Beiträge von Prudentia Aquilia

    Prolog: Nun bin ich schon eine gute Woche in Rom und habe es nur einen Tag lang nach außerhalb des Hauses geschafft. Da trieb es mich in eine Taverne und... Nein, das ist an dieser Stelle nicht so wichtig. Heute jedenfalls sollte ein Festessen anstehen und ich war schon sehr gespannt, wie dies in der höheren Gesellschaftsschicht aussehen würde. Und zudem hoffte ich, dass ich meinem guten Onkel Commodus keine unangenehmen Situationen bescheren würde. Aber man wird erst aus klug aus dem vergang'nen Tag und so wenden wir uns der Zukunft zu..


    Prudentia stand inmitten des blitzsauberen Raumes und sah sich um. Sie betrachtete es als einzige weibliche Prudentia als ihre Pflicht, ein wenig für Liebe in dem Raum zu sorgen und verteilte noch ein paar wenige Details über den Raum. In diese leere Ecke noch eine schöne große Vase, auf jenen Tisch noch eine Blumenvase... Sie fand es ohnehin erstaunlich dass es zu dieser Jahreszeit noch möglich war, Blumen zu finden die eine Tafel zierten. Aber hier schienen die Mögilchkeiten unbegrenzt zu sein.
    >So, die Gäste können meinetwegen kommen.< murmelte die frisierte Prudentia leise und sah sich stolz um. Heute hatte sie sich auch einmal etwas mehr als gewöhnlich herausgeputzt um passend auszusehen und trug eine orangene, warme Tunika.

    'Genau' ging es ihr durch den Kopf. 'Das war ja die Geschichte, wo ich nicht näher nachhaken wollte.' Sie hatte es nämlich sehr erstaunlich gefunden, dass eine Person eine eigene Garde hatte und sich des Weiteren gefragt, wie dies wohl aussehen mochte. Sie konnte es sich überhaupt nicht vorstellen, keine Sekunde für sich zu haben. Wie lebte der römische Herrscher überhaupt, der alles kannte und befehligte? Wusste er von den Folgen die seine Kriege verursachten?
    >Mhh stimmt! Ich erinnere mich.< gab sie freundlich zur Antwort, selbstverständlich seine Gedanken nicht im Geringsten erahnend. Aber es hätte sie vermutlich nicht einmal gekränkt. Irgendwo fühlte sie sich den Germanen doch noch zugehörig.
    >Ich möchte nicht... unhöflich erscheinen. Aber... Könnte ich mich vielleicht zurückziehen? Ich bin sehr müde und würd mich gern ein wenig einrichten.< gestand sie kleinlaut ein und blickte fragend zwischen ihren beiden Verwandten hin und her.


    Damit du nicht parallel spielen musst ;)

    >Das ist schön!< bekundete sie ehrlich und griff nach einer Traube. So als Frucht mochte sie diese gerne, doch als sogenannten Rebensaft sah sie es eher als Pflichtnahrung an. Und auch nur deshalb, weil ihr Onkel eine recht hohe Position bekleidete und an diverse Sitten gebunden war, an welche sie sich, ihm zuliebe, selbstverständlich auch halten würde. Kauend und sicherlich nicht sehr manierlich, wandte sie sich an Prudentius Balbus.
    >Und was machst du genau? Ich erinnere mich an etwas militärisches...< Man sah ihr deutlich an, wie unangenehm ihr die eingetretene Stille wurde und wie rasch sie versuchte, ein wenig Leben in die Unterhaltung zu bekommen.

