Hinzugehen hatte ich mir eigentlich nicht vorgenommen. Aber es gab einige Gerüchte die meine Neugierde dann auch wieder weckten. So recht war das Collegium schon lange nicht mehr zusammengekommen und da erschien mir der heutige Sitzungstag schon irgendwie merkwürdig vorallem da er so unplanmäßig fiel. Leicht irritiert hörte ich schon von Weiten lautes Gekeife. Wie ein Markt voll Waschweibern kam es mir vor. Als ich näher kam und endlich zur Tür rein, war es doch nur das Kollegium.
Allesamt versammelt und in hochrote Köpfe gekleidet. "Salve Brüder, wie ich sehe habe ich den schönsten Teil bereits verpasst. Um was geht es heute?" Der Magister fehlte. War dies vielleicht ein Grund für das Gezank? War man gnädig würde man mich einweihen, wenn nicht stand ich eben rum wie die Anderen und schaute zu, bis sich was ergab, das meine Stimme erforderte.
Beiträge von Quartus Flavius Lucullus
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Die alten Griechen zogen uns Römer schon immer an. Erst um ihre fruchtbaren wie zivilisierten Städte zu erobern, jetzt da sie ein Teil, ein besonders wichtiger Teil unseres Reiches geworden waren, um von ihnen zu lernen. Ihren Rednern zu lauschen, den Poethen zuzuhören oder bei rethorischen Einsiedlern in die Lehre zu gehen. Für den Vetter war es wohl der beste Ort zu dieser Zeit. Für mich jedoch ganzschön weit fort. Noch dazu da ich einem Brief wenig Hoffnung einräumte. Schließlich war unser Umgang ähnlich karg, wie der mit dem Bruder Gracchus. Ich würde Zeit auf dem Land finden darüber nachzudenken. Es eilte nicht.
Die Reaktion des Bruders war verschlossen wie immer. Wir Flavier kannten Werte und Normen ziemlich gut und auch die Schätzung war uns in die Wiege gelegt. Mochte sein, das Gracchus irgendwann heraus fand, das dieser Preis nicht das Maximum gewesen war, aber er war zumindest akzeptabel in Zeiten, in denen das Wort eines ehrbaren Mannes weniger galt, als die Sesterz im Säckel.
"Genau, fünftausend. Ich werde einen Diener schicken, der das Geld in Deine Truhe legt."
Für ihn war die Sache damit abgemacht. Im Gespräch fand sich damit allerdings auch die ihm so bekannte Leere. Denn was hatte er sonst mit seinem Bruder zu bereden. Wo sie sich so befremdet waren. Eine kleinen Aufhänger fand er noch:
"Deinem Spross geht es gut, er ist gesund und munter?"
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Olivenhain IV - Manzanillo Olivium
Danke.
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Ich selbst nutzte die kurze Pause meiner Worte, die dazu diente Gracchus Antwort abzuwarten, um mich in seinem Heiligtum etwas umzusehen. Doch schnell waren meine Silben verklungen und schnell mußte ich aus Höflichkeit mit den Augen zurück zum Gesprächspartner. Ich lauschte mehr als sonst, denn seine Worte waren leicht unverständlich ausgedrückt. Fast wie bei einem jungen Kind, das den Zahnwechsel gerade durchmachte und dabei die Worte zwischen den Zähnen hindurch bließ.
Die gesamten Lagerbestände mit zu übernehmen war für mich kein Problem. Das hieße jedoch vor der Angebotsabgabe zu wissen, wieviel der Bruder noch im Schober lagerte. Wie so oft bei meinen Entscheidungen hatte ich diesbezüglich keine Nachforschungen angestellt und mußte jetzt ins Blaue hinaus ihm eine angemessene Summe sagen. Um ihn nicht zu sehr zu schrecken, aber auch meine finanzielle Lage in keinster Weise zu einer Schieflage werden zu lassen, hoffte ich einen guten Preis zu nennen.
"Furianus? Ist er denn noch in Hispanien, damit ich ihm schreiben kann?" Stellte ich in Frage, bevor ich zum geldlichen Teil kam. "Naja, wenn das Holz noch gut ist, warum nicht. Ich dachte an eine Summe von fünftausend Sesterzen." Zu lang gelagertes oder falsch gelegtes Holz wurde schnell well und grau. Lucullus befürchtete diesen Winter zwar einen kalten Temperaturzug, aber mit vielen tausend Meter Bohlen konnte man auch etliche Winter durchheizen.
