nicht für lange sein. Schon in wenigen Stunden nach einem kleinen Mahl würde ich zurückkehren, diesmal mit der Aufgabe einen der Gebetsräume auszudekorieren.

    Zitat

    Original von Duccia Verina
    Bitte, bitte hat wer Oliven?? *ganz trauriges Gesicht macht*
    Wo sind die lieben Leute die ihre Olivenbäumchen immer so gut pflegten? Oder hat sie die Hitze dahingerafft?


    Wer kann da schon widerstehen. :)

    Während ich die eine Eihälfte fein filetierte, stopfte sich mein Vetter Aristides gleich mehrere nach einander in den Mund. Das Soldatendasein verlangte wohl sehr mächtig die Enthaltsamkeit. Die Edelhuren Roms hatten sicher Hochkonjunktur dieser Tage. Ich sah jenen tadelnden Blick meines Bruders Gracchus und verfolgte das vulgäre Essgemetzel nicht länger. Der Anstand verlangte etwas mehr Ruhe auf dem Buffett und so blickte ich statt dessen unseren Vetter Felix an. Er war noch immer sehr ruhig, was in seiner Art lag, wie er Dinge zu beurteilen vermochte. Doch viel lieber wollte ich erfahren, ob er demnächst sich in der politischen Laufbahn zurück meldete und damit der ganzen Gens einen kräftigen Impulsschub geben würde.


    Meine Gedanken wurden jeh unterbrochen, als eine junge Dame die Versammlung betrat. Üblicherweise kam also hier nicht vor. So blickte ich sie an und wurde von Aristides auch gleich zurecht gewiesen, aus welchen Lenden sie stammte. Nun da fragt man sich doch, warum der Eierkonsum so unenthaltsam von statten geht.


    "Salve, Arrecina ich müßte lügen, wenn ich mich noch an Dich erinnern könnte, doch soll dies mit nichten heißen, das ich mich nicht gern an dich erinnern würde."


    Ich nickte ihr zu und wanderte danach wieder in meineGedanken zurück. Der Faden war zwar herunter gefallen, die geistige Verfassung aber so gut, ihn mit Lockerheit wieder aufzunehmen...