    Zaghaft streckte sie ihre Hand aus um das Tuch zu ergreifen, derweil sie ihm ein verschüchtertes Lächeln schenkte. Umso schneller allerdings zog sie die Hand wieder zurück und drückte das Tuch auf den Weinfleck. Was sie damit noch retten sollte, wusste sie nicht. Dieser römische Wein hatte im Gegensatz zum guten Met nämlich die Eigenschaft, dass er sich gar närrisch in der Kleidung verfing.
    >Nein. Was er zu mir ist, weiß ich auch nicht. Urgroßonkel vielleicht.. Ich weiß es nicht.< gab sie schmunzelnd zurück, während sie ihre Aufmerksamkeit noch immer auf den Fleck richtete. Länger als es nötig war tupfte sie daran herum. Warum interessierte es ihn so brennend, was sie bisher gemacht hat und vor Allem was sie hier in Rom tat? Sie seufzte und ließ ihren Arm dann sinken, um ihn anzublicken. Sie entschloss sich zu einer rätselhaften Antwort anzusetzen, mit der er nur wenig anfangen konnte. Denn immerhin war sie eine Frau und wenn es ihn so brennend interessierte, musste er auch mit den Konsequenzen rechnen.
    >Bis ich hierherkam, heulte ich mit den germanischen Wölfen. Die römische Wölfin hingegen ruf Prudentius zu sich und ich folgte. Ich misse mein heimisches Rudel durchaus ein wenig, denn die hiesige Rangordnung ist ein wenig anders.< Kaum ausgesprochen ließ sie das Tuch, mittlerweile wieder mit einem kecken Grinsen im Gesicht, vor ihn auf den Tisch segeln.
    >Vielen Dank dafür. Der Fleck scheint doch glatt um ein Zehntel vermindert worden zu sein.< gab sie mit einem heiteren Lächeln zurück. Es erfüllte sie mit Glück, den Römer vor sich in ihre Worte eingewickelt zu haben. Es war nicht einfach, die Wölfe voneinander zu trennen und vermutlich glaubte er, sie habe völlig den Verstand verloren. Versöhnlich erklärte sie aber dann rasch:
    >Mein guter Prudentius kandidiert zum Praetius oder so ähnlich.< Der Blick, den sie ihm sandte war fast hoffnungsvoll. Hoffentlich hatte sie sich nicht mit großen Schrittem der nächsten Pleite genähert und das erwählte Amt ihres Irgendwas-Onkels war wirklich kein bekanntes. Aber wie sagte sie so schön? Sie kannte sich in der hiesigen Rangordnung nicht aus.

    Sie horchte auf. Einen Corvinus kannte sie nicht, aber selbstverständlich sagte ihr Commodus etwas. Kaum dass sie an den älteren Herrn dachte, regte sich schlechtes Gewissen in ihr, denn schließlich war sie ohne seine Erlaubnis hier. Andererseits, überlegte sie, würde Commodus beruhigt sein, sie in Obhut eines Bekannten zu wissen. Der Haken an der Sache war nur, dass er sich eben nicht in dieser Sicherheit wägen konnte. Na und? Trotzig entsann sie sich dessen, dass er sein Versprechen ihr gegenüber gebrochen hatte, sie in die Straßen Roms einzuführen.
    >Commodus ist der Sohn... Ja, der Sohn des... Onkels? Nein... Großvaters meines Vaters... Nein! Vaters meines Vaters.< überlegte sie hin und her und nickte letztlich bestätigend und stolz darauf, dass sie den langen Weg gefunden hatte. Aus wachen Augen betrachtete sie Iulius und bedachte ihn mit einem verschmitzten Lächeln, hinter dem die Gewissheit steckte, dass er ihr nicht folgen konnte. Aber das sollte nicht ihr Problem sein. Und er schien auch zu verwirrt um näher darauf einzugehen und folgte alsbald ihrer Aufforderung, ein wenig von sich zu erzählen. Mit Interesse folgte er seinen Worten und nickte fast begeistert, als er von der Reiselust erzählte. Sie hätte auch gerne mehr von der Welt gesehen, aber sie war kaum älter als er, als er diese Reise antrat. Und nun brachen auch etwas wohlhabendere Tage für sie an und diese Gelegenheit würde sich sicherlich bald ergeben.
    >War ja recht wenig enthusiastisch geschildert.< schloss sie mit eben der gleichen Begeisterung, mit welcher er sein Leben geschildert hatte und bewegte ihren Becher kreisförmig, wobei sie leichte Wellen in seinem Inneren verursachte. Sie spürte kaum, dass sich in ihrer Versonnenheit ihre Bewegungen erhärteten.
    >Mist!< fluchte sie leise, als der Wein übergeschwappt war. Grund war gewesen, dass er sie wieder nach sich gefragt hatte und sie in aller Ruhe überlegt hatte, was sie sagen konnte und dabei immer weniger Kontrolle über ihr Handeln bekommen hatte. Amklagend betrachtete sie den Weinfleck auf der weiß bekleideten Tunika, der sich nahe des Schlüsselbeins ausbreitete. Das kam davon, wenn man in einer hängenden Haltung gedankenverloren den Wein durch die Gegend schüttelte. Unsicher hob sie leicht ihren Blick an, um den Trib...unen - so hieß es doch? - zu mustern. Sie wusste nicht, ob sie die Chance nutzen sollte um von ihrer Geschichte abzulenken, oder von der peinlichen Situation ablenken sollte indem sie ihre Geschichte erzählte.
    >Naja... was gibt es zu erzählen... Nicht viel... Nicht ein Viertel von dem was du...< begann sie stotternd und betrachtete aus den Augenwinkeln wieder das rote Denkmal ihrer Tollpatschigkeit auf dem teuren Stoff. Damit hatte Commodus schon einmal Beweisstück A dass sie in einer Taverne war. Die Feuchtigkeit fühlte sich unangenehm an und auch wenn wohl nur Iulius seine Aufmerksamkeit auf sie richtete, fühlte sie sich in den Mittelpunkt des Geschehens gerückt...