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Nachdem ich einigen gestandenen, anwesenden Offizieren wohl auf die Zehenspitzen gestiegen war, hatte sich mein Redeschwall zu einem Schweigen verwandelt. Ich hörte mir eher nebensächlich die Beiträge an, denn ich war in Gedanken wo ganz anders. Erst als der Führer der Academie das Wort ergriff, löste ich mich aus dem Traumwesen. Ich blickte mich um. Noch saßen die Meisten und so blieb auch ich an Ort und Stelle. Wenn ich schon wenig beigetragen hatte, wollte ich nicht noch vorzeitig verschwinden. Umso später man ging desto weniger Augenpaare konnten einem noch folgen.
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Wenn man unseren flavischen Zweig in einer Biografie festhalten würde, käme immer die Frage auf warum nicht auch der letzte Sohn des großen Flavius Vespasianus im Senat zu Rom stand und große rethorisch korrekte Reden schwang. Es war ein übergrüßer Schatten, der sich in den Jahren meiner Gleichgültigkeit gebildet hatte und der nicht von Anderen als dem eigenen Fleisch und Blut geworfen wurde. Ich wäre wirklich immer der kleine Bruder des großen Flavius Gracchus. Das Anhängsel was durch der flavischen Machtspiele zur Stimmgewalt werden sollte, um den patriarischen Block zu verstärken. Dabei war nicht gefragt wer ich wirklich war oder was ich konnte. Die Finger zeigten immer auf den übermächtigen Bruder, die Fragen richteten sich an ihn und ich? Wo war ich? Im Schattendasein. Ein Leben das ich mir nur zu gut vorstellen konnte und das mir zuwider war. Es würden Jahre wenn nicht sogar eine Ewigkeit vergehen bevor ich aus diesem Schatten heraus begann dagegen anzukämpfen. Doch heute war ich zufrieden und ausgeglichen. Warum also sollte ich mein Leben gegen das eines öffentlichen Lucullus tauschen. Kein intelligenter Mensch würde sich dieser Situation freiwillig hingeben und ich glaubte zumindest soweit intelligent zu sein, um zu wissen, das die Feinde unserer Gens diesen Weg zum Spießrutenlauf werden würden lassen. Mein Weg war nicht dieser. Ob er es jemals wurde, entscheideten andere Faktoren. Mit irgendwelchen Fiktionen und Visionen konnte man jeden Menschen überreden. Auch ich war dem nicht ewig widerstandsfähig.
Des Bruders Worte vereinten nur das, was ich über Jahre hinweg gesehen habe. Unsere Eltern schafften es die Kinder auseinanderzuleben und somit widerstandsfähiger für das Leben im Reich zu machen. Sie schufen eigene Kreaturen, die bereitwillig den Weg des Ältesten gingen und die sich nicht umkehrten oder Fragen stellten. Sie gingen vorwärts ganz wie es der Vater hat gewollt. Einige Male verlangte es mehr von ihnen ab, als der Körper gewillt war mitzumachen. Für den Bruder schien dieser Augenblick gerade an den Lenden zu zerren. Für Lucullus war es ein gutes Zeichen, das der Bruder noch nicht dem göttlichen zu nah war.
Das das Haus der Familie zudem immer auch mein Haus war, ließ mich innerlich frösteln. Jedes Mal, wenn meine Dienerschaft an die Tür dieses Hauses klopfte, empfing man mich wie einen Aussätzigen einen Fremden, schlimmer gar wie einen Mann der den Status unter irgendwelchen Klienten hatte, der hier war um ein paar Tage 'kostenlos' zu nächtigen und dann wieder für Monate aus den Augen, aus dem Sinn der Gens verschwand. Ich war nicht besonders darauf erpicht jedes nur angesagte Event mitzunehmen, aber ein Flavius der uralten Erblinie, der etwas mehr Ansehen genießen sollte, als all jene beigeheirateten und zugezogenen Flavier in diesem Haus. Diese Einstellung war es wohl auch, die mir einige frostige Begegnungen mehr brachte, als die wärmende Liebe. In ein paar Tagen wollte ich zurück sein im Paradies auf Erden. Ich sollte daher langsam auch zu meinem Bruder gewandt zur Sache kommen.
