Beiträge von Quintus Caecilius Metellus

    Minor und die anderen Milites seiner Nachtwache hatten noch etwas Schlaf bekommen und auch bei ihrer Ablösung hatte es keine besonderen Vorkommnisse gegeben. Der kranke Miles hatte sich tatsächlich wieder erholt und konnte seinen Dienst normal verrichten. Minor führte selbst wieder einen morgendlichen Lauf an und ließ die Milites nach dem Frühstück mit Cunctator exerzieren, während er sich auf den Weg zur Castra machte.

    Minor traf mit den Milites an den Horrea Vespasiani ein. Die Milites dort schienen sie schon zu erwarten und schienen bloß einen Moment sehr erstaunt, Minor als Teil der Ablösung zu sehen. Sie meldeten keine besonderen Vorkommnisse und verschwanden schließlich in der Dunkelheit.


    Nachts wurde keine Miles auf den Dächern postiert, da ihre Anwesenheit hauptsächlich der Abschreckung dienen sollte, so daß sie nun zu viert mit einem ersten Rundgang um den Lagerhauskomplex begannen. An einer Straßenecke hörten sie schon aus einiger Entfernung angetrunkenen Gesang. Drei Männer standen dort und schienen sich prächtig mit einiger Kanne Wein zu amüsieren, wohl nicht ihre erste am heutigen Abend. Als sie jedoch die Milites näherkommen sahen, schwankten sie langsam davon.
    Weitere Leute sahen sie nicht auf der ersten Runde.
    Sie näherten sich wieder dem Haupteingang, an dem sich nicht nur die Horrea-Wachen, sondern auch ihr Anführer befand. Minor trat auf die Wachen zu und grüßte kurz. Eine kurze Unterhaltung ergab, daß auch seine Leute keine außergewöhnlichen Vorkommnisse erlebt hatten.


    Nach kurzer Zeit verabschiedete Minor sich und sie begaben sich auf eine neue Runde. Auch diese und die folgenden verliefen ereignislos. Ein oder zweimal konnte man genagelte Stiefel in der Ferne vernehmen, wohl Vigiles auf ihren nächtlichen Patrouillen. Schließlich erschien ihre Ablösung, denen Minor die Ereignislosigkeit ihrer Schicht mitteilte.


    Zügig begaben Minor und die Milites sich auf den Weg zum Quartier, um noch ein wenig Schalf zu bekommen.

    Minor hatte mit seinen Männern das Abendessen eingenommen und saß nun im Hof an der Feuerstelle. Cunctator unterhielt ihn und einigen Milites die bei ihnen saßen mit einer Anekdote aus seiner Zeit als Probatus. Es war kurz vor Ende der aktuellen Wachschicht als ein Miles mit besorgtem Gesicht aus dem Haus kam und berichtete, daß einer der Kameraden erkrankt sei.


    Verflixt, das war nun wirklich nicht Minors Spezialgebiet.


    "Hat jemand von euch Erfahrungen auf dem Gebiet?"


    Einer der Männer nickte und gemeinsam mit ihm und auch Cunctator begab sich Minor zu dem kranken Miles. Nach einer kurzen Untersuchung lautete das Fazit.


    Der Kamerad hat wohl das Essen nicht so vertragen, morgen müsste es ihm schon wieder besser gehen.


    "Gut, halte weiter ein Auge auf ihn! War er nicht für die nächste Schicht eingeteilt?"


    Er wandte sich an Cunctator, der bestätigend nickte. Die Milites, die nicht für die nächste Schicht eingeteilt waren, warfen sich gegenseitig Blicke zu und überlegten, wen es von ihnen wohl treffen würde.
    Minor überlegte kurz, ging dann zu seinem Platz, nahm seine, Waffen, seinen Helm und sein Schild.
    Die Milites sollten ruhig wissen, daß er nicht nur schreiben und schinden konnte. :D


    "Dann werde ich seinen Platz einnehmen."


    Auch die übrigen Milites der nächsten Schicht machten sich fertig und sie verließen das Quartier. Minors Weg führte zu den Horrea Vespasiani.

    Auch Metellus musste nun lachen.


    "Sie werden sicher sehr zufrieden sein, daß dein Pflichtgefühl so stark ist."


    Und schon hatte sie ihm einen letzten Blick zugeworfen und war an ihm vorbeigegangen.


    "Vale bene Iulia Livilla!"


    Auch wenn sie sich nicht mehr umblickte, ließ er die Augen nicht von ihr. Er würde sich keinen Schritt von der Stelle rühren, ehe sie nicht die Casa betreten hatte. In ihm herrschte ein großes Durcheinander, das den Verlauf ihrer heutigen Begegnung widerspiegelte.

    Es war wenig Schreibarbeit in der Castra angefallen und so kehrte Minor schon am späten Nachmittag ins Quartier zurück. Die Männer sprangen auf als er eintrat. In ihren Rüstungen hätte er sich spiegeln können, so gut waren sie poliert worden. Mit einem "Weitermachen!" nickte er ihnen zu und begann nun seinerseits seine Ausrüstung in einen tadellosen Zustand zu versetzen. Die Milites wandten sich inzwischen wieder ihrem Würfelspiel zu und die Unterhaltungen wurden fortgesetzt.