    Sie indes gab sich kein bisschen Mühe, die Gesichtszüge zu bewahren. Ihre Stirn runzelte sich, während sich die Augen wie unter großer Anstrengung zusammenkniffen. Einzig und allen den Wein zwang sie sich hinunter zu schlucken und nicht wieder direkt in den Becher gleiten zu lassen.
    >Ah, bah! Der schmeckt ja widerlich.< gab sie ihre Meinung leise zischend kund und zwang sich, ihre Augen wieder zu öffnen. Er war bitter, gar sauer. Er schmeckte als sei er nach hunderten von Jahren aus irgendeiner Gruft ausgegraben worden. Rebensaft mochte sie ohnehin nicht so gerne, aber dieser Wein hier setzte allem die Krone auf. Entschuldigend wegen ihres Ausbruchs sah sie Iulius an, sagte aber nichts weiter.
    >Ja, ich komme tatsächlich aus Germanien. Aber es gibt gewiss mehrere Prudentia, sodass ich nicht genauer sagen kann, ob ich mit deinem verwandt bin. Vermutlich nicht, denn ich stamme aus Bonna und reiste dann zu meinem Verwandten in die Colonia Agrippina. Und von dort aus führte mich mein Weg hierher.< Auch Prudentia gewöhnte sich allmählich die Kurzform der großen Stadt an, deren Name ansonsten beinahe unaussprechlich war. Ihre Geschichte mochte ihm etwas knapp formuliert sein, aber sie war nicht übermäßig geschwätzig und es musste auch nicht jeder schon am ersten Tag alles über sie wissen. Langsam beruhigte sich ihr Gemüt auch wieder von dem Schock und sie ließ sich sacht nach hinten gleiten um sich entspannt an die Wand zu lehnen.
    >Und du? Erzähl mir ein wenig über dich.< forderte sie ihn recht knapp mit einem Nicken auf seine rote Militärtunika auf, die er an seinem recht durchtrainierten Körper trug. Beides sprach für sich. Doch woher er kam, was er bei den Legionen machte... Das konnte sie nicht einfach ersehen. Sie hielt sich für taktisch äußerst geschickt, denn so vermied sie, dass sie Weiteres über sich erzählen musste, und erfuhr gleichzeitig mehr über ihn.