Jener fragte nach, was ich so tat. Waren das kommunikative Worte, Geplänkel, kleines Gerede oder folgte darauf eine Aufgabe die mich zwang meinen Weg auf einem mit braunen Gras besäumten Pfad zu verlassen? Ich nahm ersteres an und antwortete ihm ohne großen Enthusiasmus.
"Es läuft mit jedem Jahr besser. Waren es vor Monaten noch wenige Großherren, die mein Korn weiterverarbeiteten, sind es heute hunderte. Ebenso sind die Früchte kaum vom Baum schon auf dem Karren des Käufers. Nur die Olivenbäume machen mir Sorgen. Ihre Tragkraft läßt mit jeder Ernte nach. Sie sind wohl zu alt geworden und zu verwachsen. Ich werde diesen Bereich wohl einstellen. Er ist zudem kaum zum Überleben da. Es wäre völlig verrückt zu denken, das ich meinen Lebenswandel damit finanzieren könnte."
Eine kleine Pause folgte. Die Bäume die einst der Ur-ur-urgroßvater hatte von einem pleiten Großherren gekauft und erweitert hatte stammten aus dem Gensvermögen, das den Anschein hatte nie einen Wandel mitmachen zu dürfen. Ich hatte diese Centurie geerbt und baute nun darauf, mit besseren Waren vorallem Obstwiesen die alten Ölbäume zu verdrängen. Das erforderte eine ungemeine Anstrengung, denn sowohl die jetzigen Baumreihen waren von unschätzbaren Ausmaß wie auch die Neuanpflanzung würde Jahre brauchen, bis ihre fruchtbaren Wurzeln dem Boden genügend Nährstoffe entzogen hatten, um saftiges, süßes und zum Teil knackiges Obst gedeihen ließen. Für diesen Weg brauchte ich Hilfe. Materieller wie personeller Art. Ein Grund warum ich zu meinem Bruder gekommen war. Den zweiten sprach ich zuvor nur nebensächlich an.
"Es gibt natürlich immerwieder Tiefschläge in der Landwirtschaft. Doch sie auszugleichen ein reger Tatendrang von mir geworden ist. Es ist eher so, das ich gerade die letzten Jahre an der Kapazitätsgrenze arbeite. Mir fehlt es an gutem Land. Äcker wie Wiesen auch Wälder, die man abholzen könnte. Doch nirgends ist es mir möglich dies zu erwerben. All jene die sich in freizügigen Tagen dem exzessiven Landerwerb gewidmet haben, hocken wie Adler auf ihrem Nest. Bereitwillig jeden Finger abzuhacken, der nur an einer ausgestreckten Hand hängt und zum Gruße ausgestreckt ist. Es wäre ein Großes, wenn ich wüßte wo ich dieses Land her bekommen könnte. Bis dato bleibt es mir bestimmt kleine Feldwirtschaft zu betreiben."
Selbst mein Angebot der hundertprozentigen Gewinnübergabe an Erstbesitzer hatte keinen Erfolg gezeigt. Die Ländereien die es gab, wurden nur in Erbfolge vermacht. Unsere uralte Macht war nicht nur politisch geschwunden. Die alten Familien büßten auch in ihren Sonderrechten immer mehr ein und keiner der patriarischen Senatoren wagte an diesem Verfall etwas zu ändern. Ich, wir die auf dem Land dem Imperium am Meisten dienten blieb dabei nur die geballte Faust und die Wehleidsreden über den Gartenzaun. Es würde sich daran so schnell nichts ändern, denn jede nur gestärkte Position unseres Standes kam einer Schwächung der Plebejerschaft gleich. Ein Unding unter dem jetzigen Herrscher.
"Ich hab schon angesprochen, das ich die Haine vom Olivenholz befreien will. Auch bei den Obstbäumen müßte ich verschneiden. Vorallem die Kirsch- und Birnenbäume würden dabei gutes Holz abwerfen. Sie sind zu eng gewachsen. Für diese Aktion könnte ich mir vorstellen einige Holzfäller zu benötigen. Nun hast du ein kleines Sägewerk und ich dachte mir, du könntest es mir vielleicht verkaufen?"
