"Nun das ist die Herausforderung Iulius. Grundsätzlich hast du keine Befehlsbefugnis über die Urbaner, allerdings sind ihre Tirbuni soweit ich gehört habe durchaus dankbar, wenn ihnen Verwaltungsaufgaben rund um die Castra abgenommen werden. Sie haben für ihre Mannschaften in der Castra zwar ihren vollkommen eigenständigen Bereich, allerdings ist und bleibt es trotzdem eine Castra. Ich halte es beispielsweise nicht für Sinnvoll wenn die Mauer auf einer Seite der Castra erneuert wird, während sie auf der anderen Seite munter weiterbröckelt. Bei solchen Dingen kannst du die Leitung klar in die Hand nehmen und ich denke die Urbaner werden dir da auch Freiheiten einräumen und bis zu einem gewissen Grad Weisungsbefugnis für ihre zuständigen Männer erteilen, wenn du diplomatisch vorgehst."
Damit hatte der Iunier die Fragen zum Thema Urbaner hoffentlich einigermaßen verständlich klären können. Er selbst war ja ebenfalls noch nicht lange genug hier, um jeden Vorgang und jedes Zusammenspiel der Einheiten in der Castra genau durchblickt zu haben, aber das waren bisher seine Erkenntnisse, die er mit dem neuen Princeps natürlich gerne teilen wollte. Der Iulier war erfahren genug um sich recht rasch selbst eine Meinung und ein Bild der Lage machen zu können und der Tribun zweifelte nicht daran, dass der neue Princeps sich die Tribuni und Offiziere auch entsprechend rasch zurechtrichten konnte.
"Gehen wir deine restlichen Fragen nach der Reihe durch.
Bei der Einteilung der Dienstpläne reicht es, wenn du auf Kohortenebene bleibst. Die Centurien sind, wie in der Legio auch, dem jeweiligen Tribun unterstellt. Er kennt seine Männer am besten, weiß wo sie gut einzuteilen sind und die Kohorten haben sich auch ein recht gut funktionierendes Dienstrad geschaffen, bei dem auf eine unregelmäßige Rotation der einzelnen Aufgaben sehr großen Wert gelegt wird. Uns ist wichtig, dass die Soldaten zu unterschiedlichen Aufgaben eingeteilt werden und das auch bei unregelmäßigen Zeitpunkten. Gerade bei den Wachmannschaften im Palast soll keine Regelmäßigkeit erkennbar sein. Es darf nicht vorkommen, dass sich jemand bereits heute aufgrund seiner Beobachtungen errechnen kann, welcher Soldat in zwei Tagen zur zehnten Stunde vor dem Palasteingang Wache schieben wird, nur weil er dies auch schon in der Vorwoche so getan hat. Die Diensteinteilungen der Tribuni wirken daher vermutlich auf dich im ersten Moment etwas konfus, vor allem weil man bei der Legio auf solche Dinge keinen Rücksicht nehmen muss, aber hier bei uns hängt das Leben des Kaisers davon ab. Nur die Tribuni selbst wissen die genaue Einteilung ihrer Männer und planen diese auch sehr kurzfristig.
Bei meiner, der I Kohorte gibt es auch noch eine Besonderheit, die es zu berücksichtigen gilt. Sie wird zwar hin und wieder in das Dienstrad miteingebunden, meist aber eher für Sonderaufgaben zugeteilt, da sie so gut wie nie als vollständige Kohorte eingesetzt werden kann. Meine I Centurie wird von den Speculatores gebildet, welche dem Trecenarius Tiberius Varus untersteht. Diese Centurie ist zwar organisatorisch bei mir, wird vom Trecenarius jedoch sehr autark und unabhängig der sonst übrlichen Befehlsgewalt geleitet. Er verantwortet sich in erster Linie gegenüber den Präfekten oder dem Kaiser persönlich und erhält von diesen auch sehr oft seine direkten Befehle.
Deine Informationen sind richtig. Wir werden wie ganz Rom auch über die Cura Annonae mitversorgt. Die Bezugsquellen hier in Italia reichen schon lange nicht mehr für die Bevölkerung der Hauptstadt aus. So sind auch wir von den Getreidelieferungen abhängig, welche zum Großteil aus Aegyptus kommen und von der Cura Annonae verwaltet werden. Es wäre also bestimmt gut, wenn du relativ zeitnah mit dem Praefectus Annonae Kontakt aufnimmst und dich als neuen Verwaltungschef der Castra vorstellst. Wir haben zwar Mittel und Wege von Cura Annonae zu bekommen was wir brauchen, aber ich bin ein Freund von konstruktiven Gesprächen, Vereinbarungen und auch Kompromissen, wenn wir sie uns leisten können."
Die dritte Frage des Iuliers konnte Silanus nicht mehr so flüssig beantworten. Der Princeps war für die Prätorianer zweifellos ein wichtiger Mann hatte als Verwaltungschef eine zentrale Funktion auszufüllen. Aber mit dem Kaiser oder dem Palatin hatte er wohl kaum Schnittstellen. Zumindest hatte er dies selbst als langjähriger Procurator am Kaiserhof nicht erlebt. Dies lief alles über die Präfekten oder die Tribuni. Er wollte den Mann aber auch nicht vor den Kopf stoßen, da er durchaus Verständnis dafür hatte, dass jemand den Kaiser einmal persönlich treffen wollte und versuchte daher eine diplomatische Antwort zu formulieren.
"Was den Antrittsbesuch betrifft. Ich glaube nicht, dass man diesen von einem neuen Princeps Praetorii erwartet, kann dir aber auch keine sichere Antwort dazu geben. Du bist mein erster neuer Princeps. Soweit ich es mitbekommen habe, hatte unser alter Verwaltungschef jedoch kaum direkt mit dem Palast zu tun, da sich seine Aufgaben eher auf die Castra fokussierte. Wenn du allerdings möchtest, dann kann man einen Besuch gewiss in die Wege leiten, oder du begleitest einen der Präfekten zu seinem nächsten Termin beim Kaiser. Das wäre bestimmt auch eine Option, die du dann mit den Präfekten auch direkt besprechen kannst.
Und zuletzt die Frage nach der Tunika. Wir haben Bezugsquellen und sind, was Waffen und Rüstungen betrifft, auch mit sehr guten Quellen und eigenen Werkstätten gesegnet, bei den Tuniken würde ich dir aber aus eigener Erfahrung raten, sie bei einem Schneider deiner Wahl anfertigen zu lassen. Mein Schreiber kann dir nachher gerne die Adresse meines Schneiders heraussuchen. Hier in Rom gibt es jedoch zahlreiche gute Namen und Adressen. Vielleicht bin ich ja zu verwöhnt, aber ich finde die Tuniken aus unserer Waffenkammer ziemlich kratzig und steif. Das Material ist sicher praktisch und durchaus auch qualitativ höherwertig, aber ein Offizier sollte sich mit seinem Sold durchaus etwas noch erstklassig leisten können, wenn er darauf Wert legt."