    Ein verlegenes Grinsen machte sich in ihrem Gesicht breit, als Commodus ihr Wortechaos so klärend zusammenfasste. Sie machte meistens alles komplizierter, als es eigentlich sein musste - das schien in ihrer Natur zu liegen. Allerdings wurden ihre Gedanken wieder ruhiger, als sie die Sklaven sah, die Speis und Trank zur Sitzgruppe trugen und machte sich alsdann in diese Richtung auf. Kaum dass sie platzgenommen hatte, fragte sie:
    >Sag, Onkel. Kannst du mir vielleicht bald die Stadt zeigen? Sie scheint doch recht... groß zu sein.< Ihren Worten folgte ein lieblicher Augenaufschlag. Dann wanderte ihr Blick kurz zu Balbus um auf seine Reaktion zu achten.

    >...ein vielbeschäftigter Mann...< fiel sie in seine Worte mit ein und musste grinsen. Es mochte schon das dritte Mal sein, dass Commodus ihr diese Mitteilung machte und inzwischen kannte sie seine Worte recht gut. Sie knuffte ihm sacht mit ihren Ellenbogen in die Seite und wandte grad den Blick wieder ab, als ihr der Mann auffiel. Wenn dies Balbus war, sah er seinem Vater nicht übermäßig ähnlich und ohnehin ganz anders aus, als sie ihn sich vorgestellt hatte.
    Und es war Balbus. Still beobachtete sie die Begrüßung der Beiden. Eines immerhin schien Balbus zu kennen und das war der Respekt gegenüber seinem Vater, was ihr wiederum ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Das war doch schonmal etwas sehr Wichtiges.
    >Aquilia. Wie ich... allerdings zu euch stehe weiß ich nicht. Wir machten in Germanien just die Entdeckung, dass mein Vater irgendwie mit dem Vater von deinem Vater verwandt ist und dein Vater...< sie brach ab, als ihr bewusst wurde wie verwirrend ihre Worte wurden. So kürzte sie sich auf ein knappes 'Salve' ab und nickte ihm mit einem breiten Lächeln zu.

    Die Röte in ihrem Gesicht verstärkte sich noch etwas, da sie ihm offensichtlich das Gefühl gegeben hatte, dass er störte. Gut, hätte er sie nicht so erschreckt, würde es sie kalt lassen, wenn es so wäre, also nahm er durchaus schon Einfluss auf ihr Handeln, aber... Nein, entschloss sie und schob die Gedanken hinfort. Es war zu kompliziert um jetzt darüber nachzudenken.
    >Das macht doch nichts. 's ist ja schließlich auch nicht üblich, in einer Taverne in Tagträume zu verfallen.< meinte sie versöhnlich und zog ihren Wein zu sich. Auch dessen Ankunft hatte sie nicht mitbekommen. Wenn er allerdings ebenso hart auf den Tisch gekommen war, wie der ihres Gegenübers, hatte sie nicht nur geträumt sondern wahrhaftig geschlafen. Nun fand sie auch einen Moment um ihren Gegenüber genauer zu mustern. Er hatte markante Gesichtszüge, die von Lebenserfahrung sprachen, doch sonderlich alt sah er nicht aus. Mochte auch daran liegen, dass sie Onkel Commodus zu einem absurden Vergleich heranzog.
    >Prudentia. Prudentia Aquilia.< Was ihr außerdem auffiel, war, dass er sich mit Floskeln herumtrieb. Warum sollte er sich nicht vorstellen dürfen? Immerhin war sie hier an einem Ort, wo es nicht unhöflich war, einander anzusprechen. Dieser Gedanke rief ein leichtes Schmunzeln auf ihr Gesicht. Doch sie tat es ihm gleich und sah ebenfalls in die trübe Flüssigkeit.
    >Auf unsere Bekanntschaft.< meinte sie dann in die Stille und führte ihre in Germanien erlernte Sitte aus, die vermutlich einigen höher gestellten Römern vor den Kopf geschlagen hätte. Sicher war es nicht schicklich, dass eine Frau einen Trinkspruch aussprach. Aber es war ihr relativ gleich, sodass sie ihm beruhigten Gewissens ein warmes Lächeln schenken konnte und den Becher erhob.