Ein prüfender Blick traf Gracchus. Dessen Bruder Lucullus wußte nicht, ob jener überhaupt daran intressiert war. Die Holzfäller würden schon Jahre brauchen, um die Olivenhaine bis zum letzten Baum herunter zu schlagen. Ganz zu schweigen von den vielen Obstbäumen und dem Holz was über die Jahre nachwächst. Es würde für mich also keinen Sinn machen nur für ein paar Monate in Leihe dieser Männer zu gehen. Vielmehr war es eine Lebensaufgabe deren Früchte erst meine Kinder würden ernten können.
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Da der Kommandeur nichts einwandt, dachte ich einfach meinen Standpunkt noch etwas zu verdeutlichen. Mein Nachredner hatte mich in einem Punkt nämlich völlig falsch verstanden. "Zu meiner Entschuldigung muß ich gestehen, das ich nicht beabsichtigte den Kaiser an die Front zu stellen. Ich sah ihn vielmehr im Zelt des Kommandanten agieren, denn draußen auf dem Feld." Richtete ich mein Wort an den Mann, den der Senator Macer vorher bei der Begrüßung mit Iunius Silanus benannt hatte. Außerdem wollte ich noch etwas zu dem Schachbrett-Rekrutenführer sagen: "Artorius Imperiosus, richtig?" Doch ich sprach gleich weiter: "Ich bin auch noch sehr jung, wenn mein Vater mir die Rolle des Soldaten in der Familie ans Herz gelegt hätte, dann wünsche ich mir vorallem erstmal eins, nämlich zu überleben. Ein paar Burschen, die als Helden sterben wollen, gibts sicherlich auch, aber mit einem erfahrenen Kaiser als Führer passiert -so denke ich- ein Hinterhalt zum Beispiel weit unwahrscheinlicher. Außerdem stelle ich mir das Soldatenleben schon hart genug vor, da könnte ich mir vorstellen gerne auf Peitscheinhiebe zu verzichten nur weil mir ein Missgeschick als Anfänger passiert ist." Ich hoffte nicht voreilig zum Diskutieren übergegangen zu sein, denn die Gruppe wurde durch eine Auxiliaführer-Spielfigur erweitert. So wartete ich der Dinge. Man würde mir schon den Schnabel stutzen, war er zu schwungvoll...
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Der Zustand von Gracchus war es, der mein Eis schmelzen ließ. Als junger Mann war es einfach das gesetzte Vertrauen zu befriedigen. Im Alter -so sagt man- verlangte das Leben mit all seinen Weisheiten immer mehr Seele von denen, deren Pflicht es war im Öffentlichen zu stehen. Ich hatte davon gehört, das Manius nach seinem Abstecher in die politische Arena, erneut für das Collegium arbeitete. Ganz wie es die Väter verlangten. "Dir geht es wohl nicht besonders?" Stellte ich der schwachen Stimme zu urteilen fest und platzierte mich. Meine Augen fixierten das Häufchen Elend. Auch wenn es ein Satz war, der niemals Anwendung fand, wollte ich ihn doch erwähnt haben: "Du solltest mit deiner Familie ein paar Wochen raus aufs Land kommen. Dann bist du ganz schnell wieder bei Kräften." Er zeigte nebenbei noch, das ich nicht gekommen war, um politisch zu werden oder eine andere Stelle anzunehmen, die mich an die Hauptstadt band. Ich würde eben immer der kleine Bruder bleiben, der sein Glück den Ahnen verdankte und nun zu deren Wohl auf dem Landgut schuftete. Es war mein Leben und ich lebte davon nicht schlecht. Besser noch ich konnte mich fast frei bewegen. "Ich bin nicht lange in Rom. Aber ich möchte auch nicht, das die Familie mir vorwirft mich nicht blicken zu lassen." Und da war ich nun. Ich erkannte jedoch kein Fünkchen in den Augen des flavischen Gensoberhaupt zu Rom, das mir ein Zeichen der Freude offenbarte, doch ich war ja auch noch wegen etwas Anderem gekommen. Vorher wollte ich dem Manius aber Zeit geben eventuell wichtige Nachrichten weiterzugeben. Bis dato wartete ich. So richtig konnte ich auch nicht einschätzen, ob er mir lange folgen konnte. Er sah wirklich leidend aus und es regte sich ein Gefühl von Mitleid in mir.