    Zunächst begann er damit sein Gladius zu polieren und die Schärfe zu prüfen. Als das zu seiner Zufriedenheit erledigt war, wandte er sich der Rüstung zu. Er polierte auch diese und kontrollierte den Zustand der Lederriemen. Sorgfältig fettete er diese ein, damit sie nicht brüchig würden. Schließlich nahm er sich seinen Helm vor und brachte ihn auf Hochglanz.



    Nach der Pflege seiner Ausrüstung gesellte er sich zu den Würfelspielern.
    Einer der Milites wandte sich an ihn.
    Auch ein kleines Spielchen, Princeps?
    Minor schüttelte den Kopf und grinste.
    "Besser nicht, die Würfel waren mir noch nie besonders hold. Am Ende muß ich noch an eurer Stelle Wache schieben, weil mein Sold schon verspielt ist. Und ihr hättet dann meine Schreibarbeit zu erledigen."
    Die Milites grinsten, denn wer von ihnen hatte nicht schonmal seinen Sold beim Würfeln verspielt und der Gedanke, daß man sie an Schreibarbeit setzte...

    Er hätte wohl ewig da stehen können, aber Livilla zog ihre Hand langsam zurück und blickte in Richtung der Casa Iulia. Nun hieß es wohl endgültig Abschied nehmen.


    "Die Götter mögen mit dir sein auf deiner Expedition, auf daß du schnell wieder nach Rom zurückkehren kannst."


    Der letzte Teil des Wunsches war zugegebenermaßen nicht ganz uneigennützig. 8)


    Er versuchte die Abschiedsstimmung wieder ein wenig aufzulockern.


    "Ich hoffe deine Cousine erwartet dich nicht schon am Eingang."

    Er hatte unbewusst den Atem angehalten, während er darauf wartete, ob Livilla den Dolch nahm. Doch Livilla nahm ihn nicht nur an, sondern schien sich sogar darüber zu freuen. Statt des üblichen breiten Grinsens trat nun ein verlegenes Lächeln auf sein Gesicht, als sie mit ihrer Hand seine Wange berührte. Vorsichtig legte er seine Hand über ihre und blickte in ihre Augen.


    "Paß bitte gut auf dich auf."


    In seiner Stimme schwang keinerlei Zweifel im Bezug auf ihre Fähigkeiten mit, sondern enthielt einfach nur den Wunsch sie munter und gesund wiederzusehen. Er suchte nach den richtigen Worten, aber die fehlten ihm natürlich.


    "Ich...er...bedeutet mir viel. Ich freue mich, daß er dir...daß du ihn angenommen hast."


    Vielleicht hätte er doch besser schweigen sollen. :D

    Während er ihr zuhörte, überlegte Metellus ob Livilla wohl viel Ähnlichkeit mit ihrer Mutter hatte; auch bei ihr konnte er sich nicht vorstellen, daß sie sich in ein Haus verkroch. Er nickte und antwortete ernst.


    "Gewissheit kann wohl kaum einer haben, daß die Aufstände ihn nicht erreichen. Es bleibt wohl einfach zu hoffen, daß deine Mutter sich fern der Kämpfe aufhält und diese schnell vorüber sein werden."


    Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, überlegte er kurz ob diese nicht vielleicht zu düster klangen. Andererseits würde Livilla es wohl kaum schätzen, wenn er irgendwelchen bloßen Floskeln zu ihrer Beruhigung sagen würde; dazu war ihre Einschätzung der möglichen Gefahren viel zu realistisch.


    Er wurde sich wieder ihrer Umgebung bewußt und bemerkte, daß sie schon in der Nähe der Casa Iulia sein mußten. Irgendwo hier hatte sie ihn das letzte Mal zurückgelassen. Ein Seitenblick auf Livilla verriet ihm, daß sie tief in Gedanken versunken war. Unwillkürlich wurden seine Schritte langsamer, um den Abschied noch einen Moment hinauszuzögern. Wann er sie wohl wiedersehen würde? Ihre Reise würde mit den Vorbereitungen sicher einige Zeit in Anspruch nehmen. Plötzlich wußte er, was zu tun war. Er blickte sich kurz um, ob auch niemand in der Nähe war. Er ließ ihre Hand los und nahm er seinen Dolch samt Scheide von seinem Gürtel. Er hielt ihn Livilla so hin, daß ein zufälliger Passant den Dolch nicht als solchen erkannt hätte. Mit einem leichten Augenzwinkern sagte er.


    "Nur für alle Fälle... Und als Pfand, daß wir uns wiedersehen, möchte ich ihn dir für die Reise geben. Er begleitet mich schon seit vielen Jahren und ich würde euch gerne alle beide wiedersehen. Du müsstet ihn zunächst natürlich tief in deinem Gepäck verstauen..."