    Sie nickte artig und folgte noch einmal seinem Blick, welcher der Straße folgte. Aber weniger um sich des Gepäcks zu versichern, als den Eindruck der neuen Stadt auf sich wirken zu lassen. Dann folgte sie ihm in kleinen Schritten in das römische Haus der gens Prudentia, wobei sie sich beinahe sofort fragte, ob der Sohn des Commodus vielleicht sogar anwesend sein könnte. Neugierig sah sie sich um, während sie sich leiser Sohle in Commodus' Schlepptau dem Atrium näherte.
    >Meinst du, dass dein Sohn daheim ist?< fragte sie mit deutlich mehr Scheu, als ihr Herz eigentlich empfand. Eigentlich war es eher Vorfreude. Konnte es gar sein, dass sich beide Empfindungen ineinander vermengten?

    Noch immer hatte sie ihr Gesicht in den Handflächen gebettet und hob ihren Kopf auch nicht, als er sie ansprach. Sie hatte zwar seine Stimme vernommen und auch seiner Worte gehört, diese allerdings nicht auf sich bezogen. Ihre Vermutung deutete er, dass er wohl an einem anderen Tisch fragte, so abwesend waren ihre Gedanken. Dass sie ihr Haupt wieder hob, mochte mehr Zufall gewesen sein und auch dieser Zufall trat erst nach einer gewissen Wartezeit für ihn ein. Sie sah seinen Oberkörper und langsam wanderte ihr Blick nach oben, allerdinga ohne dass sich ihr Kopf dabei regte. Langsam begann es in ihrem Kopf zu arbeiten und die Bestürzung war sehr deutlich aus ihren Zügen abzulesen.
    >Verzeihung! Entschuldigt, ich.... Natürlich darfst du! Es tut mir leid, ich war etwas abwesend.< erklärte sie sich unnötigerweise, denn das war wohl unschwer zu erkennen gewesen. Sie wandte den Blick rasch wieder ab und deutete auf den Stuhl ihr gegenüber. So wie es stets in einer für sie peinlichen Situation war, schlich sich auch heute wieder die Röte auf ihre Wangen.
    >Wie unangenehm...< murmelte sie noch einmal leise vor sich hin und rang sich erstmals ein leises Lächeln für ihn ab. Sie legte ihre Hände ineinander und sah ihn etwas betreten an. Ihr fiel nicht recht ein, was sie sagen sollte und überließ ihn erst einmal das weitere Geschehen. Es war wohl besser, denn sie war sich bewusst, dass sie sich völlig verhaspeln würde. Sie war ein Mensch, der nur schlecht auf schnelle Situationswechsel eingehen konnte und eine gewisse Zeit dafür brauchte.

    Sie ließ ein helles Lachen erklingen, welches sich völlig frei ihrer Kehle entrang. Es kam von ganz allein und für einen Moment schüttelte es sie sogar. Es war nicht, weil sie übermäßig glücklich war, es hatte einen beinahe ironischen Hintergrund. Als sie wieder zu ein wenig Luft gekommen war, erklärte sie sich alsbald.
    >Aber Onkel! Nicht doch. Ich sagte doch schon so oft, dass ich einfach nur froh bin, bei dir sein zu dürfen. Wo es ist, ist mir eigentlich fast egal.< sprach sie, während sie nach seiner Hand griff. Nun wurde sie recht schnell wieder ernster, doch ein Lächeln blieb.
    >Und eines verspreche ich dir... Ich lüge nicht.<

    Prolog: Vielleicht würde ich mein Verhalten nachträglich als töricht beschreiben, aber wohl jede junge Dame hätte so gehandelt - wenn man mich denn als solche bezeichnen konnte. Den heutigen Tag, zwei Tage nach meiner Ankunft in Rom, hatte Onkel Commodus mir eigentlich einen Rundgang angeboten, als er plötzlich aufbrach um geschäftliche Angelegenheiten zu tätigen. Es ging um irgendetwas mit 'Prätus' oder so ähnlich. Wohl ein Amt was er in dieser Periode bekleiden wollte - wovon auch immer er sprach. Und so nahm ich mir ein wenig Geld und schlenderte auf eigene Faust los. Doch schon bald taten mir die Füße vom vielen Ausweichen weh - wer hätte auch vermutet dass hier ein solches Treiben herrscht - und ich suchte nach einer Sitzgelegenheit. so verirrte ich mich in die nächstbeste Spelunke die zudem äußerst gefüllt war...