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Ich hatte mich fast noch nie mit Politik befasst. Mal hier oder da einen Wahlkampf beobachtet oder einen der zahlreichen Onkels auf eine Politdiskussion zum Forum begleitet. Dies waren aber immer besonders langweilige Augenblicke für mich gewesen. Wie auch anders als junger Mann. Mit dieser Einstellung also nichts ahnend oder tiefgründiger denkend begab ich mich daher zu meiner Antwort. Ich betrachtete es völlig fiktiv und kam nichtmal auf den Gedanken, das der Senator Macer diese Frage mit einer reelen Situation abzugleichen gedachte. Wenn ich darüber nachgedacht hätte, wäre meine Antwort sicherlich nicht so offen ausgefallen. Schon garnicht da ich wissen mußte, wie die Flavier zu den Aeliern standen.
So aber überlegte ich kurz und ließ meine Worte frei heraus: "Als Tribun stelle ich ihn mir mit einer eisern harten Hand vor. Er zeigt dem gemeinen Soldaten gegenüber keine Gnade. Gibt es Aufrührer läßt er sie angemessen bestrafen und dabei zur Schau gestellt. Ebenso bei Vergehen gegen jedwede militärische Ordnung. Er führt die Legion taktisch klug und hat sein Wissen nicht nur auf dem Schlachtfeld gelernt. Er zeigt sich dem gemeinen Fußvolk militärisch korrekt und weiß seine Männer vor der Schlacht zu vereinen. Zusätzlich hat er einen geübten Blick für seine Offiziere. Er wägt ihre Vorschläge mit dem Machbaren und dem Zumutbaren ab. Gewährt Mitspracherecht behält sich aber sein Machtwort vor. Dieser Kaiser kommuniziert also mit seinen Offizieren und plant mit ihnen jede militärische Intervention penibel ins Detail." Als Tribun würde es für mich wichtig sein, das mein Oberbefehlshaber neben dem Befehle erteilen auch eine taktisch-konstruktive Seite hatte und auf erlerntes Wissen seiner Offiziere hörte oder zumindest deren Meinungen zu Rate zog. So ungefähr stellte ich das mir vor.
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Der frühe Vogel fängt den Wurm.
Es war genauso eine grausige Nacht gewesen wie die beiden Anderen davor. Die Alpträume, die mich plagten, schmückten sich mit hässlichen Fratzen und verwirrenden Geschichten. So war ich am Morgen sehr früh auf. Noch bevor der erste Klient vor dem Tor der Villa Flavia eintraf, verließ ich das Anwesen Richtung Stadt. Begleitet natürlich! Hier konnte man nichtmal mehr alleine auf die Straße gehen und die Sorge war somit sicher gerecht. Eiligen, strammen Schrittes hatte ich die Wegstrecke dann zurückgelegt. Leicht außer Atem trat ich in die Academie ein. Durchquerte -in Sicherheit- den langen Flur deutlich gesetzter und bog schließlich in den Vorlesungsraum ein.
Ein Blick... ich war allein. Nein nicht ganz. Dieser Senator Macer war auch schon da. Greisenhafte Bettflucht bestimmt.
"Salve, Senator Purgitius Macer." grüßte ich ihn anständig und steuerte ihm unter die Augen.
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Fast erschrocken blickte ich in den langen Flur, als ich die Stimme Gracchus vernahm. Vielleicht hatte ich gehofft er wäre nicht da und ich könnte mein Anliegen ihm schreiben. Von der Ferne nicht der Nähe unter seinen Augen. Wir waren nie sonderlich wie Brüder gewesen. Es gab nur das Banner der Familie, das uns verband. Seit dem Tod von Minervina hatte ich ihm nichtmal mehr geschrieben. Sie war ein Band gewesen, das uns irgendwie immer zusammen hielt. Die Umstände ihres Todes waren genauso mysteriös wie schleierhaft. Ich hatte mich damals auf dem Land dazu hinreißen lassen Gracchus die ganze Schuld zuzuschieben. Wahrscheinlich ein weiterer Grund, warum ich den Kontakt zu ihm völlig abbrach. Da er allerdings ebenfalls keine Briefe schickte, verblieb die Schuld dieser Brüdertrennung nicht einzigst bei mir.