    Er wartete gespannt auf ihre Antwort und hoffte, daß sie ihn annehmen würde. Oder war Livilla diese Geste nun doch zur persönlich? Und doch meinte er, daß sie bei ihrem heutigen Treffen ein wenig die Distanz zwischen ihnen verkürzt hatte.

    Zunächst hatte es den Anschein, als würde Livilla vor der Hand auf ihrer Schulter zurückschrecken, dann aber legte sie ihre Hand auf die seine.


    Ein wenig überrascht hörte Metellus ihre Aussage. Sie schien schon längere Zeit keinen Kontakt mehr zu ihrer Mutter gehabt zu haben, sonst hätte sie zumindest ungefähr gewußt, wo diese anzutreffen sein könnte. Dennoch schlug er ihr vor.


    "Vielleicht könntest du ihr zu ihrem letzten bekannten Wohnort schreiben? Vielleicht lebt sie ja immer noch dort. Aber auch wenn sie tatsächlich in der Unruheregion leben sollte - solange sie sich aus all dem heraushält und sich aus dem öffentlichen Leben zurückzieht, dann dürften die Chance gut stehen, daß der Aufstand an ihr vorbeigeht. Die Operationen werden sich bestimmt gezielt auf bewaffnete Auständische und ihre Anführer konzentrieren."


    Er konnte deutlich die Angst um ihre Mutter in ihrem Blick sehen, bis ihr Gesicht sich plötzlich wieder verschloß. Ihre Stimme verriet dennoch, daß sie die Nachrichten mitgenommen hatten.


    "Ja, laß uns weitergehen - bevor deine Cousine noch Suchtruppen aussendet."


    Vielleicht konnte diese Livilla den Trost spenden, den sie brauchte. Metellus nahm seine Hand von ihrer Schulter, hielt aber ihre Hand immer noch in seiner anderen, als sie sich wieder in Bewegung setzten.

    Ein wenig unbeholfen legte er seine Hand auf ihre Schulter. Dann aber fiel ihm eine wichtige Frage ein.


    "Wo wohnt deine Mutter? In Hispania Baetica oder Tarraconensis?"


    Etwas angespannt wartete er auf ihre Antwort, hoffte daß ihre Mutter nicht in der Unruheprovinz lebte.

    Er sah wie erschüttert sie auf seine Aussagen reagierte. Hatte sie erwähnt Verwandte in Hispania zu haben?


    Er folgte ihren unruhigen Blicken und zog sie noch ein klein wenig näher zu sich heran.


    "Es ist immer schlimm wenn Römer gegen Römer kämpfen. Ich meine der Austand hatte einen republikanischen Hintergrund und ging wohl von irgendwelchen Amtsträgern der Region Baetica aus."


    Nach einem Moment fügte er noch hinzu:


    "Hast du Verwandte dort?"

    Als das Forum wieder in Sicht kam, verschärfte Minor ein letztes Mal das Tempo und war doch recht froh ohne Scutum unterwegs zu sein. 8) Der Endspurt schien die Milites aber noch einmal zu beflügeln und so trafen sie immer noch in Formation wieder an ihrem Quartier ein.


    "Milites consiste! Ad sinistram! Aciem dirigite! Movemini! (Angehalten! Links um! Ausrichten! Rühren!)


    Er ließ sich und den Männern einen Moment Zeit wieder zu Atem zu kommen.


    "Da ihr euch jetzt so verausgabt habt, werdet ihr nun die Gelegenheit bekommen euch auszuruhen, während ihr eure Ausrüstung wieder auf vordermann bringt! Danach könnt was essen! Der Miles Cunctator wird jetzt wieder die Aufsicht übernehmen! Milites abite!"


    Die Männer traten weg zur Ausrüstungspflege, während sich Minor wieder aufmachte in Richtung Castra, um dort seiner Schreibarbeit nachzukommen.

    Auf der Tiberinsel ankommen fühlte sich Minor an diverse vorangegangene Läufe als Probatus und Milites erinnert, die ebenfalls hier entlanggeführt hatten. Unwillkürlich hielt er Aussschau, ob nicht auch jetzt ein Ausbilder mit seinen Probati dort unterwegs war.


    Nun verschärfte Minor das Tempo merklich. Aufmunternd rief er den Milites zu.


    "Ihr werdet doch nicht schlapp machen? Wir laufen bestimmt gleich einer Ausbildungseinheit mit Frischlingen über den Weg!"


    Er konnte hören, daß das klappern der Ausrütung wieder näher kam und die Milites wohl die kleine Lücke wieder schlossen.


    Sie überquerten die Insel, ohne auf irgendwelche Probati oder Vigilen zu treffen und setzten ihren Weg fort über die Brücke in Richtung der Via Aurelia. Dort war dann auch schon mehr als die Hälfte der von Minor geplanten Strecke vorbei. Nach links ging es weiter zum Pons Aemilius, der sie wieder zum Forum Holitorium bringen sollte.