    Prudentia trat durch die Tür hinein und sah sich erst einmal grob in diesem großen Raume um. Sie empfand das 'Gasthaus' als recht gemütlich, doch war ihr auch klar, dass Onkel Commodus vermutlich eine Art mittleren Tobsuchtanfall bekommen hätte, wenn er von ihrem Besuch wüsste. Sofern er überhaupt in der Lage war, seinen Zorn zum Ausdruck zu bringen. Deutlich wurde es ihr, dass sie vermutlich deplaziert war, dass die Leute aus ihrem ehemaligen Stande kamen. Sie sahen alle recht abgerissen, wenn nicht gar ein wenig schmutzig aus. Und sie zog recht hohe Aufmerksamkeit auf sich. Sie seufzte in Anbetracht der reichen Kleidung, suchte sich allerdings stumpf einen Tisch. Sogleich fiel ihr einer in einer dunklen Ecke auf, an welchem zwar schon jemand saß, ansonsten aber leer war. Diesen steuerte sie an und kaum dass sie ihn erreichte stand der bärtige Mann brummend auf und setzte sich mit seiner Alkoholfahne woanders hin. Sie legte unsicher ihre Hände in den Schoß und sah sich um, bis der Wirte kam und sich seine Hände in der schmutzigen Tunika sauber wischte. Er roch unangenehm nach Schweiß, aber sie störte es kaum.
    >Ich... hätte gern ein wenig Met.< bekundete sie.
    "Was'olln des sein? Ham wa nix." erklang die rauhe Antwort und sie erwiderte noch einmal und noch eine Spur schüchterner:
    >Nun, dann ein wenig verdünnten Wein.< Sie bereute es fast, hierher gekommen zu sein. Normalerweise kam sie gerade mit dieser Sorte Mensch aus, doch schien es sich nun zu wenden. Als sie dem Wirt nachsah, seufzte sie und stützte sich anschließend mit den Ellenbogen auf dem Tisch ab. Sie würde sich nach ihrem Wein wieder eilen, hier herauszukommen. Sie legte ihr Gesicht in die geöffneten Handflächen und sperrte somit ihr Drumherum aus.

    Er hatte sehr gut vermutet. Aquilia lag in einer eigentlich recht entspannten Haltung sehr verkrampft in ihrer Sänfte. Sie hatte sich auf den letzten Metern schon einigermaßen entspannt, als die Sänfte hielt und abgesetzt wurde. Sie ließ sich gerade aus dem Gebilde heraushelfen, als sie Prudentius auf sich zukommen sah. Wieder einmal sandte sie ihm ein etwas gezwungenes Lächeln, war aber doch auch wirklich erleichtert. Zum Einen darüber, dass dieser Höllentrip vorbei war, als auch darüber ihn wieder zu sehen. Sie wusste ganz genau, dass sie sich, wann immer es ihr möglich sein würde, sich vor der Sänfte drücken würde.
    >Ich nehme an, dass wir da sind?< begrüßte sie ihn und ging ihm eines beschwingten Schrittes entgegen. Sie ahnte nicht, dass sie ihm mit dieser Geste entgegen seiner Erwartungen gegenüber trat.