Ein paar Tage war ich in Rom. Wollte den Kurs Drei der militärischen Eliteacademie machen und dann genaus schnell wieder zurück auf mein arbeitsintensives Landgut. Ja ich war dazu übergegangen es -mein- zu nennen. In den Jahren der Abstinenz von der Familie, dem Stamm der Familie zu Rom, war kein einzigster Flavius mal zu Besuch erschienen. Von daher war ich ihnen gleichgültig, so wie sie mir gleichgültig wurden. Wahrscheinlich sah ich das aber auch nur so, weil ich unerfahren, jung und manchmal leichtgläubig war.
Gewisse Minuten strichen so ins Land. Ich hatte mich nicht geregt, aber auch von drinnen keine Schritte vernommen. Ich griff nach der Türklinke und öffnete sie einen Spalt. Soweit, das ich eintreten konnte. Leise verschloss ich sie wieder, bevor ich mich umsah und am einzigsten Lichtquell dieses Raumes einen Schatten sitzen sah. Nur einen Liedschlag später wurden die Gesichtszüge meines Bruders sichtbar. Die Augen gewöhnten sich an die Umgebung.
Noch hatte ich nichts gesagt. War nicht auf ihn zugerannt zum Umarmen, blieb angewurzelt, unsicher stehen. Irgendwie kamen all diese Gefühle nicht auf. Ich blickte auf einen mir völlig fremden Mann und doch war es Manius. Fast zäh rannen jetzt die Sekunden durch die Sanduhr. Ich blickte ihn an, er mich. Wäre es besser gewesen ihn vorzuwarnen? Eine Audienz beim großen Bruder zu vereinbaren? Ich fand das albern und trat instinktiv einen Schritt nach vorn. Jetzt war ich schon auf dem Weg. Noch ein Schritt und noch einer. In der Mitte blieb ich stehen. Abrupt, unverhofft. Ich hatte meinen Teil getan, würde Grachuss das Selbe tun?
Meine Augen fixierten ihn. Ließen keine Regung außer Acht. Der Mund, mein Mund formte ein: "Salve Bruder." Es enthielt kaum Wärme, noch irgendwas persönliches, das dem Bruderwort gerecht wurde...
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Nach dem Besuch in der Academie zu Rom nahm ich mir vor meinen Bruder aufzusuchen. Das allgemeine Befinden in der Villa hatte ich mir bereits von einem Bediensteten erklären lassen. Die Veränderungen seit meiner Reise auf das Land hielten sich in Grenzen und waren damit eher übersichtlich. Den einen oder anderen Flavier plagte eine Krankheit. Auch nix Neues. Irgendwer hechelte immer nach etwas mehr Aufmerksamkeit. Und der Tage war ein angeschlagener Römer irgendwie 'In'.
Ich hatte mich ans Arbeitszimmer von Gracchus gewagt, doch es war leer. Der nächste oder sagen wir letzte Weg führte mich zu seinem 'kleinen' Reich. Danach kamen die flinken Füße der Sklaven ins Schwitzen. Aber vielleicht hatte ich auch einfach Glück ihn hier anzutreffen.
So klopfte ich an und lauschte mit dem linken Ohr an der Tür.
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Mein Gesicht spiegelte nicht das wider, was es in den letzten Monaten erfahren hatte... sonnige, wärmende und saubere Landluft. Es war blass. Woran dies lag, ließ mich frösteln und war für die Anderen nicht zu erahnen. Die letzten beiden Nächte war ich mehr wach vor Angst als schläfrig vor Erschöpfung, was schon viel heißen sollte. Träume jagten mir im Schlaf hinterher. Brutal, ungestühm und immer darauf bedacht einen meiner nächsten Verwandten vor meinen Augen in einen barbarischen, blutigen Tod zu reißen. Mindestens einmal schreckte ich aus dieser Hölle hoch. Schwer atmend und mich vergewissernd, das das alles nur die bösen Geister waren. Doch viel bedenklicher waren jene Schlafsagen aus denen ich nicht erwachte. Deren Ende ich in Hilflosigkeit miterlebte. Deren Geschichte mir so wahr erschien, so greifbar, so reel. Deren Ende zum Morgen erst begreifbar und als Traum skizziert wurde. Ich fühlte mich nicht besonders vor, auch nicht bei und jetzt nach der Feierlichkeit. Aber ich erkannte noch Pflicht vor Gefühl. War jetzt dabei, wenn auch noch viel stiller als sonst. Dabei sein ist alles. Und doch ist mittendrin statt nur dabei sonst üblicher.
Ich quälte mir ein Lächeln aus den Mundwinkeln und sprach ein männlich kaum hörbares: "Salve..." bevor ich mich schweigend und abwesend dazu stellte. Wie grausam war es wohl den eigenen Bruder vorn am Straßenrand zu sehen, wenn eine Horde wild gewordener Ochsen direkt auf ihn zusteuert. Dem lauten Rufen und Schreien nur eine langsam verebbende Wolke aus Staub und Tod folgt und schließlich das wehende Auge die leblosen Knochen im zerstapften Boden sieht.
Mein ganzer Körper schüttelte isich bei der Erinnerung an diesen mir befremdlichen Traum. Hastig griff ich nach einer der Säulen des Tempels. Fand Halt daran und hoffte einfach, das die bösen Geister meine Seele verließen, bevor ich dem Wahnsinn verfiel.
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"Je eher desto besser." Empfahl ich und erklärte auch schnell noch, warum ich dieser Meinung war: "Ich wohne nur für die Zeit dieses Kurses in Rom." Selbst in unserem Viertel war dabei die Luft unerträglich. Ich war mir nicht sicher, wie ein gesunder Menschenverstand in dieser Welt denken konnte. Leben war dabei überhaupt nicht möglich. Die wenigen Nächte, die ich bis heute in der Villa Flavia verbracht hatte, plagten mich mit Alpträumen ganz übler Natur. Nein ich war in meinen Gedanken richtig, wenn ich daran dachte zurück aufs Land zu reisen.
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Irgendwie hatte ich das Gefühl das anderen an dem Vortrag teilnehmende Mannen meine Fragerei zuviel wurde. Komisch ist es schon, wenn sich Augen in einen selbst bohren. Trotzdem hörte ich den Antworten zu und nickte zustimmend oder befriedigt. Jäh war das Ende, als der Senator Macer dem auch diese Academie gehörte oder der er wenigstens vorstand das Wort erhob. Ich lauschte auch ihm und bekam dabei einen kleinen Dämpfer. So lief mein Gesicht noch ein wenig röter an, um sich erst mit den ausführlichen Worten des Fragestellers Purgitius Macer wieder abzukühlen.
Ich nutzte das Angebot Fragen zu stellen wohl zu ausgiebig. ( ) Nahm mir vor nun ruhig dazusitzen und zu lauschen. Eine äußerst schwierige Aufgabe, wenn man bedenkt wie lange der letzte Unterricht dieser Art zurücklag. Vielleicht kam man auch bald zu dem Thema, wesswegen wir erschienen waren. Darauf zu warten schien mir eine gute Ablenkung zu sein, um den langwierigen Beschreibungen welche Legion wo und wie lange stationiert war bis zum Ende folgen zu können.
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"Ach Schwerpunkt halt ich für übertrieben gesagt mich intressierte es eben. Danke nochmal." Entschuldigte ich mich gleich und schnell wurde dabei aber trotzdem ein kleines bischen rot. Vielleicht hätte ich warten sollen, bis die Anderen fragen. Aber da war sie die kleine Unwissenheit, die sich mir aufdrückte. "Weißt du auch noch in welcher Schlachtaufstellung die XXII Primigenia gegen die Bataver anfocht und ob es eine andere Strategie war als derer der I Germanica und der XVI Gallica vs Bataver beziehungsweise im Kampf der V Alaudae und XV Primigenia vs Bataver oder lag es nur am Gelände, das die eine Legion standhaft blieb während die Anderen einbrachen?" Ich wurde noch ein wenig röter, denn das ging nun wirklich arg ins Detail. Aber vielleicht hinter den Erklärungen auch ein kleines Bischen schlauer.
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Ich nickte.
"Es ist also anzunehmen, das die Legio XXII Primigenia ein älteres provisorisches Legionslager aus Holz mit Stein erneuerte, um den Lagerplatz als ständiges Rückzugskastell zu nutzen?"