    'Straßen recht voll' und 'Sänftenführer' machten die innere Verwirrung komplett und als Commodus aus ihrer Reichweite entschwand sah sie hilflos den Vorhang an. Was sollte sie schon wollen? Höhstens ihr ganz normales Leben, in welchem sie selber läuft und sich nicht in eine fremde Welt einfühlen muss. Lebt man einfach, wünscht sich das Reiche. Doch nun da sie es hat, wird es ihr nach und nach zuviel. Die Frage, wie man dies jeden Tag aushalten konnte, wurde immer lauter in ihr. Da spürte sie auf einmal ein Rucken und fühlte sich hochgehoben, was ihrer Kehle einen Schreckenslaut entrang. Verängstigt klammerte sie sich mit beiden Händen in die Kissen. Was wäre, wenn sie sie nun fallen ließen? Oder noch schlimmer: Wenn dieser riesige Kasten kippte? Ihr Gesicht wurde noch eine Nuance blasser, als es ohnehin schon war.
    >An der Casa...< grummelte sie vor sich hin und sandte einen bösen Blick ins Nirgendwo.
    >... wo auch immer sie liegt, was auch immer bis dahin passiert. Wenn ich dann noch lebe. Aber ja, natürlich, wir sehen uns an der Casa. Pah.< zeterte sie weiter leise vor sich hin und war nun doch froh, dass der Geräuschpegel um sie herum anstieg. Zaghaft schob sie den Vorhang beiseite und war fast erschlagen von der Masse. Wie bunt doch alles war. Noch immer fühlte sie sich eher an einen germanischen Sommer, denn an einen Winter erinnert. Nachdem sie fast verzweifelt den Vorhang wieder zurückgleiten ließ, stellte sie missmutig fest, dass sie irgendwie fehl am Platze war. Sie kannte dieses Leben nicht, das Wetter nicht, die Leute nicht, die Sitten nicht und besonders nicht die Stadt. In diesem Moment fragte sie sich, ob sie dies alles überhaupt noch kennenlernen wollte. In einer fast kindlichen Geste drückte sie sich ein Kissen ins Gesicht um nichts mehr von der Außenwelt zu sehen, frei nach dem Motto: 'Wen ich nicht sehe, der sieht mich auch nicht!' und stur harrte sie in dieser Haltung aus, auch wenn ihr Haar zerzottelte und ihr Gesicht manges Luft errötete.

    Prudentias Augen, während der restlichen Fahrt so ausgeglichen dreinschauend, weiteten sich mit einem Mal, als sie Rom schon aus der Ferne erblickte. Selbst dass sich ihr Mund ein Stückchen öffnete, hatte sich nicht vermeiden lassen. Rasch wurde sie sich dessen allerdings bewusst und schloss ihn so schnell es ging. Ihre Gedanken waren für kurze Zeit weggefegt und aus unerfindlichem Grund richtete sie ihren Blick an die Kutschenwand gegenüber. Vermutlich tat sie dies, um sich vor dem Anblick des Unglaublichen zu schützen. Niemals hatte sie etwas derart... riesiges gesehen, erbaut von Menschenhand. Erst als sie sich Rom sehr stark genähert hatten, wagte sie wieder hinauszuschauen und sie löste den verkrampften Blick wieder von der Wand. Von nahem sah es immer noch riesig aus, der allerdings die Häuser vieles verdeckten hielt sich die Extreme noch zurück.
    Verwirrt betrachtete sie den Sklaven der auf einmal an ihrer Seite stand, um ihr hinauszuhelfen. Für gewöhnlich hätte sie sich dagegen gewehrt, doch noch immer lag ihr der Schock in den Knochen und so ließ sie sich bereitwillig herausheben und zur Sänfte geleiten, die sie aus großen Augen betrachtete. Noch nie hatte sie so ein Ding von Innen gesehen, geschweige denn betreten. Doch auch hier ließ sie sich helfen und saß verkrampft und verblüfft in den weichen Kissen. Sicher war es bequem, aber waren es nicht Menschen, die sie nun tragen würden? Wortkarg sah sie durch den Vorhang hindurch.
    >Was geschieht nur.< murmelte sie leise, noch immer weggetreten. Es schien als wäre sie nach tagelangem Schlaf - der Reise - in ein neues Land eingetreten dass so völlig im Gegensatz zu ihrer Realität stand. Es war anders, nicht mehr arm zu sein. Unwirklich.