Es mochte für Andere fraglich erscheinen, wobei ich hier Antworten erhoffte. Aber es war doch intressant zu erfahren, wann ein weltbekannter Stützpunkt wie Mogontiacum zu diesem gemacht wurde. Früher gingen die Legionen auf Streifzug ins germanische Land und kehrten vor dem Winter in ein eigens dafür erbautes Quartier zurück, um im Frühjahr wieder und noch weiter ins unbekannte Terain vorzustoßen. Die Stadt am Rhenus lag perfekt für so ein Kastell. Anbindung an die Flußschiffahrt war dabei nur ein Blickpunkt.
"Ansonsten danke ich dir für deine erklärenden Worte."
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Mit einem Schrecken fuhr ich aus dem Bett. Voller Erschöpfung war ich wohl zum Ende der Nacht doch noch eingeschlafen. Wie ein böser Geist hatte sich diese Stadt vorher in mein Ohr gefressen. Immer wieder dieses 'rumpeldiepumpel' laute Gespräche oder ein fieses Lachen dazwischen. Ohne Frage den nächtlichen Verkehr (auf der Straße) hab ich auf dem Land nicht vermisst. Im Gegenteil gerade den zweiten Tag in Rom und schon blüht die Sehnsucht in mir.
Ich wusch mich nur kurz, streifte ein neues Hemd drüber und warf das Verschwitzte in einen Korb. Danach stand auch schon Anaxippus im Zimmer ein Tablett zwischen den Händen. Es erwartete mich ein einfaches, aber gutes Frühstück. Genug Zeit hatte ich noch, zumindest dachte ich das. Denn woher sollte ich jetzt wissen, das ich mich dann auf dem Weg zur Academie irre verrennen würde? Natürlich wußte ich es nicht. Von daher ließ ich mir die Bissen schmecken und las nebenbei jene Briefe, die mich kurz vor meiner übereilten Abreise aus dem Landgut noch erreicht hatten.
Schon mit etwas Verzug im Gepäck verließ ich danach die Villa, um zur Academia Militaris Ulpia Divina zu gelangen. Dort sollte es einen Termin geben, der mir die dritte von vier Stufen erlaubte abzulegen. Vorsichtshalber packte ich auch gleich ein Säckchen mit fünfhundert Sesterzen ein. Schon die letzten beiden Male hatte man mich gnadenlos abgezockt, damit ich für die militärische Bildung was tun durfte. ( )
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Noch schwer im Atem kam ich als definitiv letzter Zuhörer in den Saal. Ohne großes Aufsehen zu machen, platzierte ich mich auf einem freien Stuhl und packte eine Wachstafel und einen Metallgriffel aus. Kaum gesetzt, begann der Vortrag. Die ersten Worte fielen mir noch schwer zu verarbeiten, dann allerdings wurde mein Gehör besser und ich machte mir einige kleine Notizen. Mit etwas Glück konnten wir hinterher noch Fragen stellen.
...
So kam es dann auch. Erst wartete ich noch. Als Letzter kommen und als Erster fragen passte nicht so recht zusammen. Dann in einer Fragen-Antwortpause erhob ich mich, um zu zeigen woher das Wort wehte und fragte:
"Was hat die Legio XXII Primigenia rege in Mogontiacum gebaut und gibt es heute noch Originalgebäude dieser Zeit? Außerdem würde mich intressieren wo, unter welchen Umständen und wann diese Legion mit den Chatten gekämpft hat außerdem ob daran andere Legionen beteiligt waren. Das ist ja nach den Geschichten kein kleiner und ungefährlicher germanischer Stamm."
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Es klopften meist Bittsteller. Das hatte ich nicht nötig. So stieß ich die Tür von außen auf und sah auf einen überraschten Türsklaven nieder. "Bereite mein Zimmer vor, ich werde einige Tage bleiben." Derweil lenkte ich den Schritt in die verwaiste Villa. Es war ruhig, sehr ruhig...
Da blieb mir wenig, als das Alte vom Neuen zu trennen. Nur ein Hauch hatte sich seit meinem letzten Aufenthalt hier verändert. Das war sehr gut und traditionell nur wenige Familien schafften es sich der täglichen Hitliste zu entsagen.
"Sklave, bring mir Trauben, einen guten Tropfen Wein und einige exsotische Früchte ins Atrium."
Dort würde ich die Vergangenheit et Zukunft erfahren.