    Kurz warf sie aus den Augenwinkeln einen Blick in seine Richtung um an seinem Gesichtsausdruck zu messen, ob sie ihn erzürnt hatte. Aber er schien völlig ausgeglichen zu sein und so beschloss sie, erst einmal die Stille zu bewahren. Vielleicht war es ganz angenehm, wenn sie nicht immer plauderte - was sie für gewöhnlich eigentlich auch nicht tat. Wenn sie sprach, dann eigentlich nur dann, wenn es notwendig war. So beruhigte auch sie sich wieder und richtete den Blick in den blauen Winterhimmel von einem Winter, den sie als solchen einfach nicht empfand. Es war eher wie ein frischer Sommertag in ihrer Heimat.
    So polterten sie dahin und Prudentia wurde zunehmend ruhiger. Langsam - und das nach Tagen - beruhigte sich nicht nur ihr Mund, sondern auch ihr Geist. Die Gedanken fingen während dieser Ruhephase an, sich wieder zu sortieren und es schien plötzlich nicht mehr so unglaubwürdig, dass sie so rasch von einem Punkt zum Anderen gelangt war. Bis eben noch war ein Loch in der Erinnerung gewesen, dass ungefähr zu jenem ersten Tag in der Villa Rustica ansetzte. Langsam fügten sich die Bilder wieder zusammen und so verging ihr die Zeit sehr schnell. Es beschäftigte sie mehr, als es das Schiff fahren getan hatte, doch es war eine sinnvolle Beschäftigung: Im wahrsten Sinne des Wortes.

    >Ja, da bin ich mir sicher.< erwiderte sie noch, ehe sie wieder schwieg. Da war sie wieder, diese unangenehme Stille. Von Draußen hörte Prudentia nur das Klappern der Hufe und ein leises Knacken des Wagens, was aber weniger darauf hinwies, dass es marode war. Sie kannte es gar nicht anders und nahm es für gewöhnlich nicht einmal war. Sie stieß ein langes Seufzen aus und verschloss kurz die Augen. Jetzt, da sie wieder saß, spürte sie die bleierne Müdigkeit die sie heimsuchte. Sie versuchte sich vorzustellen, aber so recht mochte ihr kein Bild in den Kopf kommen. Sicher hatte er braune Haare und vermutlich auch braune Augen - so, wie sie. Sein Gesicht würde sicher sehr weiche Züge haben. In ihrer Vorstellung war er nur wenig größer als sie, warum, konnte sie sich selber kaum erklären.

    Eine kurze Pause war eingetreten, nachdem Commodus erwähnte, dass sein Sohn in der kaiserlichen Garde dient, denn sie muss erst einmal genauer überlegen was dies bedeuten könnte. Sie wusste dass es einen Kaiser gibt der über alles in Rom herrscht, doch dass er eine eigene Garde hat war ihr neu. In ihr ruhte die Frage ob diese so militärisch wie die Einheiten in Germanien war, oder ob sie eher aus einigen privaten Wächtern bestand. Abr fragen wollte sie dies nicht, sicher würde sie es noch von alleine feststellen.
    >Ich würde mich freuen, ihn anzutreffen. Ist er auch so ein liebenswerter Mensch wie du, Onkel?< fragte sie mit einem beinahe engelsgleichen Gesicht. Sicherlich, ihre Worte dienten natürlich auch dem Zwecke, sich ein wenig einzuschmeicheln, doch dies wiederum verfolgte sie ohne Hintergedanken. Sie wollte sich einfach nur seiner Liebe gewiss werden.

    Sie fragte erst gar nicht, was für Geschäfte er zu erledigen gedachte. Siewusste genau, dass sie diese vermutlich ohnehin nicht verstehen würde, denn zum Handel betreiben kam er sicher nicht extra ganz bis nach Rom. Ihr Vater hatte dies damals schließlich auch nicht getan. Die weiteren Reisen gingen bis zur Colonia Claudia Ara Agrippinensium oder nach Mogontiacum, wobei sie auch eher selten mitkam. Doch die Sache mit dem Sohn klang in ihre Ohren interessanter und mit wachsener Aufmerksamkeit wandte sie sich wieder diesem Thema zu, dass sie schon einmal angeschnitten hatten.
    >Glaubst du wir werden ihn noch heute sehen können? Ich bin wirklich gespannt, wie er wohl sein mag. Warum ist er eigentlich in Rom und nicht bei dir in Germanien?< fragte sie neugierig.